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| BERLINER DIALOG 23, 4-2000 Epiphanias 2001
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Zur vatikanischen Erklärung "Dominus Iesus"
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Zu "Dominus Iesus" gibt es mittlerweile eine ganze Reihe evangelischer Stellungnahmen. Ich beschränke mich im Folgenden auf den Beschluß der letzten Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland zu "Dominus Iesus" und der Note über den Begriff Schwesterkirchen, in dem drei theologische Irrtümer beklagt werden. Das Thema der Braunschweiger Synodaltagung war die Ökumene. Dazu wurde die Kundgebung: "Eins in Christus - Kirchen unterwegs zu mehr Gemeinschaft" verabschiedet. Aus dieser Kundgebung ist zu erkennen, daß die evangelische Kritik an "Dominus Iesus" aus einer positiven Einstellung zur Ökumene und aus brüderlichem Geist erfolgte. Ich beginne deshalb mit einer Darstellung der Kundgebung, bevor ich mich im zweiten Teil der Kritik an "Dominus Iesus" zuwende. Erster Teil: Die Kundgebung "Eins in Christus - Kirchen unterwegs zu mehr Gemeinschaft."
Die Grundlage für diese ökumenische Offenheit ist der Blick auf die in Jesus Christus vorgegebene Einheit der Kirche. Die Kundgebung geht nicht von der verlorenen, sondern von der in Christus vorgegebenen Einheit der Kirche aus.
Die evangelisch-katholische Ökumene wächst von unten: |
2. Theologische Grundlegung: Das eine Haupt - die Vielfalt des Leibes Nach dem Epheserbrief ist der auferweckte Christus, der zur Rechten Gottes sitzt (Eph. 1,20) und das All mit seiner Lebensmacht erfüllt (Eph. 1,23), das alles überragende Haupt der Kirche. Eph. 1,22b: "und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, welche sein Leib ist." "Aus" Christus, dem Haupt heraus vollzieht sich das Wachstum des ganzen Leibes der Kirche (Eph. 4,16). Ohne das Haupt und seine Wachstumskräfte kann der Leib der Kirche nicht existieren. In Taufe und Abendmahl erfüllt, ernährt und pflegt Jesus Christus die Kirche, damit sie geistlich immer weiter in das Haupt hineinwachsen kann. (Eph. 4,15). Alle Menschen, die an Jesus Christus glauben, gehören dadurch zu einer Gemeinschaft, die von dem her, was sie konstituiert, unteilbar ist. (Eph. 4,5: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe) Es gibt vielfältige Gaben, Traditionen, Erfahrungen, Erkenntnisse, deren Einheitsprinzip der Hl. Geist ist. So erweist sich Jesus Christus treu zu seinen Verheißungen. Modern gesprochen: Die eine Kirche existiert in Konfessionen. Der Begriff Konfession stammt von den Bekenntnisschriften des Reformationszeitalters z.B.: Confessio Augustana, - Belgica, - Gallicana, - Helvetica, - Westminster Confession. Im weiteren Sinn ist eine Konfession eine geschichtliche Lebensform oder Gesamtanschauung des Christentums, die sich in einer eigenen kirchlichen Körperschaft organisiert. Eine Konfession bringt die Kirche Christi in einer geschichtlich begrenzten Gestalt zur Erscheinung.
