Thema Sudan in der Sektenberatung
Vor etwa 5 Jahren stieß ich im Rahmen von Sektenfragen auf das Thema "Sudan". Verschiedene Menschen teilten mir telefonisch mit, daß Angehörige mit einer Sufi-Gruppe in den Sudan reisen würden. Man wollte von mir wissen, um was für eine Gruppe es sich dabei wohl handelte. Es entstand der Verdacht, daß sich irgendwo in Hamburg ein Zentrum befände, das Sudanreisen organisierte. Es schien so, als wären diese Reisen dazu gedacht, für die Politik des Sudan Reklame zu machen. Eine Frau machte düstere Andeutungen über geheimdienstliche Verwicklungen. Anfragen bei denen, die entweder für den Islam oder für den Sudan Experten und Expertinnen sind, brachten leider kein Ergebnis, außer daß sie eine solche Art der Propaganda für möglich hielten. Genaues war und ist nicht herauszufinden. Der Verfassungsschutzbericht betont, daß es "konspirative Gruppen" gebe, aber auch nicht mehr. Obwohl dieses alles sehr vage bleiben muß, möchte ich doch den Konflikt ins Gedächtnis rufen, der hinter diesen Andeutungen aufscheint. Über allem Kriegsgeschehen in der Welt wird der Krieg im Sudan immer wieder vergessen, er macht nur hinundwieder einmal in der FAZ eine kleine Schlagzeile, sonst scheint er aus der Öffentlichkeit und dem öffentlichen Bewußtsein verschwunden zu sein. Es geht unter anderem auch um den Druck, der von einem islamistischen Regime auf Christen ausgeübt wird.
Verfolgung
VerfolgungWir hören zu Zeit aus verschiedenen Ländern, z.B. in Teilen Indiens und in Osttimor, daß Christen unter Druck und Verfolgung leiden. Die Gründe mögen religiös oder politisch motiviert sein oder beides. Kaum eine Regierung oder Partei wird im Zeitalter der Religionsfreiheit zugeben, daß Menschen um ihres Glaubens willen verfolgt werden. Es lassen sich genügend andere Gründe darüber finden, daß die "Opfer selber schuld sind". Von Verfolgungen sind im Sudan jedoch außer Christen auch Angehörige der traditionellen afrikanischen Religion, sowie Muslime, die regierungskritisch sind, betroffen.
Die schwarzafrikanischen Stämme werden gelegentlich summarisch als "Nuba" bezeichnet. Ein Kriegsgebiet sind die Nuba-Berge.
Das Christentum kam bereits im 6. Jahrhundert in Teile des Sudan. Seit dem 19. Jahrhundert sind Missionskirchen im Sudan tätig. Heute sind ca. 75% der Bevölkerung Muslime, vorwiegend Sunniten, ca. 17% gehören zur traditionellen afrikanischen Religion und 10% sind Christen. 1956 erhielt der Sudan seine Unabhängigkeit, nachdem man sich gegen den Anschluß an Ägypten entschieden hatte. Seit 1955 tobt im Süden des Sudan ein Aufstand. 1958 wurde der Süden unter Kriegsrecht gestellt. Das Problem des neuen Staates ist der krasse Gegensatz zwischen Norden und Süden. Der Norden ist überwiegend islamisch, die Bevölkerung im Süden besteht überwiegend aus Christen und Anhängern der traditionellen afrikanischen Religion. Die Amtssprache ist Arabisch, die Handelssprache Englisch. Viele Menschen sprechen ihre afrikanische Muttersprache.
