So sollte die im Koran als Geburtsort genannte Palme als möglich nahegebracht werden. Abgesehen davon, daß in den Evangelienberichten eine Palme in diesem Zusammenhang gar nicht erwähnt wird, sondern bei Lukas von einer Krippe die Rede ist: Schon 335 ließ die Hl. Helena, die Mutter Konstantin des Großen, eine Basilika über der Geburtshöhle in Bethlehem erbauen und künstlerisch ausgestalten. Und Hieronymus, (* 340/50 + 420), der seit 386 mit seiner Freundin Paula in Bethlehem lebte, berichtet (kritisch?) schon von einer geschmückten, silbernen Krippe, die die frühere, landesübliche lehmgemauerte Krippe ersetzt hatte. Seit dem 5. Jahrhundert wird in Rom zu Weihnachten in der Kirche Santa Maria Maggiore an einer Nachbildung der bethlehemitischen Krippe in einer unterirdischen Kapelle eine vom jeweiligen römischen Papst zu lesende Mitternachtsmesse gefeiert. Von den übrigen Zeugnissen christlicher Kunst aus dem dritten bis sechsten Jahrhundert, angefangen schon bei den Katakombenmalereien, garnicht erst zu reden. Sie zeigen eben keine einsame ledige Mutter unter der Palme, die sich versteckt, sondern das Kind in der Krippe mit Ochs und Esel, Maria mit den drei (!) Weisen, mit Josef, Hirten oder Bileam und das oft in der Nähe einer angedeuteten Stadt, Bethlehems; und natürlich den Stern.
Statt auf eindeutige kirchliche Überlieferung will sich der "Islam-Experte" lieber auf apokryphe Evangelien, also von den Kirchen nicht anerkannte Schriften stützen, die mehr "Gemeinsamkeiten" mit dem Islam zu bieten scheinen: "Zu Zeiten Mohammeds" behauptet er, seien z.B. solche "Kindheitsevangelien" noch "ohne Bedenken zu den gültigen Zeugnissen über das Wirken des Messias hinzugezählt" worden, denn der Kanon des Neuen Testaments, sei "vor allem bei den Kirchen des Ostens noch nicht abgeschlossen" gewesen. - Nun ist die Kanonbildung gerade von den Kirchen des Ostens vorangetrieben worden. Die sogenannten apokryphen Evangelien standen dabei gar nicht zur Debatte, sondern kamen erst später auf. Origines (* ca. 0 + 254) klassifizierte 250 die überlieferten Schriften weitgehend wie heute. Die "apokryphen" Schriften spielten damals noch gar keine Rolle. Als Datum für den endgültigen Abschluß der Kanondiskussion im Osten gilt übrigens der 39. Osterfestbrief des Athanasius (* 295 + 373) aus dem Jahre 367, was immer noch einige Zeit vor der Entstehung des Korans liegt. Gerade die knapp gehaltene Schilderung der Geburt und Kindheit Jesu in den "klassischen" vier Evangelien hat zur Bildung von sog. Kindheitsevangelien angeregt. Es gab (und gibt) eine Fülle außerkanonischer legendarischer, frommer Literatur, (wie z.B. in diesem Jahrhundert die Christuslegenden von Selma Lagerlöf) ohne jeden historischen Quellenwert, aber nicht unbedingt heterodox (d.h. in den Kernaussagen nicht unbedingt abweichend von der allgemeinen kirchlichen Lehre).
