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Jehovas Zeugen an der Haustür (III)

von Thomas Gandow

Frage: "Stimmt es, daß sich Jehovas Zeugen Notizen von jedem Gespräch machen? Und wozu fertigen Jehovas Zeugen eigentlich solche Haus-zu-Haus-Notizen an?"

Antwort: Die Wachtturm-"Verkündiger" sollen ihr Gebiet mit jeweils ca. 100 Wohnungen drei- bis sechsmal im Jahr "durcharbeiten", so daß wir immer wieder aufgesucht werden. Über diese Besuche wird tatsächlich genau Buch geführt. Dazu legen die für uns zuständigen WachturmVerteiler die Haus-zu-Haus-Notizen an, die unmittelbar nach dem sie bei uns vorgesprochen haben, aufgeschrieben werden.

"Wieso? Weil wir genaue und vollständige Notizen machen müssen, wenn jemand Interesse gezeigt hat. Nimm dir die Zeit, den Namen des Wohnungsinhabers zu notieren, worüber gesprochen wurde, seine Reaktion und was gegebenenfalls abgegeben wurde. Das hilft uns, auf Einzelheiten einzugehen." (Unser Königreichdienst = UKD 2/1987)

Die "Jehovas Zeugen" genannten Wachtturm-Verkündiger machen sich ihre "Haus-zu-Haus-Notizen" also nicht als Privatleute, sondern angewiesen von der Wachtturm-Organisation und auf einem speziellen Formblatt, auf dem sie auch ihren eigenen Namen angebene müssen. Es handelt sich darum auch nicht um eine private Gedächtnisstütze des einzelnen "Verkündigers", der hoffentlich seinen eigenen Namen auswendig weiß, sondern um eine "Vorkehrung" die "uns", also wohl auch der Wachtturm-Gesellschaft selbst, helfen soll, "auf Einzelheiten einzugehen".

Diese "Haus-zu-Haus-Notizen mit sachdienlichen Informationen über die Person, der Zeugnis gegeben wurde" - (UKD 8/91) - werden auf verschiedene Art ausgewertet und sind die Erklärung dafür, wenn die Werber "furchtbar aufdringlich" waren oder "immer wieder" kommen: Denn über alle Themen, zu denen man sich in ein Gespräch verwickeln ließ, aber auch abfertigende Antworten und jedes Verhalten wird ja Buch geführt.

"Im allgemeinen wird das Gesprächsthema durch das festgelegt, was beim ersten Besuch besprochen wurde." (UKD 8/94).

Besonders, wenn wir den Zeugen Jehovas schon einmal Schriften abgenommen haben, kann dies Folgen haben. Wir gelten dann nämlich als Menschen guten Willens und müssen noch regelmäßiger und öfter besucht werden. Darüber hinaus werden "Rückbesuche" in die Verkündigerberichtskarte und in die Predigtdienstberichte eingetragen, die den "Ältesten" vorzulegen sind.

Ist ein Hausbewohner unfreundlich, versuchen die Haustür-Werber, möglichst zu einer anderen Zeit ein anderes Haushaltsmitglied anzutreffen.

Manche Vermerke werden zum Gebrauch auch anderer Wachtturm-Vertreter in die "Gebietskartenhülle" gesteckt. Zum Beispiel soll bei Wohnungsinhabern, die nachdrücklich darauf bestehen, nicht wieder besucht zu werden, "eine datierte Notiz in die Gebietskartenhülle gesteckt werden, so daß Verkündiger, die das Gebiet später bearbeiten werden, an jener Tür nicht vorsprechen" (UKD 1/1994).

