Leserbriefe an BERLINER DIALOG

LESERBRIEFE Leserbriefe an BERLINER DIALOG, Heimat 27, 14165 Berlin, Fax: 030 / 815 47 96, Email: BerlinerDialog/compuserve.com Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

Randerscheinung "Satanismus" - Überbewertete Randerscheinung?, BERLINER DIALOG 3/96

Sie nehmen Bezug auf eine Meldung der KNA vom 16.10.1995. Die Unrichtigkeit dieser Meldung, die mir im Wortlaut nicht vorliegt, möchte ich hiermit richtigstellen: Es trifft nicht zu, daß ich auf einer Tagung in Berlin gesagt habe, daß es in Deutschland nicht mehr als 50 organisierte Satanisten gebe. Vielmehr unterschied ich bei dieser Tagung zwischen okkulten Neosatanisten, Satanskirchen (sexualmagische Gruppen), synkretistischem Jugendsatanismus und Künstlersatanismus. Für die zweite Gruppe, die Satanskirchen, sprach ich davon, "daß ihre Mitgliederzahl einen Personenkreis von 100 Personen in Deutschland wohl nicht wesentlich übersteigt." Für den Jugendsatanismus sprach ich allerdings "von einigen tausend bis zu zehntausend Jugendlichen". Die im BERLINER DIALOG in einer anderen Meldung angeführten Straftaten auf Friedhöfen in den neuen Bundesländern gehen nicht auf das Konto der in Satanskirchen organisierten Satanisten, sondern werden meist von Jugendlichen verübt. Aber auch hier sollte man auf dem Boden der Tatsachen bleiben: Nicht jede Grab- oder Kirchenschändung ist die Tat von jugendlichen "Satanisten". Ich darf aus einem Dossier des Landeskriminalamtes Sachsen vom 15.05.1995 zitieren: "Die Anzahl der in den Jahren 1993, 1994, 1995 in den Regierungsbezirken Chemnitz, Leipzig und Dresden registrierten Straftaten der Störung der Totenruhe und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung verdeutlicht, daß es sich bei dieser Kriminalität um kein Phänomen handelt, das dringender Maßnahmen zu dessen Bekämpfung bedarf und das, gemessen am Gesamtkriminalitätsaufkommen eine Randerscheinung ist." (Zit. Aus: Lagebild, Landeskriminalamt Sachsen bis zum 15.05.1995.) Eckhard Türk, Dipl.-Theol.; Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen in der Diözese Mainz

Weihnachten als Menschheitsfest "Die Quadratur des Adventskranzes" im "Berliner Dialog" 4/96

...In meinem Buch "Das Elend des Christentums" betone ich in der Tat den "qualitativen Unterschied zwischen Neuheidentum und nachreligiösem Atheismus" (172). Während Neuheidentum allein auf die Wintersonnenwende abhebt und die "inhaltliche Anreicherung des Festes durch das Christentum" ignoriert (174), gibt der von mir entwickelte postchristliche Humanismus dem Weihnachtsfest einen ökologischen und einen politischen Sinn (Frieden auf Erden zwischen Mensch und Natur und zwischen den Menschen als Resultat koordinierten Handelns, nicht als göttliche Gnadengabe). In dem erwähnten Kapitel meines Buches unter der Überschrift "Produktiver Umgang mit Religion als kulturellem Erbe" verweise ich weiter auf mein Buch "Das andere Weihnachtsbuch" (gemeinsam mit Peter Schütt, Dortmund, 3. Auflage, 1986), das seinerseits auf zwei Weihnachtsessays von mir in der Zeitschrift "Demokratische Erziehung" (Köln, 1979 und 1980) zurückgeht. Dort wird all das ausführlich und mit Belegen und Quellen dargestellt, was zugegebenermaßen in dem "diesseits"-Artikel aus Platzgründen arg verkürzt erschien. Ich bin historisch zu jeder Korrektur bereit, hänge überhaupt nicht dogmatisch an der These, das deutsche Wort Weihnachten habe einen vorchristlichen Ursprung. Wenn es so ist, wie Sie darlegen, dann ergibt sich im Deutschen die gleiche Lage wie im Englischen, wo die Bezeichnung des mittwinterlichen Festes bereits christlich geprägt ist (Christmas). Davon unberührt ist das kultur- und religionsphilosophische Projekt, Weihnachten als Menschheitsfest auch Nichtchristen zu erschließen. Während Sie Weihnachten exklusiv für das Christentum vereinnahmen wollen, will ich niemanden ausgrenzen, sondern Weihnachten in einer postchristlichen Entwicklungsstufe zu einem humanistisch-ökumenischen Fest des Friedens und der Versöhnung ausgestalten. Ich spreche keinem Christen das Recht auf sein christliches Weihnachtsverständnis ab, gestatte mir aber, es als historisch und inhaltlich begrenzt zu betrachten (...) Mit freundlichem Gruß Dr. Dr. Joachim Kahl, 35037 Marburg/L.

