Religio - Infodienst (Heft 01)



Editorial

Ein Wort zuerst...
Es ist eigentlich schon lange kein Geheimnis mehr,daß wir trotz der multimedialen Möglichkeiten in unserer Welt kaum die geistigen Prozesse wahrnehmen, deren Zeitgenosse wir sind.

Als 1989 die Mauer fiel, Grenzen durchlässig wurden, wurde in Deutschland eine Lawine losgetreten, die nicht nur unsere auml;ßeren Verhältnisse veränderte, sondern viel mehr noch das geistige Leben, die Spiritualität und die Werte-Welt erschütterten.
In diesem Donner boten neue, unbekannte Gruppen Sicherheit, Glück und Rettung an, Gruppen, die wir als Jugendreligionen, Psychokulte und Sekten bezeichnen.
Nicht alle Gruppen auf diesem Markt sind seriös, nicht alle Hilfe ist auch hilfreich.
Wer kennt sie schon, die Gurus mit den exotischen Namen? Wer kann ihre religiöse oder therapeutische Kompetenz beurteilen?
Das Angebot ist schier unübersehbar. Ich begrüße Sie zur ersten Ausgabe unserer neuen elektronischen Zeitung.
Die Redaktion möchte Ihnen helfen, Ihr Informationsbedürfnis zur neureligiösen Entwicklung in unserem Lande zu befriedigen.
Zusammen mit Fachwissenschaftlern, Verbänden und Vereinen, die über nachgewiesene Kompetenzen auf dem Gebiet der "Sekten, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften verfügen, wollen wir Ihnen bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein und Sie aktuell informieren.
Polemik ist nicht unser Geschäft.
Winfried Müller


Der European Kings Club.

Information über eine neureligiös-esoterische Gruppe in Deutschland.

In den vergangenen drei Monaten ist in Thüringen eine neureligioes-esoterische Gruppe aktiv gewesen, die es darauf anlegt, den leichtgläubigen das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Die Zeitschrift "DM. Das private Wirtschaftsmagazin" vom November 1993, schreibt auf Seite 20f. zur Aktivität des Europaen Kings Club: "Fauler Zauber. Ein haarsträubender Fall von Anlagebetrug nimmt seinen Lauf.
Tatort ist das bayerische Straubing.

Der European Kings Club mit Sitz im schweizerischen Stansstad arbeitet mit einem simplen Trick:
Der leichtgläubige Käufer kauft mindestens sieben sogenannte Letters zum Stückpreis von 1200 Mark plus je 200 Mark Verwaltungsgebühr. Macht zusammen 9800 Mark.
"Wenn Sie im November 1993 anlegen, bekommen Sie ab Januar 1994 eine monatliche Ausschüttung in Höhe von 200 Mark je Letter, den Sie erwerben", schreibt Sabine Stöberl.
Von Straubing aus besorgt sie mit ihrem Vater Helmuth die Geschäfte in Süddeutschland.
Schon nach einem Jahr summieren sich die Auszahlungen auf zwölfmal 1400 Mark gleich 16800 Mark.
Macht 7000 Mark Gewinn. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt, so daß zum Beispiel aus 70 000 Mark Einsatz für 50 Letters nach einem Jahr ein Ueberschuß von 50 000 Mark wird.
Rendite 70 Prozent. Und das alles mühelos.

"Sie müssen weder Aktienkurse noch den Goldmarkt beobachten. Die EKC-Re- Insurance Ltd. in Brüssel und deren Muttergesellschaftauf den Bahamas, die auch die prompte und pünktliche Zahlung aller Geldsummen garantieren, wickeln alles für Sie ab",
verspricht vollmundig der Werbetext im Infoblatt.

Weitere Informationen zur wunderssamen Geldvermehrung:
Fehlanzeige. An dem Pyramidensystem beteiligten sich 5000 Hoffnungsträger. In der Schweiz ermitteln dagegen die Kantonspoliei Niederwaden sowie der Baseler Staatsanwalt Hausmann gegen den Europaen Kings Club.
Derweil schart Clubchef Stöberl ungehindert weitere Fans für seine Gemeinde um sich."

Der Kings Club ist auch in Thüringen aktiv. Eine Lehrerin aus Mosbach berichtet folgendes:

"Mittlerweile ist mir von einem Kollegen noch bekanntgeworden, daß ein Lehrer aus Bad Salzungen, der nebenberuflich für eine Versicherungsgesellschaft arbeitet, für den Europaean Kings Club geworben worden ist. Er hat wohl ca. 70 000 DM Kredit bei der Bank aufgenommen und glaubt, diesen mit 71 % Rendite bei diesem Club anlegen zu können. Neuerdings hat man ihm angeraten, seinen Beruf (Realschullehrer) aufzugeben. Ich weiß nicht ob er schon beim Schulamt in Bad Salzungen gekündigt hat. Furchtbar, der Mann ist über 50 Jahre alt."
Die Lehrerin aus Mosbach berichtet weiter, daß auch eine Mutti ihrer Schüler von diesem Club angesprochen worden sei. In diesem Zusammenhang spielt ein ehemaliger Kripo-Beamter aus Erfurt eine Rolle.

