Die Menschenerziehung
die Erziehungs-, Unterrichts- und Lehrkunst,
angestrebt
in der allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt
zu Keilhau;
dargestellt
von
dem Stifter, Begrnder und Vorsteher derselben,
Friedrich Wilhelm August Frbel.
Erster Band
Bis zum begonnenen Knabenalter.
Keilhau 1826
Verlag der allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt.
Leipzig in Commission bey A. Wienbrack
Ihm
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In Allem ruht, wirkt und herrscht ein ewiges Gesetz; es sprach und spricht
sich im uern, in der Natur, wie im Innern, in dem Geiste, und in dem
beydes Einenden, in dem Leben immer gleich klar und gleich bestimmt dem aus,
den entweder von dem Gemthe und Glauben aus die Nothwendigkeit erfllt,
durchdringt und belebt, da es gar nicht anders seyn kann, oder dem, dessen
klares ruhiges Geistesauge in dem uern und durch das uere das Innere
schaut, und aus dem Wesen des Innern das uere mit Nothwendigkeit und
Sicherheit hervorgehen sieht. Diesem allwaltenden Gesetze liegt nothwendig
eine allwirkende, sich selbst klare, lebendige, sich selbst wissende, darum
ewig seiende Einheit zugrunde; dieses wird auf gleiche Weise wieder so wie
sie, die Einheit selbst, entweder durch Glauben oder durch Schauen gleich
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bendig, gleich er und umfassend erkannt, so da sie auch von einem still
achtsamen menschlichen Gemthe, von einem besonnenen klaren menschlichen
Geiste von jeher sicher erkannt ward und immer davon erkannt werden wird.
Diese Einheit ist Gott.
Alles ist hervorgegangen aus dem Gttlichen, aus Gott, und durch das
Gttliche, durch Gott einzig bedingt; in Gott ist der einzige Grund aller
Dinge.
In Allem ruht, wirkt, herrscht Gttliches, Gott.
Alles ruht, lebt, besteht in dem Gttlichen, in Gott und durch dasselbe,
durch Gott
Alle Dinge sind nur dadurch, da Gttliches in ihnen wirkt.
Das in jedem Dinge wirkende Gttliche ist das Wesen jedes Dinges.
Die Bestimmung und der Beruf aller Dinge ist: ihr Wesen, so ihr Gttliches
und so das Gtt-
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liche an sich entwickelnd darzustellen, Gott am uerlichen
und durch Vergngliches kundzuthun, zu offenbaren Die besondere Bestimmung,
der besondere Beruf des Menschen als vernehmend und vernnftig ist: sein
Wesen, seyn Gttliches, so Gott, und seine Bestimmung, seinen Beruf selbst
sich zum vlligen Bewutseyn, zur lebendigen Erkenntni, zur klaren Einsicht
zu bringen, und es mit Selbstbestimmung und Freyheit im eigenen Leben
auszuben, wirksam seyn zu lassen, kundzuthun.
Das Anregen, die Behandlung des Menschen als eines sich bewut werdenden,
denkenden, vernehmenden Wesens zur reinen unverletzten Darstellung des
inneren Gesetzes, des Gttlichen mit Bewutseyn und Selbstbestimmung, und
die Vorfhrung von Weg und Mittel dazu ist Erziehung des Menschen.
Das Erkennen, Bewutgewordenseyn jenes ewigen Gesetzes, die Einsicht in
seinen Grund, in seyn Wesen, in die Gesammtheit, den Zusammenhang und die
Lebendigkeit seiner Wirkungen, das
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Wissen vom Leben und des Lebens in seiner Gesammtheit ist Wissenschaft, ist
Lebenswissenschaft; und von dem bewuten, denkenden, vernehmenden Wesen
bezogen auf die Darstellung und Ausbung durch und an sich, ist sie
Erziehungswissenschaft.
Die aus der Erkenntni jenes Gesetzes, aus der Einsicht in dieselbe
hervorgehende Vorschrift fr denkende, vernehmende Wesen zum Bewutwerden
ihres Berufes und zur Erreichung ihrer Bestimmung ist Erziehungslehre.
Die freithtige Anwendung dieser Erkenntni und Einsicht, dieses Wissens fr
unmittelbare Entwickelung und Ausbildung vernnftiger Wesen zur Erreichung
ihrer Bestimmung ist Erziehungskunst.
Der Zweck der Erziehung ist Darstellung eines berufstreuen, reinen,
unverletzten und darum heiligen Lebens.
Die Erkenntni und Anwendung, das Bewutseyn und die Darstellung geeint, im
Leben fr berufstreues, reines, heiliges Leben einigend, ist die
Lebensweisheit, ist die Weisheit an sich.
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Weise zu seyn ist das hchste Streben des Menschen, ist die hchste That der
Selbstbestimmung des Menschen.
