Die erheblichen wirtschaftlichen und politischen Betätigungen der Scientology- Organisation werden in der europäischen Öffentlichkeit mit großer Skepsis beobachtet. Auf parlamentarische Untersuchungen und Kritik antwortet die SO mit einer breitangelegten, nicht nur publizistischen Kampagne (u.a.: "Deutschland säubern!"), bei der die SO in Medien, Wissenschaft und US-amerikanischer Politik unterstützende Stimmen organisiert. Der BERLINER DIALOG wird diese Kampagne und ihre aktiven und bösartigen ebenso wie ihre unfreiwilligen und naiven Akteure auch weiter kommentierend begleiten. Unsere besondere Aufgabe aber liegt in der Vermittlung von "Informationen und Standpunkten zur religiösen Begegnung". Hierzu gehört die Auseinandersetzung mit dem Anspruch der totalitären SO, eine "Religion" zu sein. Vermutlich veranlaßten Akzeptanzschwierigkeiten und Vorbehalte gegen die paramedizinischen Heilungsaktivitäten Hubbards und seiner Organisation von Anfang an die Versuche, Scientology als eine Religion darzustellen.
In einigen, von der SO offenbar selbst in Auftrag gegebenen und derzeit verbreiteten Gutachten wird nun wieder einmal die Behauptung aufgestellt, Scientology sei eine "bona fide-Religion", ja sogar eine Art "technologisierter Buddhismus" (F. Flinn). Die SO selbst und schon der SO-Gründer L. Ron Hubbard behaupteten, mit Hinduismus, Theravada-Buddhismus und Taoismus verwandt zu sein. Der hier in zwei Teilen folgende Beitrag ist die in enger Abstimmung mit dem Autoren, dem kanadischen Religionssoziologen Stephen Kent, erstellte deutsche Fassung seines zuerst in englischer Sprache im Journal of Contemporary Religion, Vol. 11, No 1, 1996 veröffentlichten Aufsatzes "Scientology's Relationship with Eastern Religious Traditions". Wir danken Redaktion und Verlag des "Journal of Contemporary Religion" für die Übersetzungs- und Abdruckerlaubnis dieser gründlichen Untersuchung der Versuche Hubbards und der Scientology-Organisation, Scientology mit ostasiatischen Religionen in Verbindung zu bringen.
Kent zeigt zunächst, daß Hubbard und seine Adepten selbst nur oberflächliche Kenntnis von östlichen Religionen haben. Die Behauptung eines östlichen Einschlags, einer Verwandschaft insbesondere mit dem Buddhismus scheint mit ebensolcher oberflächlicher Kenntnis der Öffentlichkeit über die Religionen des Ostens zu rechnen. In einem zweiten Teil untersucht Kent, warum Hubbard Behauptungen über östliche Religionen und die Verbindung von Scientology mit ihnen aufstellt, die nicht zutreffen. Kent legt dar, daß Hubbard dies tat, weil er - in prekären Augenblicken in der Geschichte der Scientology - versuchte, die scientologischen "Heilungsaktivitäten" mit religiösen Ansprüchen zu decken. Das ausführliche Literaturverzeichnis mit den Nachweisen zu beiden Teilen findet sich am Ende des zweiten Teils. - Red.
Einleitung
In diesem ersten Teil sollen Hubbards ungenaue, aber häufige Anspielungen
auf Ähnlichkeiten zwischen Scientology und östlichen Religionen einmal
ernst genommen und untersucht werden. Hubbards eigene Schriften werden in
Verbindung mit Standardübersetzungen östlicher Schlüsseltexte sorgfältig
untersucht. Daraus ergibt sich, daß wahrscheinlich weder Dianetik noch
Scientology östlichen Einflüssen unterlag. Auch sind Ähnlichkeiten
zwischen Dianetik und Scientology einerseits und größeren östlichen
Traditionen andererseits höchstens oberflächlich.
Religionswissenschaftler interessieren sich immer für Fragen der Übertragung
von Ideen von einem Glauben zum anderen. Übertragung kann Ähnlichkeiten in
den grundlegenden Glaubenssätzen unterschiedlicher Glaubenssysteme
erklären, und oft erkennen Forscher daran kulturelle Kontakte zwischen
geographisch weit voneinander entfernten Völkern. Viel Aufmerksamkeit
gilt dabei den Schlüsselfiguren der Traditionen, weil sie die Lehrsätze
und Glaubensinhalte formulieren, die die Inspirationsquellen der Nachfolger
werden.
Quellenlage
Das Bemühen, Quellen der Beeinflussung festzustellen, wird bei
der Untersuchung klassischer Religionen und ihrer Gründer oft dadurch
erschwert, daß über die Entfernung von Zeit, Raum und Kulturen vieles
verlorengegangen ist. Im Gegensatz dazu leiden Untersuchungen moderner oder
"neuer" Religionen manchmal geradezu unter der Menge an Informationen,
zu der zeitgenössische Religionsstifter Zugang haben, die also ihre Lehren
beeinflußt haben könnten. Die neuen Medien sowie die zunehmende
Möglichkeit des Reisens verschaffen Religionsgründern heute umfassende
Möglichkeiten, Gedanken aus allen möglichen Quellen zusammenzutragen, so
daß die Aufgabe, die genauen Ursprünge bestimmter Vorstellungen
herauszufinden, außerordentlich schwierig werden kann. Auf der Suche nach
den "religiösen Quellen" Der Gründer von Dianetik und Scientology, L. Ron
Hubbard (1911 - 1986), stellt die Forscher, die feststellen wollen, aus
welchen Quellen er bei der Erfindung der Dianetik (1950) und der
"Scientology Church" (ab 1953) schöpfte, vor zahlreiche Probleme. Die
meisten Autoren stimmen darin überein, daß Hubbard seine Vorstellungen aus
Science Fiction bezog, aus Okkultismus, Physik und Ingenieurwissenschaften,
aus Psychoanalyse und Philosophie sowie von einer Reihe größerer und
kleinerer Denker (s. z. B. Whitehead, 1987: 54).