Die Kindheitsevangelien sind allerdings aufschlußreich für unsere Kenntnis über die Gestalt damaliger christlicher Frömmigkeit. Gerade das göttliche Kind ist in ihnen der Grund der Verehrung der Mutter als "Gottesgebärerin" (Konzil von Ephesos 431). Schon Ende des 2. Jahrhunderts hatte sich eine inkarnatorische Christologie allgemein durchgesetzt, die besagt, daß sich in Christus Gott selbst offenbart genau dagegen aber wenden sich Mohammed und der Koran, und entsprechend spricht auch das Jesuskind des Korans unter der Palme, also gegen die kirchliche Lehre von der Gottheit Christi, die im Weihnachtsfest ebenso wie im nicänischen Bekenntnis ausgedrückt wird. Der Versuch, mit Hilfe von Uminterpretationen Christentum und Islam auf die gleichen Wurzeln zurückzuführen, ist, selbst wenn er gut gemeint sein sollte, sachlich falsch und wenig hilfreich. Tatsächlich gibt es einen gewissen Schatz an Gemeinsamkeiten. Aber besonders die Veränderungen christlicher und jüdischer Inhalte und Aussagen durch Mohammed zeigen ihn als eigenständigen theologischen Denker. Mit seiner bewußten Ablehnung zentraler christlicher Glaubenssätze formulierte er eben nicht, was theologisch möglich war und sowieso alle dachten. Gerade aus der Spannung zu christlichen Vorstellungen, nicht aus der Nivellierung in angebliche Gemeinsamkeiten ergeben sich die Möglichkeiten echten Gesprächs. Nicht "fließende Übergänge", sondern Klarheit im Denken und in der Unterscheidung und Präzision in der Sache sind hilfreich für friedliches Miteinander. Mehr noch: Solche Klarheit und Eindeutigkeit, die die Eigenart des anderen nicht weg interpretiert, sondern ernst nimmt, ist die Voraussetzung des echten Dialogs.
Beider Eltern heißen Joseph und Maria. Beide waren verschiedener Herkunft, verschiedener Art und hatten verschiedene Kinderschicksale. Als sie 12jährig am Osterfest den Tempel besuchten, verschmolzen sie miteinander und auch von den Elternpaaren starb je ein Teil, während die Überlebenden sich in einer neuen Ehe verbanden."5 Steiner sieht in seiner Schrift "Weihnachtsfeier" "die Kraft des in der vorchristlichen Zeit weisesten Menschen, des Zarathustra, in dem einen Jesusknaben. Wir haben des anderen Aura durchhellt und durchleuchtet von dem, was von Buddha ausgegangen ist".6 Weltweite Kirche Gottes Die "Weltweite Kirche Gottes" (Armstrong), in Deutschland mit ihrer Zeitschrift "Klar und Wahr" sehr präsent, zählte bisher zu den eifrigsten Kämpfern gegen das angeblich heidnische Weihnachtsfest. Eine regelrechte Polemik hat sich gegen das Weihnachtsfest entwikkelt7. Der Weihnachtsbaum wird als Götze nach Jeremia 10,2-4 bezeichnet, obwohl es dort um ein aus Holz geschnitztes Götterbild geht. Die Weisen aus dem Morgenland seien Teil einer dämonischen, antichristlichen Verschwörung gewesen, die nur zum Schein zur Anbetung erschienen seien. Jehovas Zeugen Erst seit 1928 hat die Wachtturm-Organisation ihren Kampf gegen das Weihnachtsfest angefangen. Das Weihnachtsfest sei biblisch nicht geboten, hieß es dann. Jetzt wird argumentiert, es beinhalte auch heidnische Elemente. Besonders gefährlich am Weihnachtsfest sei, "daß man Jesus anstelle seines Vaters, Jehova Gott,"8 anbete.