Sich selbst und Andere erziehen, mit Bewutseyn, Freyheit und
Selbstbestimmung erziehen, ist Doppelthat der Weisheit; sie begann
mit dem ersten Erscheinen der Einzelmenschen auf der Erde, und war da mit
dem ersten Erscheinen des vollendeten Selbstbewutseyns des Einzelwesens und
fngt jetzt an, sich als nothwendige allgemein menschliche
Forderung auszusprechen und als solche Gehr und Anwendung zu finden. Diese
That ist das Betreten des Weges, welcher einzig zum Leben fhrt, welcher zur
Erfllung der inneren und dadurch auch zur Erfllung der ueren Forderung
des Menschenswesens sicher leitet, welcher durch ein berufstreues, reines,
heiliges Leben zum seligen Leben fhrt.
Das Gttliche also in dem Menschen, seyn Wesen, soll und mu durch die
Erziehung in demselben entwickelt, dargestellt, zum Bewutseyn, und
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er, der Mensch, so zum freien bewuten Nachleben nach diesem, zur freien
Darstellung dieses in ihm wirkenden Gttlichen erhoben werden.
Das Gttliche, Geistige, Ewige, welches in der den Menschen umgebenden Natur
ist, das Wesen der Natur ausmacht und sich bleibend in ihr ausspricht, soll
und mu die Erziehung? der Unterricht dem Menschen zur Anschauung bringen
und ihn erkennend machen, sowie sie in lebendiger Wechselwirkung und geeint
mit Lehre das Gleichgesetzige zwischen und unter beyden, der Natur und dem
Menschen, aussprechen und darstellen soll und mu.
Das Hervorgegangen-, das Bedingtseyn des Menschen und der Natur aus Gott,
das Ruhen des Menschen und der Natur in Gott soll die Erziehung in ihrer
Gesammtheit durch Erziehung, Unterricht, Lehre in dem Menschen zum
Bewutseyn erheben und im Leben wirksam machen.
Die Erziehung soll und mu den Menschen zur Klarheit ber sich und in sich,
zum Frieden mit der Natur und zur Einigung mit Gott leiten und fh-
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ren; darum soll sie den Menschen zur Erkenntni seiner selbst und des
Menschen, zur Erkenntni Gottes und der Natur und zu dem dadurch bedingten
reinen und heiligen Leben erheben.
In allen diesen Forderungen aber grndet sich die Erziehung auf das Innere
und Innerste, ruht darauf.
Alles Innere wird von dem Innern an dem uern und durch das uere erkannt.
Das Wesen, der Geist, das Gttliche der Dinge und des Menschen wird erkannt
an seinen, an ihren uerungen. ob diesem nach nun gleich die uerungen des
Menschen und der Dinge dasjenige sind, an welches sich alle Erziehung, aller
Unterricht, alle Lehre, alles Leben als Erzeugni der Freyheit anknpft, und
von dem uern ausgehend auf das Innere wirkt und schliet, so kann und darf
dennoch die Erziehung nicht von dem uern auf das Innere geradezu
schlieen, sondern das Wesen der Dinge fordert, da immer in irgendeiner
Beziehung umgekehrt von dem uern auf das Innere, und von dem Innern auf
das uere geschlossen
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werde. So darf von der Mannigfaltigkeit und Vielheit in der Natur nicht auf
eine Vielheit der letzten Bedingung derselben, nicht auf eine Vielheit der
Gtter, und von der Einheit Gottes darf nicht auf eine Abgeschlossenheit der
Natur, sondern es mu in beyden Fllen umgekehrt von der Mannigfaltigkeit in
der Natur auf die Einheit ihres letzten Grundes, Gottes, und von der Einheit
Gottes auf die in Ewigkeit fortgehende Mannigfaltigkeit der
Naturentwicklungen geschlossen werden.
Das Nichtanwenden der eben ausgesprochenen Wahrheit, sondern vielmehr das
stete Sndigen dagegen, das Geradeschlieen von gewissen uern
Erscheinungen im Kinder und Knabenleben auf das Innere derselben, ist der
wesentlichste Grund der streitenden, widerstrebenden Erscheinungen, der so
hufigen Migriffe im Leben und in der Erziehung; hierin hat unendlich viel
Mikennung der Kinder, Knaben und Jnglinge, hierin hat so viel miratene
Kindererziehung, so viel Miverstndnis zwischen Eltern und Kind entweder
von der einen oder der andern Seite her, so viel unnthi-
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ges Klagen, sowie ungebhrliches Erheben und trichtes Erwarten von den
Kindern seinen gewissen Grund. Darum ist diese Wahrheit in ihrer Anwendung
fr Eltern, Erzieher und Lehrer so hochwichtig, da sie sich smtlich
bemhen sollten, sich mit dieser ihrer Anwendung bis in das Kleinste hin
vertraut zu machen; die wrde eine Klarheit, Sicherheit, Ruhe in die Eltern
und Kinder, Zglings und Erzieher, Schler und Lehrerverhltnisse bringen,
welche jetzt vergebens angestrebt werden; indem das uerlich gut scheinende
Kind oft in sich nicht gut ist, d. h. nicht durch Selbstbestimmung oder aus
Liebe, Achtung und Anerkennung das Gute will; sowie das uerlich rauhe,
trotzige, eigenwillige, also nicht gut erscheinende Kind und Knabe oft in
sich das regste, eifrigste, krftigste Streben nach Darstellung des Guten
mit Selbstbestimmung hat; der uerlich zerstreute Knabe in sich einen
stehenden, festen Gedanken hat, der ihn alles uere nicht beachten lt.
