Scientology in Rußland (I)

Reinigungsrundown gegen Atomschädigungen

von Alexander Dvorkin

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Scientology-Fortschritte in der Ural-Region
  3. Besetzen Sie die Schlüsselpositionen, egal wie!
  4. Werbung und Einfluß
  5. Scientology und Sicherheitsorgane
  6. Narconon und die Kinder von Tschernobyl
  7. PR-Aktion mit falschen und mit echten "Tschernobyl-Kindern"
  8. Humanitärer Entgiftungsdienst für "Neue Russen"
  9. Narconon - der Einstieg in Scientology


Einleitung

Dies ist der erste Teil einer für unsere Zeitschrift bearbeiteten Fassung des Vortrags von Prof. Dvorkin bei dem "Berliner Oktober-Seminar" über den "Vormarsch von Scientology in Rußland". Zugleich ist dieser Beitrag die Fortsetzung der Artikel von Jon Atack: "Scientology goes East" im BERLINER DIALOG Nr. 1, S. 5 ff. und des Artikels über die "Hubbard Colleges in Rußland" von Alexander Dvorkin im Berliner Dialog Nr. 2 S. 9 ff. - Wir setzen unsere Berichterstattung über Scientology in Rußland fort. - Red. Fast unbemerkt nutzten Sekten und Psychokulte die Wirren des gesellschaftlichen Umbruchs in Rußland, um effektiv und professionell Gelände zu gewinnen. Überrascht nahm die Weltöffentlichkeit im Juni zur Kenntnis, daß die japanische Terror-Organisation AUM Shinri-Kyo in Rußland 10.000 Mitglieder besaß und Umgang mit höchsten Regierungsstellen pflegte. Doch Scientology, die mit ihrem Programm Clear Planet nichts weniger als die Weltherrschaft anstrebt, hat genauso erfolgreich Tausende von Mitgliedern rekrutiert.

Scientology-Fortschritte in der Ural-Region

Seit zwei Jahren versucht Scientology, auf Provinzregierungen, hohe Beamte und Wirtschaftsunternehmen mehr und mehr Einfluß zu gewinnen. Sogar der Gouverneur der sibirischen Provinz Nowgorod hat Scientology-Kurse absolviert. Im Sommer diesen Jahres organisierte die angebliche Kirche ein Management-Seminar für die Bürgermeister der Valdai-Region in Zentralrußland. Es sieht so aus, als ob sich die Scientology-Organisation vor allem auf die Ural-Region konzentriert, wo Industriekombinate Schwermaschinen und Rüstungsgüter produzieren. Der Bürgermeister der Millionenstadt Perm am westlichen Ural, Wladimir Fil, zeigte sich besonders zugänglich. (Vgl. BERLINER DIALOG, BD Nr. 2, S. 9). Er stellte Scientology im März ein mehrstöckiges Gebäude für die Einrichtung eines Hubbard College of Administration zur Verfügung. Nach einem Bericht der Moskauer Zeitschrift Ogonjok wurden dort inzwischen Direktoren und Manager von 28 staatlichen oder halbstaatlichen Firmen mit Zehntausenden von Mitarbeitern auf die Scientology- Ideologie eingeschworen. Zwei Kombinate aus Perm, die "Perm- Maschinenfabrik" wie auch "Perm-Motoren" sind Rüstungsbetriebe mit der Klassifikation "geheim". "Perm-Motoren", ein Staatsbetrieb mit 3000 Mitarbeitern, produziert unter anderem Antriebe für die Iljuschin-76. In beiden Firmen geben Scientologen den Ton an, die per Scientology-Order zum ständigen Informations- austausch mit der Zentrale in Los Angeles verpflichtet sind. Beide Rüstungsfabriken haben ebenfalls Hubbard-Colleges eingerichtet, um ihr Personal direkt auf dem Fabrikgelände zu schulen. Die sogenannte Verwaltungstechnologie der Scientology-Organisation soll Unternehmen und Behörden für den kapitalistischen Konkurrenzkampf fit machen - Scientology-Jargon: "Nur die Tiger überleben." Häufig überwachen Scientology- Aufseher die Buchhaltung und das Personal. Wer die "Tech" benutzt, muß dafür eine Art Steuer an den scientologischen Wirtschaftszweig World Institute of Scientology Enterprises (WISE) in Los Angeles abführen. In einem offenen Brief an den Bürgermeister von Perm warnten besorgte Bürger vor dem "gefährlichen Weg". Bürgermeister Fil versicherte daraufhin: "Die Einwohner Perms werden nicht von der Sklaverei bedroht. Wir haben alles unter Kontrolle." Nicht vor Sklaverei, aber vor einem ge- fährlichen Weg hatten Professoren, Mediziner und der Vorsitzende einer großen Bank (Perkombank) gewarnt. Die Kritiker schlugen Alarm, weil der Psycho-Konzern auf dem besten Weg ist, die bedeutende Industriestadt am westlichen Ural, ja die ganze Region um Perm - zwei Flugstunden von Moskau entfernt - administrativ und wirtschaftlich zu dominieren. Fil macht auch kein Hehl mehr daraus, daß er selber Scientology-Kurse in einer Moskauer Scientology- Einrichtung und in Amerika besucht hat.

