Ein spirituelles Gipfeltreffen in der Berliner Gethsemane-Kirche:
Dorothee Sölle und Thich Nhat Hanh.
"Zwar nicht ganz Dalai Lama trifft den Papst, aber ziemlich nah dran", staunte ein befreundeter Journalist, als er erfuhr, was unsere klitzekleine Veranstaltungsfirma Nirwana Events nach dem Debüt in der Akademie der Künste mit BuddhaVision 2000 nun als nächstes auf die Beine stellt:
Am Mittwoch, den 28. Juni 2000, wird Thich Nhat Hanh, neben dem Dalai Lama der bekannteste Buddhist im Westen, mit Dorothee Sölle zusammentreffen, der wohl bekanntesten Protestantin des deutschen Kulturraums. Sie werden beide dieselbe Passage aus der Bibel interpretieren (Lukas 24: Die Emmaus-Begegnung), anschließend Fragen aus dem Publikum beantworten.
Diese Begegnung wird in der Gethsemane-Kirche in Berlin-Prenzlauer Berg stattfinden, in jener Kirche also (übrigens der zweitgrößten der Stadt), die im Oktober 1989, in den Wochen bis zum Untergang des DDR-Regimes, der Treffpunkt und Kraftplatz für die politische und spirituelle Opposition Ostberlins war. Damals drängten sich hier bis zu 3.000 Menschen zusammen, zu "Friedensgebeten" und nächtlichen Diskussionen bei Kerzenlicht.
Thich Nhat Hanh in Berlin - hätte das nicht gereicht ?
Immerhin war Thây (vietnamesisch für Lehrer) seit acht Jahren nicht mehr in Berlin. Damals, 1992 auf dem Kongreß der Europäischen Buddhistischen Union in der Willi-Seelenbinder-Halle (inzwischen abgerissen), hatte er einen so starken Eindruck hinterlassen, daß sich spontan die erste "Gemeinschaft für achtsames Leben" in Berlin zusammenfand. Seitdem praktiziert sie in seinem Geiste. (Treffpunkt: donnerstags ab 19 Uhr, im "Institut für Craniotherapie", Stresemannstraße 21, 2. HH, 4. Stock.)
Die max. 1.500 Plätze an diesem Abend in der Gethsemane-Kirche hätten wir doch locker mit Thây-Fans füllen können, sagt man uns - warum holen wir also Dorothee Sölle dazu?
Warum statt des naheliegenden Solo-Auftritts nun ein "interreligiöser Dialog"?
"Interreligiöser Dialog": das klingt nach Pflichtübung, nach Pädagogik, nach gepflegter Langeweile. Unsere Kirchen legen zwar Lippenbekenntnisse dazu ab, aber Neugier, den Sinn fürs Abenteuerliche solcher Begegnungen, die Lust auf die anderen spürt man nur selten. Die Unlust der Hierarchen liegt wie Mehltau auf dem "interreligiösen Dialog".
Uns bei Nirwana Events geht's da anders. Je weiter wir selbst auf unserem Weg vorankommen, um so mehr interessieren uns die spirituellen Erfahrungen und die Weisheit der anderen. Denn je weiter es bergauf geht, um so deutlicher zeigt sich, daß wir alle demselben Gipfel zustreben, egal aus welchem der vielen Täler wir aufgebrochen sind.
Zum zweiten möchten wir Thich Nhat Hanh gerne beim Wort nehmen. Immer und immer wieder betont er, daß es ihm nicht darum geht, daß wir Westler zum Buddhismus 'konvertieren'. Wir sollen eher unsere eigenen spirituellen Wurzeln wiederentdecken, fordert Thây uns auf. "Was ich Euch beibringen kann", sagt er, "ist die Kunst des achtsamen Lebens", und die tauge für jeden. Achtsamkeit, wie er sie lehrt, könne uns dabei helfen, als Christ ein besserer Christ zu werden, als Muslim ein besserer Muslim, als Atheist ein besserer Atheist.
Zum dritten wissen wir, wie sehr Dorothee Sölle Thâys Schriften und Gedichte schätzt, und daß sie seinen Werdegang seit den späten 60er Jahren im Auge behalten hat. Damals wurde Thich Nhat Hanh als Vorreiter des sozial engagierten Buddhismus bekannt, vor allem durch seine Sozialarbeit in Vietnam. Leibhaftig aber hat sie ihn noch nie getroffen.
Wie die inzwischen 70jährige Frau Sölle dem 74jährigen Thây in der Gethsemane-Kirche begegnen wird, am 28. Juni, das wird auch für uns eine Überraschung sein.
Sicher aber ist, dafür werden auch unsere Ausstatterin Karin Potempa und unser Ton-Ingenieur Basil Martion sorgen, daß es ein Abend wird, an dem viele Herzen schmelzen werden.
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