Sekten-Checklisten
Autor: Religio
Stand: 2008
Inhalt
EBI-Checkliste für Einsteiger
Stell Dir vor ...
du willst per Anhalter nach München fahren. Überraschend halten nette,
fremde Leute an und bieten Dir eine Mitfahrgelegenheit. Das Auto, eine Dir
völlig unbekannte neue Marke, sieht stark aus. Die schon drinsitzen, freuen
sich riesig, daß Du auch noch einsteigst.
Die Fahrt geht los, und bald schon merkst Du, daß der Fahrer einen rasanten
Stil fährt. Ampeln und Verkehrszeichen existieren für ihn nicht. Bremsen
scheint das Auto auch nicht zu haben.
Du siehst nicht, wohin der Fahrer steuert, und fragen kannst Du ihn nicht
selbst, weil da eine Trennscheibe ist. Wenn Du jetzt dahinterkommst, daß der
Fahrer seinen Führerschein selbst gedruckt hat, möchtest Du nur noch raus
aus diesem Horrorauto. Aber Du kannst nicht an die Tür heran, denn die
bewacht ein besonders energischer Mitfahrer, un der läßt Dich nicht an den
Türgriff.
Mit viel Glück schaffst Du es, bei einem kurzen Stop dennoch auszusteigen.
Du bist in Buxtehude, nicht in München, aber halbwegs unversehrt. Und Du
schörst Dir, in Zukunft genau zu prüfen, wo Du einsteigst.
Ein löblicher Vorsatz.
Erst recht, wenn Du mit Körper, Geist und Seele irgendwo "einsteigen"
willst!
Warum eine Checkliste?
Religiöse Gruppierungen und Sekten: Ständig tauchen neue auf,
täglich drückt uns irgendwer irgendein "ungeheuer wichtiges"
Flugblatt in die Hand. Nicht alles, was da sammelt, und informiert, wirbt
und missioniert, ist gleich gut. Nicht alles muß schlecht sein.
Dennoch: Manche Gruppen können eine Gefahr für die geistige, seelische und
körperliche Gesundheit der Mitglieder sein.
Deshalb: Wer sich aus Neugierde oder nur mal so zum Spaß da
hineinbegibt, der geht ein großes Risiko ein. Es gibt Situationen, da
ist jeder anfällig.
Wir haben deshalb diese Checkliste für religiöse /
weltanschauliche / ideologische Gruppen zusammengestellt. Sie kann dir
helfen, eine erste Beurteilung vorzunehmen oder vielleicht einen Freund oder
Angehörigen vor der "echt guten Gruppen, die ich jetzt zu meinem
Glück kennengelernt habe!" zu bewahren.
Wir empfehlen: heute schon gründlich lesen - durcharbeiten bevor du
irgendwo "einsteigst" - aufbewahren!
Wer sind wir?
Die Eltern- und Betroffeneninitiative gegen psychische
Abhängigkeit - für geistige Freiheit Berlin e. V.
Heimat 27
14165 Berlin
Fon: 030-8183211
eMail:gandow@dialogzentrum.de
Wir bieten Informationen und Argumente - entscheiden mußt Du Dich selbst.
EBI-Checkliste für Einsteiger
Streiche einfach die Behauptungen durch, die auf "Deine" neue Gruppe
nicht zutreffen. -
Wenn Du nicht wirklich alle Behauptungen streichen kannst, ist
schon VORSICHT geboten !
- Schon der erste Kontakt mit der Gruppe eröffnete eine
völlig neue Weltsicht ("Schlüsselerlebnis")
- Das Weltbild der Gruppe ist verblüffend einfach und
erklärt wirklich jedes Problem.
- Bei der Gruppe findest Du alles, was Du bisher vergeblich gesucht
hast.
- Die Gruppe hat einen Meister / Führer / Vater / Guru /
Vordenker, der allein im Besitz der ganzen Wahrheit ist und oft wie
ein Gott verehrt wird.
