Häresie

Das Wort kommt aus dem Griechischen "hairesis" und bedeutet ursprünglich "Das Nehmen" "Die Wahl", in kirchengeschichtlichem Kontext bedeutet es "Selbsterwählte Anschauung". In der frühen Kirchengeschichte wurden "Abweichler" vom frühkatholischen Glaubensbekenntnis als "Häretiker" bezeichnet. Der Begriff wurde wahrscheinlich zum ersten Mal vom Kirchenvater Ignatius von Antiochia (um 110 nach Christus) gebraucht. Von der Häresie ist das sogenannte "Schisma" (griech.: Trennung) zu unterscheiden, welches die Trennung vom rechtmässigen Bischof aus Gründen der kirchlichen Verfassung und Zucht bezeichnet.

In der späteren Kirchen- und Dogmengeschichte bezeichnete man alle Lehren, die von der offiziellen katholischen Kirchenmeinung abwichen, als "Häresie". Bei der Beurteilung ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Prozess der historischen Konsolidierung der christlichen Kirche immer die Fragen im Zentrum standen: "Was ist christlich? Und was ist nicht mehr christlich?" So ist denn die Kirchen- und Dogmengeschichte eine Geschichte der Auseinandersetzung der unterschiedlichen und widersprüchlichen Lehrmeinungen bis auf den heutigen Tag gewesen. Dabei wurde ein Art "gemeinsamer Nenner" (opinio communis) vor allen auf den grossen Synoden des 4. und 5. Jahrhunderts herausgearbeitet, die letztendlich die Grundlage für den historischen Erhalt der Kirche über die Jahrtausende sorgte. Die Auseinandersetzung der Kirche mit Häresien führte zur Findung des eigenen theologischen und gesellschaftlichen Standpunktes. Der Kirchenhistoriker Karl Heussi hat in seinen Vorlesungen immer wieder auf die Bedeutung der Häresien für den Konsolidierungsprozess der christlichen Kirche hingewiesen, denn gerade die "Ketzer" haben immer auf die Defizite im Leben und in der Lehre der Kirche besonders hingewiesen. Dass sie dabei über das Ziel hinaus schossen, dass sie sich von der Gemeinschaft der Christen in der Lehre und organisatorisch trennten, machte sie zu Ketzern bzw. Sekten. Historisch wurde diese Auseinandersetzung aber mit erbarmungsloser Härte geführt, einer Härte, die dem Doppelgebot der Liebe im Christentum Hohn spricht. In der Moderne wird besonders von Sektierern auf diese Mord- und Gewalttaten immer wieder hingewiesen. Die moderne christliche Theologie schätzt aber diese Taten als das ein was sie gewesen sind:
Als Verbrechen an den Menschen vor Gott.

Im heutigen Sprachgebrauch wird "Häresie" synonym für "ketzerisch", "abweichlerisch" und "verdammenswert" gebraucht.