Dehalb sollen Erziehung, Unterricht und Lehre ursprnglich und in ihren
ersten Grundzgen noth-
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wendig leidend, nachgehend (nur behtend, schtzend), nicht vorschreibend,
bestimmend, eingreifend sein.
Sie, die Erziehung, mu die aber auch nothwendig an sich sein: denn das
Wirken des Gttlichen ist in seiner Ungestrtheit nothwendig gut, mu gut,
kann gar nicht anders als gut sein. Diese Nothwendigkeit mu voraussetzen,
da der noch junge, gleichsam erst werdende Mensch, wenn auch noch unbewut,
gleich einem Naturprodukt, doch bestimmt und sicher das Beste an sich und
fr sich will, und zwar noch berdies in einer ihm ganz angemessenen Form,
welche darzustellen er auch alle Anlagen, Krfte und Mittel in sich fhlt.
So eilt die junge Ente nach dem Teiche und auf und in das Wasser, whrend
das junge Hhnchen in der Erde scharrt und die junge Schwalbe im Fluge ihr
Futter fngt und fast nie die Erde berhrt. Was nun auch immer gegen jene
vorhin ausgesprochene Wahrheit des umgekehrten Schlieens, und diese des
beachtenden Nachgehens und deren Anwendung auf und in der Erziehung gesagt,
so sehr
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sie auch noch bekmpft werden mag, so wird sie sich einst doch in ihrer
Klarheit und Wahrheit bey dem Geschlechte rechtfertigen, das, ihr ganz
vertrauend, sie anwendet.
Pflanzen und Thieren, jungen Pflanzen und jungen Thieren geben wir Raum und
Zeit, wissend, da sie sich dann den in ihnen, in jedem Einzelnen wirkenden
Gesetzen gem schn entfalten und gut wachsen; jungen Thieren und jungen
Pflanzen lt man Ruhe und sucht gewaltsam eingreifende Einwirkungen auf sie
zu vermeiden, wissend, da das Gegenteil ihre reine Entfaltung und gesunde
Entwickelung stre; aber der junge Mensch ist dem Menschen ein Wachsstck,
ein Tonklumpen, aus dem er kneten kann, was er will. -
Menschen, die ihr Garten und Feld, Wiese und Hain durchwandelt, warum ffnet
ihr euern Sinn nicht, das zu hren, was die Natur in stummer Sprache euch
lehrt: sehet an die Pflanze, die ihr Unkraut nennt und die, in Druck und
Zwang heraufgewachsen, kaum innere Gesetzmigkeit ahnen lt, sehet sie im
freien Raume, auf Feld und im
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Beet, und schaut, welch eine Gesetzmigkeit, welch ein reines inneres, in
allen Theilen und uerungen bereinstimmendes Leben sie zeigt, eine
gestaltete Sonne, ein strahlender Stern der Erde entkeimt: so knnten,
Eltern! eure Kinder, denen ihr frhe Form und Beruf wider ihre Natur
aufdringt, und die darum in Siechheit und Unnatrlichkeit um euch wandeln,
auch schn sich entfaltende und allseitig sich entwickelnde Wesen werden.
Alle thtige, vorschreibende und bestimmende, eingreifende Lehre, Erziehung
und Unterricht mu der Wirkung des Gttlichen nach, und die Menschen in
ihrer Unverletztheit und ursprnglichen Gesundheit betrachtet, nothwendig
vernichtend, hemmend und zerstrend wirken. So soll - um weiter uns von der
Natur lehren zu lassen, wohl das Gewchs, der Weinstock beschnitten werden;
aber das Beschneiden als solches bringt bey dem Weinstocke noch
keinen Wein; vielmehr kann der Weinstock durch das Beschneiden, geschehe es
auch in noch so guter Absicht, ganz vernichtet, wenigstens seine Frucht und
Tragbarkeit zerstrt werden,
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wenn der Grtner dabey nicht ganz leidend, beachtend, der Natur des
Gewchses nachgeht. Bei Naturgegenstnden und deren Behandlung gehen wir
sehr hufig recht, wo wir bey Menschen den ganz falschen Weg betreten, und
doch wirken in beyden Krfte, welche aus einer Quelle geflossen und nach
gleichem Gesetze thtig sind; darum ist das Beachten und Betrachten der Natur
auch von dieser Seite fr den Menschen so wichtig.
Die Natur zeigt uns nun zwar jenen unverletzten, ursprnglichen Zustand
besonders bey den Menschen selten; aber um so mehr mu er besonders bey dem
einzelnen Menschen so lange vorausgesetzt werden, bis das Gegenteil sich
gewi ausgesprochen hat, weil sonst der unverletzte, ursprngliche Zustand
da, wo er sich noch gesund finden sollte, auch noch leicht vernichtet werden
knnte; geht aber die Gewiheit der Verletzung des Ursprnglichen aus der
Gesammtheit des zu erziehenden Menschen hervor, wird diese Verletztheit aus
dem Innern und aus dem uern Ganzen gewi; so tritt geradezubestimmende,
fordernde Erziehungsweise in ihrer ganzen Strenge ein.
