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BERLINER DIALOG 26, 1-4 2002 - Epiphanias 2003

 OSTEN

Die religiöse Lage in Ungarn
Kurze Analyse der Sektenprobleme
Ökumenisches Studienzentrum Budapest

I. Kirchen und Religionen in Ungarn
Die Ergebnisse der Volkszählung vom Februar 2001 in Ungarn zur religiösen Lage wurden im August dieses Jahres - als Sonderausgabe - vom Zentralamt für Statistik herausgegeben (Heft 5: "Religion und Konfession", Budapest 2002). Demnach haben sich 74% der Bevölkerung des Landes (kaum mehr als 10 Mill.) als religiös gebunden erklärt.
Schon der Formulierung der Volkszählungsfragen war eine hitzige Diskussion vorangegangen, weil seit Beginn der amtlichen Volkszählungen (1870) bis 1949 die Beantwortung der Fragen bezüglich der konfessionellen Zugehörigkeit fast "verbindlich" vorgeschrieben war, dagegen die Fragebögen der Volkszählungen in den vergangenen über 50 Jahren die Frage nach der Religion nicht enthalten hatten, während die letzte Volkszählung (die 14.) die Beantwortung nicht zur Pflicht machte und die Kategorien der konfessionellen Zugehörigkeit nicht definierte, aber eine Selbsteinschätzung aufgrund persönlicher Entscheidung ermöglichte.
So erklärt sich die Mehrheit der Bevölkerung des Landes (7 600 000) als zu irgendeiner Religion gehörig, während 15% (1,5 Mill.) entweder die Antwort verweigerten oder sich für "religionslos" halten.
Interessant und zugleich überraschend an dieser Volkszählung ist, daß die Antwortenden 260 verschiedene Religionen bzw. Konfessionen angaben. Die Mehrheit der Landesbevölkerung (5,3 Mill.) betrachtet sich als römisch­katholisch (bzw. griechisch­katholisch: 269 000). Reformiert sind 1,623 Mill. und evangelisch 304 000. Israeliten gibt es nur 13 000, wenn diese auch nur mit großer Zurückhaltung geantwortet haben.

95% der sich selbst als religiös Bezeichnenden fühlen sich einer der "historischen", also traditionellen Kirchen (römisch­katholisch, reformiert und evangelisch) zugehörig. Beachtenswert und interessant an dieser neuen Statistik ist, daß die Ostkirche, die Orthodoxie, nur geringfügig vertreten ist, wobei sie sich nach Nationalitäten noch weiter untergliedert: es gibt ungarische, bulgarische, griechische, russische, rumänische und serbische orthodoxe Gemeinden. Zu betonen ist auch, daß sich in Ungarn - anders als in den anderen früheren sozialistischen Ländern Ostmitteleuropas - die Griechisch­Katholischen nicht der orthodoxen Kirche anschließen mußten, sondern bis heute unverändert als Bistum der römisch-katholischen Kirche existieren.
Die Gemeinden der ungarischen Protestanten - die in Ostmitteleuropa die größte religiöse Minderheit bilden - umfassen fast 2 Mill.
Hier liegt auch ein heikles Problem. In den Nachbarländern (Rumänien, Ukraine, Slowakei, Kroatien, KleinJugoslawien) in den ihnen im Friedensvertrag von Trianon angeschlossenen Gebieten existiert bis heute eine sehr bedeutende ungarischsprachige protestantische und römisch­katholische Konfession, die seelisch und geistlich die Bindung an die (ungarischen) Mutterkirchen nicht abgebrochen hat.
Nach Ansicht zuverlässiger Fachleute praktizieren von den sich als religiös Bezeichnenden nur 15­20% ihren Glauben tatsächlich, was in Ungarn immer noch 1,5 Mill. umfaßt. Die sich zwischen den 7,5 Mill. und den ca. 1,5 Mill. befindende Masse sind großenteils "Festchristen" (Weihnachten, Ostern) und "Kasualienchristen" (Taufe, Trauung, Beerdigung). Die religiösen Angaben der Volkszählung spiegeln also keinesfalls die Tiefe und Qualität des Glaubens wider.
Schon hier ist anzumerken, daß die auch in dieser Zusammenfassung weiter unten behandelten vom Religionsgesetz vorgeschriebene amtliche Registrierung nur 136 Konfessionen kennt, im Unterschied zu den 260 Religionen der Volkszählung. Die Zahl der amtlich registrierten Religionen ist seit der politischen Wende von 1989 sprunghaft angestiegen. Damals wurden insgesamt 35 Religionen (Kirchen, Konfessionen) amtlich registriert, heute dagegen sind es 136.

