Buchhinweise

Bücher können für die Aufnahme in die Buchhinweise an die Redaktion eingesandt werden. Eine mehr oder weniger ausführliche Besprechung behält sich die Redaktion vor.

Astrologie

Ellic Howe: Uranias Kinder: Die seltsame Welt der Astrologen und das Dritte Reich. 335 S., ISBN 3-89547-710-9, Beltz Athenäum Verlag, Weinheim, 1995, DM 39,80

Neben dem spannenden zeitgeschichtlichen Thema zugleich eine Einführung in Geschichte und Praxis der ernsthaften Astrologie, wie sie wohl nur ein Brite schreiben kann. T.G.

Charismatische Bewegung

AKI (Anskar Kirche International)

Arnd Heling: Die Anskar Kirche International. Darstellung und Stellungnahme zu einer Gemeindeneugründung in Deutschland. 70 S., DM 6,50, ISBN 3-583-50211-6, Ev. Presseverband für Bayern, 1996

Gemeindespaltung - Gemeindegründung Sektenbildung

Heinzpeter Hempelmann: Gemeindegründung. Perspektive für eine Kirche von morgen? 110 S., ISBN 3-7655-9072-X, BrunnenVerlag, Gießen; Basel, 1996, DM 17,80

Das Buch zur Amerikanisierung der religiösen Landschaft und zum Ausstieg aus der Volkskirche. T.G.

Torontosegen

Jürgen Tibusek: Gottes umwerfender Segen. Der Toronto-Segen. Eine Orientierung. 160 S., ISBN 3-7655-3518-4, Brunnen-Verlag, Gießen, 1995

Christliche Sekten ,NAP

Siegfried Dannwolf: Gottes verlorene Kinder. Ein Expriester der Neuapostolischen Kirche klagt an. 155 S., DM 24,80, ISBN 3-579-01131-6, Gütersloher Verlagshaus, 1996

JZ

Eva-Maria Kaiser / Ulrich Rausch: Die Zeugen Jehovas. Ein Sektenreport. 286 S., ISBN 3-629-00687-6, Pattloch Verlag, Augsburg, 1996

Esoterik

Brauner Okkultismus und esoterischer Hitlerismus

Rene_[ Freund: Braune Magie? Okkultismus, New Age und Nationalsozialismus. PicusVerlag, Wien 1995, 180 Seiten, 34,- DM

Evangelikale Bewegung

Eckhard J. Schnabel: Sind Evangelikale Fundamentalisten? 90 S., ISBN 3-41729067-8, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal u. Zürich, 1995

Freimaurer

Wolfgang Bittner: Angriffe gegen die deutsche Freimaurerei 1970-1995. Die Antithese. Ein Beitrag zur Gegenwartsgeschichte der deutschen Freimaurerei. Quellenkundliche Arbeit Nr. 37 der Forschungsloge QUATUOR CORONATI No. 808, Bayreuth, 289 S., Selbstverlag der freimaurerischen Forschungsgesellschaft QUATUOR CORONATI, Bayreuth, 1996

Darauf haben viele gewartet: Ein ruhiges, gründliches Buch, in dem Verleumdung gegen die Freimaurerei dokumentiert und zurückgewiesen wird; leider finden sich neben der LaRouche-Bewegung und Rechtsextremen auch Leute, die sich Christen, Katholiken oder Charismatiker nennen unter den Verbreitern von übler Nachrede und Lüge. Das Buch ist eine Herausforderung an die Kirchen, ihre freimaurerischen Glieder gegen Hetze und Ehrabschneidung in Schutz zu nehmen. T.G.

