PR-Konsequenzen
Eine Resolution kann derartige Maßnahmen nicht ersetzen, zumal die Wege der Entscheidung und Verantwortung nicht mit denen sonstiger Schulen vergleichbar sind.
Höchst wirksam hingegen waren offenbar die PR-Maßnahmen.
Vielfach wird die ISKCON-Organisation heute als Partner für den interreligiösen Dialog an den runden Tisch gebeten. Selbst in der politischen Meinungsbildung wurde die ISKCON-Organisation als Beispiel für den Wandel aufgeführt und daraus die Forderung nach eben jenem runden Tisch abgeleitet und andere Maßnahmen abgelehnt.
Beiläufig wird in einer Broschüre der Hammer "Katholisch-Sozialethischen Arbeitsstelle" (KSA) erwähnt, in Deutschland habe es keine KrishnaSchulen gegeben. (3) Hat aber jemand nachgeprüft, wieviele deutsche Kinder in die ISKCON-Schulen in den USA (und anderen Ländern) gingen?
Hat jemand nachgeprüft, wieviele Deutsche unter den Tätern waren?
Wer stellt sicher, daß Täter und Opfer sich nicht in Deutschland an einem kirchlich oder staatlich gesponserten runden Tisch ungewollt begegnen?
Wer weiß, wieviele deutsche Kinder heute in ISKCON-Schulen in den USA (und anderen Ländern, auch solche im Osten) gehen?
Selbst in dem erwähnten KSA-Bericht wird von den "mehr oder weniger effektiven Gegenmaßnahmen" der ISKCON gesprochen.
Bei sexuellem Mißbrauch sind aber "mehr oder weniger effektive Gegenmaßnahmen" entschieden zu wenig. In Wahrheit waren die Gegenmaßnahmen also unwirksam. Die Leitung der Organisation hat also offenbar den Schulbetrieb weitergeführt, obwohl der sexuelle Mißbrauch der Schüler/innen durch die Lehrer bekannt war und obwohl erkennbar sein mußte, daß die Gegenmaßnahmen nicht ausreichend waren.
Eine öffentliche Schule wäre in einem solchen Fall geschlossen worden.
Bleibt also auch die Frage, welche Schulen geschlossen worden sind, worauf die Schließung beruht hat und ob es Nachfolgeeinrichtungen gibt.
Dahinter steht das Problem der möglichen Vertuschung des sexuellen Mißbrauchs und insbesondere die Frage, ob die Gefahr jetzt wirklich beseitigt ist.
PR-Konsequenz Runder Tisch?
In einem Gutachten (4) für die BundestagsFraktion der Grünen heißt es: "Keiner ist nur Opfer, jeder ist immer auch Täter!" Es geht dort um Psychotherapie, nicht um Kriminalistik. Es geht dort aber auch um den Vorschlag des "runden Tisches". Als mögliche Teilnehmer an einem solchen "Runden Tisch" ausdrücklich erwähnt: Krishna-ISKCON.
Bisherige Betreuungs-Aktivitäten werden in dem Gutachten teils ignoriert, teils als erfolglos oder gar mißbräuchlich dargestellt. Der Gutachter geht so weit, zu schreiben:
"Schließlich sind mir Fälle bekannt, wo sogenannte 'Sekten-Opfer' über Jahre von Weltanschauungs-Beauftragten auf unzähligen Veranstaltungen 'vorgeführt' wurden, in dem Moment, wo sich eine andere Deutung ihrer eigenen Geschichte entwickelte, die mit der der Weltanschauungs-Beauftragten nicht mehr übereinstimmte, aber 'fallengelassen' wurden".
Wenn so etwas in einem Gutachten steht, dann ist das ein ganz besonders harter, möglicherweise dienstrechtlich relevanter Vorwurf, zumal kaum mehr als ein Dutzend der Beauftragten dafür in Frage kommt und nicht von einem Fall die Rede ist, sondern von Fällen. (*)
Glaubwürdigkeit von Zeugen
Ich beobachte die Szene seit über 20 Jahren. Ich kenne keinen einzigen Fall, auf den diese Beschreibung passen könnte. Ich kenne aber viele ehemalige Anhänger von Sekten und Kulten, die bereit waren, öffentlich über ihre Erfahrungen zu berichten. Die also bereit waren, ihre Kenntnisse an Staat und Gesellschaft zu vermitteln und die dadurch die heutige Diskussion überhaupt erst ermöglicht haben. Oft unter Zurückstellung des eigenen beruflichen Fortkommens und unter dem Risiko, von den Organisationen angegriffen zu werden.
Ich würde es für nicht akzeptabel halten, wenn diese im Nachhinein als "Vorgeführte" dargestellt würden, die somit erneut mißbraucht worden wären.
Daß diese Ehemaligen sich irgendwann um ihre eigenen beruflichen und privaten Belange kümmern mußten und diese Informationstätigkeit eingestellt haben, ist im übrigen der übliche Verlauf.