Kein ernsthafter Forscher würde hingegen jemals in Betracht ziehen, daß Hubbards Denken vom Christentum1. beeinflußt sein könnte, da er ja seine abfälligen Ansichten über diesen Glauben schon 1954 veröffentlichte (Hubbard, 1954a). Die meisten Forscher folgen aber wahrscheinlich Hubbards eigenen Aussagen, daß er von diversen Aspekten östlichen Denkens angeregt und beeinflußt sei. Von all den möglichen Einflüssen auf Hubbard gehören östliche Religionen (im weitesten Sinne) zu den wenigen, die Hubbard selbst des öfteren erwähnt. Er hat sich nie klar über Art oder Ausmaß des behaupteten Einflusses geäußert, sondern die angeblichen Verbindungen mit solch schwammigen Ausdrücken wie "Vorfahre", "Geschwisterkind" oder "spirituelle Bande" beschrieben. Nichtsdestoweniger nehmen Scientologen seine Behauptung ernst, daß ihr Glaube Gemeinsamkeiten mit der Weisheit des Ostens habe, selbst wenn auch nur deshalb, weil sie glauben, Hubbard habe diese neu entdeckt. Hinduismus Hubbard wandte, wenn er über Scientology in Verbindung mit diversen östlichen Glaubensrichtungen sprach, verschiedene Taktiken an.
Zwar stellte er einerseits großartige Behauptungen auf, nämlich daß
Scientology Grundvorstellungen des Hinduismus, Buddhismus und Taoismus
enthalte, wenn nicht sogar übertreffe. Andererseits stellte er niemals
unter Beweis, daß er mehr als oberflächliches Wissen von einem der von
ihm verwendeten östlichen Begriffe oder der von ihm gelieferten
Übersetzungen hatte. Und schließlich verwandte er auch weder Zeit noch Mühe
darauf, seine großartigen synkretistischen Aussagen zu belegen. Zum
Beispiel traf Hubbard im Juli 1954 die beeindruckende Feststellung: "Wir
finden den frühesten bekannten Vorfahren der Scientology in den Veden"
(Hubbard, 1969b: 10)2. Jedoch lieferte er bezeichnenderweise
so gut wie keinen Beweis für diese Behauptung. Tatsächlich war seine
Kenntnis der Veden bestenfalls flüchtig, und es scheint, daß er lediglich
Scientology-Vorstellungen zu legitimieren versuchte, als er behauptete,
das Wort Veden bedeute "Lookingness (sic) oder Knowingness
Ähnlich verhält es sich mit Hubbards Behauptung, die Veden bestünden aus
"der dhyantischen und buddhistischen schriftlichen Überlieferung von
zehntausend Jahren" (Hubbard, 1969b: 12), hier überschätzt er gewaltig das
Alter der Veden, deren älteste Teile auf etwa 1500 vor Christus
zurückgehen mögen (Basham, 1954: 232; vgl. Hume, 1931: VIII). Zudem
vermischt er unangemessenerweise buddhistische mit hinduistischen Texten.
Wenn Hubbard überdies mit "dhyantisch" die indische Tradition der durch Yoga
entwickelten "Meditation" (dhyana) meint, dann ist der klassische Text in
diesem Bereich, die Yoga Sutras des Patanjali, nicht Bestandteil der
Veden, obgleich Meditationsanweisungen in einigen der späteren Hymnen
erscheinen (s. Bose, 1966: 55 - 83, über jnana-Yoga, den Pfad des Wissens).
Als die "Church of Scientology World Wide" unter Hubbards Aufsicht die
Behauptung aufstellte, daß die vedischen Hymnen "unser ältestes Erbe in
Scientology" seien (Church of Scientology World Wide, 1970: 8), gab sie nur
eine vedische Hymne wieder, die sie auch nicht als das verhältnismäßig späte
Gedicht Rig Veda X.129 (s. Bose, 1966: 302 - 305) kenntlich machte.
Die übrigen zwei Passagen aus indischen Schriften, die
abgedruckt wurden, waren keine vedischen Hymnen, sondern zwei Abschnitte aus
Katha Upanishad (s. Hume, 1931: 341 - 361) aus späterer Zeit (Church of
Scientology World Wide, 1970: 8 - 10). Die Church beschrieb das angebliche
Verbindungsglied zwischen indischer Philosophie und Scientology auch
keinesfalls in präziser oder direkter Weise. Man fragt sich zum Beispiel,
warum Hubbard keine Parallelen zieht zwischen "vergangenen Leben" in
Scientology (Hubbard, 1969a) und Seelenwanderung in nachvedischen Schulen
des Hinduismus (Zimmer, 1951: 252). Darüber hinaus irrt Hubbard in
philosophischer und linguistischer Hinsicht, wenn er sagt, daß "wir das
Wort Dharma fast austauschbar haben mit dem Wort Dhyana. Aber welches Wort
man auch verwendet, es bedeutet Knowingness" (Hubbard, 1969b: 17; s.
Hubbard, 1975: 112). Dharma hat im Sanskrit viele Bedeutungen, die im
Hinduismus von "Gesetz" bis "Pflicht; Recht, Gerechtigkeit (oft als
Synonym für Strafe)" und bis "das Gesetz der Doktrin des Buddhismus ...
(oder) die ethischen Gebote des Buddhismus" reichen (Monier- Williams, 1899:
510).