3. Kirchengemeinschaft als versöhnte Verschiedenheit der Konfessionen
Das Modell dafür ist die Leuenberger Kirchengemeinschaft bekenntnisverschiedener Kirchen. 100 protestantische Kirchen haben bis jetzt die "Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa (Leuenberger Konkordie)" unterzeichnet (im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 811). Sie enthält: Mit dem Weltrat der Kirchen in Genf will die EKD darauf hinarbeiten, daß ein "wirklich universales Konzil wieder für alle Christen sprechen und den Weg in die Zukunft weisen kann"(so die Weltkirchenkonferenz von Uppsala 1968), um so die gemeinsame Verantwortung und das gemeinsame Zeugnis der Christenheit zum Ausdruck zu bringen. Die EKD als eine Kirchengemeinschaft von 24 weithin selbständigen bekenntnisverschiedenen lutherischen, unierten oder reformierten Kirchen kann dafür bewährte Strukturen anbieten: Ihre Synode vertritt als Stimme der evangelischen Christenheit gesamtkirchliche Anliegen mit deklarativer Kompetenz. Neben der Synode gibt es noch die Kirchenkonferenz und den Rat der EKD. "Das Evangelische Verständnis von Kirchengemeinschaft als Ziel der Ökumene und die römisch-katholische Vorstellung der Einheit der Kirche Christi als Gemeinschaft mit und unter dem Papst stehen sich noch gegenüber." Wie Kreis und Pyramide stehen sich evangelisch-konziliares und katholisches, vom Papst her gedachtes Einheitsverständnis gegenüber. Ermutigend sind in diesem Zusammenhang die Worte des früh verstorbenen katholischen Ökumenikers Heinz-Albert Raem, "daß die anzustrebende Einheit nicht mit der jetzt gegebenen Gestalt der katholischen Kirche identisch ist. Vielmehr bedarf auch die katholische Kirche der Bekehrung und Erneuerung, um 'im Wachstum der Treue gegenüber ihrer eigenen Berufung' sich selbst zu übersteigen und im lebendigen Austausch mit den anderen Konfessionen der ihr verheißenen Fülle entgegenzustreben. Dieses Wachstum in der Treue schließt notwendigerweise die Bereitschaft zur Selbstreform auch in institutioneller Hinsicht ein." So erläuterte Raem noch 1995 die Subsistenz-Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils. Heute müssen wir die katholische Seite fragen: Gilt das nach "Dominus Iesus" noch? - Damit komme ich zum zweiten Teil: |
Zweiter Teil: Theologische Irrtümer in der Vatikanischen Erklärung "Dominus Iesus"
I.
Die Note über den Ausdruck Schwesterkirchen und ihre Auswirkungen Für die orthodoxen Kirchen wie für die Anglikanische Kirche bedeutet das eine Herabstufung: Die orthodoxen Kirchen können zwar Schwesterkirchen genannt werden, Rom beansprucht aber auf der Ebene der Gesamtkirche, ihre Mutterkirche zu sein. Diesen Anspruch haben die orthodoxen Kirchen bisher immer zurückgewiesen und auf Gleichrangigkeit mit Rom bestanden. - Der Anglikanische Kirche wird der 1970 von Papst Paul VI. verwendete Titel "Schwester-kirche" aberkannt.
Erläuterung zum Punkt 1 Der neutestamentliche Befund gibt keiner christlichen Konfession das Recht, sich selbst und die eigene Tradition zum Maßstab für die anderen Konfessionen zu machen. Jahrhundertelang wurde so, wurde konfessionell selbstgenügsam gedacht. In der Bibel wurde nur das wahrgenommen, was den eigenen Standpunkt untermauerte. Vom Neuen Testament her, insbesondere vom Epheserbrief aus, ist eine kopernikanische Wende angesagt: Alle Kirchen bewegen sich, gemeinsam wie Planeten, um Christus als die Sonne. Der Ruf zur Einheit lautet nicht: "Werdet wie wir sind." Sondern es geht um eine Bewegung nach vorn, um Selbstübersteigung (H.-A. Raem), um eine Bekehrung zueinander und zu Christus. |
II. Erläuterung Jesus Christus, das Wort Gottes in Person, bezeugt sich seiner Kirche durch Wort und Sakrament, sammelt und sendet sie. Was die Kirche zur Kirche macht, sind nach dem Augsburger Bekenntnis von 1530 die beiden Weisen, in denen sich das die Kirche konstituierende Wort bezeugt. Dem Wirken des Herrn verdankt sich unmittelbar das Priestertum aller Gläubigen und mittelbar, d.h. mit der Stiftung von Wort und Sakrament mitgesetzt, das kirchliche Amt, als Dienst an der Selbstoffenbarung Gottes zum Heil der Welt. In seiner konkreten Gestalt ist das kirchliche Amt allein dem Kriterium der Weitergabe des apostolischen Zeugnisses unterworfen.
Dazu noch zwei Bemerkungen: |
III.
Erläuterung
In "Dominus Iesus" werden Jesus Christus und die Kirche mehrfach gleichgestellt. Christus wird so durch die Kirche umschlossen, daß die Unterscheidung, wer das Subjekt und wer das Objekt göttlichen Heilshandelns ist, verwischt wird. - Ich gebe dafür zwei Beispiele:
Schluß |
Vortrag "Über die Stellungnahme der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (5.-10.11.2000 in Braunschweig) zur vatikanischen Erklärung Dominus Iesus' und zur Note über den Begriff Schwesterkirchen'" auf dem Treffen evangelischer und katholischer Orden und anderer geistlicher Gemeinschaften am 24.02.2001 im Gemeindezentrum der schwedischen Viktoria-Gemeinde in Berlin-Wilmersdorf.
Pfarrer Christian J. Hövermann, 53, |
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