Russische Betroffeneninitiativen beklagen den Tod von
* 16. 2. 1955 VITALY SAVITSKY + 9. 112. 1995

Tragischer Tod bei Straßenunfall: Vitaly Savitsky - Mitglied der Staatsduma und Führer der Christlich-Demokratischen Union - Christen Rußlands (CDU-CR)

Nachruf von Prof. Dvorkin, Moskau

Am Sonnabend, 9. Dezember 1995, hielt sich der Duma-Abgeordnete Savitsky, Vorsitzender des Duma- Ausschusses für Religiöse Angelegenheiten, für ein Seminar der dortigen Elterninitiative in St. Petersburg auf. Bei einer Fahrt vom Rundfunkstudio zu seinem Hotel wurde Savitsky bei einem mysteriösen Verkehrsunfall tödlich verletzt. Fremdverschulden ist nicht auszuschließen. Er wäre nicht das einzige Opfer politischer Gegner in diesem Duma-Wahlkampf. Seine Parlamentsmitarbeiterin mußte ins Krankenhaus.

Die Meldung des kirchlichen Nachrichtendienstes "Metaphrasis" (Nr. 19, 17-23.12.) hat folgenden Wortlaut:

"Am 9. Dezember kam bei einem Autounfall in St. Petersburg das Parlamentsmitglied Vitaly Savitsky ums Leben, der Vor sitzender des Ausschusses für Religiöse Organisationen und Führer der CDU-CR war. Er war auch Präsident der CDU der Länder Osteuropas. Metaphrasis erfuhr von Hauptmann Vyachesla Zakha-renkov, dem Leiter der Verkehrspolizei (GAI) von St. Petersburg und Umgebung, daß nach dem Unfallbericht ein grober Verstoß gegen die Verkehrsregeln durch den Fahrer des Dienstwolga vorliegt, in dem sich Savitsky als Passagier befand. Der Wolga-Fahrer S. Atkin verletzte mehrere Verkehrsregeln, als er eine nicht erlaubte Linkskehre machte und mit einem schnellfahrenden Mercedes zusammenstieß. Der Aufprall traf die rechte Seite, wo Savitsky auf dem Vordersitz saß. Er starb auf der Stelle, ohne noch einmal das Bewußtsein zu erlangen. Der Fahrer und die Dumassistentin Yelena Morozova wurden schwerverletzt in das Krankenhaus eingeliefert.

Der Vorsitzende des St. Petersburger Parteirates der CDU-CR, Igor Potapov, sagte am 10. Dezember zu Metaphrasis: 'Wir wollen keine politischen Spekulationen über den Tod von Vitaly Savitsky anstellen. ' Jedoch kursierte am nächsten Tag bei den Medien eine Stellungnahme des Parteirates mit der Aussage, der Zusammenstoß sei kein tragischer Unfall, sondern politischer Mord. Die Stellungnahme besagt, V. Savitsky 'stand jemandem im Weg in der gegenwärtigen Wahlkampagne und als Kämpfer gegen totalitäre Sekten' ... In einer Stellungnahme der Auslandsabteilung der CDU-CR heißt es: 'Vitaly Savitsky hatte Freunde unter vielen Geistlichen - Orthodoxe, Protestanten oder Katholiken ... Er war der erste Christdemokrat in Rußland und wir werden seiner Politik und seinen Ideen folgen.'"

Bürgerrechtskämpfer gegen totalitäre Kulte - Nachruf von Prof. Dvorkin, Moskau

Vitaly Savitsky wurde am 16. Februar 1955 geboren. Von Beruf war er Entwicklungsingenieur. Er arbeitete am wissenschaftlichen Forschungsinstitut in Leningrad und wurde im Tschernobyl-Jahr 1986 entlassen wegen seines Protestes gegen den unsicheren Zustand auch des Leningrader Kernkraftwerkes. Danach wurde er mehr und mehr in Politik verwickelt. Er war sehr aktiv in der Bewegung für die Rückbenennung von Leningrad zu St. Petersburg, den ursprünglichen Namen. Er war einer der Organisatoren der christlich- demokratischen Bewegung in Rußland und Generalsekretär der CDU von Osteuropa.

