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BERLINER DIALOG 22, 3-2000 Martini

 

Predigtnotizen zum "Gebet für Lisa McPherson”
Focus-Gottesdienst 17. September 2000 in der Luisen-Kirche zu Berlin-Charlottenburg
von Pfr. Thomas Gandow

Das Evangelium des Sonntags: Lukas 10, 25-37(Der barmherzige Samariter);
der vorgeschriebene Predigttext: 1. Buch Mose, Kap. 4, 1 - 16 (Kain und Abel)

Liebe Gemeinde, liebe Gäste und Zuhörende!
Das muß ganz am Anfang gesagt werden: Kain gehört zu unserer aller Vorgeschichte. Kain gehört aber auch zu unserer Gegenwart. Mord an den eigenen Eltern, Mord an den eigenen Kindern, Brudermord und Geschwistermord, das gehört zum Menschen von Anfang an und bis in unsere Tage. Jeder kann es morgen wieder in der Zeitung nachlesen.

Ist das nicht schrecklich?
Der Mensch befindet sich von Anfang an im Gegenüber ja in tödlicher Auseinandersetzung mit Gott und seinen Geboten, mit dem Bruder und der Schwester. Nein, der Mensch ist nicht an sich gut.

Wo ist unser Bruder Abel? Wohin kam unsere Schwester Sarah? Wo starb unsere Schwester Lisa?
Ist es nicht so, daß viele gesehen haben, wie der Schwarze bei irgend einem der Zwischenfälle in der letzten Zeit geschlagen wurde, aber weggeschaut haben und vorbeigegangen sind?
Ist es nicht so, daß viele geahnt haben, wo sie die Juden hinbringen, als man sie damals gesammelt hat am Bhf. Grunewald, daß sie aber nicht darüber gesprochen haben?
Ist es nicht so, daß viele von uns auch schon von Scientology-Straflagern, von Scientology-Rufmordaktionen und von Verbrechen gegen Kritiker entsprechend den SO-Freiwildbestimmungen gehört haben?
Kann irgend jemand jemals sagen, er habe es nicht gewußt?

Es gibt keinen perfekten Mord. Verbrechen bleibt vielleicht ungesühnt, aber nicht unbekannt. Wenigstens schreit das vergossene Blut zum Himmel. Der Mörder macht sich in der alten, heiligen Geschichte erst lustig über den Ruf zur Verantwortung. "Soll ich vielleicht für meinen Bruder, den Hirten, den Hirten spielen?"

Und wir? Sollen wir denn vielleicht die Hüter unserer erwachsenen Menschengeschwister sein, die doch auf sich selbst aufpassen können?

Ja, wie denn? Wäre Aufpassen nicht besser gewesen? Sollten wir etwa aus Bequemlichkeit schon wieder wegschauen?

Geben wir es zu, wir haben es immer gesehen, und sehen es auch heute und gehen vorüber.
Schreckliches Versagen. Denn:
Zu genau hinsehen könnte bedeuten,
daß es uns jammert,
daß wir verwickelt werden,
daß wir in eine andere Lebensgeschichte hineingezogen werden.
daß wir Mitleid bekommen,
daß wir mit leiden müssen,
daß wir mit zum Opfer werden.

Aber wegschauen und vorüber gehen könnte bedeuten,
daß wir hart werden,
daß es uns kalt läßt,
daß wir selbst zu Tätern und Mördern werden.

Ich muß heute noch eine andere schreckliche Geschichte erzählen, die Geschichte von Lisa McPherson und damit die Geschichte all der Opfer der Scientology-Ideologie. Denn wenn wir kein Mitleid empfinden, wenn es uns nicht jammert, wenn wir nichts unternehmen, wenn wir uns nicht einmischen, wenn wir Menschenverachtung tolerieren, werden wir auch hier zu Mittätern.

