Ursprung
Die Ortsgemeinden gehen auf den Chinesen Watchman Nee (1903-1972)
zurück. Er war im freikirchlich-darbyistischen Gemeindeverständnis
verwurzelt und war er war der Meinung, dass die Spaltungen der
Kirchengeschichte hätten vermieden werden können, wenn die Urgemeinde sich
nicht global, sondern ausschließlich lokal organisiert hätte. In einer
Vielzahl von Schriften versuchte er zu belegen, dass die Globalisierung der
Kirche die Ursache für alle Verfehlungen in Theologie und kirchlicher Praxis
gewesen sei.
Lehre
Theologisch gehören die Ortsgemeinden zum evangelikalen Spektrum,
d.h. sie sind der Meinung, dass Voraussetzung für wirkliches Christentum
eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus sein müsse. Da es im Neuen
Testament nur lokale Gemeinden gegeben hätte, müsse die Einheit der
Christenheit im geistlichen Sinne verstanden werden, während ihre konkrete
Ausformung nur in konkreten Ortsgemeinden geschehen könne. Im Unterschied zu
den lutherischen Gemeinden wird bezugnehmend auf 2. Petr 1:21 und 2. Tim.
6:12 wird geglaubt, dass die Heilige Bibel die vollständige göttliche
Offenbarung darstellt und wörtlich durch den Heiligen Geist inspiriert
worden ist.
Die Taufe wird als Erwachsenentaufe praktiziert, da für ein wahrhaftiges Christentum Bekehrung und Wiedergeburt nötig sei. Die Ortsgemeinden stehen den auf John Nelson Darby zurückgehenden Brüdergemeinden sehr nahe. Die Frömmigkeit ist stark emotional und erfahrungsbezogen geprägt, die theologische Lehre (Dogmatik) spielt eine eher unwichtige Rolle. Großer Wert wird auf die Mission und ein lebendiges Gemeindeleben gelegt.
Entwicklung
Die Veröffentlichungen von Watchman Nee waren in evangelikalen Gemeinden als
Erbauungsliteratur ziemlich verbreitet. Sein ehemaliger Mitarbeiter, Witness
Lee, schuf in den frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, die
organisatorischen Voraussetzungen einer neuen kirchlichen Struktur. Die
Bewegung verbreitete sich zuerst vor allem auf Taiwan und den Philippinen,
geriet aber dann Anfang der sechziger Jahre in die USA. In der
Bundesrepublik bildete sich 1970 unter Studenten in Freiburg die erste
Gemeinde. Heute wird in Deutschland mit etwa 1000 Anhängern gerechnet. Von
Beobachtern der Szene wird in jüngser Zeit darauf hingewiesen, dass sich in
der Bewegung verstärkt zentralistische Tendenzen finden lassen. Sollte sich
diese Entwicklung durchsetzen, dann dürfte die Bewegung sich in einiger Zeit
zu einer (kleinen) etablierten und organisierten Freikirche entwickeln.