- Die Welt treibt auf eine Katastrophe zu, nur die Gruppe weiß,
wie man die Welt noch retten kann.
- Die Gruppe ist die Elite, die übrige Menschheit ist krank /
verloren - wenn sie nicht mitmacht / sich retten läßt.
- Die Gruppe lehnt die etablierte Wissenschaft ab. Die Lehre der
Gruppe wird als einzig "echte Wissenschaft" verstanden.
- Die Gruppe lehnt das "rationale Denken", den "Mind", den "Verstand"
oder die "Verkopfung" als negativ / satanisch / unerleuchtet ab.
- Kritik und Ablehnung durch "Außenstehende" ist gerade der
Beweis, daß die Gruppe recht hat.
- Die Gruppe bezeichnet sich als die "wahre" Familie oder
Gemeinschaft.
- Die Gruppe will, daß Du alle "alten" Beziehungen (Familie,
Wohngemeinschaft, Freundschaften) abbrichst, weil sie deine
"Entwicklung" behindern.
- Die Gruppe grenzt sich von der übrigen Welt ab, z.B. durch
- Kleidung
- Ernährungsvorschriften
- eine eigene "Gruppensprache"
- Reglementierung von zwischenmenschlichen Beziehungen
- Die Gruppe verlangt strikte Befolgung der Regeln oder "absolute
Disziplin", "denn dies ist der einzige Weg zur Rettung!"
- Die Gruppe schreibt dein Sexualverhalten vor, z.B.:
- Partnerzusammenführung durch die Leitung oder
- Gruppensexualität oder
- totale Enthaltsamkeit für einfache Mitglieder
- Du bist keine Minute des Tages mehr allein - jemand aus der Gruppe
ist immer bei dir.
- Die Gruppe füllt die gesamte Zeit mit Aufgaben, z.B.:
- Verkauf von Büchern und Zeitungen
- Werben neuer Mitglieder
- Absolvieren von Kursen
- Meditationen.
- Zweifelst du / stellt sich der versprochene Erfolg nicht ein oder
wirst du nicht "geheilt", bist du selber schuld, weil du dich
nicht genug eingesetzt / weil du nicht genug glaubst.
- Mitglied der Gruppe sollst du möglichst sofort / heute werden.
- Es gibt kaum eine Möglichkeit, sich in Ruhe ein Bild von der
Gruppe zu machen: Du sollst nicht erst einmal nachdenken /
reflektieren / prüfen, sondern erleben: "das kann man
nämlich nicht erklären, komm doch gleich in unser
Zentrum und mach erst mal mit!"
10 Ratschläge für Betroffene
Zum ganz praktischen Verhalten können hier nur kurze erste
Ratschläge gegeben werden. Weitere Informationen erhalten Sie über
die kirchlichen, staatlichen
Beratungsstellen,
sowie die Eltern- und Betroffeneninitiativen. Schnelle Hilfe kann viel
bewirken, aber Ueberstürzung, Hektik und Verzweifelung sind keine guten
Ratgeber.
1. Informieren Sie sich gründlich!
Bei Jugendreligionen,
Gurubewegungen, Sekten usw. ist es für die Angehörigen am
wichtigsten, sich schnell und umfassend über die jeweilige Gruppe zu
informieren.
2. Halten Sie die Entwicklung schriftlich fest!
Es ist sinnvoll,
sich eine Art Tagebuch anzulegen, in dem man Informationen,
Zeitungsausschnitte etc. sammeln und Gesprächsnotizen, Abmachungen etc.
festhalten kann. Schreiben Sie alle Namen, Anschriften, Telefonnummern etc.,
die in Verbindung mit dem Engagement ihres Angehörigen in der
jeweiligen Gruppe stehen, auf. Mit so einer "Erinnerungsstütze" ist
dann auch das Gespräch mit einer Beratungsstelle sinnvoller und
effektiver möglich.