Grundsatzfragen

Otto Kallscheuer (Hg.): Das Europa der Religionen. Ein Kontinent zwischen Säkularisierung und Fundamentalismus. 366 S., ca. DM 36,-, ISBN 3-10-040212-X, S. Fischer Verlag, Frankfurt, 1996

Der elegant und viel schreibende Politologe und Philosoph Otto Kallscheuer ist heute einer der führenden Vordenker für die römisch-katholische "Reevangelisierung" Europas. Im Eifer des Tagesgefechts und der grundsätzlichen Vorgefaßtheit gegen die Orthodoxie unterlaufen ihm schon mal Verwechslungen, wenn er etwa die russische Orthodoxie anklagt, sie habe "von Anfang an versucht, die mit dem Zerbrechen des eisernen Vorhangs verbundene Öffnung des eurasischen Ostens für die geistlichen Einflüsse des Westens zu unterbinden. Die japanische Sonnentempelsekte konnte im Heiligen Rußland ihre nach Japan größte Anhängerschaft rekrutieren; aber bis heute bleibt die Religionsfreiheit für sogenannte Sekten aus dem Westen (Baptisten, Pfingstler, Mormonen usw.) beständig gefährdet." (In der Berliner Zeitung vom 10.9.96 in einem Gastkommentar zu einer nicht stattgefundenen Begegnung von Patriarch Alexej II. mit Papst Johannes Paul II.)

Der von Kallscheuer vorgelegte Sammelband macht aber nicht nur seinen eigenen, klar markierten römisch-strategischen Horizont deutlich ("Die paradoxe Beziehung, die zwischen Europa und seinen kulturellen Quellen besteht, wird sehr anschaulich durch ein einfaches geographisches Faktum illustriert, das gleichwohl häufig übersehen wird: Keine der beiden Städte, welche die Quellen der europäischen Kultur symbolisieren Athen und Jerusalem-, liegt in Europa. Diese schlichte Tatsache (!!) spiegelt treffend die europäische kulturelle Identität wider: eine ihrem Wesen nach exzentrische Identität." (Kallscheuer im angezeigten Buch S. 60 f.), sondern dokumentiert weitere, auch positionell viel weitere und höchst interessante Referate zu "Orient und Okzident", "Politik und Religion", Säkularisierung und Moderne" (so die Überschriften der Kapitel mit jeweils einer Einführung des Herausgebers und drei oder vier Beiträgen u.a. von Dan Diner, Bernard Lewis, Niklas Luhmann, David Martin , Robert Spaemann, Trutz Rendtorff u.a.). Gehalten wurden diese Vorträge auf einer Tagung zur religiösen Lage in Europa, veranstaltet von der röm.-kath. Kirche in Wien zu Beginn des Winters 1994. T.G.

Gurubewegungen

Reinhart Hummel: Gurus, Meister, Scharlatane. Zwischen Faszination und Gefahr. 272 S., ISBN 3-451-26037-9, Verlag Herder, 1996, 34,

Islam

Gilles Kepel: Allah im Westen. Die Demokratie und die islamische Herausforderung. 400 S., DM 48,-, ISBN 3-492-03790-9, R. Piper Verlag, München, 1996

Kirchengeschichte. Schrecklich schön

Alexander Dvorkin: Ivan the Terrible as a Religious Type. A Study of the Background, Genesis and Development of the Theocratic Idea of the First Russian Tsar and his Attempts to establish ,Free Autocracy" in Russia. Mit einem Vorwort von John Meyendorff. OIKONOMIA. Quellen und Studien zur orthodoxen Theologie, begründet von Fairy von Lilienfeld, herausgegeben von Karl Christian Felmy und Heinz Ohme, Band 31, Erlangen 1992. ISBN 3-923-11931-3. Auslieferung: Lehrstuhl für Geschichte und Theologie des christlichen Ostens, Kochstr. 6, D-91054 Erlangen

Neuoffenbarungsbewegungen

Universelles Leben/Wittekismus

Hans-Walter Jungen: Universelles Leben Die Prophetin und ihr Management. 304 S., DM 34,-, ISBN 3-629-00675-2, Pattloch Verlag, 1996

