Seite 9 weiter Seite 10 (20 KB)

BERLINER DIALOG 13, 2-1998 - Michaelis

DEUTSCHLAND

Blutreinigung am Bahnschalter
Neue Werbemasche der Mun-Bewegung in Deutschland
Bericht von Eduard Trenkel

Eigentlich wollte die junge Frau nur eine Auskunft über eine Zugverbindung. Doch sie erhielt mehr am 16. 08. 98 an der Fahrkartenausgabe des Frankfurter Haupt-bahnhofs: Mit den gewünschten Reise-verbindungen bekam sie eine Einladungskarte der "Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung" und zwei Bonbons. Im Text auf der Karte hieß es: "Bitte teilen Sie beigefügte Bonbons mit Ihrem Partner und der ganzen Familie als ein Zeichen der Liebe zueinander!"

Mun-Massenhochzeit

Handelt es sich bei diesem Angebot um eine familienfreundliche Initiative der Deutschen Bahn AG? wird sich mancher Empfänger von Bonbons und Karte gefragt haben. Kaum erkennbar ist, daß es sich dabei vielmehr um die Initiative der spiritistischen Neuoffenbarungsreligion des Koreaners San Myung Mun handelt die die Empfänger der "Geschenke" im Rahmen der Aktion "Blessing 98" religiös und "blutsverwandtschaftlich" zu "reinigen" und zu vereinnahmen sucht.

Familienvereinigung statt "Vereinigungskirche"

Zukünftig sollen die Aktivitäten der "Vereinigungskirche" unter deren Firma die Mun-Bewegung oder "Mun-Sekte" bisher eher bekannt war, in der jetzt neugegründeten "Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung" zusammengefaßt werden. 36 000 000, also 36 Millionen Menschen sollen im Rahmen von "Blessing 98" auf diese Weise in die MunFamilie und ihre Familien-Föderation "adoptiert" werden.

Wiederherstellung durch Blutübertragung

Mun, gegen den in der Bundesrepublik ein Einreiseverbot verhängt wurde und der wegen Steuerhinterziehung in den USA verurteilt wurde, versteht sich, zusammen mit seiner Frau, als die "wahren Eltern" der Menschheit. Durch ihre "Segnung", die Aufnahme in ihre "Blutslinie", soll die ursprüngliche, verlorengegangene Vollkommenheit wiederhergestellt werden.

Blutslinientransfusion durch besprühte Bonbons

Hier haben dann die Bonbons ihre Funktion. Ihnen ist "Holy Wine" entweder beigemischt oder aber die Bonbons wurden per Beträufeln oder Besprühen mit dieser Flüssigkeit präpariert. Dieser besondere Saft besteht aus 21 Zutaten, unter anderem auch dem Blut ("actual blood") von Mun und seiner Frau. Durch den Genuß der Bonbons zusammen mit dem Partner soll der physische Wechsel der Blutlinie, von der satanischen Abstammung hin zur "wahren Familie", vollzogen werden.
Die ursprüngliche Form dieser Kontaktaufnahme, bei der "Holy-Wine" in flüssiger Form ausgeschenkt wurde, war u.a. wegen der komplizierten Verabreichung und möglicherweise auch wegen der offensichtlich religiösen Bezüge auf Widerstand bei den Umworbenen gestoßen. Durch die verdeckte Form mit den Bonbons versprechen sich die Anhänger der Mun-Bewegung augenscheinlich größere Akzeptanz und Wirksamkeit.
In einigen Fällen wurde aber neben den Bonbons auch ein Alugefäß mit "Holy Nectar", vergleichbar den Portionsbehältern für Kaffeesahne o.ä. zusammen mit den Bonbons ausgegeben.
Im Unklaren blieb der Beschenkte wohl in jedem Fall über die magische Wirkung des "Blutslinientausches", die die MunBewegung mit den "Gaben" verbindet.

Blutsbande und Bundesbahn

"Eltern und Kinder sind durch Blut verbunden. Wegen der Bedingung unserer Blutsverbindung kann ich meine Verwandtschaft mit euch nicht verleugnen. Deshalb müßt ihr machen, was ich euch aufgebe..." führte der selbsternannte Messias Mun in einer Rede erst am 7. 7. 97 aus.
Der Bahnbedienstete hat sich daran gehalten. Ob dies im Sinne der Kunden war, dieser Frage wird sich die Bahn AG stellen müssen.
#

Ende Seite 9 weiter Seite 10 (20 KB)
Anfang

Pfarrer Eduard Trenkel
Pfarrer Eduard Trenkel
ist Beauftragter für Sekten- und
Weltanschauungsfragen der Evangelischen
Kirche von Kurhessen Waldeck.
Foto: privat