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BERICHTE | BERLINER DIALOG 15, 4-1998 - Epiphanias |
"Die Welt will an Wunder glauben" |
Der amerikanische Wunderheiler Benny Hinn ist wieder einmal in Deutschland. "Miracle Crusade" nennt der fundamentalistisch-christliche Prediger seine Tournee, bei der er diesmal am 25./26.09.1998 die Grugahalle in Essen mit ca. zehntausend Gläubigen und Neugierigen füllte. Der 45jährige, der schon oftmals von Kritikern und Medien wegen seines üppigen Lebensstils und seiner angeblichen Heilungen angegriffen wurde, meinte auch diesmal Hunderte von Menschen von schweren Krankheiten in Gottes Namen befreit zu haben. Sein Auftritt legte jedoch eher offen, wie leicht Massen zu manipulieren und zu bewegen sind. Und ebenso, daß sich seine Einstellung in Sachen Finanzen trotz aller öffentlichen Bekenntnisse, er habe von der Verkündigung eines 'Wohlstandsevangeliums' abgelassen, im Grunde nicht geändert hat. |
Zwischen 12 Millionen Dollar, so rechnen Kritiker aus, und 116 000 Dollar - so seine Anhänger - werden Benny Hinns Jahreseinkünfte eingeschätzt.
Benny Hinn, geboren im Dezember 1952, wuchs in Jaffa, Israel, mit seinen Eltern Costadi und Clemence Hinn und seinen fünf Brüdern und zwei Schwestern auf, und berichtet selbst von frühen Gottesvisionen. Griechisch-orthodox, besuchte er jedoch eine private katholische Schule und wurde von Nonnen dort unterrichtet. Benny Hinn schildert in seinem Buch 'Guten Morgen, Heiliger Geist' seinen Außenseiterstatus als Kind und Jugendlicher, bedingt durch sein Stottern. Im Juli 1968 emigrierten er und seine Familie nach Toronto, Kanada. Dort bekehrte er sich, beeindruckt durch die Wunderheilerin und Predigerin Kathrin Kuhlmann, von der er bis heute sichtlich beeinflußt wurde. Heilungen, und Phänomene wie das 'Ruhen im Geist' und das Lachen im Geist', unkontrolliertes Lachen angeblich unter dem Eindruck des Heiligen Geistes, lernte er bei ihr kennen. Heute leitet er seine eigen-gegründete Gemeinde 'World Outreach Center' mit ca. 7000 Mitgliedern und 12 000 Gottesdienstbesuchern in Orlando, Florida. Seine biographischen Angaben zogen jedoch bisweilen Zweifel nach sich: Angaben, sein Vater, wäre Bürgermeister von Jaffa gewesen, sind schlichtweg falsch. Ein Constadi Hinn ist niemals in diesem Amt registriert worden. Auch Taufangaben sind nicht wahrheitsgemäß. Laut Hinn wurde er vom Patriarch Benedictus I getauft und erhielt von ihm sogar seinen Namen. Patriarch Benedictus wurde jedoch erst 1958, sechs Jahre nach Hinns Taufe überhaupt ernannt. |
Hinn behauptet, daß etwa 1000 Menschen auf jedem 'Kreuzzug' geheilt werden. Kritiker versuchen seit langem, dies zu überprüfen, scheitern aber daran, daß Hinn und die Mitarbeiter seiner Organisation keine Belege dafür herausgeben wohl auch nicht können. Angeblich ausführliche ärztliche Untersuchungen werden nur bis eine Woche nach der Veranstaltung durchgeführt. Nach diesen erfolgt bereits die Veröffentlichung der Heilungsberichte. Der 'National & International Religion Report' berichtet bereits im September 1987 von der Lebensgefahr, die von Hinns Wunderheilungen ausgeht: Während einer Veranstaltungsreihe 1986 in Oklahoma City starb die 85jährige Ella Peppard, nachdem während der Veranstaltung jemand, der angeblich im Heiligen Geist umstürzte, auf sie fiel und ihre Hüfte gebrochen wurde. Daß gerade bei Krankheiten wie Multiple Sklerose und Asthma teilweise Verbesserungsschübe eintreten können und zum normalen Krankheitsbild gehören, wird nicht bedacht. Es erscheint eher absurd, wenn ein Aidskranker am Knie geheilt wird und auf der Bühne dafür gefeiert wird. "Die Welt will an Wunder glauben", verkündete Hinn laut - womit er zweifelsohne recht hat. |
Als ich jedoch im Bemühen, möglichst wenige zu stören, aufstehe, um nach draußen zu gehen, werde von ich von einer Ordnerin angehalten, die mich zurückhält. "Entschuldigung, das ist verboten. Ist das denn wirklich nötig, daß Sie hinaus müssen?" "Ja", sage ich freundlich, "das ist es". 'Müssen Sie denn auf Toilette?' "Nein", sage ich, noch immer freundlich. "Aber ich bin heute sehr früh aufgestanden, und muß jetzt etwas essen." "Etwas essen?" werde ich gescholten. "Die Menschen kommen von so weit her, um hier zu sein, und Sie denken ans Essen?" Ich nicke. "Ich denke an Essen", sage ich. Und esse zur Belohnung gleich eine doppelte Currywurst.
Uta Anne Kroder, Jahrgang 68, Initiatorin des sektenkritischen Vereines BSCF (Beratung Sekten und christlicher Fundamentalismus) e.V.; Studium der Kath. Theologie, Historischen Ethnologie, Germanistik in Frankfurt/ Main, psychologische Zusatzausbildung bei der Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie (GwG), zur Zeit wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bielefeld. |
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