Seit mehr als acht Jahren setzt sich Autor Jungen mit dem vor 21 Jahren gegründeten "Universellen Leben" (UL) - bis 1984 "Heimholungswerk Jesu Christi" genannt - kritisch auseinander. Er hat es sogar gewagt, in seinem unterfränkischen Heimatort eine Bürgerinitiative gegen die obskuren Vorhaben der Neuoffenbarungssekte zu gründen und sich dadurch jede Menge Schikanen, Psychoterror und Prozesse eingehandelt. Aber Jungen, als Ingenieur an den präzisen Umgang mit Fakten gewohnt, weiß, was er sagt und tut. Auch sein Buch über den Psychokonzern UL mit seinem berüchtigten Manipulationssystem des "Inneren Weges" und seinem verzweigten Konglomerat von "Christusbetrieben", hat ihm eine Serie von Prozessen eingebracht.

Schritt für Schritt jedoch gelingt es Jungen, seine profunde Anklageschrift gegen die selbsternannte "Prophetin" Gabriele Wittek und ihre juristischen und ökonomischen Manager gerichtlich zu belegen. Erst kürzlich testierte ihm das Hamburger Oberlandesgericht, daß es tatsächlich antisemitische Tendenzen im UL gebe. Einer der Sektenführer hatte öffentlich behauptet, daß die unter den Nazis umgekommenen Juden wegen ihres in früheren Existenzen erworbenen schlechten Karmas "unter Hitler eben dran gewesen" seien.

Daß die inhumane und totalitäre Struktur des sich als "urchristlich" und "urdemokratisch" fehletikettierenden UL immer mehr freigelegt wird, ist nicht zuletzt diesem Buch zu verdanken. Es berichtet über mysteriöse Grundstücksgeschäfte und andere dunkle Wirtschaftsoperationen, die apokalyptische Angstmacherei der von Frau Wittek "geoffenbarten" Endzeitschrecken, die geistige und materielle Ausbeutung der Anhänger, die Indoktrinierung wehrloser Kinder in einer eigenen Volksschule, die Gefährdung von Patienten durch seltsame Medizinvorstellungen und den gigantischen Propagandarummel des sekteneigenen PR-Apparats, der nicht zuletzt über einen eigenen "universellen" Radiosender verfügt.

Als ein "Monopoly mit Millionen" beschreibt Jungen das UL, jedoch nur wenige in der Sekte definieren die Spielregeln eines kompromißlosen "Spiels", dessen Faszination bereits 40.000 Menschen geradezu süchtig verfallen sind. Ergreifend ist der Appell eines ehemaligen ULJüngers an seine früheren "Geschwister", wenn er sie wachzurütteln versucht "Sagt 'Nein' zu allem, was Euch krank macht; sagt 'Nein' zu allen, die Euch vordenken wollen, die Euch Vorschriften machen. Gebt Euren Verstand nicht an der Garderobe des UL ab..., schüttelt die Sektenprogramme ab". Ein lesenswertes Buch und Beitrag zu echtem Dialog.

Wolfgang Behnk

Johannische Kirche

Ulrich Linse: Geisterseher und Wunderwirker. Heilssuche im Industriezeitalter. Fischer TB 60164, 1996, 253 S., DM 18,90, ISBN 3-596-60164-9

Von Ulrich Linse stammt eins der interessantesten und schönsten "Sekten-Bücher" über "Erlöser der zwanziger Jahre". "Barfüßige Propheten" erschien bei Siedler 1983. In dem jetzt in der Reihe Europäische Geschichte vorgelegten Fischer-Taschenbuch trägt Linse vor allem (S. 89-211) eine lesenswerte Studie über Joseph Weißenberg, den Begründer der "Johannischen Kirche" nach. In zwei kurzen Aufsätzen möchte Linse darüber hinaus die Irvingianer und Neuapostolischen (S. 27-54) und den Spiritismus (S. 55-87) kulturgeschichtlich anschaulich machen.