Es kann niemals dasselbe bedeuten wie dhyana: "Meditation, Denken,
Reflexion, (bes.) tiefe und abstrakte religiöse Meditation"
(Monier-Williams, 1899: 521). Dhyana kann nicht als "Knowingness and
Lookingness (sic)" (etwa "Wissenheit" und "Schauung") (Hubbard, 1969b: 17)
in einem Sinne übersetzt werden, der der indischen Bedeutung entspricht,
weil Scientology nicht die strengen physischen und geistigen Übungen
fordert, denen sich Yogis und andere Suchende unterziehen. Diese
Sanskritausdrücke spiegeln vielmehr grundlegende Konzepte sowohl des
Hinduismus als auch des Buddhismus wider, und Hubbard kann mit seiner
eigenwilligen Übersetzung nicht nachweisen, daß Scientology in die
Fußstapfen dieser Traditionen tritt. Eine weniger kritische Sicht Ich muß
jedoch darauf hinweisen, daß nicht alle Forscher meine skeptische
Einstellung zu den Vergleichen zwischen Scientology und meditativem
Hinduismus teilen.
Roy Wallis z.B. führt aus: "Im Yoga zeigt sich deutlich eine Anzahl von
Parallelen mit Scientology. Yoga bietet ein System metaphysischen Wissens,
das zu einer 'Wiedergeburt in eine nicht bedingte Weise des Seins' führt.
Das Ziel der frühesten Yoga- Philosophie, samkhya, war es, den Geist von
der Materie zu trennen. In Yoga ist die Welt wirklich, nicht illusorisch,
aber ihre Dauerhaftigkeit ist die Folge der Ignoranz des Geistes ... Als
Ursache des Leidens der Seele gilt des Menschen Solidarität mit dem
Kosmos, seine Teilhabe an der Natur (die Enturbulation von Theta und MEST),
also was Scientology das physische Universum von Materie, Energie, Zeit und
Raum nennt (Hubbard, 1975: 248) (Wallis, 1976: 112 als Zitat aus Eliade,
1969: 4. Nach dieser Zusammenfassung von Mircea Eliades Beschreibung von
Yoga kommt Wallis zu dem Schluß, daß "eindrucksvolle Ähnlichkeiten mit der
Theorie und Praxis von Scientology zu finden" seien (Wallis, 1976: 113).
Er weist auch darauf hin, daß sowohl Buddha als auch Hubbard ihre jeweiligen
Anhänger davor gewarnt hätten, sich auf irgendwelche okkulten Kräfte
einzulassen, die auf ihrem Weg auftreten könnten (Wallis, 1976: 112 - 133
& Anm. 1). Übrigens behauptet selbst Jon Atack, der zu den aufmerksamsten
Kritikern von Scientology gehört, daß die TRs (Training Routines) im
Kommunikationskurs der Scientology "meditationsähnlich" seien (Atack,
1990: 14). Die von Wallis erwähnte klassische Samkhya-Philosophie findet
ihren deutlichsten Ausdruck im Samkhyakarika (ab jetzt: S.K.) von
Ishvarakrishna aus der Zeit zwischen vor 557 und 569 (Larson, 1969: 4-5),
obwohl frühere Fassungen von Samkhya hinter den asketischen Yoga-Praktiken
des Mit viel Phantasie und einer großen Schreibmaschine brachte Hubbard
auch seine Wildwest- und Horrorstories zu Papier. Foto: Archiv Gandow
Yoga Sutras von Patanñjali stehen (s. z. B. Kent, 1982: 264), die
"irgendwann im vierten oder fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung
geschrieben" worden sind (Woods, 1914: XIX; s. Larson, 1969: 162). Das
Samkhya-System beruht auf der Annahme, daß zwei ewige Prinzipien
existieren, prakrti (Materie) und purusha (Geist), und daß sich Erschaffung
zutrage, wenn die inhärenten schöpferischen Eigenschaften der Materie
aufgrund der Nähe eines Geistes aktiv würden, ähnlich einer Tänzerin, die
mit ihrer Darbietung beginnt, wenn sie Zuschauer hat (S.K. LIX, in Larson,
1969: 278).
Wallis weist zwar zu Recht darauf hin, daß im Samkhya-Yoga der Begriff der
Erlösung die Entflechtung von Geist und Materie einschließt, er hätte aber
auch weitere Vorstellungen erwähnen können, die Ähnlichkeiten mit gewissen
Aspekten des scientologischen religiösen Denkens aufweisen. Zum Beispiel
betonen beide Systeme, daß Leben Leiden einschließe, Leiden, für das ihre
Ideologien Erlösung zu bieten beanspruchen (S.K. I, in Larson, 1969: 257).
In dem indisch-philosophischen System ist purusha Plural (S.K. XVIII, in
Larson, 1969: 264; s. Kent, 1980: 243), genau wie thetans. Ebenso nehmen
Scientology und SamkhyaYoga Formen der Wiedergeburt als gegeben an (S.K.
XXXIX und XL, in Larson, 1969: 272, s. 218). Vor dieser Wiedergeburt
vergessen die in einen anderen Körper übergehenden Wesen alles über ihr
voriges Leben.4 Es bestehen jedoch auch unüberbrückbare Gegensätze zwischen
den beiden Systemen. Samkhya beruht auf der Voraussetzung, daß Geist und
Materie getrennte Einzelwesen seien, während Hubbard behauptet, daß
seine spirituellen Wesen (Thetanen) ihre eigenen idealen Universen schüfen
(die er "Heimat-Universen" nennt), die ihrerseits in einem MEST-Universum
aufgingen.
"Also ist der Geist kein Ding. Er ist der Schöpfer der Dinge", wie Hubbard
kurz und bündig 1956 feststellte (Hubbard, 1956: 54). Das Samkhya Karika
besagt jedoch eindeutig, daß "purusha weder geschaffen noch schöpferisch"
sei (S.K. III, In Larson, 1969: 258). Darüber hinaus findet das Beharren des
Yoga darauf, daß Purusha "die Beschränkung der Schwankungen des
Gedankenstoffes" sei (Y. S. I.2, in Woods, 1914: xxxx) keine Entsprechung in
Scientology, deren analytischer Mind keine Beachtung findet in Hinsicht auf
die Beschränkungen seiner Wahrnehmungsaktivitäten. Hubbards Kenntnis des
Hinduismus scheint also oberflächlich gewesen zu sein. Taoismus Ähnliche
Oberflächlichkeit zeigt sich in Hubbards Beharren darauf, daß auch der
zentrale Begriff des Taoismus, tao, "Knowingness" (etw: "Wissenheit")
bedeute und daß das wiederum eine "wörtliche Übersetzung" sei (Hubbard,
1969b: 16), wo doch tatsächlich die wörtliche Übersetzung "Pfad, Straße,
Weg, im übertragenen Sinn Prinzip; System, Wahrheit; Wirklichkeit usw." ist
(Chan, 1963: 136 Anm. 1).