Leser berichten neues von Jehovas Zeugen

Auf Grund verschiedener Hinweise aus dem Leserkreis können wir unsere Informationen über die Praktiken der Wachtturmgesellschaft (vgl. BERLINER DIALOG 3/96) folgendermaßen präzisieren und aktualisieren:

Haus-zu-Haus-Notizen

Über die Hausbesuche wird genau Buch geführt. Dazu legen die für uns zuständigen Wachtturm-Verteiler die Haus-zu-Haus-Notizen an. Diese "Haus-zu-Haus-Notizen mit sachdienlichen Informationen über die Person, der Zeugnis gegeben wurde" (Unser Königreichsdienst 8/91) werden auf verschiedene Art ausgewertet. Es wird anscheinend kein regelrechtes Doppel der Notizen angelegt, sondern Vermerke werden zum Gebrauch anderer Wachtturm-Vertreter in die "Gebietskartenhülle" gesteckt. Zum Beispiel soll bei Wohnungsinhabern, die nachdrücklich darauf bestehen, nicht wieder besucht zu werden, "eine datierte Notiz in die Gebietskartenhülle gesteckt werden, so daß Verkünder, die das Gebiet später bearbeiten werden, an jener Tür nicht vorsprechen" (Unser Königreichsdienst 1/94). Weiter heißt es dort: Die Gebietsaufzeichnungen sollten einmal im Jahr durchgegangen und eine Liste der Adressen angelegt werden, bei denen wir nicht vorsprechen sollen. Unter der Leitung des Dienstaufsehers können einige taktvolle, erfahrene Verkündiger beauftragt werden, diese Adressen aufzusuchen. Sie können erklären, daß sie vorsprechen, um zu fragen, ob derselbe Wohnungsinhaber noch dort wohnt. Die Verkündiger sollten mit dem Stoff im Unterredungs-Buch, Seite 15 bis 24 unter der Überschrift "Auf Äußerungen eingehen, durch die ein Gespräch abgebrochen werden soll" gut vertraut sein. Wenn der Betreffende vernünftig reagiert, kann künftig auf die übliche Weise vorgesprochen werden. Ist der Wohnungsinhaber weiterhin gegnerisch, sollten bis zum folgenden Jahr keine Besuche gemacht werden. Die örtliche Ältestenschaft kann entscheiden, ob es die Umstände in einem speziellen Fall ratsam erscheinen lassen, die Dinge anders zu handhaben.

Kosten

Ohne Kosten für den Empfänger werden seit September 1991 in Deutschland die Schriften vom Wachtturm-Vertreter abgegeben. Wie aber werden die Schriften finanziert? Wir hatten beiläufig erwähnt, daß "die Verteiler übrigens selbst bezahlen müssen". Zwar liegt dem ein Formular vom Mai 1992 "Bestellung von Literatur zum Kostensatz für Pioniere" vor, die allgemeine Praxis in den deutschsprachigen Ländern wird aber wohl beschrieben in der Schweizer Ausgabe des Königreichsdienstes 11/96, wo es heißt: "Die Kosten der Veröffentlichungen, die wir im Predigtdienst abgeben, werden zum Teil duch Spenden gedeckt, welche wir selbst oder die Empfänger der Literatur zugunsten des weltweiten Werkes der Gesellschaft geben und die im Königreichssaal eingeworfen werden. Was jedoch Publikationen betrifft, die wir für unseren persönlichen Gebrauch beziehen, z. B. Liederbücher, Jahrbücher, De-Luxe Bibeln usw. so können wir nicht erwarten, dass Aussenstehende dafür aufkommen. Es sind Jehovas hingegebene Diener, die in erster Linie diese finanzielle Unterstützung leisten. Mit diesem Gedanken im Sinn schätzen viele Verkündiger ab, wieviel diese Artikel im Handel kosten würden, und steuern dann einen angemessenen Beitrag bei." (Es folgen Preisbeispiele).

Ein herzlicher Dank für die Hinweise geht an unsere aufmerksamen Leser, für die wir uns auch weiterhin um aktuelle Informationen bemühen. T.G.