"Besetzen Sie die Schlüsselpositionen, egal wie!"

Perm könnte tatsächlich die erste Scientology-Millionenstadt der Welt werden. Wie zur Bestätigung aller Befürchtungen überreichte Bürgermeister Fil im Mai einem ranghohen Scientology-Funktionär aus den USA symbolisch die Schlüssel seiner Stadt. Nach der Hubbard-Devise "Besetzen Sie die Schlüsselpositionen, egal wie!" übt Scientology zudem erheblichen Einfluß auf Behörden und Medien am Ural aus. Alexander Guriev, der Chef der Permer Provinzverwaltung, unterzog sich dem Scientology- Training. Ebenso der Verwaltungsdirektor des größten städtischen Industriegebiets und, für den Einfluß in der Stadt noch wichtiger, auch Grigorij Volchek, der Boß des örtlichen Fernsehsenders T-7. Noch weiß die russische Öffentlichkeit wenig von Scientology. Doch der Skandal um die politischen Verbindungen der inzwischen verbotenen AUM Shinri-Sekte (vgl. BD Nr. 2, S. 6f) hat dazu geführt, daß auch Scientology-Kritiker jetzt endlich mehr Platz in den Medien erhalten. Nicht so in Perm. Und auch Bürgermeister Fil wird sich kaum durch kritische Berichte beirren lassen. Im Gegenteil. Auf die Frage, wann denn die ersten "Agenten" in seinem Büro auftauchen würden, antwortete er im Interview mit Ogonjok: "Wieso auftauchen? Sie sind schon längst da."

Werbung und Einfluß

Sicher ist: Nicht nur in Perm erfreut sich der Psycho-Konzern der Protektion hoher staatlicher Beamter. Ministerien und andere Behörden ließen bereits Millionen Dollar in die Scientology-Kassen fließen. Schon 1992 hatte Scientology in einer "Wichtigen Information über Rußland" alle europäischen Scientologen aufgerufen, Geld für die Mission in Rußland zu spenden: "Wir haben die Technologie, um die Menschheit wirklich zu befreien!" Inzwischen hat die Scientology-Organisation im Lande ein regelrechtes Imperium von Hubbard-Colleges, "Missionen" und Dianetik- Zentren errichtet. Allein im Moskauer Dianetik-Zentrum absolvierten nach Scientology-Angaben 1994 über 14000 Menschen teure Kurse zur "totalen geistigen Freiheit". Die Hubbard-Jünger haben relativ leichtes Spiel, denn ihre Philosophie gilt als westlich, schick und ======== PAGE 0008 ======== karrierefördernd; den meisten Interessenten bleibt zunächst verborgen, daß sich hinter der "wissenschaftlichen Methode" das System Scientology verbirgt. Eine aggressive Propagandamaschine sorgt dafür, daß praktisch niemand der Scientology-Reklame entgehen kann. Die Organisation kauft ständig Werbezei- ten in Funk und Fernsehen und verbreitet die Botschaft ihres Gründers millionenfach in farbigen Plakaten, Flugblättern oder Zeitungsbeilagen (etwa in der Wochenzeitung Sobesednik). Die großen Tageszeitungen Prawda und Izwestija publizierten freundliche Artikel über die Arbeit der Hubbard-Colleges.