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Weiter ist aber das verletzte Hervortreten des Innern auch nicht immer, ja
oft schwierig mit Gewiheit nachzuweisen, wenigstens der Punkt, die Quelle,
in welcher das hervorgetretene Verletzte seinen Grund und Anfang und die
Richtung hat, die es genommen; auch liegt der letzte, dem Wesen nach
untrgliche Prfstein darber eigentlich nur in dem Menschen selbst. Darum
mu auch von dieser Seite Erziehung, Lehre und aller Unterricht bey weitem
mehr leidend, nachgehend, als bestimmend, vorschreibend sein; weil durch die
reine Hervortretung des letzteren schlechterdings die reine Fortentwicklung,
die sichere stetige Fortschreitung des Menschengeschlechtes, das ist, die
Darstellung des Gttlichen im Menschen und durch das Leben des Menschen mit
Freyheit und Selbstbestimmung, was ja nur das Ziel und Streben aller
Erziehung und alles Lebens, sowie die einzige Bestimmung des Menschen ist,
verlorengehen wrde.
Darum beginnt eigentlich die rein bestimmende, fordernde und vorschreibende
Erziehungsweise des Menschen erst bey dem beginnenden Klarwer-
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den ber sich, bey dem beginnenden Geeintleben zwischen Gott und Mensch,
nach begonnenem Einverstndnis und Gemeinleben zwischen Vater und Sohn,
Jnger und Meister, weil dann die Wahrheit aus dem Wesen des Ganzen und der
Natur des Einzelnen abgeleitet und erkannt werden kann.
Ehe also die Strung und Verletzung des ursprnglichen, gesunden Zustandes
des Zglings im einzelnen auf Quelle und Richtung nachgewiesen und bestimmt
erkannt ist, bleibt nichts zu thun brig, als ihn in Verhltnisse und
Umgebungen zu bringen, die ihn von allen Seiten beachten, wo ihm von den
verschiedenen Seiten her seyn Betragen durch dasselbe selbst wie aus einem
Spiegel entgegentritt und er dasselbe leicht und schnell in seinen Wirkungen
und Folgen erkenne, wo so seyn wahrer Zustand von ihm selbst und andern
leicht erkannt werden kann und wo die Ausbrche, das Hervortreten der innern
Lebensgestrtheit am wenigsten schaden.
Die vorschreibende, eingreifende Erziehung hat berhaupt nur ein Zweifaches
fr sich: entwe-
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der den klaren, lebendigen Gedanken, die wahre, in sich selbst begrndete
Idee oder das schon frher dagewesene und anerkannte Musterhafte. Da aber,
wo der in sich selbst gegrndete lebendige Gedanke gebietet und das in sich
selbst Wahre vorschreibt, da herrscht gleichsam das Ewige selbst, und darum
eben soll es wieder leidend, nachgehend auftreten; denn der lebendige
Gedanke, das Ewige, Gttliche selbst als solches fordert und bedingt freye
Selbstthtigkeit und Selbstbestimmung des zur Freyheit, Gotthnlichkeit
geschaffenen Wesens, Mensch.
Aber auch das frher dagewesene und anerkannt vollkommenste
Musterhafte, das anerkannt vollendetste Musterleben will nur einzig seinem
Wesen, seinem Streben, nie aber seiner Form nach Muster sein; es ist das
grte Miverstehen alles geistig, menschlich Musterhaften, wenn es der Form
nach als Muster genommen wird; daher die so hufige Erfahrung, da die zum
Vorbild gewordene Erscheinung des Musterhaften hemmend, ja zurckziehend,
statt erhebend auf und fr das Men-
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schengeschlecht, die Menschheit, wirkt und gewirkt hat. Jesus selbst
bekmpft dehalb durchweg in seinem Leben und in seiner Lehre die
Festhaltung des uerlich Musterhaften; nur das geistig strebend, lebendig
Musterhafte soll vorbildlich festgehalten, die Art der Erscheinung, die Form
desselben aber freigegeben werden. Das hchste vollendetste Musterleben,
welches wir als Christen in Jesu sehen und welches die Menschheit nur kennt,
ist dasjenige, welches den ursprnglichen und uranfnglichen Grund seines
Seins, seines Erscheinens und Lebens klar und lebendig in sich erkannte,
welches selbstthtig und selbstndig durch ewige Bedingung, nach dem ewigen
Gesetze, aus dem ewig Lebenden, ewig Schaffenden hervorging: und dies
hchste ewige Musterleben selbst fordert, da jeder Mensch wieder
ein solches Nachbild seines ewigen Vorbildes, da er selbst wieder
ein solches Muster fr sich und fr andere werde, da er, jeder Mensch nach
ewigem Gesetze, mit Freyheit, Selbstbestimmung und Selbstwahl aus sich
hervortrete; und die ist die Aufgabe und das Ziel aller Erziehung, Lehre,
Unterrichts und soll und mu es
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einzig sein. Also auch selbst das ewig Musterhafte ist nachgehend, leidend
in der Forderung der Form.