II. Rechtliche Situation
In Ungarn ist der Verfassung gemäß die Kirche vom Staat getrennt tätig (§ 60, Abs. [22]). Auch das Verhältnis von Kirche und Staat unterscheidet sich in Ungarn von den in anderen Ländern geltenden Regeln, wenn auch die Gesetze die Rechtsgleichheit der Religionen garantieren. Es gibt für dieses Verhältnis keine universale, von allen europäischen Ländern anerkannte Form.
Im Grunde ruht auch in Ungarn das neue Beziehungssystem von Religion (Kirchen, Konfessionen) und Staat auf zwei Pfeilern. Einerseits sind dies die europäischen Normen, die sich am authentischsten in den diesbezüglichen Beschlüssen und Empfehlungen des Europarates widerspiegeln. (Die Darstellung der bisherigen diesbezüglichen Beschlüsse der Europäischen Union und des Europaparlaments ist hier nicht möglich.)
Die letzten Empfehlungen dieses gesamteuropäischen Gremiums (Nr. 9399, 27. März 2002) beschäftigen sich mit der "ostmitteleuropäischen Lage". Dieses Dokument baut auf den in den vergangenen 15 Jahren vom Europarat veröffentlichten unterschiedlichen Stellungnahmen auf. Sein Zweck ist, "zum Ausbau eines harmonischen Verhältnisses zwischen den religiösen Institutionen und den Staaten beizutragen". All das tut es im Interesse der Verwirklichung der grundlegenden Freiheitsrechte des Menschen, z.B.
- "der Gewissens­ und Religionsfreiheit,
- der religiösen Toleranz und
- der Verurteilung jeder Form früherer religiöser Verfolgungen, und
- der Gewährleistung der individuellen und gemeinschaftlichen Religionsausübung".