Wenig überzeugend ist aber der "Schluß: Heilssuche im Industriezeitalter" (S. 213 227), in dem Linse nicht nur sein Resümee zieht, sondern in einem Rundumschlag das "gegenwärtige Heilsangebot" bis hin zu den neuen Kulten in die Zusammenfassung einbeziehen will. Dabei teilt er sogar die von Kult-Verteidigern geprägte Idee der "Anti-Kult"-Bewegungen und übernimmt das Konstrukt der "Stigmatisierung Neuer Spiritueller Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland" von Frank Usarski. Linse beklagt, "das praktisch alle Informationen über die neuen religiösen Gruppen über die Sektenbeauftragten der Kirchen" über Betroffeneninitiativen und die EZW laufen würden, "nicht aber über Institutionen religionswissenschaftlicher Forschung". Diese ursprünglich von Martin Baumann stammende Klage einer angeblichen bewußten Marginalisierung der Religionswissenschaft in Deutschland (angeblich wesentlich durch die Kirchen!) vertauscht Ursache und Wirkung.

Das Elend erscheint sogar noch größer, wenn man sich verdeutlicht, daß selbst Aufsätze aus genuin religionswissenschaftlicher Forschung ihre Veröffentlichung oft nur in kirchlichen Zeitschriften u.a. solchen für (horribile dictu!) "Missionswissenschaft" erfahren. Das ist nicht gerade das Zeichen großkirchlicher Verschwörung gegen die Religionswissenschaft, sondern ein Hinweis auf die organisatorische und vielleicht tw. auch die inhaltliche und personelle Schwäche des Faches in Deutschland, was hier gerade nicht quantitativ gemeint ist. Auch Linses weithin kundiges Buch stammt ja nicht von einem studierten Religionswissenschaftler oder aus einem religionswissenschaftlichen Institut. Das Buch meldet: "Ulrich Linse, geboren 1939, arbeitet zunächst als Gymnasiallehrer im Zweiten Bildungsweg. Seit 1992 ist er Professor für Neuere Geschichte/Zeitgeschichte an der Fachhochschule München." T.G.

Okkultorden

Ein Leben für die Rose

Hatte P.R. König bislang rein dokumentarische Werke vorgelegt, die die Historie des OTO-Phänomens abbildeten, so folgt mit seinem Buch über Arnoldo Krumm Heller "Ein Leben für die Rose" als 5.Band eine große Gegenüberstellung der libertinistischen und asketischen Gnosis der OTO-Gruppen. Die hier vorgestellten Neo-Gnostischen Organisationen reichen vom OTO zur FRA, streifen Theosophie, Hermetic Brotherhood of Light, AMORC und AAORRAC und geben sogar dem verwandten Lectorium Rosicrucianum Gelegenheit, sich zu asketischer und libertinistischer Sexualmagie zu äußern. Allen gemeinsam ist, daß es heutige, im ethnologischen Untergrund wirkende Organisationen sind, die Erlösung im Wohnzimmer-Tempel suchen.

Der Band umfaßt über 200 Seiten plus 66 Seiten dokumentarischer Anhang mit Fotos, Faksimiles von Chartas und Initiationsritualen. M. A.

P.R.König: Ein Leben für die Rose (Arnoldo Krumm-Heller), HIRAM-EDITION 19 der A.R.W., ISBN 3-927890-21-9, DM 36,

OTO

P.R. König und ARW: Argentum Astrum: How to make your own McOTO. OTO-Phänomen, Teil 8. 312 S., DM 60,-, ISBN 3-927890-35-9, ARW München, 1996

(Bezugsmöglichkeit für beide Bände: A.R.W., Postfach 500107, 80971 München, Bestellfax 089-6414152)

Orthodoxe Kirche

Antonios Alevisopoulos: The Orthodox Church. Its Faith, Worship and Life. Translated by Stephen Avramides. 139 S. , Athen 1994. Dialogue Publications No. 7. Mit einem Brief des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäos von Konstantinopel.