Dennoch aber soll dem Wesen nach, und wir sehen es in der Erfahrung, der
lebendige Gedanke, das ewig geistig Musterhafte in seiner Erscheinung
bestimmend und fordernd auftreten, und es tritt als solches auf; aber wir
sehen es, es tritt wohl fordernd und streng auf, unerbittlich und
einschrnkungslos steht es da, aber immer nur da, wo die Forderung aus dem
Wesen des Ganzen und der Natur des Einzelnen mit Nothwendigkeit sich selbst
ausspricht, und in dem, zu welchem gesprochen wird, als solche erkannt
werden kann, wo das Musterhafte als Organ der Nothwendigkeit und darum immer
bedingend spricht. Das Musterhafte tritt nur da fordernd auf, wo es den
andern in den Grund der Forderung vom Geiste aus eingehend, sie einsehend,
oder sie vom Gemthe aus glaubend voraussetzt; also entweder in ungetrbt
kindlichem oder in klarem, wenigstens beginnend mnnlichem Verhltnisse.
Wohl steht in diesen Fllen das Musterhafte entweder durchs Beyspiel
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oder durchs Wort fordernd da, aber immer nur in Beziehung auf Geist und
Leben, nie fordernd in Beziehung auf Form.
In der guten Erziehung, in dem chten Unterrichte, in der wahren
Lehre mu und soll also die Nothwendigkeit die Freyheit, und das Gesetz die
Selbstbestimmung hervorrufen, der Zwang von auen den freien Willen im
Innern, der Ha von auen die Liebe im Innern. Da, wo der Ha den Ha
gebiert, das Gesetz den Betrug und das Verbrechen, der Zwang die Sklaverey,
die Nothwendigkeit die Knechtschaft; da, wo der Druck vernichtet, erniedrigt
und die Last zerbricht und gemein macht; da, wo die Strenge und Hrte die
Widerspenstigkeit und Falschheit gebiert: da ist jede Erziehung, jede
Wirkung der Erziehung, der Lehre und des Unterrichts vernichtet. Um die zu
vermeiden und jenes zu erreichen, mu alles vorschreibend Erscheinende
nachgehend wirken. Die geschieht, wenn alle Erziehung, alle Lehre, aller
Unterricht bey all seinem nothwendig bestimmenden Auftreten bis in alle
Einzelheiten und Verzwei-
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gungen hin den unwidersprechlichen unwiderstehlichen Ausdruck hat, da sie,
da der Fordernde selbst einem ewig waltenden Gesetze, einer unumgehbaren
ewigen Nothwendigkeit streng und unausweichbar unterworfen und so alle
Willkr verbannt sey.
Alle wahre Erziehung und Lehre, aller wahre Unterricht, der chte Erzieher
und Lehrer mu in jedem Augenblicke, mu in allen seinen Forderungen und
Bestimmungen also zugleich doppelendig, doppelseitig sein: gebend und
nehmend, vereinend und zerteilend, vorschreibend und nachgehend, handelnd
und duldend, bestimmend und freigebend, fest und beweglich, und ebenso mu
der Schler, Zgling gesetzt werden; aber zwischen beyde, Erzieher und
Zgling, Forderung und Folge, mu unsichtbar ein Drittes: - das aus den
Bedingungen nothwendig hervorgehende und willkrlos sich aussprechende
Beste, Rechte walten, ein Drittes, das Dritte, welchem Erzieher und Zgling
gleich und ganz ebenmig unterworfen ist. - Das stille Anerkennen, das
klare Wissen
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und das ruhige heitere Hingeben an das Walten dieses Dritten ist es ganz
besonders, was sich in dem Erzieher und Lehrer schwankenlos und rein
aussprechen, oft aber auch wohl durch. ihn sich fest und ernst aussprechen
soll. Das Kind, der Zgling, hat dafr einen so richtigen Takt, ein so
richtiges Gefhl zur Erkennung desselben, ob das, was der Erzieher, der
Lehrer, der Vater ausspricht und fordert, sich persnlich und willkhrlich
aus ihm oder allgemein und als Nothwendigkeit durch ihn sich ausspricht, da
wohl Kind, Zgling und Schler selten darin irrt.
Dieses Hingegebenseyn, dieses Sichhingeben, dieses sichere Waltenlassen
eines wandellosen Dritten, dem Zgling und Erzieher gleich unterworfen ist,
mu sich daher bis ins Kleinste in jeder Forderung des Erziehers und Lehrers
aussprechen. Darum ist die nothwendige allgemeine Formel des Unterrichts:
tue die, und sieh, was in dieser bestimmten Beziehung aus deinem
Handeln folgt, #nd zu welcher Erkenntni es dich fhrt; und so die
Vorschrift
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fr das Leben an sich, fr jeden: - Stelle dein geistiges Wesen, also
das in dir Lebende, dein Leben, rein am uern und durch ueres im Handeln
dar, und siehe, was dein Wesen fordert und wie es beschaffen ist. Jesus
selbst fordert einzig in und mit dieser Vorschrift zur Erkenntni der
Gttlichkeit seiner Sendung, seines Wesens und Lebens, zur Erkenntni der
Wahrheit seiner Lehre auf, und es ist die darum die Vorschrift zur und fr
Erkenntni alles Lebens, des Grundes und Wesens alles Lebens und aller
Wahrheit.