Eine Musterscientologin?
Lisa McPherson stammte aus einer christlichen, baptistischen Familie. In ihrem 18. Lebensjahr, an ihrer ersten Arbeitsstelle, wurde sie für Scientology rekrutiert. Seit 1982 war sie bei Scientology.
Mit der Zeit wurde sie zu einer Musterscientologin. Immer größere Geldsummen gab sie für die geldschluckende Organisation, in den letzten fünf Jahren ihres Lebens ca. 200.000 US-$. Unter vielen Schwierigkeiten und nach über 12 Jahren der Zugehörigkeit und vergeblichen Versuchen erreichte sie schließlich den Status "Clear", heute eine Stufe nur im unteren Mittelfeld der scientologischen Aufstiegsskala, der "Brücke"

Endlich Clear
Bei einer Feier vor 5 Jahren, am 7. September 1995, wurde ihr die entsprechende Urkunde überreicht, und sie las von einem Zettel, der sich heute in polizeilichen Ermittlungsakten befindet, bei der Übergabe der Clear-Urkunde dies ab:
"Clear zu sein ist aufregender als alles andere, das ich je erlebt habe. Ich bin so aufgewühlt über das Leben und zu leben, daß ich es kaum aushalten kann."
Keine drei Monate später war sie tot. Tot gepflegt in Zimmer 174 des Scientology-Hauptquartiers Ford-Harrison-Hotel in Clearwater.
Was geht uns das schon an?
War es nicht vielleicht die freie Entscheidung eines erwachsenen Menschen, sich der Scientology-Organisation anzuschließen?
Sollen wir denn wirklich Hüter unserer erwachsenen Geschwister sein, auch derer, die sich für die Scientology-Organisation entschieden haben?

Zustand: Belastung
Es ist genau 5 Jahre her:
Die großartigen Veränderungen und Verbesserungen, die Lisa durch ihren Clearstatus im September errungen zu haben meinte, hatten sich nicht realisiert.
Im Gegenteil: Nicht nur beruflich hatte es einige Mißerfolge gegeben.
Sie hatte mit ihrer Mutter telefoniert und darüber gesprochen.
Mitte Oktober war sie von Scientology, wie aus Unterlagen ersichtlich ist, wegen ihrer abnehmenden Erfolge, wegen fallender Statistiken, wie man bei Scientology sagt, in den Zustand "Belastung", noch eine Stufe unterhalb von "Nicht-Existenz" versetzt worden. Die offizielle Scientology-Definition für diesen Zustand:
"Das Wesen hat aufgehört, als Gruppenmitglied einfach nichtexistent zu sein und hat die Farbe des Feindes angenommen". Es ist eine Belastung, so heißt es in den Unterlagen der Gruppe, eine solche Person unbewacht zu lassen.
Lisa hatte sich wieder von der SO beraten lassen und jetzt als Hauptvorwurf sogar gehört, sie hätte "die Aufmerksamkeit vom Objekt weggenommen".
Der Vorwurf bedeutete, sie könne schon nicht mehr mit Menschen in scientologischer Weise kommunizieren, und nun auch nicht mehr mit Gegenständen, sondern sie schaue nur noch nach innen.
Lisa versuchte verzweifelt, sich gegen diese Zuschreibung zu wehren, denn sie bedeutete im Klartext nichts anderes als daß sie verrückt sei, daß sie introvertiert nach innen schaue - und als Kur drohte ihr jetzt der sogenannte "Introspection Rundown".

Wiedergutmachungsversuche
Lisa versuchte alles andere, um nicht diesen Weg in den Introspection Rundown gehen zu müssen. Sie mußte sich verpflichten, durch besondere Leistungen den Schaden, den sie angeblich angerichtet haben sollte, wieder gut zu machen. Dazu gehörte für Lisa, daß sie zur Wiedergutmachung von 7:00 morgens bis 10:30 abends zu arbeiten hatte, zum Teil, um Geld für eine PR-Aktion der Scientologen "Winter Wonderland" - eine Art Weihnachtsmarkt für Kinder - zu verdienen.
Falls sie das durchhielt und schaffte, hätte sie wieder mit vollen Rechten in die Gruppe zurückkehren dürfen, wenn sie noch eine weitere Bedingung erfüllte: Von der Mehrheit der Flag-Land-Scientologen in Clearwater - einige tausend - jeweils die persönliche schriftliche Zustimmung zur Wiederaufnahme in die Gruppe zu erhalten.