Scientology und Sicherheitsorgane

Im Fadenkreuz der Scientology-Organisation stehen vor allem die Reichen, die Mächtigen, die Massenmedien - aber auch die Sicherheitsorgane. Die Moskauer Polizei bestätigte Anfang des Jahres, daß ihre Kommissare von Scien- tology-Funktionären geschult werden. Auch hohe Offiziere des russischen Militärs trafen mit Scientologen zusammen. Bruce Wiseman, ein leitender WISE- Mann, wurde 1993 vom Moskauer Innenministerium eingeladen, um vor Polizeichefs aus der gesamten russischen Föderation die Hubbard-Technologie vorzustellen. Bedeutende russische Militärs trafen mehrfach mit Lynn Irons, dem Leiter des Hubbard-College in Moskau, und an- deren führenden Scientologen aus den USA zusammen. Führende Militärs be- fürchten inzwischen, daß es der Scientology-Organisation gelungen ist, eine Reihe von Agenten in den Streitkräften zu plazieren. Scientology hat sogar massive und erfolgreiche Anstrengungen unternommen, in die oberste politische Spitze des Landes einzudringen. In Leder gebundene und mit Goldschnitt versehene Ausgaben von "Dianetik - Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit" wurden an Ruslan Chasbulatov und 72 Vertreter des Obersten Sowjet verteilt. Das Mitglied des Komitees für die Sicherheit des Obersten Sowjet der Russischen Föderation, Sergei Stepashim, (später Vorsitzender des Föderalen Sicherheitsdienstes, der das KGB ersetzt hat) drückte für das Buch des "humansten Humanisten der Welt", Hubbard, höchste Bewunderung aus. Der damalige Vizepräsident Alexander Ruzkoj schmückte sogar ein Interview in der Literaturnaya Gazeta mit ausgiebigen Zitaten aus "Dianetik". Am 31. März 1993 wurde Hubbards "Meisterwerk" mit viel Tamtam im Kreml-Kongress-Palast präsentiert. Was soll man noch dazu sagen, wenn ein M.A. Sivertsev, Mitglied der Expertenkommission für Internationale Angelegenheiten beim Bundesrat, in einem Artikel über "Dianetik und Scientology" empfiehlt, daß die Methoden von Dianetik und Scientology angewandt werden sollten um interreligiöse Konflikte zwischen den traditionellen Religionen zu lösen. Alles sieht so aus, als ob Scientology in unserem Land eine große Zukunft hat.