Der Europarat nahm auch "in Sachen der illegalen Tätigkeit von Sekten" Stellung (Empfehlung Nr. 1412, 1999). Das hier erwähnte neueste Dokument stellt fest, daß "in den sozialistischen Nachfolgestaaten die religiöse Entwicklung durch fundamentalistische und extreme Tendenzen gekennzeichnet ist", bei denen "religiöse Parolen und Organisationen die Religion in den Dienst des militanten Nationalismus und Chauvinismus zu stellen versuchen". Die [traditionellen] Kirchen (Religionen) des Raumes "wurden mit dem starken Erscheinen der religiösen Unterschiedlichkeiten der pluralistischen Gesellschaft, mit den neu eingetroffenen Missionaren und den neuen religiösen Bewegungen konfrontiert".
Gestiegen ist die Spannung einerseits "zwischen der Demokratie und den Grundprinzipien der Menschenrechte und andererseits der nationalen kulturellen, ethnischen und geistigen Identität, und die religiöse Aufsplitterung bildet ein sehr gefährliches Hindernis auf dem Weg ins geeinte Europa".
Die religiöse Situation in Ungarn ist andererseits durch eine jahrtausendalte (in protestantischer Hinsicht jahrhundertealte) sehr starke gesellschaftliche Tradition charakterisiert. Ein eigenartiges Beispiel für die Mischung von europäischer Rechtsordnung und nationaler Tradition ist das Gesetz "über die Gewissens­ und Religionsfreiheit sowie über die Kirchen" (1990/IV) aus dem Jahr der politischen Wende. Dieses Gesetz ist ein herausragender Teil der grundlegenden politischen Wende vor zwölf Jahren, indem es sich so den europäischen Normen anpaßt, daß es dabei gleichzeitig die spezifischen religiösen und kulturellen Traditionen des Landes bewahren möchte.
Darin wurzelt der scheinbare Widerspruch, daß die traditionellen historischen Kirchen wieder ein Institutionensystem im Sozial­, Erziehungs­ und Gesundheitswesen mit bedeutender Unterstützung durch den Staatshaushalt aufbauten. Die kleinen Kirchen oder die neuen "religiösen Bewegungen" und "Sekten" erhalten keine solche Unterstützung. Natürlich folgte dem erwähnten Gesetz eine ganze Reihe von staatlichen Maßnahmen, die in einer gesonderten (ungarischsprachigen) Ausgabe im vergangenen Jahr veröffentlicht wurden ("Sammlung der gültigen Rechtsnormen bezüglich der Kirchen").
Die zuweilen recht hitzigen politischen Diskussionen über diese Frage in den vergangenen zwölf Jahren zeigen gut, auf welches Element der sich im Gesetz verwirklichenden zwei Gesichtspunkte (europäische Rechtsordnung und ungarische Tradition) mehr Gewicht gelegt wurde bzw. wie der Auffassungsunterschied den Spielregeln der parlamentarischen Demokratie gemäß zum Ausdruck kam. Anzumerken ist, daß auch diese Angelegenheit zu einem Mittel des Wettbewerbs zwischen den politischen Parteien wurde, also nicht als unmittelbar religiöse Frage zu betrachten ist.
Auf jeden Fall ist das Gesetz seit seiner Verabschiedung ungeachtet mehrfacher Modifizierungsversuche auch jetzt unverändert in Kraft, was seine eventuelle Überprüfung bzw. Modifizierung nicht überflüssig macht.

III. Umfrage unter evangelischen Pfarrern zur religiösen Situation
Im Laufe des September 2002 wurde eine neue landesweite Erhebung über die religiöse Lage in Ungarn vorgenommen, die zwar keinen wissenschaftlichen Anspruch hat und nicht völlig genau ist, aber dennoch Tendenzen zeigt. Diese Analyse verarbeitet die Erfahrungen protestantischer (evangelischer und reformierter) Seelsorger und spiegelt ihre Meinungen wider. Im Laufe der Erhebung mußte man sich unvermeidlich mit den in Ungarn "Kleinkirchen" genannten Konfessionen (Baptisten, Methodisten, Adventisten, Pfingstlern) bzw. ihren unter verschiedenen Namen auftretenden Varianten beschäftigen. Sie mußte auch einen Ausblick auf die Gestaltung der Beziehungen zur Mehrheitskirche, den Römisch-Katholischen vornehmen.

Anzumerken ist danach auch, daß sehr aggressive Formen der neuen religiösen Bewegungen schon in der Periode der "weichen Diktatur" - seit Mitte der 1980er Jahre - relative Religionsfreiheit bzw. ihre amtliche Registrierung erhielten.
Einen annähernd genauen Überblick macht jene Bestimmung des Gesetzes 1990/IV fast unmöglich, daß es nicht nötig ist, die Registrierungen bei den Komitatsgerichten zentral zu erfassen.
Deshalb kann es sich übrigens auch bei den verschiedenen benannten Gruppen manchmal um ein und dieselbe Konfession oder religiöse Gemeinde mit je anderer Benennung handeln.
Niemand kontrolliert auch, ob und wie die regelrecht registrierte religiöse Gemeinschaft ihre Religion nun tatsächlich ausübt, zumal auch niemand ihre Aufhebung registriert, ebenso wie niemand die Tätigkeit eingetragener Gemeinschaften kontrolliert, weil das besagte Gesetz die Schaffung eines staatlichen Organs zur "Kontrolle der Kirchen" verbietet.
Unter Berücksichtigung dieses skizzierten Rahmens ist festzustellen, daß besonders zwei religiöse Gemeinschaften tätig sind, um die hitziger Streit und Spannungen entstanden sind:

Gemeinde des Glaubens
Die eine ist eine spezifisch ungarische Erscheinung namens "Gemeinde des Glaubens". Ihre Anziehungskraft vor allem auf die jungen, durchsetzungswilligen Schichten der mittleren Intelligenz ist bedeutend. Eigentümlich mischen sich in ihr eine "biblische Tradition" protestantischen Charakters, der spektakuläre Amerikanismus und die Reklamefinessen der westeuropäischen pluralistischen Gesellschaft. Ihr leitender Geistlicher ist ein abgesprungener, früherer katholischer Theologiestudent. Sie zieht vor allem in Budapest, aber auch schon in den größeren Provinzstädten Massen an. Ihre diktatorische Führung führte jedoch zu einer Abspaltung. Eine Gruppe trennte sich aus Protest gegen die skrupellosen Methoden der "Gemeinde des Glaubens".
Hier ist nur so viel zu bemerken, daß ihre Haltung gegenüber den großen historischen Kirchen nicht nur abweisend, sondern scharf aggressiv, ja haßerfüllt ist. Vielleicht begleiten gewisse Medien ihre Tätigkeit gerade deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit.

Jehovas Zeugen
Die andere, das ganze Land überziehende außerordentlich aggressive religiöse Gemeinschaft sind die seit langem (anfangs illegal) tätigen, aber bereits vor dem Systemwechsel eingetragenen "Zeugen Jehovas". Die hartnäckigen Missionare dieser Gemeinschaft erscheinen regelmäßig überall. Ihre von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnten Methoden sind bekannt.

Mormonen
Eine ähnlich aktive Missionstätigkeit entfalten die Mormonen ("Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage"). In ihrem Falle erweisen sich das Angebot des Erlernens der englischen Sprache und unterschiedliche Schulorganisierungen als eines der wirksamsten Werbemittel.

Kirche der Liebe Christi
Neben der "Gemeinde des Glaubens" und den "Zeugen Jehovas" kann als dritte "aggressive Sekte" die Gemeinde der »Kirche der Liebe Christi" genannt werden, die verstreut mit dem Versprechen von "Wunderheilungen" Anhänger zu werben versucht.

Mun-Bewegung, ISKCON und andere "östliche" Religionen
Das Auftreten der Moon­Anhänger und die Versuche, ihre verschiedenen Gemeinden aufzubauen, erfahren unsere Gemeinden nur sehr vereinzelt. Unter den "östlichen Religionen" sind auch kleine buddhistische und IslamGruppen tätig. Ihre Anzahl ist aber vernachlässigbar gering.
Dennoch ist zu bemerken, daß sich ein europäisches Zentrum der "Hare Krishna"­Bewegung in Ungarn befindet. Mit ihren aufsehenerregenden Umzügen, ihrem Büchervertrieb und ihren sozialen Aktionen wird ihnen in den Medien zurzeit ein auffälliger Platz eingeräumt. Es gibt aber auch Gebiete in Ungarn, wo man überhaupt nichts von ihnen weiß.

Scientology
Die Versuche der Ausbreitung der Scientology­"Kirche" sind im Grunde nicht zu verfolgen, da sie strenger Geheimhaltung unterliegen; sie sind in der Form von Englischunterricht, Schulorganisierung und verschiedenen wirtschaftlichen Unternehmungen erfahrbar.

Kirchen in der offenen Gesellschaft
Zusammenfassend ist jedoch festzustellen, daß auf Dauer keine einzige Sekte oder Religion regelrecht Fuß fassen konnte. Die Meinung der protestantischen Seelsorger dazu ist, daß die "traditionelle Frömmigkeit Schutz bietet" und "gemessen an den großen Konfessionen die Zahl der Anhänger von Sekten und neuen religiösen Bewegungen vernachlässigbar ist, an manchen Orten sind sie nicht nur unbedeutend wenig, sondern gar nicht existent” - so steht es in mehreren Berichten.