Schließlich versteht man nur schwer, wie Hubbard
"Selbst- Determinismus" als gleichbedeutend mit dem taoistischen
Hauptbegriff wu-wei ansehen kann, wo dieser doch zu übersetzen ist als
"Nicht- Tat" im Sinne von "nichts tun, was der Natur entgegensteht - mit
anderen Worten: der Natur ihren Lauf lassen" (Chan, 1963: 136). Es gibt
keine erkennbaren Ähnlichkeiten zwischen den grundlegenden taoistischen
Begriffen, die Hubbard sich heraussuchte, und seiner Darstellung des von ihm
als "MEST-Universum" Bezeichneten in Scientology. Daher irrt auch eine von
Hubbards Organisationen, die Church of Scientology of California, bei ihrer
Werbebehauptung, "ein Scientologe ist Geschwisterkind des Buddhisten
(und) ein entfernter Verwandter des Taoisten ..." (Church of Scientology of
California, 1978:7)
Diese Behauptung deutet darauf hin, daß Hubbards
Versuche, seine Ideologie mit dem Buddhismus in Verbindung zu bringen, von
beachtlicher Bedeutung für seine Bemühungen waren, religiöse Aspekte von
Scientology zu beweisen. Er versuchte diese Verbindungen mit begrifflichen
und persönlichen Gründen zu beweisen. Auf dem Feld der Begriffe versuchte
er, einen bodhi (sattva) und einen Dianetic Release ("dianetisch
Befreiten") gleichzusetzen. Mit einer mehr als simplen Kenntnis des
Buddhismus behauptet Hubbard: "Zunächst einmal wird dieser Buddha
tatsächlich Bohdi (sic: bodhi) genannt, und ein Bohdi ist einer, der durch
menschliche Mittel intellektuelle und ethische Perfektion erreicht hat.
Das wäre wohl auch ein Dianetic Release (Dianetic Release: Einer, der
durch Dianetic Auditing gute Fallgewinne und Stabilität erreicht hat und das
Leben besser genießen kann. Solch ein Mensch ist keyed out
Scientologen nehmen diese Behauptungen tatsächlich ernst. Schon 1958 stellte
der "Herausgeber" der Scientology-Zeitschrift Ability, dessen Schreibstil
auf Hubbard selbst hindeutet, folgende Überlegungen an: "Jetzt reicht es zu
sagen, daß der Zustand des Clear schon vor 2500 Jahren von Gautama
Siddharta gedacht, von sehr wenigen erreicht und dann nicht mehr gesehen
wurde. Dieser Zustand war unter dem Namen -Bhodi' bekannt, weil er unter
einem bhodi(sic)-Baum erreicht wurde. Aber diese Tradition hat sich
verflüchtigt. Der Mensch hat sich bemüht, den Menschen clear zu machen,
zunächst von Dämonen, dann von unterbewußten Traumata. Ron hat die Sache
ganz neu gesehen und einen Zustand in Clear hervorgebracht, der höher als
der von Gautama Siddharta ins Auge gefaßte ist, da er nicht erst in einem
ganzen Leben, sondern in einigen wenigen Wochen erreicht wird und für alle
Menschen erreichbar ist, nicht nur für einige ... Der Status des
Operierenden Thetan war bisher auf Erden nicht bekannt. Weder Lord Buddha
noch Jesus Christus waren nach den vorliegenden Beweisen O.T.s. Sie
standen nur einen Hauch über dem Clear. (Hubbard >, 1958: 6)
Offensichtlich sah "der Herausgeber" Scientology als ein System an, das
die Errungenschaften der buddhistischen Tradition tatsächlich übertrifft
und nicht nur ausweitet.
Mindesten ein Forscher hat die von Scientology selbst verkündeten
Analogien zum Buddhismus akzeptiert. Frank Flinn argumentiert, es sei "der
zentrale Scientology- Begriff -clear' ungefähr gleichbedeutend mit der
buddhistischen Idee des bodhi, die -den Wachenden' oder
-Erleuchteten' bezeichnet, der Releasement (sic) (moksa) von den
verschlungenen Banden von Existenz und Illusion erworben" habe (Flinn,
1983: 93). Er geht tatsächlich so weit zu sagen, daß "die vielen Ebenen
und Grade des Auditing als Verfeinerung und Wiederbekundung des Achtfachen
Weges des Buddhismus im Weltraumzeitalter angesehen" werden könnten
(Flinn, 1983: 93). Diese Ähnlichkeiten bleiben jedoch oberflächlich, und
selbst Flinn bemerkt, daß es in Scientology "keine Betonung der Meditation
und Kontemplation" (Flinn, 1983: 94) gebe, wie sie im Mittelpunkt
buddhistischer Praxis und buddhistischer spiritueller Errungenschaften
steht.