Islamisierungspolitik
Die Regierung in Karthum versuchte, dem Süden ein System aufzuzwingen, das auf dem Islam und dem arabischen Nationalismus beruht. Wegen der Islamisierungspolitik gegenüber dem Süden entwickelte sich der Bürgerkrieg. 1972 wurde ein Friedensabkommen unter dem Staatspräsidenten Numeiri mit dem Süden unterzeichnet. Dem Süden wurde ein Autonomiestatus gewährt. Der Islam wurde 1973 Staatsreligion, das Christentum blieb jedoch "anerkannte Religion". Als 1983 das islamische Strafrecht auf der Grundlage der Scharia eingeführt wurde, drohte der Bürgerkrieg wieder aufzuflammen. Damals gingen Proteste durch die Presse. Ab 1986 verhinderte der andauernde Kriegszustand im Süden die Hilfe für die hungernde Bevölkerung. Ab 1988 wurden die Körperstrafen der Scharia wieder eingeführt. Diebstähle wurden mit der Amputation der rechten Hand geahndet, die Steigerung war die Amputation eines Fußes. Diese Strafen wurden oft willkürlich angewandt. Daß mit derartigen Körperstrafen den Menschen die wirtschaftliche Grundlage entzogen war, ist deutlich.
Verhandlungen mit den Aufständischen bleiben in der Folgezeit ergebnislos. Gegen Christen gab und gibt es immer wieder Übergriffe, zerstörte Kirchen, Zwangsislamisierungen. Zwar wird der Krieg gelegentlich als Glaubenskrieg charakterisiert und gar als "Heiliger Krieg" bezeichnet, von Menschenrechtsverletzungen sind jedoch auch muslimische Stämme betroffen. Wirtschaftsinteressen stehen im Hintergrund. Der Norden ist an der Nutzung der Bodenschätze und Wasserreserven des Südens interessiert. Öl und Wasser wecken Begehrlichkeit. 1989 kam General Omer El Beshir mit seinem Chefideologen Hassan El Turabi an die Macht. Man behauptete nun, daß der Krieg "gegen den Islam von Christen und Zionisten angezettelt" wäre, obwohl in der SPLA Menschen aller Richtungen vertreten sind und sich die SPLA als säkulare Bewegung versteht. 1991 wurde offiziell der Jihad ausgerufen. Eine Fatwa erklärte die Aufständischen zu Feinden des Islam und damit zu Freiwild. In dem Krieg wurde der Hunger als Waffe eingesetzt. Da seit 1990 nur islamische Hilfsorganisationen zugelassen waren, wurde die Zuteilung von Hilfe an die Koversion zum Islam gebunden.
Intellektuelle wurden und werden ermordet, Frauen vergewaltigt, Land der Nuba enteignet, und sie wurden als billige Arbeitskräfte eingesetzt. Kinder wurden gefangen und zwangsislamisiert, Jungen wie Mädchen in die Sklaverei vekauft. Dabei wurden die Mädchen beschnitten.
Um Karthum herum suchten Menschen als Binnenflüchtlinge in christlichen Gemeindezentren Zuflucht, 22 Gemeindezentren wurden allein 1995 von Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht.
Andere Menschen flohen nach Kenia. Erst 1997 konnte die sudanische Regierung ein Friedensabkommen mit Vertretern von Gruppen unterzeichnen, die sich von der aufständischen SPLA abgespalten haben. Schon immer hat die Regierung widerstrebende Interessen und Parteien im Südsudan für ihre Zwecke zu nutzen verstanden und Gruppen gegeneinander ausgespielt, um an die natürlichen Ressourcen zu gelangen. Der Bürgerkrieg dauert bis heute an. Eine Mitteilung aus dem Jahre 1998 besagt, daß die UN-Hilfsflüge wieder aufgenommen werden konnten. Im Februar 1999 hat aber das z.B. Adventistische Hilfswerk die Arbeit im Südsudan eingestellt, weil die Sicherheit der Mitarbeiter nicht mehr gewährleistet sei. Die politische Lage wird ferner durch den Konflikt Eritrea / Äthiopien verschärft. Frankreich umwirbt das Regime von Karthum. Die Europäer stellen sich auf den Standpunkt, die Lösung für den andauernden Konflikt müsse aus der Region kommen. Die UN hat die SPLA inoffiziell als Vertreterin des Südsudan anerkannt, die Non-Government Organizations können sich zwar so im Südsudan bewegen (1997), aber Kriegshandlungen gibt es weiterhin. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat 1998 eine Weihnachtsaktion für den Sudan unternommen. Auch 1999 hat sich die Lage nicht entspannt.
|