Seite 19 weiter Seite 20 ( 20 KB) Start-Seite 1

EUROPA

BERLINER DIALOG 15, 4-1998 - Epiphanias

Menschenrecht auf Religions- oder auf Fälschungsfreiheit?
SO-Unterstützer Alfonso ist ein Phantom "summa cum laude"
von Josef Bauer

"Die Freiheit nehm' ich mir", scheinen die Scientologen im Hinblick auf ihre Illusion von Religion zu sagen. Seit 1997 wird von der "Church of Scientology International" weltweit eine Broschüre mit dem Titel "Wiederherstellung und Schutz der Religionsfreiheit" verteilt, deren Aufmachung und Vorwort den Anschein einer seriösen Studie erwecken sollen. In Anspielung auf die allgemein geachtete Erklärung der katholischen Kirche zur Religionsfreiheit verbreitet sich ein Professor Urbano Alfonso, "ökumenischer Direktor unter drei Päpsten", in einem empfehlenden Vorwort als Vorkämpfer gegen religiöse Diskriminierung.
Prof. Alfonso wird in seiner Kurzbiographie als "Doktor der Philosophie und Theologie (magna cum laude) an der Gregorianischen Universität in Rom", "ökumenischer Direktor unter drei verschiedenen Päpsten" und "Synodalpräsident bei ökumenischen Kongressen des Vatikan" vorgestellt.
Tatsache ist nun, daß dieser Professor offensichtlich ein reines Phantom seiner Erfinder ist. Nachprüfungen in den jeweiligen Archiven haben ergeben, daß eine Person dieses Namens niemals an der betreffenden Universität eingeschrieben war oder dort einen Doktorgrad erworben hat. Hinsichtlich des Vatikan kann außerdem präzisiert werden, daß die Stellung eines "ökumenischen Direktors" oder "Synodalpräsidenten" nicht existiert.

Unter den im Vorwort erwähnten Päpsten Johannes XXIII und Paul VI sind "ökumenische Kongresse" innerhalb des Vatikans niemals abgehalten worden; es sei denn, die Schreiber beziehen sich auf das Zweite Vatikanische Konzil (19621965), welches eine ökumenische Ausrichtung hatte und u. a. am 7. Dezember 1965 die feierliche Erklärung zur Religionsfreiheit Dignitatis humanae veröffentlicht hat. Vorsitzender dieser höchsten Versammlung der röm.-kath. Weltkirche ist jedoch der Papst selbst und nicht ein "Synodalpräsident". Zur Vorbereitung des Konzils wurde 1960 das "Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen" mit ökumenischer Aufgabenstellung errichtet, in dessen Zuständigkeit allerdings nicht die Kontakte zu nichtchristlichen Weltanschauungsgruppen fallen.
Bereits 1996 hatte Scientology in einer anderen Broschüre ("Die Verbindung zwischen Scientology und anderen Religionen") unzutreffend damit geworben, daß deren Verfasser Fumio Sawada "Direktor der Universität Sophis" in Japan sei, während sein Sohn angeblich im Vatikan studiere. Auch jetzt zeigt sich wieder einmal die ganze Broschüre als propagandistisches Machwerk, dessen gefälschtes Vorwort bereits den Tenor zur Lektüre des übrigen Textes vorgibt.

Berliner Dialog 16, 1-1999

BERLINER DIALOG 16, 1-1999 Ostern


Seite 19 weiter Seite 20 ( 20 KB)
Anfang

Start-Seite 1