Der Kings Club gibt eine eigene Zeitschrift, die "The Kings Club Tribune" heraus.

Im Impressum steht folgendes: 

Herausgeber: 
Hans Günther 

Spachtholz Verlag: 
EKC Editorial BV i. Gr. Koningslaan 52 NL-1075 AE Amsterdam 

Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: 
Hans Günther Spachtholz Redaktion: Dr. C. Kern, W. Brotzler, A. Andrä 

Gestaltung und Produktion: BAB - Design Bildnachweis: 
Fotoagentur Helga Lade, PRS Bilderdienst, Adamek Druck: Braun Drucke 

Der European Kings Club arbeitet mit einem ausgeprägt esoterischen Brimbrorium. Mitglieder erhalten eine typisch esoterische Zeitschrift mit dem Titel

"Pulsar. Information zur Transformation. Wege zu Ganzheit und Sinn."
In der Ausgabe Nr. 4 (1993), S. 3 schreibt ein gewisser Claudius Kern, der übrigens auch in der "The Kings Club Tribune" als Redakteur fungiert, einen Artikel "Freie, naturgerechte Energie. Das Vermächtnis von Viktor Schauberger".
Er schreibt über diesen Viktor Schauberger:
"Als absoluter Autodidakt hat er sich alles von der Natur abgeschaut und auf eine Art in ihr "gelesen",
wie es nachfolgend beschrieben ist. So schuf er die Grundlage für eine "Naturwissenschaft", welche zum Revolutionärsten und wahrscheinlich Besten gehört, was die neue, kommende Epoche prägen wird." Kern beschreibt Schauberger als "begnadetsten aber leider auch verkanntesten Erfindergenies unserer Zeit". "Viktor Schauberger gelang es nicht nur seinerzeit bereits, Wasser zu "verlebendigen", also es für die Gesundheit des ganzen Wasserlebens und damit natürlich auch des menschlichen Körpers besonders bekömmlich zu machen. In der weiteren Entwicklung gelang es ihm, Wasser so hochenergetisch aufzubereiten, daß es de facto wie Benzin brennt." "Viktor Schauberger erfand auch eine Vakuum-Turbine, in der sich eine Art künstliches Gewitter abspielte: Dabei wurde die Luft so elektrisch, dass ein intensiver Wärme-Kältekreislauf einen starken Luftstrom erzeugte, der sich nach wenigen Minuten zur zyklonischen Wucht steigerte. Schauberger gab den erzeugten Luftstrom einer solchen, kaum mehr als tischgrossen Turbine mit 10000 PS an."

In solcherlei Art geht es nun munter weiter. Kern scheint eine Art nationalistische UFO-logie zu vertreten, die sich besonders gegen die europäische Vereinigung wendet. Nach der Aufmachung der Druckschriften des "Kings-Club" scheint es sich bei diesem um ein esoterisch verbrämtes Schwindelunternehmen zu handeln. Die esoterischen Ansätze werden offensichtlich dazu benutzt, um die Wachsamkeit leichtgläubiger Zeitgenossen noch schneller einzulullen, sie noch leichtgläubiger zu machen. In der "The Kings Club Tribune" wird vollmundig der Magier Merlin angekündigt:


Magic Merlin

Wir wollen hier einem Ereignis, das am 31.7.1993, anläßlich des 2-jährigen Bestehens des European Kings Club, stattfindet nicht vorgreifen. Aber eines können wir versprechen. Es wird ungeheuerlich spannend.
Denn Magic Merlin und der Europän Kings Club haben viel gemeinsam. Wer ist nun dieser sagenumwobene Magic Merlin, ein Magier, ein Illusionist oder der neue Robin Hood?
Fragen über Fragen. Ein Geheimnis, das sich bald offenbar. Spätestens jedoch am 31. 7. 93.
Er wird unter uns sein. Er ist mehr als die Vision einer besseren Zukunft. Er wird uns begleiten.
Ab November monatlich in jeder Ausgabe. Sie dürfen gespannt sein! .." but listen to the color of your dreams."
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß der European Kings Club aus der Sicht des Religionswissenschaftlers nicht nur ein Unternehmen mit betrügerischen Absichten ist, sondern alle Merkmale einer Polit-Sekte hat, die darauf abzielt, durch viel Geld (welches sie sich durch die oben geschilderten Betrügereien verschafft) Einfluß in der Oeffentlichkeit zu erlangen.
Sie zielt offenbar auf einen Personenkreis der, nicht ganz unbemittelt, schnell reich werden möchte. Um Einfluß zu erlangen, umgibt sich der Club mit pseudowissenschaftlichen Theorien, die so abstrus sie auch sind, doch geeignet sind, bei einem halbgebildeten Publikum Interessne zu wecken.

Autor: Winfried Müller