Die christlichen Kirchen im GUS-Gebiet brauchen internationale, wirklich ökumenische Hilfe bei der Auseinandersetzung mit diesem Angriff.
Die durch 70 Jahre kirchenfeindliche, atheistische Diktatur geschwächte Kirche erhielt Sakralgebäude jetzt vom Staat mit einem Mal "zurückgegeben", was die Kirche nun vor immense Renovierungsprobleme stellt. Dagegen steht sie weithin noch ohne Ausbildungsstätten, Schulen und Schulwesen, ohne Diakonie und diakonische Einrichtungen, ja selbst ohne Gemeinderäume für Jugendarbeit und Gemeindeleben da.
Teilweise wird der Kirche sogar der Zutritt zu Schulen und öffentlichen Einrichtungen verwehrt mit dem Verweis auf die Trennung von Staat und Kirche, während sich Mun-Bewegung, Scientology und andere als wissenschaftliche oder pädagogische Kurse oder als Sprachunterricht ungebremst in die Schulen und die Ausbildungsinstitutionen einbringen können.
Totalitäre Gruppen, die rücksichtslos ihre Durchsetzung und Machtergreifung betreiben, sind im Vorteil gegenüber einer Gesellschaft, die ihre Spielregeln erst erarbeitet und gegenüber einer Kirche, die nicht nur die "Vergangenheit aufarbeiten" muß, sondern auch die Entwicklung zu einer modernen Volkskirche mit all ihren Möglichkeiten und Pflichten nachzuholen hat.
"Ich glaube, wir spüren die Herausforderung. Während des Falls des Römischen Reiches erbten die Christen Regierungsposten aller Art; wegen ihres Charakters, ihrer Moral, ihrer Vertrauenswürdigkeit in Geld- und Verwaltungspositionen. Ich fühle klar, daß, wenn unsere Mitglieder Professionalität entwickeln können, zusätzlich zu ihrer moralischen Integrität, die sie erreicht haben indem sie Rev. Mun folgten, dann sind die Möglichkeiten in Osteuropa wirklich unbegrenzt. Irgend jemand wird die Posten des zusammenbrechenden kommunistischen Reiches erben. Und Führer sind hier ja Mangelware. Wir müssen uns darauf orientieren für die 90er Jahre."1)
Inzwischen gibt es Werbeerfolge in den ehemaligen Ostblockstaaten, auch wenn die erwarteten welthistorischen Veränderungen und die "Wiederherstellung des Himmlischen Königreichs auf Erden" mit Mun als Weltführer wieder einmal ausblieben, wie schon 1967 ("Sieben-Jahrs- Periode"), aber auch 1981 ("Drei-Sieben- Jahres-Perioden"). Der Traum wird aber weiter geträumt - die Söhne von Deng, Hsiao-Ping (China) und Kim, Il-Sung (Nordkorea) würden Mun bereits lieben. 2)
Auch verfolgt Mun weiter den Gedanken, in einem kleinen Land könnte "Unificationismus" als Staatsreligion eingeführt werden. Allen Ernstes und nicht völlig aus der Luft gegriffen behauptete er schon vor geraumer Zeit: "Rußland ist ein Land, das dies ernsthaft überlegt." 3)
Nach Mitteilung von Prof. Fedorov, Leiter des "Christlichen Interdisziplinären Zentrums zum Studium neuer religiöser Bewegungen" in St. Petersburg 4) hat die Mun-Bewegung im nordkaukasischen Kalmückia schon Regierungspositionen erreicht. Aber noch schwerwiegender: Die Mun-Bewegung ist dort offiziell verantwortlich für den Religionsunterricht an den Schulen!
In 100.000 Exemplaren hat die Mun- Bewegung dort bereits ein Religionslehrbuch veröffentlicht, das als offizielles Lehrbuch an den Schulen benutzt wird, und das bald in Gesamtrußland verbreitet werden soll.
Dies unterstreicht die Notwendigkeit, für die Informations- und Beratungsarbeit der Kirchen im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, auch für ihren kirchlichen Unterricht, internationale, wirklich ökumenische Hilfe zu organisieren. Diese Zeitschrift will ein Teil dieser Hilfe sein.
1) Gordon L. Anderson: Teaching Unificationism in Poland, in: Unification News 1/1990, S. 6, Übersetzung Thomas Gandow
2) Han, Sang-Kil:"Col. Han betet", in: Mun, San Myung: Proklamation of the Messiah -I-, New York 1993, S. 64
3) Mun, San Myung: Proklamation of the Messias -I-, New York 1993, S. 57
4) Prof. Feodorov in einem Beitrag von Doris Liebermann für den Kirchenfunk der offiziellen Berliner Radiostation "Sender Freies Berlin", vom 4. Oktober 1994