Für viele Zeugen Jehovas wird der Kampf gegen das Weihnachtsfest und der Verzicht auf das Weihnachtsfest zum eigentlichen Bekehrungserlebnis zur Wachtturm-Organisation. Sichtbar wird die Entscheidung am Verzicht auf den Christbaum9, der in besonderer Weise als heidnisch bekämpft wird. Auch über die Weisen aus dem Morgenland und ihren Stern wissen Jehovas Zeugen nur Negatives: "Der 'Stern' war ein Licht, das Satan gebrauchte, um Astrologen (Dämonenanbeter) bei seinem schlauen Plan zu gebrauchen, Jesus zu finden, damit Herodes ihn vernichte" heißt es in der Anti-Weihnachtsschrift der Jehovas Zeugen10. Der "Bruderdienst", eine Hilfsorganisation für Jehovas-Zeugen-Betroffene, regt an, dagegen zu fragen: "'Waren die Weisen Heiden?' Antwort: 'Ja.' Frage: 'Haben die Weisen Jesus geehrt?' Antwort:'Ja.' Frage: 'Wie nennt man in der Bibel die Heiden, die sich zu Jesus bekennen?' Antwort: 'Christen!' (Apg. 11,29)."11
Nach dem Matthäusevangelium waren solche "magoi" geleitet von einem Stern bis nach Jerusalem gekommen. Aber nicht der Stern, der sie zunächst führte, sondern die Bibel (Matth. 2, 4 ff.) bringt sie nun weiter auf den Weg nach Bethlehem. Für die frühe Kirche stehen sie für die Könige aus Ps. 72, aber auch für Bileam, der Israel fluchen wollte und sollte, aber nur noch segnen konnte. Der (nicht jüdische, sondern ebenfalls heidnische) Seher und Prophet Bileam sprach von dem Stern, der aus Jakob aufgehen würde "Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn, aber nicht von nahem: Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen." (4. Mos. 24,17) Die Magier haben den Stern gefunden: "Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut." (Matth. 2,10). Erfüllt wurde das Schriftwort: "Die Heiden werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht" (Jes. 60,3). So Bileam und Maria mit dem Jesuskind, Priscilla-Katakombe, 230-240 sind die Magier die ersten Heiden, die kommen. Die messianische Heilszeit ist angebrochen, in der Gott allen Menschen nahe kommt und in der alle Menschen, auch die Heiden, zu Gott kommen können.
2 Die Wahl des Datums (6. Januar oder 25. Dezember) ist durch theologisch motivierte Berechnungen bestimmt. Der Ausgangspunkt dieser Berechnungen war das überlieferte Datum der Kreuzigung Jesu am 7.4.30, aber sicherlich auch der Gedanke der Erfüllung alttestamentlicher Weissagungen in Bezug auf Messias und Tempel. Zu Einzelheiten vergl. den Literaturhinweis in Anm. 1. Die Armenische Apostolische Kirche kennt die Feier am 24./25.12. nicht, sondern feiert als einzige christliche Kirche Christi Geburt und Taufe zugleich am 6. Januar. 287 bekehrte Gregor "der Erleuchter" das ganze Land zum christlichen Glauben. Das Christentum wurde 301 (also vor Konstantin und vor der sogenannten "Konstantinischen Wende" im Römischen Reich) zur armenischen Staatsreligion und die armenische Kirche zu einer National- und Volkskirche. Trotz vieler Widrigkeiten und schweren Verfolgungen und Pogrome blieb das Volk dem christlichen Glauben über Jahrhunderte treu. Heute wird mit der genannten Ausnahme der Armenier überall am 24./25.12. die Christgeburt gefeiert. (Nur daß eine Reihe orthodoxer Kirchen noch nach dem julianischen Kalender zählen, der inzwischen 13 (!) Tage nachgeht, sodaß ihr 24./25.12. jetzt unser 6./7.1. ist.)
3 Peter Schütt: "Und sie empfing ihn und zog sich zurück" Das Weihnachtsevangelium nach dem Koran, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Donnerstag, 22. Dezember 1994
4 Eine gute Einführung bietet Jan Badewien: Die Anthroposophie Rudolf Steiners, Münchener Reihe 662, München 1994. Vergleiche zu den religionsgeschichtlichen Anleihen Steiners auch Bernhard Maier: Die Religionsgeschichtliche Stellung der Anthroposophie, ARW, München 1988 (Zu beziehen über ARW, Postfach 500107, D-80971 München, Fax: 089-64152)
5 Kurt Hutten: Seher, Grübler, Enthusiasten. Das Buch der traditionellen Sekten und religiösen Sonderbewegungen. Stuttgart 1982, S. 700, Anm. 324
6 Rudolf Steiner: Weihnachtsfeier (19), Dornach 1977, S. 34
7 z.B. in der Schrift von Herbert W. Armstrong: Die Wahrheit über Weihnachten, Pasadena 1981 (4), S. 6.