Das System der Scientology soll durch Aufhebung der Wirkungen
traumatischer Erlebnisse (oder Engramme) wirken, während der traditionelle
Buddhismus versichert, daß sein spirituelles Ziel durch eine Kombination
von moralischer Disziplin mit Methoden der Konzentration erreicht werden
könne. Klein-Hubbard und die Buddhisten. Originalbildunterschrift: "Weit in
den Bergen Westchinas, besuchte Ron die Lamaklöster. Dort sprach er mit
Mönchen und schloß Freundschaft mit ihnen und dem Volk". Fundstelle: What
is Scientology, 2. Auflage 1979 S. xli; Archiv Gandow
Moralische Disziplin bedeutet, daß ein praktizierender Buddhist Wissen oder
Einsicht seinem " wie Edward Conze sagt, "widerwilligen Körper"
aufdrückt (Conze, 1951: 96), was die Befreiung "von den Illusionen der
Individualität" (Conze, 1951: 97) einschließt. Im wesentlichen leben
buddhistische Mönche, die nach traditioneller Ansicht auf dem Pfad zur
Erleuchtung am weitesten fortgeschritten sind, asketisch unter Verzicht
auf Schlaf, Bequemlichkeit, Nahrung und Besitz. Scientology aber hat
keine formalisierte oder systematisierte asketische Tradition - trotz der
Tatsache, daß einige von Hubbard über seine Anhänger verhängten Strafen
äußerst anspruchsvoll (Atack, 1990: 175 - 176, 180 - 181) und einige
Lebensbedingungen überaus rauh (Atack, 1990: 275 - 277) waren.
Scientologys Anordnungen zur Bestrafung von Nonkonformität scheinen höchst
dramatisch mit den buddhistischen klösterlichen Strafen zu
kontrastieren, die Hubbard selbst dagegen als "die direkten Vorläufer
unseres eigenen Ethik-Systems" (Hubbard, 1966: 459) unter die Leute zu
bringen suchte. Vergehen, die im Buddhismus zur Bestrafung führten, waren
solche, die "nicht nur als unvereinbar mit dem moralischen Wohlbefinden
der Gemeinschaft der Mönche, sondern auch als hinderlich für den
spirituellen Fortschritt des Mönchs, der der moralischen Schlechtigkeit
erliegt", galten (Perera, 1965: 460). Die frühen buddhistischen Strafen
beschränkten sich auf sofortigen Ausschluß, zeitweiligen Ausschluß und
Bewährung, Verweis, Versetzung an einen anderen Ort, Widerruf und Bitte um
Verzeihung bei dem Gekränkten, totale Isolierung und
Unter-Aufsicht-Stellen. Viele dieser Strafen erinnern an die Strafen in
Scientology, was wohl dadurch erklärt werden kann, daß sie normale
Reaktionen ideologischer Gruppen auf Abweichungen von der Lehre sind.
Nirgends in diesen buddhistischen Regeln gibt es jedoch irgendetwas wie
die Forderung in der gruppeneigenen Ethik, daß eine Person, die aus der
"condition of liability" (etwa: Bedingung der Haftbarkeit) herauskommen
will, dies tun kann, indem sie "einen wirksamen Schlag gegen die Feinde der
Gruppe, deren Teil man zu sein vorgab, zu führen (hat) trotz persönlicher
Gefährdung" (Hubbard, 1967a: 237). Die buddhistischen Regeln enthalten auch
nichts, was Scientologys berüchtigtem "Freiwild-Gesetz" entspräche, das
formell von Mitte Oktober 1967 an ein Jahr lang gültig war und das
besagte, daß ein Feind mit allen Mitteln und von jedem Scientologen
"seines Eigentums beraubt oder verletzt" werden dürfe "ohne Strafe für den
Scientologen. Darf hereingelegt, verklagt oder belogen oder zerstört
werden" (Hubbard, 1967b)5.
Die buddhistische Morallehre bildete das Fundament für buddhistische
Konzentrationsübungen - Übungen, die gelegentlich oberflächliche
Gegenstücke in Scientology haben. Insbesondere Konzentration bestand aus
drei Typen von Vorgehensweisen dhyanas, d. h. Fortschreiten durch
verschiedene Geisteszustände (s. Ling, 1981: 115), apramana, d. h.
"Methode, die Gefühle zu kultivieren" (Conze, 1951: 102) und die
Kultivierung okkulter Fähigkeiten (Conze, 1951: 100 - 105). Während
Kontemplationsübungen dieser Art bei Scientology keine Rolle spielen,
könnte man doch versucht sein, oberflächliche Ähnlichkeiten zwischen den
ersten von mindestens vier dhyanas und den ersten drei TRs (Training
Routines) in Scientologys Kommunikationskurs zu sehen. Das Anfangs-dhyana
beinhaltet u. a. die zeitweilige Unterdrückung der "ungesunden
Bestrebungen - d. h. Sinn- Begehren, Übelwollen, Trägheit und Lethargie,
Aufregung u. Gemütsunruhe" (Conze, 1951: 100; s. Conze <Übers.>, 1959: 184).
TR-0 Bullbaiting, die Trainingsroutine "Stierhetze" dient zur Einübung von
Kommunikationsverweigerung. Fundstelle der Illustration: Kurs "Hubbard(R)
Qualifizierter Scientologe", Kopenhagen 1989; Archiv Gandow Zwei TRs
bestehen aus stundenlangem Sitzen oder Sitzen und Starren ohne jede
Bewegung, während die TR über "bullbaiting" (eigentlich: Stierhetze) darin
besteht, ruhig zu bleiben inmitten von Beleidigungen, Witzen oder anderen
Provokationen (s. Atack, 1990: 14). Vielleicht lehren diese Übungen eine
ansatzweise Kontrolle über Aspekte des Geistes und Körpers, aber sie sind
weder dazu bestimmt, als "Mittel zum Transzendieren des Ansturms
sensorischer Stimuli und unserer normalen Reaktionen darauf" (Conze, 1951:
100) zu dienen, noch werden sie dazu verwendet. Statt dessen ist der Sinn
der TRs (und wahrscheinlich der "Stierhetze"), "Studenten für die
Auseinandersetzung mit -preclears' auszubilden (ohne) soziale Winkelzüge der
Konversation und zur Überwindung von Zwangsdruck, um -interessant' zu
sein" (Church of Scientology, 1961, auch zitiert in Lamont, 1986: 40).