Parapsychologie

Bernd Harder: Die übersinnlichen Phänomene im Test. Okkulte Praktiken - Hellsehen - Ufos - Mondeinfluß - Wünschelruten - Feuerlaufen - Biorhytmus - Tarot. 160 S., DM 39,80, ISBN 3-629-00698-1, Pattloch Verlag, 1996

Dankbar muß man zur Kenntnis nehmen, daß es nun neben dem unsäglichen "Handbuch der Parapsychologie" aus gleichem Verlag nun auch ein kritisches, dabei aber gut lesbares Buch gibt. Es ist reichlich, teilweise zu plakativ illustriert, kommt damit aber vielleicht den Lesegewohnheiten des "Durchschnittslesers" entgegen, der hier vielleicht merkt, daß auch seriöse Information und Aufklärung spannend sein kann. Wertvoll auch für Fachleute sind die ausführlichen, sinnvoll ausgewählten Literaturhinweise, die auf leicht zugängliche Literatur, aber auch auf wichtige Zeitschriftenaufsätze hinweisen. (Warum allerdings auch die Psi-Propagandaschwarte "Die Jagd nach Psi" von Harald Wiesendanger zur weiteren Lektüre empfohlen wird, bleibt okkult.) Besonders lesenswert ist die Auseinandersetzung Harders mit verantwortungslosen Fernseh-Redaktionen. Wunder-Wunsch: Ein kritisches Kapitel über das Gebaren von Verlagen, die auch strutzdumme Bücher über Satanismus, Okkultismus und Parapsychologie im Angebot haben, und die Bücher nicht am Inhalt, sondern an den Verkaufszahlen bewerten, würde das verdienstvolle Buch abrunden. T.G.

Paramedizin

Bittere Erkenntnisse

Roland Bettschart/Gerd Glaeske/Kurt Langbein/Reinhard Saller/Christian Skalnik: Bittere Naturmedizin. Wirkung und Bewertung der alternativen Behandlungsmethoden, Diagnoseverfahren und Arzneimittel. 927 S., DM 49,80, ISBN 3-462-02458-2, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1995

Man nehme...

Robert Jütte: Wege der Alternativen Medizin. Ein Lesebuch. 231 S., ISBN 3 406 39271 7, Verlag C.H. Beck, München, 1996

Wohl um der Verkäuflichkeit in der medizinischen Alternativszene willen wurden kritische Beurteilungen und Texte ausgespart oder relativiert. Das ,Lesebuch" ist wegen ungenauer Nachweise nur bedingt als Studienbuch zu verwenden. T.G.

Psychologie

Paul Vitz: Der Kult ums eigene Ich. Psychologie als Religion. 206 S., ISBN 3-76551058-0, Brunnen-Verlag, Gießen, 1995

Reinkarnation

Fridolin Marxer und Andreas Traber: Wiedergeburt. Hoffnung oder Illusion. 221 S., Paulusverlag Freiburg (Schweiz) 1995; ISBN 3-72280359-4, DM 29,80

Römisch-katholische Kirche

Opus Dei

Peter Hertel: Geheimnisse des Opus Dei. Geheimdokumente - Hintergründe - Strategien. 224 S., ISBN 3-451-04386-6, Verlag Herder, Freiburg, 1995

Religionswissenschaften

Jahrbuch für Religionswissenschaft und Theologie der Religionen. Nr. 3, 189 S., ISBN 3-89375-117-3, Oros Verlag, 1995. (Bezug über Oros Verlag, Postfach 11 45, D-48337 Altenberg, Tel. 02505 - 3534)

In dem lesenswerten Jahrbuch werden die Leserinnen und Leser des BERLINER DIALOG vor allem drei Aufsätze interessieren: Manfred Hutter: Moderner Buddhismus in der Begegnung mit dem Christentum; Peter Gerlitz: "Neue Japanische Religionen" und ihre Mission im Westen; und Konrad Meisig: Ayodya Probleme der religionswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Hindu-Fundamentalismus.