Die Herausbildung der pluralistischen Gesellschaft nach der politischen Wende hat die historischen Kirchen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts tief erschüttert, ja "in Panik versetzt", aber diese Furcht, die zu verschiedenen, aber doch nicht allgemeinen Schutz­, ja sogar auch Missionsaktionen geführt hat, hat sich in der zweiten Hälfte der vergangenen zwölf Jahre verringert, aufgelöst, ja ist bis heute verschwunden.
Ein Teil der kleinen Kirchen (Baptisten, Methodisten) nehmen an der Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen in Ungarn teil. Ein anderer Teil von ihnen - viele kleine Gruppen - sind Mitglieder des Ungarischen Bibelrates und arbeiten in diesem Rahmen mit den Reformierten und Evangelischen zusammen.

In bezug auf die Römisch­Katholische Kirche ist eindeutig eine langsame ökumenische Öffnung feststellbar. In immer weiteren Kreisen nehmen ihre Gläubigen an ökumenischen Veranstaltungen teil, vor allem in der "Ökumenischen Gebetswoche", auch wenn sie nicht Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen in Ungarn ist. In mehreren Antworten der Erhebung wird angedeutet, daß "der römischkatholische Ökumenismus pfarrerabhängig ist". Auf jeden Fall ist aber zu betonen, daß es sich um eine vorsichtige ökumenische Öffnung handelt, die von den Protestanten (die seit über einem halben Jahrhundert offiziell Teilnehmer der weltweiten ökumenischen Bewegung sind) noch immer mit gewissem Mißtrauen oder Vorbehalten betrachtet wird.

Übersicht
Die Sektensituation in Ungarn ist insofern "europäisch", als fast alle religiösen Zweige zu finden sind. Im Interesse der Typologisierung ist festzustellen, daß die Religionen in fünf Kategorien eingereiht werden können.
1. Die traditionellen christlichen Konfessionen - römisch­katholische, reformierte und evangelische
Es sind aber auch andere allgemein bekannte Varianten, wie Apostolische Kirche, Altkatholische Kirche usw. in Ungarn vertreten. Die Frömmigkeitsrichtungen weisen auch in den einzelnen Konfessionen große Unterschiede auf, ja sie haben in den "kleinen Kirchen" auch zu Brüchen geführt. Deshalb ist die religiöse Landkarte außerordentlich bunt.
2. Die Pseudokirchen (die Religionen der neuen Offenbarung): Zeugen Jehovas, Gemeinde des Glaubens, Mormonen, Moonisten.
3. Religionen des Ostens, von denen in der Reihenfolge ihrer Aktivität die ISKCON (Hare Krishna), Buddhisten und der Islam erwähnt werden müssen. Ihre Anhänger sind aber, wie oben ausgeführt, nur in sehr geringer Zahl vorhanden.
4. Die neuen philosophischen Richtungen: Scientology (in erster Linie maskiert, unter nach Erfolg strebenden Interessentenkreisen feststellbar), ihre Tätigkeit ist aber wegen des verdeckten Vorgehens sehr schwer zu verfolgen. Über die "New Age-Bewegung" gibt es keine Hinweise.
5. Die ungarn-tümelnden "urheidnischen Religionen": Nach Ansicht von Fachleuten kann auch bei ihnen nicht von sprunghaften Entwicklungen gesprochen werden.

Nach einhelliger Meinung der mit diesem Thema befaßten Fachleute überschreitet die Zahl der Anhänger der unterschiedlichsten neuen religiösen Bewegungen bzw. Sekten im heutigen Ungarn nicht 1,5­2% der Bevölkerung des Landes, beträgt also höchstens 200.000. Ihre "Eroberungen" sind in erster Linie auf die modisch gewordene "Religiosität", das spirituelle Vakuum und die "Suche" sowie auf die wirtschaftliche Verarmung zurückzuführen.

