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BERLINER DIALOG 22, 3-2000 Martini

 AUS DER HEIMAT

Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Liebe Leserinnen, liebe Leser!"Daß ich euch immer dasselbe schreibe, verdrießt mich nicht und macht euch um so gewisser". (Phil. 3,19 Lehrtext 11.2.2001)
Sicherlich werden Sie sich freuen, daß ich Ihnen überhaupt wieder schreibe, daß wir es geschafft haben, wieder einen BERLINER DIALOG herauszubringen.

Heimat

Wenn es nach mir gehen würde, könnten wir monatlich erscheinen. Der Stoff drückt regelrecht. Der Verlag möchte wieder und wieder pünktlich liefern.
Woran es hakt: natürlich am Geld und natürlich auch an der Zeit.
Die normalen Tätigkeiten (Anfragen, Vorträge in Gemeinden, Gremien) fressen mich schon auf. So bleibt für unsere Zeitung und weitere Rundschreiben nur begrenzte Zeit. Und so geht es auch den anderen beteiligten Kolleginnen und Kollegen.

Auch anderes kommt immer wieder hart dazwischen. So bin ich froh, daß wir es doch geschafft haben, am 6. Januar 2001, zum Feiertag des DCI, zusammenzukommen. Für meine Frau und mich war es eine besondere Freude alle wiederzusehen, nachdem wir am 6. Dezember 2000 einen schweren Verkehrsunfall mit großem Sachschaden völlig unverletzt überstanden habe. Wir sind dankbar und möchten auch allen Freunden danken, die sich um uns gesorgt haben.

Im neuen Jahr ging es mit Druck weiter. Die größte Herausforderung war der Prozeß von Bob Minton gegen die Verleumdungen durch die deutschen Scientologen. Mehrere Ausgaben der "Freiheit" sind erschienen, in denen nicht nur Bob Minton, sondern auch Frau Caberta und ich angegriffen wurden.

Zur Erinnerung: Robert S. Minton ist der amerikanische Millionär und Philanthrop, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Scientology-Opfer zu unterstützen, und der insbesondere den privaten Rechtsstreit der Familie von Lisa McPherson zu seiner eigenen Sache gemacht hat.
Für sein Engagement haben wir ihm - ich schreibe wir, weil viele Leserinnen und Leser des Berliner Dialog dies unterstützt haben - den Menschenrechtspreis des Komitees für Menschenrechte und Religionsfreiheit in den USA verliehen. (Im Jahre 2000 genannt: Alternativer Karlspreis, alternativ: weil etwa zur selben Zeit an den damaligen US-Präsidenten und Scientology-Unterstützer Bill Clinton der "Aachener Karlspreis" verliehen wurde).
Bob Minton statt Bill Clinton: Warum diese Gegenüberstellung ihre Richtigkeit hat, das haben Joe Cisar und ich im Berliner Dialog 2-2000 S. 9f. begründet.

Über diese Auszeichnung haben sich viele geärgert: die Scientology-Spitzen sowieso.
Aber auch manche in der offiziellen Politik, die unsere Gegenüberstellung des echten "Karlspreises" und des Preisträgers Bill Clinton und unseres alternativen Karlspreises und unseres Preisträgers Bob Minton anstößig fanden.

Anstößig ist aber nicht diese Gegenüberstellung, sondern die regierungsoffizielle Unterstützung und Duldung eines totalitären Kultes in den USA - jedenfalls bislang. Ebenso aber auch die Vermeidung klarer Positionen zu Scientology und anderen Psycho-Geschäftemachern durch die Regierungskoalition in Deutschland, ja der Schutz problematischer Psychomarkt-Anbieter durch grüne Spitzenpolitiker.

Meine Freunde in der Kirchengemeinde zur Heimat wurden durch die Angriffe der SO auf eine harte Bewährungsprobe gestellt: Das Gemeindehaus in der Heimat wurde als Inquisitionszentrale verteufelt. Kirchenleitung und Konsistorium ebenso wie die Zehlendorfer Nachbarschaft wurden mit Flugblättern und dem Hetzblättchen "Freiheit" eingedeckt.