Der Unfall
War sie von ihren Wiedergutmachungsaktivitäten überarbeitet, überlastet? War sie übermüdet? Hatte sie deshalb auch zu spät auf die Bremse getreten? Sie hatte bei einem unfallverursachten Stau, in den sie hineingeriet, den Boots-Anhänger eines vor ihr haltenden Fahrzeuges angestoßen.
Sanitäter, die bereits am Unfallort waren, kamen auch zu den Beteiligten des kleinen Auffahrunfalls. Alles wurde von der Polizei aufgenommen. Alles wurde gut geregelt. Lisa war nicht verletzt. Sie konnte selbst ihr Auto beiseite an den Straßenrand fahren, hinter das Sanitätsfahrzeug. Lisa hatte den Sanitätern im Ambulanzauto schon den Zettel unterschrieben, daß sie nicht verletzt sei und keine Erste Hilfe brauche.

"Weil ich Hilfe brauche"
Die Sanitäter wollten schon zu ihrem nächsten Einsatz fahren. Da sah Mark Fabyonic im Rückspiegel, daß Lisa zu ihnen nach vorn lief, wobei sie sich auszog, sich die Kleider vom Leibe riß.
Bonnie Portolano, die nette Sanitäterin, fragte Lisa (Ich zitiere aus dem öffentlichen Protokoll der Vernehmung der Sanitäterin): "'Warum hast Du alle Deine Kleider ausgezogen, was ist los?' Und sie sagt: 'Well, ich wollte, daß die Leute denken, ich bin verrückt, weil ich Hilfe brauche' Und von da an sprachen wir über Hilfe, was schief gelaufen war mit ihr, und eine ganze Menge anderer Fragen. Und ihre Antwort war grundsätzlich: 'Ich bin eine schlechte Person.' Und ich fragte sie 'Warum denkst Du, daß du eine schlechte Person bist?' Und sie sagte 'Weil ich herausgefunden habe, daß ich schlechte Gedanken habe. Ich mache schlechte Sachen in meinen Gedanken'..."
Die SO habe herausgefunden, daß sie etwas falsch gemacht habe, aber sie selbst wisse nicht was. Die Sanitäterin nahm sie dann in den Ambulanz-Wagen, deckte sie mit einer Decke zu und fragte weiter einfühlsam nach ihren Problemen und sprach weiter mit Lisa.
Sie berichtet: "Und Lisa sagte, die Hauptsache, die sie falsch gemacht habe sei, daß sie ihre Augen vom Objekt abgewendet habe. Das ist ein Zitat: 'Ich wendete meine Augen vom Objekt ab'. Das schien für sie wirklich eine Riesensache zu sein."

Eine barmherzige Samariterin
Sanft unterhielt sich diese barmherzige Samariterin weiter mit Lisa. Im großen und ganzen, so das Protokoll, sagte Lisa, sie wollte Hilfe. Sie wußte, daß sie Erholung brauchte. Sie wußte, daß sie so nicht weitermachen konnte.
"Sie sagte wörtlich: 'Ich brauche jemand, mit dem ich sprechen kann.'
Ich bin Sanitäterin. Ich sagte ihr, ich könne nicht hier bleiben, aber ich könnte sie zu einer Stelle bringen, wo die Leute ihr zuhören würden. Da könntest Du mit ihnen reden. Ist es das, was du willst?"
Und Lisa sagte ja.
"Ursprünglich hatte sie so etwa gesagt: 'Nein, nein, ich bin okay'. Aber ich hatte zu ihr gesagt 'Es hört sich alles so an, daß mit Dir eine Menge los ist'. Und 'Es würde gut sein für dich, dir jetzt Zeit zu nehmen und zu reden'. Weil sie gesagt hatte, sie wollte reden aber vielleicht nicht zu diesem Zeitpunkt. Lisa brauchte Hilfe und wir brachten sie in ein Hospital wo sie auch eine Patientin psychologisch untersuchen können."
Dort erklärte Bonnie alles der Schwester, die in der Notaufnahme Dienst hatte.
Es schien so, daß Lisa gut untergebracht war.
Und so hätte diese Geschichte ausgehen können wie die Geschichte vom Barmherzigen Samariter im Evangelium.
Aber sie endet anders.