Mit anderen Worten: Die TRs sollen dazu dienen, Persönlichkeitsfaktoren
auszuschalten, die normalerweise persönliche Eigenart im sozialen Umgang
ausdrücken. Sie werden zum ersten Schritt auf dem Weg zur Bildung von
Konformität unter Neugewonnenen. Hier ist der Platz, ein paar Worte über
die Konzentrationsübungen in der HinayanaTradition sagen, die okkulte
Fähigkeiten (siddhis) wie z. B. "Hellsehen, Hellhören, Erinnerung an frühere
Geburten und Kenntnis der Gedanken anderer" (Conze, 1951: 104) einschließen.
Weitere okkulte Fähigkeiten sollen sein: die Fähigkeit, "nach Belieben
Mauern, Zäune oder Berge zu durchschreiten wie Luft, die feste Erde zu
betreten und zu verlassen, auf dem Wasser zu gehen oder durch die Luft zu
gleiten" (zitiert in Conze, 1951: 104). Diese vorgeblichen Fähigkeiten
ähneln den von Hubbard behaupteten Fähigkeiten eines "Clear", der "nach
Belieben alles im Universum haben oder lassen kann" (Hubbard, 1975: 75 mit
Bezug auf eine Vorlesung von 1954). Der Buddha fürchtete jedoch, daß diese
psychischen Fähigkeiten Jünger dazu bringen könnte, ihr höchstes Ziel
(Nirvana) aus den Augen zu verlieren, und es wird berichtet, er habe dies
verkündet, "weil ich Gefahr sehe in der Ausübung mystischer Wunder (d. h.
-psychischer Kräfte'), die ich verabscheue, vor denen ich mich ekele und
deren ich mich schäme" (Dighanikaya I, 213, zitiert in Ling, 1981: 111).
Hubbards dreistester Versuch, Scientology zu legitimieren, nämlich dadurch,
daß er sich selbst mit Buddhismus in Verbindung bringt, erscheint in seiner
Publikation von 1974 The Hymn of Asia (1974a), die er schon einige Jahre
früher, 1956, geschrieben hat Er läßt deutlich durchblicken, daß er Mai-
treya oder Metteya sei, der zukünftige Buddha, von dem der Buddha selbst
angeblich gesprochen hat. Die "Herausgeber" des Bandes, möglicherweise
Hubbard selbst, stellen die folgenden fünf Behauptungen über die
"Metteya-Legende" auf:
In Hubbards Text wird auf mehrere dieser Punkte eingegangen. In der ersten
Zeile seiner breiten poetischen Hymne fragt Hubbard: "Bin ich Metteyya?"
(sic). Dem folgt sogleich die Behauptung: Ich komme, "euch alles zu bringen,
was Lord Buddha euch wissen lassen möchte über Leben, Erde und Mensch"7.
Hubbard macht einen fundamentalen Fehler in buddhistischer Soteriologie,
wenn er verkündet:
Die übersetzten Teile erwähnen nichts davon, daß Maitreya im Westen
erscheinen werde, sie sagen auch nichts davon, daß der Buddha der Zukunft
in einer Zeit der Gefährdung der Welt erscheinen werde. Im Gegenteil, in den
Texten wird behauptet, daß Maitreya (wie der Buddha selbst) aus königlichem
Hause stammen und einer Stadt vorstehen werde, die "mächtig und
wohlhabend, reich an Menschen, zusammengedrängt und wohlgenährt" sei
(Cakkavatti-Sihanada Suttanta 75.25-26; übersetzt in Rhys- Davids, 1921: 73)
Nichts wird davon gesagt, daß er goldenes oder rotes Haar habe, es wird
auch kein Datum für seine Wiederkunft angegeben (RhysDavids, 1921: 73 -
74). Ebensowenig erwähnt das Maitreyavyakarana die Eigenschaften des
Maitreya, auf die Hubbard oder die Editoren hinweisen, und eine Passage
widerspricht ihnen ausdrücklich. Sowohl Hubbard als auch die "Herausgeber"
betonen die Prophezeiung, daß Maitreya goldenes oder rotes Haar habe, aber
in der Schrift selbst wird die Haarfarbe gar nicht erwähnt, es heißt nur,
daß Maitreyas "Haut eine goldene Tönung haben" (Conze, 1959: 239) und daß er
"die zweiunddreißig Merkmale eines Übermenschen" (Conze, 1959: 239) haben
werde. Diese Kennzeichen sollen angeblich "einen großen Menschen
charakterisieren; oder, passender, einen -Übermenschen'" (Ling, 1981: 136).
Im originalen buddhistischen Text heißt es, daß ein (von mir schon
erwähntes) Kennzeichen Haut oder Teint "wie Bronze, die Farbe von Gold"
(Lakkhana Suttanta 143, übersetzt in RhysDavids, 1921 138) sei. Die
Passage bezieht sich eindeutig nicht auf Haare, zumal ein anderes
Charakteristikum "Flaum (d. h. sehr weiches Haar) auf eines Übermenschen
Körper, (der) sich aufwärts wendet, jedes einzelne Haar davon schwarzblau
in der Farbe wie Augentusche, in kleinen lockigen Ringen, nach rechts
gelockt" (Lakkhana Suttanta 144, übersetzt in Rhys-Davids, 1921: 138
Mein Informant wies mich darauf hin, daß zwei in spiritueller Literatur sehr
belesene ältere Damen an Hubbard schrieben und ihn fragten, ob er
Ähnlichkeiten zwischen sich selbst und Maitreya Buddha sehe. Von dieser
Frage inspiriert, schrieb er die Hymne auf einem College-Block nieder.
Ursprünglich hieß es in der ersten Zeile des Gedichts "Ich bin Maitreya",
aber Hubbard machte, bevor er es an den Verleger sandte, daraus eine Frage:
"Bin ich Maitreya?" (Kent, Interview with Durston, 1992: 5 - 9). Es gibt
keinen Hinweis darauf, daß er - außer dem Brief der Bewunderinnen -
irgend- welche Nachforschungen über Buddhismus oder die Maitreya-Berichte
angestellt hätte, bevor er das Selbstverherrlichungs- Gedicht schrieb.