VHP-Sturm auf die Babri-Moschee

Meisig, Privatdozent in Köln, resümiert aus religionswissenschaftlicher Sicht den Stand der Ereignisse um die "Schleifung der Babri-Moschee in der nordindischen Stadt Ayodhya am Nachmittag des 6. Dezembers 1992 und die damit verbundenen blutigen Unruhen zwischen Hindus und Muslimen, die Hunderten von Menschen das Leben kosteten". Diese "waren bislang der traurige Höhepunkt einer Kampagne der Visva Hindu Parishad (VHP), der 'Welt-Hindu-Versammlung', einer Hindu-fundamentalistischen Organisation. Die Kampagne hat im Jahre 1984 begonnen und trägt den Namen Ramajanmabhumimukti Andolan, die 'Bewegung zur Befreiung des Geburtsortes des [Gottes] Rama'."

VHP-Treffen in Deutschland mit Weber, Huth und Stoodt - VHP-Verbot in Indien

Letzter Höhepunkt der Kampagne vor der gewalttätigen Stürmung der Moschee war die "5. Europäische Hindu-Konferenz", in Wirklichkeit ein internationale Kongress der VHP in Frankfurt am Main vom 28.-30. August 1992. Das KongressProgramm schmückte das Bild eines Modells des nach der Zerstörung der Moschee zu errichtenden Tempels. "Zum Organisations-Komittee der Konferenz zählen u.a. Herr Prof. Dr. Edmund Weber, Direktor des Instituts für Wissenschaftliche Irenik an der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Pfarrer Dr. R. Töpelmann, Dr. M. Benad, Dr. Huth, Dr. H.C. Stoodt" heißt es in einem offiziellen Einladungsschreiben von Ashok Chauhan, Präsident der Vishwa Hindu Parishad e.V. of Germany vom 11.8.92.

Fünf der an den Gewalttätigkeiten beteiligten fundamentalistischen Organisationen, darunter die VHP selbst, ihre Jugendorganisation Bajra ga Dal (BD) und Rastriy Svayamsevak Samgha (RSS) und zwei muslimische Organisationen wurden am 10.12.92 zwar von der Zentralregierung verboten; das Verbot von BD und RSS wurde im Juni 1993 wieder aufgehoben, das Verbot der VHP wurde Mitte Januar 1995 verlängert, scheint aber auf Grund der geheimbundartigen Organisation der VHP wenig wirksam zu sein.

"Ziel der Kampagne war und ist es, in Ayodya, U.P., die Babri-Moschee abzureißen und an ihrer Stelle einen Hindutempel zu erreichten." Der Kampf und die Gewalttätigkeiten gehen also weiter. Meisig referiert den Stand und die ideologischen und religiösen Hintergründe und deckt das enorme Gefährdungspotential des Konflikts, der nicht nur weitere Gewalt hervorbringen wird, sondern das Prinzip des Säkularismus des indischen Staates gefährdet, auf.

Meisig diskutiert u.a. die Politisierung des Dharma-Begriffs, den ekklektischen Umgang mit heterogenen Traditionen, den Unfehlbarkeitsanspruch der VHP und ihre Gewaltbereitschaft und sieht vor allem einen vom modernen Hindu-Fundamentalismus vertretenen, eigenartigen "Universalismus" als Herausforderung für die Umwelt (und auch für die Religionswissenschaft): Nicht nur die gesamte Gesellschaft, möchte dieser expansive, ja totalitäre Hinduismus "schlucken", "nicht nur den Buddhismus, sondern auch Judentum, Christentum und Islam".