8 Weihnachten - Warum gefährlich? in: Der Wachtturm, 15.12.1984
9 Kleiner Weihnachtsbaum-Exkurs Der heutige Weihnachts(lichter)baum ist erst entstanden im 17. und 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Sitte der Kinderbescherung. Zunächst scheinen auch Buchsbäume benutzt worden zu sein. Es gibt keinen heidnischen Bezug bei unserem Weihnachtsbaum. Es gibt aber eine eigenständige, wichtige jüdisch-christliche Baumsymbolik. Für Christen ist der Weihnachtsbaum auch Symbol des Paradiesbaumes. Er weist uns auf die Heilsbotschaft hin, daß Christus uns den Zugang zum Paradies wieder eröffnet. Schließlich ist der 24.12. in der Kirche seit alters auch der Tag von Adam und Eva, den Stammeltern der Menschheit. Eine Legende sagt, der Baum des Kreuzes, an dem Christus gestorben ist, sei ein Abkömmling des Paradiesbaumes gewesen. Der Schmuck der ersten weihnachtlichen Bäume mit Äpfeln (Paradiesfrucht) und Oblaten oder Brezeln (=Hostien, Leib Christi) zeigt diesen Bezug. Und mehr noch: Die Tanne wird im Alten Testament zum Bilde Gottes, wenn der Prophet Hosea als Gotteswort aufschreibt: "Was sollen dir weiter die Götzen? Ich will dich erhören und führen, ich will sein wie eine grünende Tanne; von mir erhältst du deine Früchte." Hosea , 9). Im Anti-Weihnachtsbaum-Eifer konnte die Sekte "Jehovas Zeugen" auch diesen Tannenbaum nicht stehenlassen. Die hier als Bild für die gnädige Zuwendung Gottes benutzte immergrüne Zypresse, der Nadelbaum des Südens, mutierte in ihrer auch sonst der Sektenlehre gebeugten Übersetzung zum Wacholderbaum. (Vgl. "Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift, Übersetzt nach der revidierten englischen Ausgabe 1984 unter getreuer Berücksichtigung der hebräischen, aramäischen und griechischen Ursprache revidiert 1986, New World Translation of the Holy Scriptures, German (bi12X)", New York/Selters 1989). Jedoch ändert selbst diese Variante nichts daran, daß sich Gott hier mit einem immergrünen Baum vergleichen läßt!
10 Weihnachten - Warum gefährlich? in: Der Wachtturm, 15.12.1984
11 Brücke zum Menschen - Ein Bruderdienst an Sektenopfern, Suchenden und Angefochtenen, sowie an allen, die ihnen helfen möchten, Heft 83/84, 1985/II
12 Martin Luther: Predigt zu Dreikönig 1521
Feiertag des DCI am 6. Januar 1996 in Berlin Weihnachtsgottesdienst 18.00
Uhr Kirche zur Heimat, 14165 Berlin-Zehlendorf Predigt: Pfr. Daniel Matejka,
Budweis, Ev. Kirche der Böhmischen Brüder Weihnachtsfeier 19.00 Uhr im
Gemeindesaal der Kirchengemeinde zur Heimat, Heimat 27 Alle Freundinnen und
Freunde des Dialog Center International und des Provinzialpfarramtes für
Sekten- und Weltanschauungsfragen des Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg, alle
Spender und Unterstützer laden wir herzlich ein zu Gottesdienst und
Weihnachtsfeier am 6. Januar, dem Feiertag des DCI, um 18.00 Uhr in der
Kirche zur Heimat in 14165 Berlin-Zehlendorf. Im Anschluß an den
Gottesdienst findet ab 19.00 Uhr unsere Weihnachtsfeier statt.
(Verkehrsverbindung: S-Bhf. Zehlendorf, Bus 110 Leo-Baeck-Str.)
|