Suchtrupp
Ein scientologischer Suchtrupp hatte Lisa schnell aufgespürt und holte sie gegen den ausdrücklichen ärztlichen Rat aus dem Krankenhaus.
Denn die SO behauptet ja, etwas viel besseres und wirksameres für Leute mit Nervenzusammenbruch als Psychotherapie zu besitzen, nämlich den sogenannten Introspection-Rundown.
In der Klinik sagten sie allerdings nichts von dieser Behandlung, sondern nur, Lisa würde im Ford Harrison Hotel, dem Hauptquartier der SO in Clearwater/Florida, Ruhe und Erholung finden.
Als die Sanitäterin Bonnie ein paar Tage später wieder in die Klinik kam und sich nach Lisa erkundigte, erfuhr sie, daß das Krankenhaus Lisa in die Hände der Scientologen entlassen hatte. Dazu sagte sie: "Mir schien es, als habe man sie wieder dahin zurück geschickt, wo die Quelle ihrer Verwirrung lag. Das ist ungefähr das selbe, wie wenn ich eine geschlagene Frau ins Krankenhaus bringe und der Ehemann in die Erste-Hilfe- Station kommt und sagt: 'O nein, behandeln sie sie nicht, sie ist okay, ich passe schon auf sie auf und achte darauf, daß sie okay ist'."

Introspection Rundown
Lisa wurde nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus einen Introspection Rundown ausgesetzt. Das ist eine von Hubbard entwickelte Pseudotherapie bei Nervenzusammenbruch.
Dieser Introspection Rundown beinhaltet die Isolation von Betroffenen auch gegen ihren Willen. Nach Hubbard grenzt der Introspection Rundown an ein Wunder, es sei der größte technische Durchbruch von 1973.
Der erste Schritt des Introspection Rundown ist es "die Person völlig zu isolieren. Alle Anwesenden müssen absolut den Mund halten (nicht reden). ...
Erst wenn es offensichtlich ist, daß die Person aus ihrer Psychose raus ist und der Verantwortung gewachsen ist, mit anderen zusammenzuleben, wird die Isolation beendet."
Der verantwortliche Überwacher testet das beispielsweise, indem er z.B. auf einen Zettel schreibt: "Dear Joe, was kannst Du mir versprechen, wenn wir dich aus der Isolation lassen?" Wenn Joe nicht zufriedenstellend antwortet, muß der Überwacher zurückschreiben: "Lieber Joe, tut mir leid, aber es geht noch nicht, dich aus der Isolation zu entlassen."
Hubbard war sehr stolz über den Introspection Rundown und sagte: "Das bedeutet, daß der letzte Grund für die Existenz der Psychiatrie fortgefallen ist. Ich habe einen technischen Durchbruch erzielt, der möglicherweise zu den größten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts zählt."

17 Tage im Fort Harrison Hotel
Siebzehn Tage nach Anwendung dieser Errungenschaft, am 5. Dez. 1995, starb Lisa McPherson im Alter von 36 Jahren.
Siebzehn Tage lang hatte sie vergeblich versucht, der Introspection Rundown genannten Isolationsfolter zu entkommen.
Vor der Tür stand ein Wächter; bei ihr im Zimmer war ständige Aufsicht von mindestens einer, meist mehreren Personen. Lisa versuchte alles, herauszukommen.
Sie übte Selbstkritik: "Ich habe bei der Handhabung meiner Mutter versagt." Und: "Ich war 1.1."
Sie versuchte es mit Unterwerfungsgesten: "Ich möchte die Zahnbürste nehmen und den Fußboden putzen bis ich eine Erkenntnis habe"
Sie bat um andere Gesprächspartner: "Kann ich bitte meinen Auditor Vatisinski sprechen."
Und immer wieder versucht sie, mal aus der Tür, mal aus dem Fenster zu entkommen. Die Protokolle, die bei der Isolation angefertigt wurden und die Aussagen der Bewacher stimmen darin überein: Lisa versuchte, aus der Isolationsfolter auszubrechen.