Roß und Reiter
Der Gutachter möge deshalb Roß und Reiter nennen.
Die Beschuldigten müssen Gelegenheit haben, ihre Version darzulegen.
Wenn der Kreis der in Frage kommenden klein genug ist, dann wird aus einer solchen Behauptung schnell eine Vorverurteilung. Eine solche Vorverurteilung ist besonders kritisch, wenn der eigentliche Prozeß der Klärung ausbleibt.
Das Gutachten hat Eingang in ein Sondervotum von Mitgliedern der EnqueteKommission "Sog. Sekten und Psychogruppen" des Bundestages gefunden. Und zwar zum Thema "Informationsund Beratungsbedarf bei nichtstaatlichen Stellen"
Vorgeschlagen wird, "Mediationseinrichtungen zu schaffen". Zitiert wird dazu das fragliche Gutachten und der dort empfohlene "Runde Tisch".
"Mediation" dient der Lösung von Konflikten zwischen Einzelpersonen.
Bei den durch Sekten verursachten Problemen geht es in aller Regel nicht um Konflikte zwischen Einzelpersonen.
Stand: 15.2.99
Ingo Heinemann ist Rechtsanwalt und langjähriger Geschäftsführer der AGPF - Aktion für Geistige und Psychische Freiheit. Arbeitsgemeinschaft der Betroffenen-Initiativen e.V. - Internet: http://home.t-online.de/home/ AGPF.Bonn -
Anschrift: D- 53229 Bonn, Im Blankert 35, Tel. 0228-631547 E-Mail: AGPF.Bonn@t-online.de
Anmerkungen
(1) Der Artikel "Hare-Krishna-Kult (ISKCON): Anhänger drohen mit Massenselbstmord" ist im Internet unter:
http://home.t-online.de/home/AGPF.Bonn/inf98-14.htm nachzulesen oder kann beim Verfasser angefordert werden.
Anschrift: Ingo Heinemann 53579 Erpel, Grabenstrasse 1, Tel. 02644-98013-0 Fax 0264498013-1
E-Mail: Ingo.Heinemann@t-online.de
(2) "Hare-Krishna-Kult: Mord am Fluß" im Internet unter http://home.t-online.de/ home/AGPF.Bonn/idk87-2.htm.
(3) Das schreibt Harald Baer, Referent der Katholischen Sozialethischen Arbeitsstelle in seinem Aufsatz "Radikale Entradikalisierung" in Informationsdienst Sekten- und Weltanschauungsfragen der KSA 4/1998
(4) "Gutachten Für die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen ZUM THEMA: 'Beratungsbedarf im Umfeld von religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften unter besonderer Berücksichtigung professioneller Anforderungen an die Beratung' Angefertigt von Dr. Fritz Huth im März 1998"
* Anmerkung der Redaktion:
Die Redaktion teilt die Meinung von Herrn RA Heinemann, daß es sich hierbei um einen dienstrechtlich relevanten Vorwurf gegen eine unbestimmte Zahl kirchlicher Sektenund Weltanschauungsbeauftragter handelt. Wir sind sogar der Meinung, daß es sich um den für ordinierte Seelsorger noch viel schwerwiegenderen öffentlichen Vorwurf des Bruchs ihres Ordinationsversprechens und der Verletzung ihrer Hirtenpflicht handelt, die sie bei der Ordination auf sich genommen haben. ("Als treuer Hirte sollst du ... die Betrübten trösten, die Schwachen stärken, den Verirrten nachgehen und niemand verloren geben...".)
Bisher hat sich Herr Dr. Fritz Huth auf entsprechende innerkirchliche Anfragen, auch aus dem Kreis von Redaktion und Redaktionsbeirat, geweigert, angeblich Geschädigte und angebliche Täter zu benennen oder irgendwelche Beweise für seinen gutachterlich erhobenen Vorwurf zu erbringen. Er hat sich dabei auf "Informantenschutz" berufen, obwohl er ja in seinem wissenschaftlichen Gutachten davon geschrieben hatte, "ihm" seien selbst "zahlreiche Fälle bekannt". Einige der durch den Vorwurf Betroffenen hat er auf persönliche Anfrage ausdrücklich von dem Verdacht und Vorwurf ausgenommen. Mitglieder der Redaktion sind der Meinung, daß sich damit das Problem eher noch zugespitzt hat und werden darauf drängen, den öffentlich erhobenen Vorwurf einer öffentlichen Klärung zuzuführen. Bis zum Antritt eines Beweises ist davon auszugehen, daß diese im Gutachten für die Grünen von Herrn Dr. Huth geäußerte Behauptung, die tendenziell im Sondervotum der Grünen und entsprechenden Äußerungen von Vertretern der Grünen bereits ihren Niederschlag gefunden hat, eine zweckdienliche Lüge ist.
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