Narconon und die Kinder von Tschernobyl

Die scientologische Invasion begann 1990 mit Narconon. Damals besuchten bekannte russische Persönlichkeiten die Londoner Zentrale der Scientology-Organisation: der Kosmonauten-General Pavel Popovich, der russische Drogenexperte Wladimir Ivanov, der stellvertretende Direktor der Regierungszeitung Izvestija, Igor Andrejew, und der Direktor des Sojus-Theaters, Leonid Todorov. Eingeladen hatte die vorgebliche Drogenrehabilitation "Narconon", in Wahrheit eine Scientology- Organisation (vgl. zu Einzelheiten Jon Atack: Scientology goes East BD 1, S. 5 ff.). Die damaligen Pläne sind inzwischen Wirklichkeit geworden. Narconon erhielt wenig später die Erlaubnis zum Bau einer Filiale mit 400 Betten in Moskau. Dort werden jetzt reiche Russen zur Kasse gebeten, die über Alkoholprobleme klagen. Man traktiert sie mit dem sogenannten Reinigungs-Rundown. Dabei handelt es sich um stundenlange Saunagänge mit überdosierten Vitamingaben, eine gefährliche Roßkur. "Narconon" organisierte eine Reise von Ivanov nach Deutschland, Schweden, Dänemark und den USA, wo er Rehabilitationszentren für Drogenabhängige besuchte. Ivanov hatte das Innenministerium verlassen, weil ihm eine "Studienreise" nach Amerika abgelehnt worden war. Nun kann man vielleicht verstehen, wie sympathisch ihm "Narconon" und die damit verbundenen Reisemöglichkeiten geworden ist. Ivanov behauptet heute, daß diese Narconon-Methoden nicht nur Drogenabhängigkeit heilen, sondern auch moralische Werte einimpfen. Zu- mindest hat das Training bei dem Genossen Kosmonautengeneral den Familien- sinn gestärkt: Seine Tochter bekam bald danach Arbeit im Ausland: beim schwedischen Zweig von "Narconon". Der Reinigungsrundown soll auch noch bei verschiedenen anderen Leiden helfen, von Kopfschmerzen bis zu Kriminalität . Mit solchen Heilungsversprechen gelingt Scientology offenbar der Einbruch ins medizinische Establishment. In den sogenannten "Kreml-Kliniken", den "Nomenklatura-Krankenhäusern" alter Zeit, wo sich heute Politiker, hohe Beamte und Neureiche behandeln lassen, agieren be- reits zehn Scientology-Ärzte als fünfte Kolonne der Scientology-Organisation und kassieren bis zu 1000 US-Dollar pro Sitzung. Mit der Hilfe dieser Ärzte haben die Scientologen angefangen, die Programme auch im Kindersanatorium von "Vasilievskoye" einzuführen, wo neulich Kinder behandelt wurden, die Opfer der Tschernobyl-Katastrophe waren und teilweise offensichtliche Schädigungen aufweisen. Auf Anordnung des Chefarztes wurde die normale medizinische Behandlung einer Gruppe von Kindern im Alter von ca. 13 Jahren abgebrochen. Die Kinder wurden stattdessen einer "scientologi- sche" Behandlung mit dem "Reinigungsrundown" unterzogen. Sie wurden dem neu gebackenen Scientologen M.D.N.V. Vorontsov, der Schlüsselperson des L. Ron Hubbard-Medizinprogramms in Rußland zur Verfügung gestellt. Insgesamt nahmen siebenundzwanzig Tschernobyl-Kinder an dem "Entstrahlungsex- periment" teil und haben dabei den gesamten Reinigungsrundown absolviert. Die Behandlung der Kinder sollte dem Scientology-Konzern offenbar weitere Türen in den Kreml-Kliniken öffnen, und damit den Weg zu den einflußreichen Patienten aus dem russischen Establishment ebnen. Geschickt nutzen Scientologen die Hilflosigkeit der russischen Medizin, um sich auch als Retter der Tschernobyl-Opfer aufzuspielen. Sie behaupten, ihre "Reinigungsrundown" genannten obskuren Saunakuren würden dieses Elend "handhaben" und die Radioaktivität vollständig aus dem Körper spülen.

PR-Aktion mit falschen und mit echten "Tschernobyl-Kindern"