Selbst, Thetan und anatta Schließlich bedarf ein bezeichnender theo-
logischer Unterschied zwischen Scientology und Buddhismus eines Kommentars
- ein Unterschied, den Hubbard offensichtlich nicht bemerkt hat, als er in
der Hymn of Asia schrieb: "Was ich sage, hat zu tun mit Selbst" (Hubbard,
1974a). Dies ist eine unmißverständliche Anspielung auf den Thetan, der
in Scientology als eine unsterbliche Seele oder Geist gilt (s. Hubbard,
1975: 432
In der buddhistischen Philosophie jedoch ist die Doktrin der Nicht-Seele
(anatta, Pali; anatma Sanskrit) grundlegend, diese Doktrin setzt den
Buddhismus ab "von allen anderen Religionen und philosophischen Schulen
des alten Indien. Ohne genaues Verständnis der Bedeutung von anatta kann
man buddhistisches Denken nicht begreifen" (Ling, 1981: 17; s. Atack,
1990: 374). Der Buddha selbst hat, wie berichtet wird, einen seiner Anhänger
getadelt, weil dieser sich auf die Debatte um die Existenz einer Seele
einlassen wollte, statt dessen sollte er der emotionalen Fluktuationen
zusammen mit den Prozessen des Fühlens, Denkens und der Begriffsbildung
eingedenk bleiben. Lehren vom Vorhandensein einer Seele hülfen nicht bei
den Bemühungen, das Nirvana zu erreichen, deshalb fragte der Buddha gereizt
den Jünger: "Ich habe dir offenbart, was offenbart werden soll; soll ich dir
auch noch offenbaren, was nicht offenbart werden soll?" (Pasadika Suttanta
39 <140 - 141> in Rhys- Davids, 1921: 130). Es gilt: "Alles, was einer Lehre
von der Seele ähnelt, muß aufgegeben werden, bevor es Sicherheit geben
kann, daß Befreiung von der Materie dauerhaft sein wird" (Kent, 1982: 271)9.
Buddhismus als GPM Hubbards wahre Einstellung zum Buddhismus zeigt sich
vielleicht in einem Communications Bulletin, das er am 6. April 1963
schrieb. Es war bestimmt für höherrangige Mitglieder von Scientology, also
nicht für die Öffentlichkeit.
Darin spricht er geringschätzig über das buddhistische Heil, indem er
Nirvana gleichsetzt mit der von ihm so genannten "goals-problem-mass" (etwa:
Ziele- Problem-Masse) (
Nirvana erstickt an denen, die der Sache nicht gewachsen waren ... Nur die
Kleinmütigen liefern dem Abgrund Knochen oder dem Nirvana Apathie. Wir
sind Scientologen. Wir haben gewonnen." (Hubbard, 1963: 3) Hubbard scheint
zu meinen, daß das Streben der Buddhisten nach dem Nirvana für sie einfach
zu viel war und sie in die Leere ("den Abyss" " d.h. "Abgrund") oder in
Apathie fielen. Das Clear-Werden der Scientologen sei jedoch das größte
Ziel der Menschheit, das man durch Befolgung der Techniken der
Organisation (der "Landkarte") zusammen mit der Arbeit am E-Meter
erreichen könne. Das buddhistische Streben nach dem Nirvana war also nichts
als ein Weg zum Scheitern. Grundlose Behauptungen Aus all dem müssen wir
schließen, daß Hubbard nur ein rudimentäres - und weitgehend ungenaues -
Verständnis größerer östlicher Religionstraditionen hatte - Traditionen,
deren Ähnlichkeit mit dem von ihm konstruierten Glauben er
nichtsdestoweniger behauptete. Sein von ihm selbst verkündetes Einssein
mit dem buddhistischen Maitreya zum Beispiel scheint sein Bemühen zu zeigen,
sein Ansehen bei seinen Anhängern zu steigern wie auch den Glaubenslehren
seiner Organisation dadurch größeres Ansehen zu verleihen, daß er sie
mit einer größeren religiösen Tradition in Verbindung brachte.
Ungeachtet oberflächlicher Ähnlichkeiten zwischen Scientology und dem
Hinayana- Buddhismus, die Hubbard vielleicht veranlaßt haben,
Scheinverbindungen zwischen den beiden Glaubenssystemen herzustellen,
hat er vielleicht deswegen über östliche Glaubenslehren geschrieben,
weil er annehmen konnte, daß seine westlichen Anhänger kein ausreichendes
Wissen auf diesem Gebiet haben und folglich seine Behauptungen nicht
richtig einschätzen können.
1. Es könnte sein, daß die Christian Science (Christliche Wissenschaft)
Hubbard in geringem Maße beeinflußt hat, denn frühere Mitglieder berichten,
er habe diese Religion in mindestens einem seiner Vorträge erwähnt. Außerdem
heißt es im Church of Scientology Information Service (1974: 43), daß
"Scientology heute in vorderster Reihe der Avantgarde modernen religiösen
Denkens steht (bemerkenswerterweise einschließlich der verstorbenen Mary
Baker Eddy, die ihre -Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen
Schrift' als Christliche WISSENSCHAFT verbreitete), das Vernunft,
Beständigkeit und Erfolgsverläßlichkeit in das Reich religiöser Erfahrung
einzubringen sucht". Jedoch war der Einfluß dieser früheren Tradition auf
Hubbard wenn überhaupt, geringfügig - abgesehen von dem Glauben, daß mentale
Zustände physische Krankheiten verursachen.
2. The Phoenix Lectures wurden zwar erst 1969 veröffentlicht, Hubbard
hatte diese Vorträge aber bereits im Juli 1954 gehalten (s. Titelblatt von
Hubbard, 1969).
3. Definitionen im Dianetics und Scientology Technical
Dictionary beziehen sich auf die Quellen von Begriffen, und Erklärungen
spezifischer Tonbanddaten erschienen in Church of Scientology of
California, 1978: 287.
