Nachdem sich die Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Bündnis90/Grüne) in einer Talkshow und Zeitungskolumnen für Scientologen stark machte und der Bundesausschuß der Grünen sich in einem Grundsatzpapier gegen die Überwachung von Scientology durch den Verfassungsschutz ausgesprochen hat, wurde bekannt, daß die grüne Bundestagsfraktion jetzt ausgerechnet den wegen seiner "flapsigen Äußerungen" zu Scientology umstrittenen Leipziger Hochschullehrer Hubert Seiwert in die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu sogenannten Sekten und Psychoorganisationen entsenden will. Die Bündnis-90-Grünen in Leipzig zeigten sich darüber empört: "Wir wurden nicht gefragt!".
Kritischer Beitrag eines der führenden Bürgerrechtler zu Scientology Jetzt meldet sich mit einem engagierten Beitrag Prof. Wolfgang Ullmann, einer der führenden Köpfe der ostdeutschen Bürgerbewegung zu Wort. In einem Brief an Heber Jentzsch, den "Scientology Präsidenten International", den er dem BERLINER DIALOG zur Veröffentlichung in dessen neuester Ausgabe (4-96 vom 1.12.96) zur Verfügung gestellt hat, kommt Ullmann zu grundsätzlichen, äußerst kritischen Anfragen an Scientology.
Ullmann kritisiert SO-"Säuberungs-Konzept"
Ullmann weist in seinem Brief "jede Behauptung von Ähnlichkeiten zwischen Scientology und jüdisch-christlichen Traditionen zurück" und bezeichnet das scientologische Konzept "unseren ganzen Planeten zu säubern" ("Clear Planet") als ein "wirklich erschreckendes Konzept totalitärer Herrschaft durch Mentaltechnologie. Vielleicht haben Sie die besten Absichten, aber als ein alter Mann, der schon zwei Formen von 'Säuberung' erlebt hat, eine, die die Welt vom jüdischen Einfluß säubern wollte, die andere, die die Gesellschaft vom Kapitalismus säubern wollte - ist für mich das ganze Konzept der Säuberung ein tief erschreckendes, und dies noch mehr, weil ich im früheren Jugoslawien eine dritte Art von 'Säuberung' beobachten mußte."
Ullmann hält dem scientologischen Anspruch, Religion zu sein, entgegen: "Religion in jedem ernsthaften Sinne des Wortes gründet auf Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der Meinung. ... Können Sie mir erklären, was die intellektuelle Diktatur Hubbards zu tun hat mit der Freiheit der Meinung und des Gewissens?"
Scientology und menschliche Würde
Weiter heißt es bei Ullmann: "Für mich ist die entscheidende Frage nicht 'Ist Scientology eine Religion oder nicht?', sondern vielmehr die Frage: Steht Scientology in Übereinstimmung mit den grundsätzlichen und allgemeinen Überzeugungen über menschliche Würde und Menschenrechte oder nicht? Handelt Scientology in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gesetz und der privaten Handlungsfreiheit und Meinungsfreiheit oder nicht?" "Sie kennen viel besser als ich die Fälle ehemaliger Mitglieder von Scientology, die sich über diskriminierende Behandlung, der sie unterworfen waren, beklagen." Ulllmann ist abschließend der Meinung:"...wenn Scientology das oben genannte Verhalten nicht ändert, (wird) Scientology in ernste Schwierigkeiten nicht nur in Deutschland, sondern sogar in den Vereinigten Staaten und anderswo kommen".
Der Herausgeber des BERLINER DIALOG, Pfr. Gandow: "Ullmanns Brief ist das mutige Dokument des politischen und theologischen Widerspruchs gegen totalitäres Denken und verschleiernde Gleichgültigkeit. Ich bin gespannt, wie die Scientology-Verharmloser bei den Bündnis-Grünen auf diesen brillianten Beitrag zu einem kritischen Dialog reagieren werden."
Nachfragen: Pfr. Th. Gandow, Fax: 030/ 815 47 96 Fon: 030/ 815 70 40 oder 0172/ 931 13 14