Das Landgericht Berlin hat in einer Entscheidung vom 27. März 2001 der Klage von Robert Minton entsprochen und der SO die Verbreitung aller beanstandeten Verleumdungen untersagt (GZ 27.O.764/00). Die SO hat jetzt (30.3.2001) die meisten der entsprechenden Dokumente aus dem Internet genommen. - Ich werde mich nun um Rechtsschutz meiner Kirche bemühen, um auch die gegen mich in Umlauf gesetzten Verleumdungen untersagen zu lassen.

Obwohl die Angriffe gegen Bob Minton und mich absurd waren: Etwas bleibt wohl immer hängen. Und Verunsicherung auch bei Wohlmeinenden bewirken solche Verleumdungen allemal.

Hätte ich mich vielleicht gar nicht an der Auszeichnung für Robert Minton beteiligen sollen?
War es eine Dummheit, einen engagierten Verteidiger der Menschenrechte zu ehren, obwohl man mit Angriffen rechnen mußte?
Ist selber schuld, wer angegriffen wird, wenn er sich für Scientology-Opfer einsetzt? Oder war ich selbst schuld, weil ich die Reaktion der SO-Leute vielleicht unterschätzt hatte?

Ich sehe es nach wie vor anders: Anstößig wäre es, wenn wir Christen nicht mehr für Menschenrechte und Religionsfreiheit unsere Stimme erheben. Wenn wir das Eintreten für die Opfer totalitärer Bewegungen von politischen Nützlichkeiten abhängig machen würden.

Es ist auch Klarstellung erforderlich gegenüber nicht-christlichen und anti-christlichen Organisationen, die sich zur absichtlichen Irreführung mißbräuchlich "Kirche" nennen, aber nichts mit der Kirche und der weltweiten Christenheit zu tun haben.
Die Kirche ist dazu nicht aus Gründen des Selbstschutzes veranlaßt, sondern weil sie in einen Hirtendienst für die irrenden und suchenden Menschen gerufen ist.
(Matthäus 9, 36-38)

Daß man sich durch solche nicht einseitige, aber eindeutige Positionierung unvermeidlich Reibungen und scharfer Kritik, ja sogar böswilligen Angriffen von außen und Gerüchten auch aus den "eigenen" Reihen aussetzt, konnte ich gerade in letzter Zeit wieder erleben.

So muß ich mir gelegentlich sagen oder vorhalten lassen, Gandow sei z.B. "intolerant" und "zu liberal", "nicht kooperationsfähig" oder aber "mit zu vielen im Geschäft", einerseits "rechts" bzw. "links", andererseits "einseitig", "amtskirchenfromm" aber auch "zu selbständig", "fundamentalistisch", "zu weltlich", ja sogar "evangelikal" veranlagt oder aufgetreten. Passenderweise sind die Urheber und Transporteure solcher Gerüchte und Beurteilungen nicht gerade mit der Courage und dem Anstand gesegnet, ihre Kritik bzw. ihre Vorwürfe offen und belegt vorzubringen. Und was, wenn in jedem dieser Vorwürfe ein Körnchen Wahrheit steckte? (2. Kor. 6, 8)

Neue Herausforderungen stehen nicht erst vor der Tür: Die TM-Bewegung (Transzendentale Meditation) versucht, im nördlichen Brandenburg eine größere Immobilie in den Griff zu bekommen. Auch hier sind klare Positionen gefragt. Im nächsten Heft werde ich darüber berichten, was dort geschieht.

In der Mitte des üblichen Berufungszeitraums angekommen, geht mein Blick nach vorn. Seien Sie versichert, daß ich mich so oder so weiterhin voll und ganz entsprechend meinen Verpflichtungen und Einsichten für die Gemeinden engagieren werde.
"Wir gehören nicht zu denen, die da weichen" (Hebr 10,39).
Herzlich Ihr
Pfarrer Thomas Gandow


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