In Deutschland gab es übrigens keine Verbotsdiskussion nach dem Kongress der faschistoiden VHP. Im Gegenteil: Wie zur Belobigung wurden seine deutsche Organisatoren teilweise befördert: Prof. Weber wurde zeitweilig zum Synodalen berufen; Pfr. Dr. Huth wurde sogar zum landeskirchlichen Beauftragten für Sekten- und Weltanschauungsfragen ernannt und damit zuständig für die kirchliche Beurteilung religiöser Extremgruppen und "ökumenischer Gesprächsparter" der Ev. Kirche in Hessen-Nassau! Welch trefflicher Beweis für protestantische Freiheit und ein evangelisches Dialogverständnis. T.G.

Religious Fiction

Peter R. Wieninger: Die Spur der Katzen. 222 S., ISBN 3-379-00756-0, Reclam Verlag, Leipzig, 1996 Eine Art Fantasy-Krimi für Katzen- und Gruselfreunde.

Theosophie

Hans-Jürgen Ruppert: Theosophie - unterwegs zum okkulten Übermenschen. Friedrich Bahn Verlag. ISBN 3-7621-7702-3, DM 22,80

Übersichten

Kirchen, Sekten, Religionen in der GUS

Hans-Christian Diedrich/Gerd Stricker/ Helmut Tschoerner (Hg.): Das Gute behaltet. Kirchen und religiöse Gemeinschaften in der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten. 336 S., ISBN 3-87513-101-0, Martin-Luther-Verlag, Erlangen, 1996

Ein Muß ist dies Buch für jeden, der mit den GUS-Staaten zu tun hat: durch kirchliche Partnerschaft, Aussiedlerbetreuung oder weil er dort lebt. T.G.

Sekten-Geister-Wunderheiler

Joachim Keden - Ursula Gehentges - Hansjörg Hemminger - Joachim Schmidt-Dominé_[: Sekten, Geister, Wunderheiler. Orientierungshilfen für den Markt der Sinnanbieter. Aussaat Verlag GmbH, NeukirchenVluyn, ISBN 3-7615-4907-5

In kurzen Artikel befaßt sich der empfehlenswerte Band mit Jugendreligionen, Gurubewegungen und Psychokulten sowie Neuoffenbarungsgruppen. Eigene Kapitel sind Esoterik und Okkultismus gewidmet. Aber die Autoren machen auch um die selten behandelten problematische Randgebiete "Psychoszene" und "Christlicher Fundamentalismus" keinen Bogen.

Betroffenenberichte und brauchbare Ratschläge für die verschiedenen Problembereiche (auch juristische Hinweise) geben dem Buch sein besonderes Gewicht und die grafische Gestaltung von Joachim Schmidt-Dominé_[ gibt dem Buch ein ganz besonderes Gesicht. Das didaktisch gut gemachte Buch entstand übrigens auch im Zusammenhang und mit den Materialien einer sehenswerten Informationsausstellung des Referats für Sekten- und Weltanschauungsfragen, Rochusstr. 44, D-40479 Düsseldorf. T.G.

Religionen der Gegenwart - Schneisen und Orientierungen

Peter Antes (Hrsg.): Die Religionen der Gegenwart. Geschichte und Glauben. C.H. Beck Verlag, 1996, 336 Seiten, DM 48,ISBN 3-406-41165-7

Im Gegensatz zu Nachschlagewerken und anderen Sammelbänden möchte dies Buch "die großen Linien der Entwicklung deutlich" machen wodurch "geradezu holzschnittartig das zum Vorschein kommt, was die maßgeblichen Tendenzen und Orientierungslinien ausmacht". Der Anspruch wird weitgehend eingelöst. Vorgestellt werden Judentum (Michael Brocke), Christentum und Islam (Peter Antes), Bahai (Peter Gerlitz), Hinduismus (Maya Burger), Sikhismus (Monika Horstmann), Zoroastrismus (Michael Stausberg), Buddhismus (Heinz Mürmel), chinesische Religionen (Reinhard Emmrich), Shinto (Thomas Immoos), Ethnische Religionen (Hans-Jürgen Greschat), Neue Religionen (Rainer Flasche).