Im Sommer 1992 fand im brandenburgischen Senftenberg ein Kinderlager für angebliche "Tschernobyl-Kinder" statt. Sie kamen aber nicht aus dem ukrainischen Tschernobyl, wie zuerst angegeben, sondern aus Bryansk in Rußland. An dem Sommerlager nahmen auch vermutliche Geheimagenten aus Rußland teil, die zum Stab des damaligen Vizepräsidenten Alexander Ruzkoj gehörten. Das Lager war von dem Berliner Scientologen, Peter-Uwe Krumholz mit organisiert worden, der damit laut eigener Auskunft Geschäftskontakte nach Rußland knüpfen wollte. Offenbar mit Erfolg. In der Kinderklinik Vasilieskoje bei Moskau wurden aber im Frühjahr 1995 27 "echte" Tschernobyl-Kinder, nämlich durch den Fall-out von Tschernobyl strahlengeschädigte Kinder, mehr als zehn Tage mit dem kompletten Reinigungs- Rundown traktiert. Anschließend wußten die Kinder zwar alles über L. Ron Hubbard, aber besser ging es ihnen nicht, im Gegenteil. Eine Kontrolluntersuchung zeigte, daß nach dem "Rundown" die strahlungsgeschädigten Zellen der Kinder nicht verschwunden waren. Die kleinen Patienten klagten über Schwindelanfälle und beschleunigten Herz- schlag. Sieben Kinder erlitten nach dem Rundown eine zusätzliche Komplikation in Form einer Furunculose. Die Kinder bekamen riesige eitrige Wunden überall auf ihrem Körper. Mehr als die Hälfte des medizinischen Stabs des Sanatoriums war hinterher der Meinung, daß diese Art von Menschen- versuchen sehr gefährlich sein können. Die meisten Eltern der Kinder wußten gar nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, von dem ungewöhnlichen Behandlungswechsel. Dennoch hielten die Scientologen am 15. Mai im Sanatorium Vasilieskoje eine protzige "Erfolgs"Pressekonferenz ab. In Anwesenheit hochrangiger Vertreter des Gesundheitsministeriums feierten sie das "erfolgreiche Entgiftungsprogramm L. Ron Hubbards" . Die Lobreden, typisch bei solchen Gelegenheiten, sind "wie Flüsse geflossen". Die Festrede hielt der amerikanische Scientologe David Gaiman, der als Hin- termann einer Firma namens Humanitarian Detoxification Services ("Internationaler Humanitärer Entgiftungsdienst") mit Lizenz des Gesundheits- und Justizministeriums die gefährlichen Experimente steuert. Er hatte Tränen in den Augen: "Ich kann einfach nicht glauben, wie glücklich ich bin. Ich bin völlig überwältigt vor Freude. Was wir geschafft haben in 'Vasilievskoye' ist das erste Mal in der Welt. Kein anderes Land ist willens gewesen, uns Kinder zu geben." Rußland ist an- scheinend das einzige Land, das Scientology freiwillig Kinder gegeben hat und sogar sehr kranke Kinder - für Menschenversuche des Kultes. Keiner ist bei der Pressekonferenz auf die Idee gekommen, das Recht des Kultes in Frage zu stellen, Experimente an russischen Kindern zu treiben. Es scheint, als ob die Verantwortlichen aus der Geschichte mit "AUM Shin- ri-Kyo" gar nichts gelernt haben. David Gaiman ist kein Arzt und nie einer gewesen. Er gehörte jahrelang zum Stab des scientologischen Geheimdienstes Guardian Office, war in den 70er Jahren an Scientology- Operationen gegen Ministerien der Vereinigten Staaten beteiligt und gilt als Experte für Subversion. In Rußland experimentiert er nicht nur mit Kindern, sondern verdient auch noch daran. Seine Firma G & G Vitamins mit Sitz in London stellt die Vitamine her, die beim Reinigungs- Rundown verabreicht werden. Das einfallsreiche Ehepaar David und Sheila Gaiman bekam auf bloße Empfehlungsschreiben hin von den Gesundheitsbehörden eine Lizenz, medizi- nisch zu praktizieren. Hier sind einmal die Namen der Personen, deren Unter- schrift unter Empfehlungsschreiben die Genehmigung des Reinigungsrundowns in Rußland zur Folge hatte: Age pov, stellvertretender Minister im russischen Gesundheitsministerium; A.I. Machula, der Leiter der Lizenzverwaltung; A.M. Dygai, Mitglied der Russischen Akademie der Naturwissenschaften und Professor; V. A. Bykov, Mitglied der Russischen Akademie der Naturwissenschaften, Professor. Ungewöhnlich war, daß den Gaimans bereits 10 Tage nach der Anmeldung beim Gesundheitsministerium die gewünschte Lizenz erteilt wurde. Bereits einen Monat später wurde auf Grund der Lizenz des Gesundheitsministeriums auch der "Internationale Humanitäre Entgiftungs- dienst" als Organisation registriert. Wahrhaft rekordbrechende Zeiten!

Humanitärer Entgiftungsdienst für "Neue Russen"

Ohne irgendwelche Umstände wurden die Gaimans auch von der Verwaltung eines Krankenhaus in Zagorodnaya, die anscheinend der Verwaltung des russischen Präsidenten untersteht, empfangen (der Chefarzt dort ist A.I. Romanov), ebenso im schon erwähnten Kindergesundheitskurort "Vasilievskoye", der gleich daneben liegt (die Chefärztin heißt N .S. Belova und ihre Stellvertreterin S.A. Kavun). In dem Krankenhaus begannen sie, durch das kommerzielle Büro "Prekom", das dort jetzt eröffnet hat, die Privatpatienten zu behandeln. Dadurch hat Scientology auch Kontakt bekommen zu den "Neuen Russen", die jetzt ihre Kuren in solchen KremlSanatorien machen.