1993 wurde er in die Staatsduma. das russische Parlament, gewählt als Mitglied des demokratischen Blocks "Rußlands Wahl", in der Duma war er Vorsitzender des Ausschusses für die Verbindungen zu den religiösen Organisationen. Während seiner Zeit im Parlament haben sich seine Ansichten über "Religionsfreiheit" verändert. Er begann als Anhänger von Gleb Jakunin, der anscheinend glaubt, daß alle religiösen Organisationen die selben Rechte haben müssen und daß es so etwas wie destruktive Kulte und "Mind control" gar nicht gibt.

Aber die von AUM Shinri-Kyo verursachte Tragödie in der Tokioter U-Bahn scheint seine Meinung geändert zu haben. Er begann, offen über die Gefahr der destruktiven Kulte zu sprechen und fing sogar an, seine eigenen Zusätze und Ergänzungen zum Religionsgesetz zu verändern. Im September fuhr er nach Minusinsk in Südsibirien um die Aktivitäten des destruktiven Kults "Gemeinschaft des Einen Glaubens" zu untersuchen, der von Vissarion, der sich als neue Inkarnation Christi ausgibt, geführt wird. Savitsky zeigte sich schockiert durch seine Erkenntnisse und sprach offen darüber bei mehreren Pressekonferenzen in Moskau und St. Petersburg. Er warnte vor einem möglichen Massenselbstmord der Vissarioniten. Danach wurde er scharf von Gleb Jakunin und einigen extrem-liberalen Journalisten attackiert. Jakunin verklagte Savitsky sogar.

Im Dezember wollte Vitaly Savitsky zusammen mit der Initiative von Eltern von Kultopfern eine Konferenz in St. Petersburg über neue religiöse Bewegungen durchführen. Er plante, bei dieser Konferenz eine Ausarbeitung zu präsentieren, die neue sensationelle Tatsachen über AUM Shinri-kyo und die Vissarioniten sowie über die Verbindung von Behörden mit den destruktiven Kulten vorlegen.

Drei Tage vor Beginn der Konferenz, am 9. Dezember 1995, wurde Vitaly Savitzsky bei einem Autounfall getötet. Die Umstände seines Todes sind merkwürdig. Nachdem er ein Interview bei einer Rundfunkstation gegeben hatte, rief Savitsky ein Fahrzeug aus dem offiziellen Fahrzeugpool der Stadt, der ihm als Abgeordneten zur Verfügung steht. Der Fahrer, ein Angestellter der Stadt mit zwanzig Jahren Fahr-Erfahrung. wendete plötzlich an einer Stelle, an der er nicht wenden durfte, im übrigen in eine Richtung, die vom Wege völlig abwich.

Der Fahrer und die Parlamentsmitarbeiterin Savitskys wurden in zwei unterschiedliche Krankenhäuser eingeliefert. Nach vier Tagen starb der Fahrer. dessen Zustand als stabil angegeben worden war, überraschenderweise. Der Mercedes gehörte einer Escort-Firma, die für ihre zweifelhaften Kontakte bekannt ist. Er wurde gefahren von einem Alexander Tkachenko, einem der "Paten" der Mafia von Perm. Er hat bereits 5 Verurteilungen wegen krimineller Vergehen.

Vitaly Savitsky hinterläßt seine Frau und zwei Söhne, 8 und 14 Jahre alt. Der jüngere Sohn ist behindert. Er wurde mit Zerebral-Lähmung geboren nach der Zeit, in der Savitsky beim Kraftwerk Tschernobyl eingesetzt gewesen war. Zurück zum Inhaltsverzeichnis