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| BERLINER DIALOG 24-25, 1/2-2001
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Die errungene Freiheit muß man schützen
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Guten Tag, meine Damen und Herren. Besonders begrüße ich Sie, Herr Dr. Blüm. Es ist wirklich eine Freude, heute hier in Leipzig zu sein und auf dieser Veranstaltung dies zu sprechen. Mehr noch, es ist mir eine große Ehre, als Empfänger der Auszeichnung letztes Jahr, die Laudatio für Sie, Dr. Blüm, zu halten und Ihnen den Leipziger Menschenrechtspreis 2001 zu überreichen. |
Diesen Menschenrechtspreis gibt es erst seit einem Jahr. Er wurde als der "Alternative Karlspreis" ins Leben gerufen, weil das Komitee darauf hinweisen wollte, daß die europäischen Werte, für die der Original-Karlspreis steht, nicht vereinbar sind mit der Unterstützung für die totalitäre Scientology-Organisation, die der damalige US-Präsident Clinton gegeben hat. Als Leipzig ausgewählt wurde als Ort der Preisverleihung, bekam die Sache zusätzliche Bedeutung, sowohl für das Europäisch-Amerikanische Komitee für Menschenrechte und Religionsfreiheit als auch für mich. Denn Leipzig ist der Platz, wo die Freiheit in Ostdeutschland wiedergeboren wurde. Wir befinden uns hier nur einen Steinwurf weit von der Nikolaikirche. Dort begann der Ruf nach Freiheit in Ostdeutschland erst mit nur einer Handvoll Leuten. Die aber wuchsen zu Hunderten und schließlich Hunderttausenden, die in den Straßen, die dies alte Gebäude umgeben, für die Freiheit demonstrierten. |
Foto: Claudia Bartels |
Diese Ereignisse, die hier in Leipzig vor nicht allzulanger Zeit stattfanden, zeigen deutlich, daß es immer harte Arbeit ist, die Freiheit zu erringen und daß dies Mut und Opferbereitschaft fordert. Wir wissen ebenso aus der geschichtlichen Erfahrung, daß man die Freiheit, die man erreicht hat, schätzen und pflegen muß und schützen muß vor denen, die sie uns wieder nehmen wollen. Dr. Blüm, sie sind ein visionärer Politiker und Vorbild und haben ein klares Gefühl für die Lehren der Geschichte bewiesen. Vor mehr als 20 Jahren wurden fast alle Probleme mit den modernen Sekten und Kulten als rein individuell oder psychisch bedingt angesehen. Sie haben damals festgestellt, daß wir es mit einer politischen Herausforderung zu tun haben. Viele Leute, vor allem auch Politiker in den Vereinigten Staaten, müssen diese Ihre sehr wichtige Feststellung erst noch begreifen. Im Januar 2000 habe ich in Clearwater/Florida eine Organisation gegründet, die Lisa McPherson Trust heißt. Wenn ich jetzt durch die Straßen in der Innenstadt von Clearwater gehe, mitten unter Hunderten von Scientology-Sea-Org- Mitgliedern, werde ich immer wieder an etwas erinnert, was Adolf Hitler schon 1929 als die große Sache, das großartige Charakteristikum seiner Bewegung ansah. Was Hitler als so großartig empfand war, daß sechzigtausend Mann "äußerlich fast eine Einheit geworden sind. Und daß diese Mitglieder der Bewegung nicht nur einheitlich in ihren Ideen sind, sondern daß sogar der Gesichtsausdruck fast der selbe ist. Schauen Sie auf diese lachenden Augen, diesen fanatischen Enthusiasmus und sie werden entdecken... wie hunderttausend Mann in einer Bewegung zu einem einzigen Menschentyp werden". [Rückübersetzung aus dem Englischen]
Daß der Lisa McPherson Trust umgeben ist von der Sea Org in Clearwater, das ist manchmal richtig unheimlich, aber es ist auch ein Segen. Es ist ein Segen, weil unsere bloße Anwesenheit das wichtigste Element dieser totalitären Organisation unterminiert, nämlich die Isolation der scientologischen künstlichen Welt von der Wirklichkeit.
Sie haben meine Wertschätzung nicht nur, weil sie ein entschiedener Verfechter der Menschenrechte, der Arbeitnehmerrechte und der demokratischen Grundwerte sind, sondern auch wegen Ihrer Eindeutigkeit, mit der Sie Scientologys neue Form von Totalitarismus aufdecken, der sich tarnt im Schafspelz von Religion und Psychotherapie. Die Mitglieder des Komitees und auch ich selbst sind Ihnen auch dankbar dafür, daß sie die Schirmherrschaft für das Osteuropa-Seminar des Dialog Zentrum Berlin 1996 übernommen haben. Diese Konferenz hat eine wichtige Rolle dabei gespielt, Aufmerksamkeit für die neue Gefahr der Kulte in den post-totalitären Gesellschaften Mittel- und Osteuropas zu schaffen. Sie haben viele Male offen gezeigt, daß Sie daran glauben, daß öffentliches Amt und staatsbürgerliches Engagement notwendigerweise zusammengehören und ihre Einmischung und Schirmherrschaft war besonders wichtig für viele unserer Freunde und Partner in Rußland und Osteuropa.
Und schließlich, Dr. Blüm noch etwas. Schon 1981 sagten Sie: "Ganz gewiß einig sind wir uns dabei, was immer unser Werturteil über die neuen Kulte sein mag, keinerlei Abstriche an der Toleranzgarantie des Artikels 4 unserer Verfassung [Meinungs- Gewissens- und Bekenntnisfreiheit, also Religionsfreiheit] zuzulassen. Daran halten wir unverbrüchlich fest. Ich füge aber hinzu, daß jede Organisation, die diese Toleranz für sich in Anspruch nimmt, ihrerseits die ebenfalls im Grundgesetz verankerte Würde des Menschen und die freie Entwicklung der Persönlichkeit zu respektieren hat. Das gilt bekanntlich nicht nur für den Staat. Es gibt auch eine Drittwirkung der Grundrechte." Ich füge zur Erklärung ein: Das heißt, die Grundrechte sind nicht nur dazu da, um den Bürger vor der Einmischung des Staates zu schützen, sondern der Staat muß auch den einzelnen Bürgen gegen Eingriffe von dritter Seite schützen, die die Rechte des Individuums beeinträchtigen können z.B. im Falle von Krieg, Betrug durch Geschäftsunternehmen oder eben auch Kulte. Dr. Blüm, Sie sind ein Beschützer der Freiheiten und der demokratischen Ideale. Sie haben sich selbst ausgezeichnet durch Ihren selbstlosen öffentlichen Dienst für Ihr Land und ihre Mitbürger. Sie haben sich ausgezeichnet durch die Klarheit Ihres Denkens und Ihre Einsicht in die Gefahren, denen wir gegenüberstehen. Sie haben sich ausgezeichnet durch Ihren Mut, offen über das Problem der destruktiven Kulte zu sprechen als niemand anderes das tat. Wir danken Ihnen voller Respekt mit diesem Preis, der ein Ausdruck unserer größten Hochachtung ist für alles, was sie getan haben, um die Sache der Freiheit zu fördern und die Menschenrechte aller Mitbürger zu schützen. Herzlichen Dank, Dr. Blüm!
Text der Urkunde
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