Die Protokolle der Wächter lesen sich u.a. so:
19.11.: "Sie versucht, meine Knöpfe zu finden (auf deutsch bedeutet dies hier: mein Mitleid zu erregen - TG)
   um mich zu beeinflussen. Sie verlangt, ihren Auditor zu sprechen. Sie sagt, daß sie zu einer Party gehen will".
20.11. "Heute sagt sie nicht viel, weil wir nicht mit ihr reden".
21.11. "Sie spricht viel und weint".
22.11. Lisa zerbricht das Bett und schlägt eine Wärterin.
25.11. "Sie war kalt wie ein Eisblock. Sie verweigerte das Essen. Sie wurde gewalttätig und schlug mich einige Male.
   Da rief ich die Wache von draußen rein."
26.11. "Sie stellt Fragen, als ob jemand sie etwas fragen würde, und gibt die Antworten darauf."
29.11. "Sie ist jetzt ruhiger, aber es scheint nur zu sein, weil sie schwächer geworden ist."
30.11. "Lisa ist wieder hochgekommen, körperlich und in ihrer Kommunikation - gestern war sie apathisch, nur ein paar
   Ausbrüche von nicht sehr zielgerichtetem Ärger. Heute nachmittag aber ist sie wohlüberlegt und garstig - sogar böse."
2.12. "Lisa hat Kratzer und Abschürfungen am ganzen Körper und an Ellbogen und Knien wunde Stellen, aber nicht offen;
   keine davon sieht entzündet aus. Sie redet, bewegt sich aber nicht. Das Geld für ihre Protein-Drinks ist alle.  
   Sie hat versucht, ein paarmal aufzustehen, aber sie ist nicht stark genug"

Drogen
17 Tage lang versucht sie verzweifelt zu verhindern, daß ihr Drogen eingeflößt werden. Benutzt wurden Benadryl, ein Beruhigungsmittel und Chloralhydrat, ein stark wirkendes Beruhigungsmittel. Das und andere SO-Medikamente wurden ihr immer wieder in das Essen gemischt oder ihr mit einer Kanülenspritze in den Mund gespritzt. Sie wehrte sich, indem sie so viel wie möglich wieder ausspuckte.

Tagelang versucht sie auszubrechen - bis sie schließlich an das Bett gefesselt wird. Einmal war sie schon bis zur Tür gekommen; ihre Hand war schon am Türgriff. Da fallen mehrer Wächter über sie her, werfen sie aufs Bett und halten sie nieder, indem sich einer über sie wirft, andere ihre Beine festhalten - fast eine Stunde, bis sie sich "beruhigt" hat.

Vertuschungsversuche
Lisa starb am Abend des 5.12. zwischen 21:30 und 22:00 Uhr. Am nächsten Tag um 14:00 rief Lisas Arbeitgeberin bei der Mutter an und sagte, sie sei gestorben. "Sie wurde mittags krank und wurde krank und immer kränker, dann brachte der Arzt sie ins Hospital. Schnellwirkende Meningitis".
Die Mutter dachte, das sei bei der Arbeit passiert. Dann erfuhr sie, sie hätte in den letzten Tagen nicht an Ihrer Arbeitsstelle gearbeitet sondern bei der SO. Sie habe dort angeblich für das Projekt Winter Wonderland gearbeitet, wird der Mutter erzählt über die Zeit, als sie in der Isolation war.
Der Totenschein nennt als Todesursache ein Blutgerinnsel, das durch Bettruhe und schweren Flüssigkeitsverlust herbeigeführt wurde. Lisa hat nach Schätzungen der Autopsie 5-10 Tage kein Wasser, auch keine Infusionen bekommen.
Scientology machte der Mutter und den Angehörigen zunächst weis, Lisa sei an einer schnellen, ansteckenden Meningitis gestorben und sorgte für eine rasche Einäscherung. Die SO-Funktionäre, die Lisa ins Krankenhaus brachten, sind nach Bekanntwerden des Falls aus den USA ausgereist.
Als Mutter und Tante nach Clearwater kamen, räumten Scientologen gerade das Appartement aus. Schmuck, Ringe, alles war weg, sogar Kleider.

Lisa starb nicht für ihre Überzeugung
Lisa starb nicht als Märtyrerin im landläufigen Sinne. Sie starb nicht für ihre Überzeugung, nicht durch religiöse Verfolgung, sondern sie starb durch den Größenwahn einer Organisation, die meinte, ärztliche Hilfe nicht zu brauchen und ein totsicheres Mittel gegen Nervenzusammenbrüche entwickelt zu haben.