Darin lst und erklrt sich die folgende Forderung, und ist dadurch zugleich
die Art ihrer Lsung und Erfllung gegeben. Der Erzieher, die Lehre mu das
Einzelne und Besondere allgemein, das Allgemeine besonders und einzeln
machen und beydes im Daseyn nachweisen; er mu uerliches innerlich und
Innerliches uerlich machen und fr beydes die nothwendige Einheit zeigen;
er mu Endliches unendlich, Unendliches endlich betrachten und beydes in
Ausgleichung, ins Leben setzen;
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er mu Gttliches im Menschlichen wahrnehmen
und anschauen, und das Wesen des Menschen in Gott nachweisen, und beydes
ineinander im Leben darzustellen anstreben.
Die ist es, was aus dem Wesen des Menschen um so klarer und
bestimmter hervorgeht, sich um so unleugbarer ausspricht, je mehr der Mensch
sich in sich selbst, in dem heraufwachsenden Menschen und in der Geschichte
der Menschheitsentwicklung beachtet.
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Da nun sonach die Darstellung des Unendlichen im Endlichen, des Ewigen im
Zeitlichen, des Himmlischen im Irdischen, des Gttlichen im Menschen und
durch den Menschen, im Leben des Menschen durch Pflege seines ursprnglichen
gttlichen Wesens von jeder Seite her als der einzige Zweck, das einzige
Ziel aller Erziehung und Lehre, alles Unterrichts unwiderlegbar
entgegentritt und sich ausspricht; darum mu von diesem, dem einzig wahren
Standpunkte aus der Mensch gleich von seiner Erscheinung auf der Erde, ja
wie
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bey und von der Maria, gleich von seiner Verkndigung an betrachtet, so
schon in seiner Unsichtbarkeit, noch im Mutterschoe beachtet und gepflegt
werden.
Jeder Mensch soll seinem ewigen unsterblichen Wesen, seiner Seele; seinem
Geiste nach als das erscheinende und erschienene Gttliche in menschlicher
Gestalt erkannt und gepflegt werden, als ein Unterpfand der Liebe, der Nhe,
der Gnade Gottes, als eine Gottesgabe, wie auch die ersten Christen ihre
Kinder wirklich erkannten, was die Namen bezeugen, welche sie ihnen gaben.
Jeder Mensch schon als Kind soll als ein nothwendiges wesentliches Glied der
Menschheit erkannt, anerkannt und gepflegt werden, und so sollen die Eltern
sich als Pfleger Gott, dem Kinde und der Menschheit verantwortlich fhlen
und erkennen.
Nicht weniger auch sollen Eltern das Kind in nothwendiger Verknpfung, in
klarem Verhltnis und in lebendiger Beziehung auf Gegenwart, Ver-
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gangenheit und Zukunft der Menschheitsentwicklung betrachten und
beachten, und so die Ausbildung, die Erziehung des Kindes mit der
gegenwrtigen, vergangenen und zuknftigen Forderung der Entwickelung der
Menschheit und des Menschengeschlechtes in Verbindung, Uebereinstimmung und
Einklang setzen; so wie der Mensch mit gttlichen, irdischen und
menschlichen Anlagen, angehrig Gott, der Natur und den Menschen und so
zugleich eine Einheit, eine Einzelheit und eine Mannigfaltigkeit in sich
fassend und so zugleich Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft in sich
tragend, betrachtet, beachtet und behandelt werden soll.
So soll der Mensch, die Menschheit im Menschen, als uere Erscheinung,
nicht als ein schon vollendet Erschienenes, vollendet Gewordenes, schon als
ein Festes, Stehendes, sondern als ein stetig und noch immer fortgehend
Werdendes, sich Entwickelndes, ewig Lebendiges, immer noch von einer Stufe
der Entwickelung und Ausbildung zur andern nach dem in der Unendlichkeit und
Ewigkeit ruhenden Ziele fortschreitend betrachtet werden.
