Seite 26 weiter Seite 27-28 (103 KB) | BERLINER DIALOG 18-19, 3/4-1999 - Epiphanias 2000 |
Gebrauchskirche e.V. Als "Pastor" bezeichneten sich vier Mitarbeiter der "Gebrauchskirche e.V." und boten ihre Dienste bei Bestattungen gegen Bezahlung an. Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg erstattete Anzeige gegen den Anführer der "Gebrauchskirche e.V.", Hartmut Fels sowie seine Mitarbeiter. Denn "Pastor" ist eine geschützte Amtsbezeichnung (§ 132 StGB).
Im Zusammenhang mit dem "Berliner Bestatterskandal" von 1997 hatte die "Berliner Morgenpost" aufgedeckt, daß Beerdigungsinstitute "als Pfarrer verkleidete Redner mit Traueransprachen" beauftragen. In dem Bericht heißt es: |
Trauerhilfe gegen Provision Auch der in die Jahre gekommene "Jesus-People"-Prediger und "self-made" Reverend Volkhard Spitzer, zeitweilig Leiter des "Christlichen Zentrums Berlin" (CZB), wirkte beim Mummenschanz der "Gebrauchskirche" als falscher Pastor mit, nachdem er ebenfalls aus persönlichen Gründen aus seiner pfingstlerischen Missionsgemeinschaft ausscheiden mußte. Frank Hauke kommentiert in der "Berliner Morgenpost" vom 20.3.97 unter der Überschrift Mummenschanz: "Sind der Geldgier von einigen Bestattungsunternehmen noch Grenzen gesetzt? ... Da engagieren Bestatter hinter dem Rücken von Angehörigen, die eine kirchliche Beerdigung wünschen, nur einen Redner der sogenannten 'Gebrauchskirche'. Dafür kassieren sie Provision. Die kirchliche Bestattung wird perfekt und eiskalt gefälscht. Der Redner nennt sich Pastor, bei der Trauerfeier schlüpft er in einen Talar. Aber es ist nur ein Schauspieler. Die Trauerfeier verkommt zum Schwank. Wenn das Wort 'widerlich' angebracht ist, dann hier." Es gab allerdings einen einzigen Beteiligten, der den Titel 'Pastor' möglicherweise, wenn auch in anderem Zusammenhang, zu Recht trug. Gemeint ist Johannes W. Matutis von der "Gemeinde Gottes" im Wedding, einer extrem pfingstlerischen Gruppierung, die das Gebäude der Neuen Nazarethkirche in Wedding vom Berliner Senat gekauft hat. Matutis ist tatsächlich von dieser pfingstlerischen Freikirche "ordiniert". Er hatte seine Mitarbeit bei Gebrauchskirche und Rednervereinigung, durch die er ein Zubrot verdiente, aufgekündigt, als die Sache Anfang 1997 in die Öffentlichkeit kam. |
Etikettenschwindel
Der Prozeß kam ins Rollen, weil der § 132a des Strafgesetzbuches (StGB) untersagt "Inländische oder ausländische Amts- und Dienstbezeichnungen" ohne Berechtigung zu führen. Das gilt auch für die kirchlichen Amtsbezeichnungen "Pastor" und "Pfarrer" und für die Amtstracht der Kirchen, im Falle der Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg Talar und "Beffchen". Eine Anklage in dieser Sache war keine Frage der Betroffenheit der Ev. Kirche; die Straftat des Mißbrauchs vom Amtsbezeichnungen und Amtstracht ist ein Offizialdelikt. Auch der finanzielle und steuerliche Aspekt der Angelegenheit ist interessant: Die Angeklagten traten allein im Jahr 1997 bei 2.412 Beerdigungen in Berlin auf. Damit hat die "Gebrauchskirche" einen Umsatz von mindestens 450.000,- DM gemacht. (Mitverwandte Quellen: Berliner Morgenpost, Berliner Kurier und BZ vom 2.10.1999; für den Rückblick: Berliner Morgenpost vom 20.3.1997) |
Ende Seite 26 |