4. Ein gewaltsamer Vergleich des Begriffes "mind" in beiden Systemen zeigt,
daß es sich um ein dreifaches Wesen handelt - wobei Scientologys
analytischer, reaktiver und somatischer "mind" oberflächlich den drei
Qualitäten im Samkhya ähnelt, die Erkenntnis, Wahrnehmung und alle Schöpfung
ausmachen (sattva, Reinheit oder Gutsein; rajas, Leuchten oder Leidenschaft;
und tamas, Dunkelheit oder Verblendung). Der Versuch, solch eine Parallele
zwischen den beiden Begriffen von Geist zu ziehen, geht jedoch weit
darüber hinaus, was sowohl Hubbards als auch das Samkhya-System wirklich
beabsichtigen.
5. Der Wortlaut von Hubbards "Aufhebung von Freiwild" deutet darauf hin, daß
er die Fortsetzung der Feindseligkeiten gegen Feinde wünschte. Die aus
vier Sätzen bestehende Aufhebung lautet: "Die Gepflogenheit, Menschen zu
Freiwild zu erklären, hört auf. FREIWILD darf in keiner Ethik- Anordnung
erscheinen. Es verursacht schlechte Beziehungen zur Außenwelt. Dieser
P/L (Policy Letter) widerruft keine Taktik der Behandlung oder des Vorgehens
gegen eine SP (Suppressive Person - jemand, der Scientology zu schaden
sucht)" (Hubbard, 1968; s. 1975: 415). Natürlich gehen auch die Kritiker der
Organisation davon aus, daß die Vergeltungspraktiken, die in der
ursprünglichen Direktive empfohlen wurden, weiterhin gelten (s. Atack,
1990: 331, 341- 342. 356-357).
6. In der Einleitung zu The Hymn of Asia (1974a: ohne Seitenzählung) wird
gesagt: "Diese bewegende Hymne wurde für eine buddhistische Versammlung
etwa 1955 oder 1956 geschrieben, also zur Zeit der Feiern der buddhistischen
Welt zum 2500sten Jahr der buddhistischen Ära". Am 24. Mai 1956 feierten
Buddhisten den 2500sten Jahrestag des Todes von Gautama Buddha (The Times,
London, 1956), der seine Erlösung vom Rad des Leidens und der Wiedergeburt
bezeichnet. Am 6. November desselben Jahres veranstalteten internationale
Forscher eine Konferenz und Kunstausstellung in Delhi (The Times -London'
1956). Wahrscheinlich schrieb Hubbard The Hymn of Asia in diesem bedeutsamen
Jahr.
7. Das Original enthält sehr kurze Verszeilen, in diesem und in anderen
Zitaten habe ich sie zu Prosa zusammengefaßt und die notwendigen Satzzeichen
in Klammern hinzugefügt. Hubbards willkürliche Großschreibung, die einem
vorkommt wie in der Lotterie gezogen, habe ich nicht verändert.
8. Ich bin zwar nicht in der Lage, dieses Jahr in sein westliches Gegenstück
zu übersetzen, aber Hubbard scheint den Monat falsch anzugeben. Vaishakha
ist der Name eines Monats nach dem asiatischen Mondjahr, der mit April und
Mai zusammenfällt. Magha ist der lunare Monat, der mit Januar und
Februar zusammenfällt (Basham, 1954: 492).
9. Einer von Scientologys Unterstützern zeigt ein dramatisches
Mißverständnis für Buddhismus, wenn er schreibt: "Buddhistisches Denken, das
von Millionen im Westen akzeptiert wird, gipfelt in der Aussage "Der Thetan
ist die Person. Du bist in einem Körper" (Oosthuizen, 1976: 4).
Dr. Stephen A. Kent, 45, ist außerordentlicher
Professor an der soziologischen Fakultät der University of Alberta,
Kanada. Derzeit arbeitet er hauptsächlich über nicht-traditionelle
und alternative Religionen. Zuschriften an: Department of Sociology,
University of Alberta, Edmonton, Alberta, Canada T6C 2H4. Ein Wissenschaftler akzeptiert Buddhismus-Analogie
Moral und Askese in Buddhismus und in Scientology
"Was ich sage, hat zu tun mit Selbst".
Entsprechend dem Anfangskommentar der "Herausgeber" stellt er die
rhetorische Frage "Habe ich goldenes Haar?" und lenkt damit die
Aufmerksamkeit darauf, daß seine Haare rot waren. Im Rückgriff auf
scientologische Standardthemen gemäß den Kommentaren der "Herausgeber"
verkündet er: "Wir können den Verbrecher gesetzmäßig machen (.) Wir können
den Irren vernünftig machen (.) Wir können selbst frei sein". Er spricht
aus, daß "wir" "die Neuen Menschen (,) die neuen spirituellen Führer der
Erde" seien und "Orte zum Gebrauch der Menschen, Nur fordernd, Daß sie
sich Vor Buddha beugen", bauen sollten. Schließlich behauptet er, daß er
erscheinen mußte in der "westlichen Welt
... Wegen der Unordnung im Osten seit Vaishakha 2453 (buddhistisches
Datum entsprechend Februar 1910)". Wenn es noch Zweifel daran gibt, daß
Hubbard sich selbst zum Maitreya erklärt, zerstreut er sie mit der
Feststellung: "Sogar eure eigenen Jahrhunderte Alten Prophezeiungen
Sagten, ich würde In der Westlichen Welt erscheinen. Ich erschien"
(Hubbard, 1974a: -keine Seitenzählung', Großbuchstaben entsprechend dem
Original)8. Glücklicherweise liegt des Buddhas angebliche Äußerung über
Maitreya in englischer Übersetzung vor, lag auch schon vor, als Hubbard
seine Identität mit der buddhistischen religiösen Legende andeutete. Fast
keine der Eigenschaften, die er (oder seine "Herausgeber") der Gestalt
zuschreiben, trifft zu.