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BERLINER DIALOG 21, 2-2000 Michaelis

Anonym begraben - oder Jesus zu Füßen?
Eine gute Idee: Christliche Gemeinschaftsgräber
von Pfarrer Wolfgang Barthen

Vielleicht erinnert sich die eine oder der andere von Ihnen, daß ich vor Jahr und Tag hier im Berliner Dialog über das Thema der "Anonymen Bestattungen" geschrieben habe. Über den Geist, der "andere nicht in Anspruch nehmen will"; über die tatsächliche Not der Vereinzelung im hohen Alter, über meine Phantasie: eines Tages haben wir überwiegend blanke Rasenflächen auf unserem Friedhof, die von kleinen Mäh-Autos befahren werden, schließlich über das schreckliche - und irreführende - Wort "anonym" im Zusammenhang mit einer christlichen Bestattung, bei der doch der Name Gottes und dieses seines Menschenkindes laut und unverwechselbar gesagt wird.

Vielleicht wird dazu so ein lösendes, rettendes Bibelwort wie das des Propheten Jesaja gelesen: "Fürchte dich nicht. Ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein." (Jes. 43,1) Oder das andere: "Freuet euch, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind" (Lukas 10,20).

Nein, bei Gott, es gibt keine namenlosen Bestattungen und sollte keine geben, die unter dieser Bezeichnung zum Markenzeichen werden. Aber genau das passiert zur Zeit in wachsendem Umfang, auch auf unseren Friedhöfen!

Ein Vorschlag gegen die Anonymität
Ein Vorschlag gegen die AnonymitätWas hielten Sie davon, wenn es von Ihrer Evangelischen Kirche in Berlin- Wilmersdorf - oder anderswo - ein Angebot gäbe: Statt in Reih und Glied, fast wie in einem Schützengraben "auf der grünen Wiese" beigesetzt zu werden - und keiner wieß wo und keiner weiß wer - können Sie sich ein Urnengrab in einer Evangelischen Gemeinschaftsgrabstätte, etwa zu Füßen unserer Christusstatue, aussuchen? Vielleicht ein Rechteck für 60 Urnen; Sie wählen Ihren Platz und den für andere Angehörige; die Grabstätte wird bepflanzt mit Grünem und Blühendem, man kann Blumen in eine Vase stellen; und rechts und links von der segnenden Christusfigur ist in Stein nicht nur ein Bibelwort zu lesen wie etwa eines von denen, die Sie oben gelesen haben, sondern auch Ihr Name und Ihre Lebensdaten.
Und darüber steht z.B.:
"Gemeinschaftsgrabstelle der Evangelischen Kirche in Wilmersdorf" und darunter die Namen der beteiligten Gemeinden, also auch der Name unserer Kirchen-Gemeinde. Und man wäre auch im Tode nicht über eine Wiese verstreut, sondern fast wie eine Familie versammelt, harrend der Auferstehung. Und ebenso könnte es dann den Lebenden gehen, die ihre Toten besuchen und sich als Glieder der Gemeinde am Gemeinschaftsgrab begegnen. Was halten Sie davon?

Und - "ob das geht"?
Und ob das geht! In Berlin-Schöneberg, auf dem Zwölf-Apostel-Friedhof ist man schon weiter, hat man schon damit begonnen. Und der dortige Friedhofsinspektor würde uns beraten, und auch die Leiterin unseres Friedhofamtes und der Baustadtrat spielen mit.
Fehlt nur, daß wir es in die Tat umsetzen. Dazu brauchen wir Ihre Reaktion. Würden Sie mitmachen? Haben Sie vorsichtiges Interesse oder wollen Sie sich gleich verbindlich in der Küsterei notieren lassen? Auch das geht schon!
Wir werden ähnliche Artikel wie hier im
Berliner Dialog auch in anderen Gemeindeblättern veröffentlichen und je nach Resonanz im kleinem oder großen Stil an die Verwirklichung gehen.

Und die Kosten?
Es wird zwar nicht der unterste Betrag wie "auf der grünen Wiese" sein. Aber das Denkmal wäre ja schon bezahlt, und auf die Nutzer einer Urnenstelle kämen nur die anteiligen (z.B. 1/60) Kosten für die Stelle, Bepflanzung, Pflege, Namen und Inschrift, sowie Erhalt der Grabstätte für die Zeit von 20 Jahren.
Was das in Mark und Pfennig bedeutet, darüber haben wir schon eine ungefähre Vorstellung. Aber erst, wenn der Vertrag mit dem Friedhofsamt geschlossen ist, wissen wir es genau.

Sprechen Sie mich ruhig persönlich an. Ihr Interesse ist uns wichtig. Wenn die ersten Meldungen da sind, könnten wir beginnen. Wir haben die Unterstützung des Kirchenkreises Wilmersdorf und seiner Gemeinden, des Kreiskirchenrates und des Superintendenten.
Oder sprechen Sie, wo auch immer in Deutschland Sie wohnen, mit Ihrem Gemeindekirchenrat oder Ihren Pfarrerinnen und Pfarrern über diese Idee.

Vielleicht ist dies der Anfang einer neuen Kultur von "Familien-Grabstätten", auch ein "Wachsen gegen den Trend".
Ich grüße Sie!
Ihr Pfarrer Wolfgang Barthen

Wolfgang Barthen, 55, ist Pfarrer an der Auen-Kirche in Berlin-Wilmersdorf.


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