IV. Bilanz
1.
Zur religiösen Situation in Ungarn ist festzustellen, daß es keinen Grund zur Angst und Panik gibt, aber ständige Beobachtung, Analyse und Informierung sehr nötig sind. Die historischen, traditionellen Kirchen (römisch­katholische, reformierte und evangelische) beschäftigen in Ungarn keinen Sektenkundler. Es gibt jedoch zwei kirchlich nicht offizielle Institutionen: den Religionswissenschaftlichen Lehrstuhl an der Universität Szeged (mit römisch­katholischem Hintergrund) und das Ökumenische Studienzentrum (mit protestantischem, vor allem reformierten und evangelischem Hintergrund). An ihm sind Katholiken, Orthodoxe und auch kleine Kirchen beteiligt. Das Ökumenische Studienzentrum hat wichtige Informations­ und analytische Studien in der Sektenfrage veröffentlicht.
Es ist keine Unbescheidenheit, auf einige hinzuweisen.
- Protestanten ­ kleine Kirchen ­ Sekten (Dezember 1991)
- "Niemand soll euch irreführen ... " (Dezember 1992)
- "Neue Religionen" auf der Waagschale des biblischen Glaubens (Juni 1994)
- Hüten wir uns vor den "fremden Lehren" (Dezember 1995)
- Für das Interesse an diesem Thema ist bezeichnend, daß diese Studien noch zweimal in einem Sammelband herausgegeben werden mußten: 1996 mit dem Titel "Ist jede Religion eine Kirche?" und 2000 im Band "Jubiläum oder Weltende?".
- Die Theologiai Szemle (Theologische Rundschau) veröffentlichte im Jahrgang 1999 eine Studienserie über die Gestaltung des StaatKirche­Verhältnisses in den verschiedenen europäischen Ländern.
- 1997 organisierte das Ökumenische Studienzentrum eine internationale ökumenische Konferenz, [über die auch im Berliner Dialog 3-1997 berichtet wurde: http://www.religio.de/dialog/397/397s5.html ] und deren Material auch in englischer und deutscher Sprache erschienen ist ["Religionsfreiheit in Ostmitteleuropa nach der Wende", 116 S., Ökumenisches Studienzentrum, Budapest, 1998, ISBN 936 76 2448-1]
2. Es wäre ein Fehler, wegen der Herausbildung der pluralistischen Gesellschaft in Ungarn Furcht vor dem Wirken von Sekten zu erwecken, aber im Interesse der Information sind die laufende Analyse, Auswertung und Beobachtung der internationalen und ungarischen Verhältnisse unverzichtbar.
3. Wahrscheinlich wird eine Modifizierung des oben erwähnten Religionsgesetzes (1990/IV) aufgrund der Erfahrungen aus den vergangenen 12 Jahren erforderlich werden.

Budapest, den 10. Oktober 2002, ÖKUMENISCHES STUDIENZENTRUM

Der vorliegende Bericht wurde erstellt für die Sektenkonferenz am 17.­18. Oktober 2002 in Weppersdorf ­ Österreich, an der auf Ersuchen des Ökumenischen Studienzentrums Dekan Dr. Gábor Vladár, der ref. Pfarrer i. R. János Fekete und der ev. Direktor und Pfarrer Dr. Pál Lakner teilnahmen.


 

Mitteilung an die Leserinnen und Leser des Berliner Dialog

Bis auf weiteres erscheint der Berliner Dialog im Selbstverlag, weil wir mit begrenzten Kräften z.Zt. nicht so einfach nebenbei eine wirklich regelmäßig vierteljährlich erscheinende Zeitschrift machen können, wie sie ein regulärer Zeitschriften- Verlag haben will und der Postzeitungsvertrieb erfordert. Auch darum haben wir uns bis auf weiteres für ein Erscheinen des BD nach Bedarf entschieden.
Das bedeutet, dass es für das Jahr 2001 bei einem Doppelheft bleibt und dass es für 2002 bei einem, wenn auch 64 Seiten starken Jahresheft bleibt.

2003 hoffen wir, unseren treuen Leserinnen und Lesern mit zwei bis drei Heften zu dienen.
Redaktion und Herausgeber des BERLINER DIALOG


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