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Jene Betrachtung der Entwickelung und Ausbildung der Menschheit als einer
stehenden, abgeschlossenen, und nun gleichsam sich immer nur von neuem und
nur in grerer Allgemeinheit wiederholenden ist eine ber alles Aussprechen
nachteilige Ansicht; denn das Kind sowie jedes folgende Geschlecht wird
dadurch schlechterdings nur ein nachahmendes, ein uerlich todtes Abbild,
gleichsam ein Abgu des frheren, aber nicht ein fr die Zukunft und alle
Zukunft und zuknftigen Geschlechter fr seine Entwickelungsstufe,
auf der es in der Gesammtheit der Menschheitsentwicklung stand, wieder
lebendiges Vorbild. Wohl soll jedes folgende Menschengeschlecht und jeder
folgende einzelne Mensch die ganze gesammte frhere Entwickelung und
Ausbildung des Menschengeschlechtes in sich durchlaufen, und er durchluft
sie, sonst verstnde er die Vorwelt und Mitwelt nicht; aber nicht auf dem
thaten Wege der Nachahmung, der Nach und Abbildung, sondern auf dem
lebendigen Wege der selbst und freithtigen Entwickelung und Ausbildung. Jeder
Mensch soll sie sich selbst und andern zum Vorbilde wieder
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frey aus sich darstellen; denn in jedem Menschen, als Gliede der Menschheit
und Kinde Gottes, liegt und ist die ganze Menschheit, aber in jedem auf eine
ganz eigene, eigenthmliche, persnliche, in sich einzige Weise dargestellt
und ausgeprgt und soll in jedem einzelnen Menschen auf diese ganz
eigenthmliche, einzige Weise dargestellt werden, damit das Wesen der
Menschheit und Gottes in seiner Unendlichkeit, Ewigkeit, und als alle
Mannigfaltigkeit in sich fassend, geahnet, immer mehr erkannt und immer
lebendiger und bestimmter geahnet werde. --
Nur bey dieser einzig erschpfenden und gengenden, alles um und erfassenden
Erkenntni vom Menschen und Einsicht in den Menschen und das Wesen des
Menschen, aus welcher alles andere, was noch weiter zur Pflege und Erziehung
des Menschen zu wissen nthig ist, bey ernstlichem Suchen nothwendig, wie
von selbst, hervorfliet: nur bey dieser Ansicht des Menschen von der
Verkndigung seiner Erscheinung an kann wahre, chte Menschenerziehung,
Menschenpflege gedeihen, blhen, Frucht bringen, reifen.
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Hieraus geht alles einfach, bestimmt und sicher hervor, was Gatten, Eltern
vor und nach der Verkndigung zu thun haben: rein und klar zu seyn in Wort
und That, erfllt und durchdrungen von dem Werte und der Wrde des Menschen,
sich zu betrachten als die Bewahrer, Behter und Pfleger einer Gottesgabe,
sich zu belehren von dem Berufe und der Bestimmung des Menschen, von dem
Wege, auf welchem, und von den Mitteln, durch welche er Beruf und Bestimmung
erreicht. Wie nun die Bestimmung des Kindes als solchen
darin besteht, das Wesen der Eltern, des Vaters und der Mutter, Vterliches
und Mtterliches, Geistiges und Gemthliches welches nur der Anlage und der
Strke nach ihnen beyden selbst noch unbekannt und ungeahnet in ihnen liegen
kann in Uebereinstimmung und Einklang zu entwickeln und auszubilden, so
besteht die Bestimmung des Menschen als Kind Gottes und der
Natur darin: das Wesen Gottes und der Natur, Natrliches und
Gttliches, Irdisches und Himmlisches, Endliches und Unendliches in
Uebereinstimmung und Einklang
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darzustellen. Wie die Bestimmung eines Kindes als Familienglied
darin besteht, das Wesen der Familie, die geistigen Anlagen und Krfte
derselben in ihrer Uebereinstimmung, Allseitigkeit und Klarheit zu entwickeln
und darzustellen, so besteht die Bestimmung und der Beruf des Menschen als
Glied der Menschheit darin: das Wesen, die Krfte und Anlagen der
gesammten Menschheit zu entwickeln, auszubilden und darzustellen.
Die Kinder und Glieder einer Familie als solcher entwickeln aber, stellen
das Wesen der Eltern und der Familie welches wohl von ihnen und ihr noch
unerkannt und bisher noch gar nicht, auch nicht einmal in der Ahnung
hervorgetreten, in ihr ruhen kann am klarsten und vollendetsten dar, wenn
jedes der Kinder, der Glieder, sich selbst am vollkommensten, klarsten und
allseitigsten und doch am eigenthmlichsten und persnlichsten entwickelt und
darstellt; und so stellen auch die Menschen als Kinder Gottes und Glieder
der Menschheit das Gesammtwesen Gottes und der Menschheit -- welches, wenn
auch noch keineswegs allgemein er-
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kannt und anerkannt in ihr ruht -- am reinsten und vollendetsten dar, wenn
jeder einzelne Mensch, jedes einzelne Kind sich am eigenthmlichsten und
persnlichsten ausbildet und darstellt. Die geschieht, wenn der Mensch sich
auf die Weise nach dem Gesetze entwickelt und ausbildet,
nach welchem sich alle Dinge entwickeln und ausbilden, entwickelt und
ausgebildet haben, und welches berall herrscht und gebietet, wo Sein und
Daseyn, Schpfer und Geschpf, Gott und Natur sich findet: -- wenn jeder
Mensch sich, seyn Wesen, darstellt in Einheit in sich, an und durch sich
selbst; in Einzelnheit an irgendeinem Einzelnen, von ihm Ausgegangenen auer
sich vorzugsweise und ganz besonders in Klarheit und Vollendetheit; und in
Mannigfaltigkeit, in aller Mannigfaltigkeit in und an allem und durch alles,
was von ihm ausgeht und durch ihn geschieht; nur einzig in dieser
dreifachen, aber in sich und unter sich einen und einigen
Darstellung ist die Darlegung, Heraustretung, und so Offenbarmachung,
Offenbarung des Innern jedes Wesens vollendet. Wo eine Seite dieser
dreyfachen Darstellung in der Wirklichkeit
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oder auch nur in der Erkenntni, Einsicht und Anerkenntnis mangelt, da ist
unvollkommene, unvollendete, hemmende Einsicht; nur einzig auf diese Weise
thut sich jedes Ding in seiner Einheit, seinem Wesen nach und allseitig kund
und offenbar; nur die Anerkenntnis und Anwendung dieser dreyeinigen
Darstellung jedes Dinges, wenn es seyn Wesen vollendet kund und offenbar
machen soll, fhrt einzig zur richtigen Erkenntni jedes Dinges, zur wahren
Einsicht in seyn Wesen.