Lisa bat um Hilfe.
Die Wächter sahen zu, wie sie starb.
Sie flößten ihr - möglicherweise ohne zu wissen, was sie taten, es waren ja Anweisungen - das auch entwässernde Beruhigungsmittel Benadryl ein.
Sie betäubten Lisa immer wieder mit dem Schlafmittel Chloralhydrat, das anderswo auch als KO-Tropfen eingesetzt wird. Sie banden Lisa aufs Bett fest.

Lisa wehrte sich, aber zwei Wochen dieser Behandlung waren auch für die kräftige junge Frau zu viel. Sie starb durch die Gleichgültigkeit ihrer Bewacher, die keine Angst hatten, ein Leben auszulöschen, sondern sich nur fürchteten, nicht 100% Hubbard Technologie anzuwenden: Korrekte Hubbard-Tech statt Mitleid.

Obwohl die Protokolle des Introspection Rundown vorliegen, aus denen z.B. hervorgeht, daß das Schweigegebot gegen Lisa vorschriftsmäßig eingehalten wurde, bestreitet SO-Rechtsanwalt Elliot Abelson, daß ein Introspection Rundown gegen Lisa angewandt wurde. Für ihn ist der Tod der Scientologin das Ergebnis eines "Selbstzerstörungsmodus" in welchen sie unter Obhut von Scientology eingetreten war. Sie habe die 17 Tage in einem sehr schönen Hotelzimmer ohne Fernsehen, aber mit Zimmerservice und der Möglichkeit, frei ein- und auszugehen, verbracht.
Wird solche Frechheit siegen?

Sollen wir Lisas Hüter sein?
Soll ich meines Bruders Hüter sein? Soll ich Lisas Hüter sein? Soll ich mich in sein oder ihr Leben einmischen?
Lisa hatte keine Hüter, sondern Bewacher. Wie KZ-Wachmannschaften oder Mauer-Wächter beschützten sie ein System, eine Idee, eine Organisation. Sie bewachten eine Gefangene, wollten die Gefangene dazu bringen, sich ideologie- und technologiemäßig zu verhalten.
Wir können doch nicht wegschauen!
Wir können nicht wegschauen, weil wir im Wegschauen unsere eigene Menschlichkeit gefährden.

Nicht Hüter des Einzelnen, des Nächsten zu sein, heißt Mord zu ermöglichen, zum Beschützer eines Systems der Gewalt zu werden, vielleicht sogar: selbst zum Mörder zu werden.

Liebe Gemeinde,
Nein, geben wir es zu, wir haben es immer gesehen,
und sehen es auch heute und gehen schnell vorüber.
Zu genau hinsehen könnte bedeuten,
daß es uns jammert,
daß wir verwickelt werden,
daß wir in eine andere Lebensgeschichte hineingezogen werden;
daß wir Mitleid bekommen,
daß wir mit leiden müssen,
daß wir mit zum Opfer werden.

Aber wegschauen und vorüber gehen könnte bedeuten,
daß wir hart werden,
daß es uns kalt läßt,
daß wir selbst zu Tätern und Mördern werden.

Gott gab uns Augen zum sehen und nicht um wegzusehen.
Und ein Herz, damit es ergriffen werden kann von der Liebe zu Gott und zu unseren Menschengeschwistern, unseren Nächsten.  Amen.

Laßt uns beten:
Vater im Himmel, bewahre uns davor, wieder unter das Sklavenjoch der Sünde und der Gleichgültigkeit gegen Dich oder unseren Nächsten zu kommen.
Mach uns mutig dazu, die Menschenwürde und Freiheit unserer Mitmenschen zu hüten wie unseren eigenen Augapfel.
Gib, daß wir dich lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt und unseren Nächsten wie uns selbst.  Amen.

(tw. ergänzt nach Tonbandmitschnitt; herzlichen Dank an die Gemeinde und an alle Menschen im Internet, die mir durch ihre Fragen, Hinweise, Hilfen, Erläuterungen und vor allem dadurch, daß sie das Material gesammelt und im Netz bereit gestellt haben, bei der Vorbereitung dieser Predigt mitgeholfen haben. Besonders danke ich Joe Cisar, Jeff Jefferson, David Rice, Ilse Hruby, den Mitarbeitern des Lisa-McPherson Trust, Peter Widmer, Dave Bird, Arnie Lerma, Gerry Armstrong, Rod Keller, Jeffrey Liss, "Alec", Stephan Kleinert, ptsc und allen anderen.)


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