Narconon - der Einstieg in Scientology

Sowohl die Hubbard College-Leute wie auch die Reinigungsrundown- Anbieter behaupten, daß ihr System nichts mit Scientology zu tun habe. Sie sagen zwar, daß das System von L. Ron Hubbard stamme, der ein bekannter Dozent und Wissenschaftler gewesen sei. Sie behaupten, keine Scientologen zu sein: "Wir sind lediglich Lehrer und Wissenschaftler, die den Menschen helfen". Aber sie haben noch dieselbe Adresse wie das Dianetik- Center, daher war es ziemlich schwierig für sie, die Behauptung aufrechtzuerhalten, daß sie nichts mit Scientology zu tun haben. Es gibt auch noch viele weitere Beweise, unter anderem, daß alle Kinder mit dem Oxford Capacity Test getestet wurden, der ein rein scientologischer Test ist. In all den vermeintlich unabhängigen Zeitungsartikeln, die sie veröffentlichen, heißt es: "Das ist eine unabhängige Organisation, nur einige böse Zungen bezeichnen uns als Scientology-Organisation, aber wir sind keine Scientology-Organisation, ... wir verbreiten keinerlei religiöse Lehren, usw. usf..." Als dann ein sehr kritischer Artikel in der Zeitung erschien, haben die scientologischen Doktoren, die für das Programm verantwortlich sind, speziell Dr. Vorontzov, den Herausgeber der Zeitung angerufen und ihm angeboten, zu kommen und den Beweis zu erbringen, daß die Zeitung falsche Informationen (von uns) übernommen habe. Der Herausgeber lud sie also ein zu kommen, und er lud auch mich ein als Experten für Scientology. Sie kamen und brachten einen offiziellen PR- Mann der Scientology mit. Das war schon sehr merkwürdig: Sie behaupteten, sie hätten nichts mit Scientology zu tun warum um alles in der Welt brachten sie dann einen bekannten Scientologen mit? Es gab dann eine längere Diskussion. Dr. Vorontzov, eine ziemlich hysterische Person, der sich absolut nicht kontrollieren konnte, schrie: "Ja, dieses Programm wurde von dem und dem Doktor unterstützt - glauben Sie etwa, daß dieser Doktor ein Idiot ist? Er ist der Top-Spezialist auf diesem Gebiet!" Da zog ich ganz ru- hig eine Scientology-Broschüre über den Reinigungsrundown heraus. Auf der ersten Seite ist eine Zeichnung, wie all diese Leute, die sich sehr schlecht fühlen und alle möglichen Probleme haben, sich vor dem Tor anstellen, und über dem Tor steht geschrieben: "Reinigungsrundown". Und dann kommen sie an der anderen Seite des Tores wieder heraus, sehr glücklich und strahlend. Ich fragte nun: Kennen Sie dieses Buch? Und sie sagten: Natürlich kennen wir dieses Buch, ein großartiges Buch, wir haben es ins Russische übersetzt, wir geben es all unseren Patienten zum Lesen. Und dann blätterten wir durch das Buch. Auf jeder Seite wird eine Stufe des Reinigungsrundown dargestellt. Auf Seite 83 ist ein weiteres Bild, wo all diese Leute, die gerade den Reinigungsrundown durchlaufen haben und nun sehr glücklich sind, sich an ei- nem weiteren Tor anstellen. Und über diesem letzten Tor steht in großen Buchstaben: "Scientology". Ich fragte: "Wenn das nichts mit Scientology zu tun hat - was bedeutet dieses Bild?" Da sagte er: "Glauben Sie, wir sind dumm? In der russischen Ausgabe haben wir das Bild natürlich rausgenommen".
Alexander Dvorkin,
Ph.D., 40, studierte in New York und Rom. Er ist jetzt Professor für Kirchengeschichte an der Russisch-Orthodoxen Universität Moskau und Leiter des Informations- und Beratungszentrums "St. Irenäus von Lyon", der Partnerorganisation des DIALOG CENTER INTERNATIONAL in Moskau. Er ist einer der Vizepräsidenten des DCI und gehört dem Wissenschaftlichen Beirat des BERLINER DIALOG an.

Teil II im BERLINER DIALOG Nr. 4:

Wie Hubbard in Moskau Ehrendoktor wurde - Der Hubbard-Lesesaal in der Journalistischen Fakultät der Universität Moskau - Scientology in den "Geheimen Städten" - Scientology und Rüstungsforschung usf.
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