Seit Tagen wird mit Prospekten, Reklameflächen, TV-Sendungen und Internetaktivitäten die Werbekampagne Kraft zum Leben durchgeführt. Prominente wie der Fussballstar Paulo Sergio, der Golfprofi Bernhard Langer oder der Schlagersänger Cliff Richard ließen sich dafür gewinnen, Bekenntnisse ihres christlichen Glaubens einem Buch gleichen Namens voranstellen zu lassen. Das 134 Seiten umfassende Buch, so die Eigenwerbung, habe das Leben von Millionen von Menschen bereits „berührt“ und solle künftig bei vielen weiteren Menschen „eine persönliche Beziehung mit Gott starten“. Medienfachleute schätzen den Investitions-Umfang der Kampagne für „eine einfache Botschaft in einer komplexen Welt“ auf ca. fünf Millionen Euro. Die Fernsehwerbung wurde wegen des Verbotes religiöser Werbung inzwischen abgesetzt.
Das Grundkonzept des ursprünglich in englischer Sprache von einem amerikanischen Prediger verfassten und immer wieder veränderten Werkes - ein vierteiliger schematischer Weg der Bekehrung zum bewussten christlichen Glauben - stammt schon aus dem Jahr 1983. Es wurde 2001 neu überarbeitet und wird seither in deutscher Sprache - mit den Prominentenzeugnissen versehen - für Interessenten kostenlos versandt.
Verantwortlich zeichnet für die Werbekampagne eine Arthur S. De Moss Foundation.
Um wem es sich bei dieser Stiftung handelt und welche genaue Ausrichtung die Aktion hat, wird nicht verraten und scheint nicht einmal allen der beteiligten Prominenten bei ihrer Anwerbung bekannt gewesen zu sein. Interessenten, die bei der angegebenen Telefonnummer anriefen, erfuhren, dass es sich nicht um eine Sekte handle, dass man aber keine öffentliche Darlegung darüber wolle, worum es sich bei der Stiftung handle. Dieses ganze Verfahren erscheint seltsam und kontraproduktiv. Jede Transparenz des Vorganges fehlt. Die hiesigen Kirchen wurden genauso wie die Medien und die Öffentlichkeit durch die Stiftungs-Kampagne ohne Vorankündigung und Information überrascht.
Eine Sekte jedoch, wie wegen der Undurchsichtigkeit der Aktion immer wieder vermutet wurde, steckt nicht dahinter.
Es handelt sich bei der Arthur S. De Moss Foundation vielmehr um eine christlichen - evangelikalen bis fundamentalistischen - Werten verpflichtete, von der Steuer befreite, Stiftung, die auf den durch Geschäfte mit Lebensversicherungen reich gewordenen US-Multimillionär Arthur S. De Moss zurückgeht. Bei seinem Tod 1979 (im Alter von 53 Jahren) hinterliess er der Stiftung fast 500 Millionen US-$. In der Rangfolge bei den Aufwendungen für gemeinnützige Tätigkeiten liegt die Arthur S. De Moss Foundation in den USA an vierter Stelle.
De Moss, der sieben Kinder hinterliess, finanzierte mit seiner Foundation unter anderem Kampagnen gegen Abtreibung, vorehelichen Sex, Schwulen-Ehen und Pornographie. Schon früh veranstaltete er auf seinem Familiensitz in Bryn Mawr, Pa., festliche Dinners, auf denen Prominente wie der Schlagersänger Pat Boone oder der Senator Bill Armstrong christliche „Zeugnisse“ ablegten. Dieses PR-System der Verbreitung religiösen Gedankengutes durch berühmte Leute („celebrities“) gehört bis heute zu den Arbeitsgrundlagen der Stiftung, die weitestgehend in der Hand der Familie De Moss ist. Von den sieben Spitzenführungskräften der Arthur S. De Moss Foundation tragen fünf den Namen De Moss.
Als Vorstandsvorsitzende der Stiftung (Palm Beach, Florida) fungiert Nancy De Moss. Direktor Mark De Moss, ein Sohn des Gründers, hatte ca. acht Jahre für den rechtskonservativen Prediger Rev. Jerry Falwell in Lynchburg, Va., als Verwaltungsassistent und Öffentlichkeitsreferent gearbeitet, bevor er 1991 seine Medienagentur The De Moss Group, Inc. gründete. Zu den Klienten der Public Relations-Firma zählen viele, die in der amerikanischen christlichen Szene Rang und Namen haben: neben Jerry Falwell der Billy Graham-Sohn Rev. Franklin Graham, die Studentenorganisation Campus Crusade for Christ International, die Jugendhilfsorganisation Teen Challenge World Wide Network, die dem Gedanken sexueller Keuschheit verpflichtete Männergemeinschaft Promise Keepers, sowie die Heilsarmee. Mitglied im Stiftungsdirektorium ist auch Marks Schwester Deborah De Moss, die etwa zehn Jahre lang als Lateinamerika-Beauftragte des konservativen Senators Jesse Helms fungierte und etwa mit dazu half, den Panama-Diktator Manuel Noriega als „Drogen Lord“ zu entlarven.
Man kann also sagen, dass die die Stiftung tragende Familie De Moss dem christlich-religiös und politisch-gesellschaftlich konservativen Lager in den USA zuzurechnen ist. Die Werbekampagne um das Buch „Kraft zum Leben“ kann vor allem wegen der fehlenden Informationsbereitschaft der verantwortlichen De Moss Stiftung nur als unglücklich und unprofessionell bezeichnet werden. Nicht das eigentliche Ziel der Veranstalter, ein bewusstes Aufmerksam-Machen auf den christlichen Glauben, kommt zum Tragen, sondern fast nur das Rätselraten, wer eigentlich hinter der ganzen Aktion stecke.
Dr. Wolfgang Behnk