Einige Fragen bleiben offen. Kritik ist insbesondere an dem Beitrag über "Neue Religionen" von Rainer Flasche zu üben. Er kommt ganz ohne jede Anmerkungen aus und nennt als jüngsten Literaturhinweis Brockways und Rajashekars "New Religious Movements and the Churches" aus dem Jahre 1987! Klassische christlichen Sekten (Adventisten, Jehovas Zeugen) werden nicht im Zusammenhang des Christentums erwähnt, sondern als "Neue Religionen", während Soka Gakkai und Rissho Koseikai auch kurz inhaltlich im Buddhismus-Artikel verhandelt werden. (Von "Sekten" ist in dem Buch sonst nur im Zusammenhang mit dem Judentum und dem chinesischen Taoismus die Rede.) Als aus dem Christentum entstandene Neue Religionen werden auch Loberer und Lorberer aufgezählt - die sonst in keinem Lexikon zu finden sind gemeint hat Rainer Flasche vermutlich die losen Anhängerkreise des Schreibmediums Jakob Lorber. T.G.

Volkskunde

Jahrbuch für Volkskunde. Im Auftrag der Görres-Gesellschaft herausgegeben von Wolfgang Brückner und Nikolaus Grass. Neue Folge 19, 1996, Echter Verlag Würzburg, 240 S. DM 39,- ISBN 3-429-01806-4

Das Jahrbuch behandelt "magische Volkskultur" und liefert damit Beiträge zum sozialwissenschaftlichen und anthropologischen Diskurs. Behandelt wird in verschiedenen Beiträgen der MagieBegriff; interessant sind aber auch die Beiträge zur sogenannten "Volksreligiosität" und "Volkskultur" (Christoph Daxelmüller: Die Erfindung des zaubernden Volkes; Angela Treiber: Interpretamente historischer Forschung über Superstitionen und magische Mentalitäten, Michael N. Ebertz: Von der 'Religion des Pöbels' zur 'popularen Religiosität"). Dieter Harmening ('Contra paganos' = 'Gegen die vom Dorfe'?) setzt sich mit dem "theologischen Hintergrund ethnologischer Begriffe" auseinander und konstatiert, daß die sog. "Alltagsgeschichte" und historischer Anthropologie den heutigen Forschungsstand der Volkskunde nicht aufgenommen hat, sondern sich immer noch an den mythologischen Forschungen des 19. und 20. Jahrhunderts orientiert, die Volkskunde als Weg zu den germanischen Ahnen betrieb. Er zitiert: "Fehlgeleitete Altgier ohne fachliche Anleitung (stößt) auf ihrer Göttersuche in den Bibliotheken immer wieder auf veraltete Wälzer" - die dann für bare Münze genommen werden. Wolfgang Brückner beleuchtet in "Liturgie und Legende" theologische Theorienbildung am Beispiel von "Eucharistie-Miraklen" (Hostien- und Blutwunder). T.G.

Heinrich Herzberg: Die Mühle zwischen Religion und Aberglauben. 71 S. , 54 Abb., Verlag für Bauwesen 10407 Berlin, Am Friedrichshain 22, 1994, ISBN 3-345-00574-3

Waldorfschulen

Agende für Kulthandlungen

Hischam A. Hapatsch: Die Kultushandlungen der Christengemeinschaft und Die Kultushandlungen in der freien Waldorfschule 116 S., ISBN 3-927890-34-0, ARW München, 1996

Die an den Waldorfschulen durchgeführten Rituale erweisen die Schulen als die eigentlichen Tempel und Kultstätten der Anthroposophischen Bewegung. Zugleich liegen endlich auch die "agendarischen" Texte der Christengemeinschaft in einer Form vor, die die Beurteilung der für sie wesentlichen Rituale, u.a. der Taufe der Christengemeinschaft ermöglichen. T.G.