3. Nehmen Sie sofort Kontakt zu einer Beratungsstelle auf.
In der
Anfangsphase kann eine schnelle und gezielte Information durch Fachleute
noch viel bewegen! Oft erfährt man erst relativ spät von einer
Anwerbung, weil sie auf einer Auslandsreise in den USA oder in England
stattgefunden hat. Ueber die Beratungsstellen sind auch Adressen von
Beratungsstellen im Ausland zu erfragen.
4. Lassen Sie sich nicht "erpressen"!
Es hilft nicht,
Wohlverhalten oder positives Interesse vorzutäuschen. Lassen Sie sich
deshalb nicht darauf ein, sich selbst in die "Familie" einbeziehen zu
lassen. Deshalb Vorsicht bei Einladungen zu "Elternveranstaltungen". Lassen
Sie sich dabei nicht auf Wohlverhaltensbekundungen festlegen und lassen Sie
sich nicht für Positiv-Gutachten für die Gruppe einspannen.
Anschliessende Ablehnung wird als besonders bösartig gewertet.
5. Zahlen Sie niemals Geld!
Geben Sie keine Bürgschaften
u.ä., zahlen Sie keine Aussteuer, die doch nur im unersättlichen
Magen der Gruppe landet, und instruieren Sie Verwandtschaft und
Freundeskreis entsprechend. Unter Umständen ist es auch erforderlich,
sich über vermögensrechtliche und erbrechtliche Konsequenzen zu
informieren, da die Gruppen oft erhebliche Summen von ihren Mitgliedern
fordern. Schenken Sie stattdessen Dinge von hohem persönlichen Wert:
Zum Beispiel einen selbstgestrickten Schal, ein Fotoalbum, einen
Geburtstagskalender ihrer Familie, einen Kaffeebecher mit eingelassenem
Namen des Angehörigen usw.
6. Geben Sie möglichst keine Originaldokumente fort!
(Zeugnisse, Urkunden usw.) Pfarrämter und die gesetzlichen
Krankenkassen sind gern bereit, Kopien vom Original zu beglaubigen.
7. Halten Sie auf Ihre Art Kontakt!
Familienmitglieder müssen
sich klarmachen, dass ihre Ratschläge und Sorgen für den
Angehörigen nicht erwünscht sind. Dennoch ist zu raten: Lassen Sie
sich nicht unsicher machen. Halten Sie die Verbindung zu Ihrem
Angehörigen aufrecht. (Regelmässige Anrufe,
Geburtstagsgratulationen, Briefe). Reden Sie bei Treffen und Kontakten
über alles Andere und Schöne - nicht dauernd über das Leben
und die Pläne in der Gruppe. Sprechen Sie über gemeinsame Hobbies,
positive Kindheitserinnerungen, Familienangelegenheiten, gute Musik usw....
8. Vorsicht vor falschen Freunden und "professionellen Helfern",
die versprechen, gegen Geld und mit teilweise illegalen Methoden ihren
Angehörigen zurückzubringen. Die deutschen Elterninitiativen haben
schon vor Jahren vor dem sogenannten Deprogramming gewarnt.
9. Denken Sie immer daran, dass andere Familien die gleichen Probleme
haben,
ganz unabhängig von sozialem, kulturellem und
religiösem Hintergrund. Schliessen Sie sich einer Elterninitiativgruppe
an. Die Beratungsstellen vermitteln Ihnen den Kontakt zu solchen
Elterninitiativen, über die man gleichfalls Betroffene, aber vielleicht
auch ehemalige Mitglieder kennenlernen kann, die es wieder geschafft haben,
sich von Jugendreligionen und Gurubewegungen zu lösen.
10. Nehmen Sie eine deutliche und feste Position ein!
Machen Sie
Ihre grundsätzliche Ablehnung der Jugendreligion und ihrer Ideologie
deutlich. Verbitten Sie sich Werbevorträge. Machen Sie Ihre
grundsätzliche Zuneigung zu Ihrem Familienmitglied deutlich; sagen Sie
ihm, dass Ihre Liebe unabhängig ist von Meinungsverschiedenheiten.