Dialog in Berlin - Oktoberseminar 1996
von Ursula MacKenzie
Das zweite Berliner Osteuropa-Seminar über Beratung im Bereich
Jugendreligionen und Jugendokkultismus "Dialog in Berlin" fand wie im
vorigen Jahr im Tagungshaus der Evangelischen Akademie am Kleinen Wannsee
statt.
Vertreter von nicht weniger als 16 Ländern, elf davon
osteuropäisch, versammelten sich vom 30. September bis 3. Oktober 1996
zu Austausch, Information und Berichterstattung im Zusammenhang mit dem
weiterhin sehr akuten Problem des Sektenvormarsches im östlichen Raum.
Hier sind, ganz kurz gefaßt, meine Eindrücke vom zweiten
Oktoberseminar:
- Obwohl man auch einige Bekannte wiedertraf, ergab sich sehr viel Neues
und das Seminar war keine Wiederholung. Es waren auch keineswegs dieselben
Teilnehmer, sondern es waren Länder vertreten, von denen voriges Jahr
niemand kommen konnte (Kroatien, Serbien, Ukraine und Ungarn, Litauen).
- Es konnte festgestellt werden, daß Regierungen in Ost und West mehr
Interesse zeigen und mehr Unterstützung versprechen als 1995.
Führende Persönlichkeiten der deutschen und französischen
Enquête-Kommission berichteten von ihrer Tätigkeit und dem Stand ihrer
Recherchen. In mehreren Repräsentationen aus Ostländern wurde
betont, daß staatliche Stellen den Sekteneinfluß inzwischen als
Problem sehen und daß sie den Einfluß eindämmen wollen.
Nicht überall folgt aktives Handeln auf vielversprechende Worte, aber
auf jeden Fall wird das Sektenthema diskutiert und an die
Öffentlichkeit gebracht.
- Dies Jahr war schon mehr zu spüren von Initiative und
Einsatzbereitschaft unter den Anwesenden aus dem Osten. Sektenberatung und
Bürgerinitiativen breiten sich aus und betroffene Eltern
schließen sich zusammen. Im Anschluß an die Tagung machten
Seminarteilnehmer aus Ungarn und Rumänien konkrete und hilfreiche
Vorschläge, die nicht nur in ihren Ländern, sondern auch allgemein
von großem Nutzen sein könnten.
- Über scharfe Anfeindung seitens Sekten wurde von verschiedenen
Seiten berichtet, wobei die Methoden immer raffinierter und bedrohlicher zu
werden scheinen. Wahrscheinlich ein Zeichen, daß die Sekten unter
Druck geraten.
Daß Regierungen und Kirchen in den Ostländern das Sektenproblem
als solches erkennen und ernst nehmen, ist in meinen Augen ein großer
Fortschritt. Rat und Tat von außen ist sicher noch notwendig, aber
vieles kann nun auch selbst gehandhabt werden. Wie im Westen wird es viel
auf den unermüdlichen Einsatz von Einzelpersonen ankommen. Einige
kennen wir nun und wünschen ihnen Mut, Kraft und Beistand.