Es heißt sogar einmal:

"Wir sollten dem Bruder, der sich um die Gebiete kümmert, den Namen und die Anschrift des Betreffenden geben. Er wird das Datum und den spezifischen Grund für das Problem vermerken." (UKD 1/1983)

Wie mit den so gewonnenen Informationen umgegangen werden soll, wird ebenfalls in der Anleitungszeitschrift Unser Königreichdienst ausgeführt (UKD 1/1994):

"Die Gebietsaufzeichnungen sollten einmal im Jahr durchgegangen und eine Liste der Adressen angelegt werden, bei denen wir nicht vorsprechen sollten. Unter Leitung des Dienstaufsehers können einige taktvolle, erfahrene Verkündiger beauftragt werden, diese Adressen aufzusuchen. Sie können erklären, daß sie vorsprechen, um zu fragen, ob derselbe Wohnungsinhaber noch dort wohnt. Die Verkündiger sollten mit dem Stoff im Unterredungs-Buch, Seite 15 bis 24 unter der Überschrift 'Auf Äußerungen eingehen, durch die ein Gespräch abgebrochen werden soll' gut vertraut sein. Wenn der Betreffende vernünftig reagiert, kann künftig auf die übliche Weise vorgesprochen werden. ist der Wohnungsinhaber weiter gegnerisch, sollten bis zum folgenden Jahr keine Besuche gemacht werden. Die örtliche Ältestenschaft kann entscheiden, ob es die Umstände in einem speziellen Fall ratsam erscheinen lassen, die Dinge anders zu handhaben."

Auch Adressen von nicht Angetroffenen werden weitergegeben:

"Wenn wir diese NH-Adressen nicht so bald wieder aufsuchen können, sollten wir die Notizen jemand geben, der dazu in der Lage ist, vielleicht jemand, der an einem anderen Tag eine Zusammenkunft für den Predigtdienst leitet." (UKD 3/1986)

Mein Ratschlag für alle, die keine langen Diskussionen und Gespräche führen wollen oder können: Legen Sie sich eine Einladung Ihrer eigenen Kirchengemeinde oder den Gemeindebrief oder ein hilfreiches "Flugblatt an Jehovas Zeugen" (meist beim Pfarramt erhältlich) in Reichweite der Wohnungstür.

Beim nächsten Besuch der WachttumLeute geben Sie ihnen dann diesen Gemeindegruß und sagen vielleicht noch: "Wir sind evangelische (orthodoxe, römischkatholische, ...) Christen und lieben unsere Kirche und den evangelischen (orthodoxen, katholischen, ...) Glauben. Wir möchten Sie bitten, uns nicht wieder aufzusuchen. Ihre Belehrungen brauchen wir nicht.

Wenn wir Fragen zur Bibel haben, wenden wir uns an unseren Pfarrer.

Und falls Sie selbst über die Bibel und die Kirche Fragen haben, können Sie sich gern auch an unsere Pfarrerin / unsern Pfarrer XY wenden, die/der sich sicherlich gern mit Ihnen unterhalten wird und sich gut in der Bibel auskennt und auch Ihnen gern hilft."

Entweder geschieht ein Wunder und die Wachtturm-Verkündiger nehmen sich die Schrift, die wir ihnen überreichen, zu Herzen oder lassen sich sogar auf ein Gespräch mit einem christlichen Pfarrer ein - und ich weiß aus Erfahrung: solche Wunder geschehen dann und wann.

Oder aber wir werden in den Haus-zuHaus-Notizen als treue Kirchenchristen "registriert", die u.U. "gegnerisches Material" an die Wachtturm-Verkündiger weitergeben, so daß wir erfahrungsgemäß in Zukunft vor Überraschungsbesuchen erst einmal recht sicher sind.



Weitere Hinweise zum Gespräch mit Jehovas Zeugen gibt Band 608 der Münchener Reihe: "Jehovas Zeugen" von F.W. Haack, ISBN 3-58350608-1.

Die Zeitschrift BERLINER DIALOG aus dem Wichern-Verlag, Bachstr. 1-2, D-10555 Berlin, ISSN 0948-0390, berichtet regelmäßig über neue Entwicklungen in der Wachtturm-Organisation, die für Gespräche wichtig sein können. Stand: 1. 8. 1998

Nachdruck: Bitte fragen Sie kurz an, wir können Sie dann ggf. über neueste Veränderungen informieren. Erforderlich ist in jedem Falle der Quellenhinweis:
"Aus BERLINER DIALOG 1/98, (c) 1998 Pfr. Th. Gandow, Pfarramt für Sekten- und Weltanschauungsfragen der EKiBB, Heimat 27, D-14165 Berlin, Fax 030/815 47 96"

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