----
Darum soll und mu das Kind, der junge
Mensch, gleich von seinem Erscheinen auf der Erde, gleich von seiner Geburt
an, seinem Wesen nach aufgefat, richtig behandelt und in den freien,
allseitigen Gebrauch seiner Kraft gesetzt werden. Nicht soll der Gebrauch
einiger Krfte und Glieder auf Unkosten der andern befrdert und diese in
ihrer Entfaltung gehemmt, das Kind soll weder theilweise gekettet, gefesselt,
gewickelt, noch spter gegngelt werden. Den Schwerpunkt, den
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Beziehungspunkt aller seiner Krfte und Glieder in sich zu finden, in
demselben zu ruhen, darin ruhend sich zu bewegen, frei zu bewegen und thtig
zu sein, mit eigenen Hnden zu greifen und festzuhalten, auf eigenen Fen
zu stehen und zu gehen, mit eigenen Augen zu finden und anzuschauen, alle
seine Glieder gleichmig, gleichkrftig zu gebrauchen, das soll der junge
Mensch, das Kind, frh lernen. Frh soll das Kind die hchste und
schwierigste aller Knste: bey aller Abschweifung, Strung und Hemmung doch
den Mittelund Beziehungspunkt seiner Lebensbahn festzuhalten lernen und
frhe sie in Anwendung und Ausbung bringen.
Die erste uerung des Kindes
ist die der Kraft. Eindringen der Kraft, des Krftigen ruft Gegenkraft
hervor: daher das erste Schreyen des Kindes; daher das Treten des Kindes
gegen das, was sich seinen Fen entgegenstemmt; daher das Festhalten
dessen, was seyn Hndchen berhrt. Bald nach diesem und gemeinschaftlich mit
demselben entwickelt sich in dem Kinde das Gemeingefhl,
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daher seyn Lcheln, seyn Wohlbefinden, seine Freudigkeit, seine
Beweglichkeit in behaglicher Wrme, in klarem Lichte und in reiner frischer
Luft: es ist die das Beginnen des Selbstbewutwerdens des Kindes, des
Menschen, in seinen uersten Endpunkten. Und so sind also die ersten
uerungen des Kindes, des menschlichen Lebens: Ruhe und Unruhe, Lust und
Schmerz, Lcheln und Weinen. Ruhe, Lust und Lcheln bezeichnen alles, was im
Gefhl des Kindes der reinen, ungetrbten Entwickelung seines Wesens, des
Menschenwesens, dem Kindesleben, dem Menschenleben, als Kind angemessen ist;
an sie, an ihre Pflege und Reinhaltung mu sich das erste Erziehende, mu
sich die Lebensentwicklung, Lebenserhhung und Lebensdarstellung knpfen.
Unruhe, Schmerz und Weinen bezeichnen in ihrem ersten Erscheinen alles das,
was der Entwickelung des Menschen als Kind entgegen ist; auch an sie mu auf
nachgehende, aber entgegengesetzte, auf entfernende Weise die Erziehung ihr
Wirken anknpfen; es mu gestrebt und sich bemht werden, den Grund, die
Grnde da-
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von aufzufinden und sie zu entfernen. In den allerersten, aber fast
auch nur in den allerersten Erscheinungen des Weinens, der Unruhe, des
Schreiens ist dem Kinde aller Eigensinn und Eigenwille gewi fremd; aber er
keimt so frhe, sobald als nur dem kleinen Wesen, welches kaum als
Menschenpflanze erschienen, - es ist noch nicht nachzuweisen, auf welche Weise
und in welchem Grade, - ein Fhlen kommt, da es mit Willkr oder aus
Unachtsamkeit oder Trgheit dem berlassen bleibe, was ihm Unruhe und
Schmerz macht und bringt. Ist nun dem Kinde dieses unglckselige Gefhl
gleichsam eingeimpft, so ist auch der Eigensinn, der erste und hlichste
aller Fehler, erzeugt, ja schon geboren der Fehler, der das Kind und die
Umgebung zu vernichten droht, und welcher ohne Beschdigung einer andern
bessern Anlage im Menschen kaum zu verbannen ist, und er wird bald die
Mutter der Verstellung, der Lge, des Trotzes, der Halsstarrigkeit und aller
sptern so traurigen als hlichen Fehler.
Aber auch auf dem Betreten des andern rechten Weges kann in Art und Form
gefehlt werden.
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Der Mensch soll seinem Wesen und seiner Bestimmung nach von der Ertragung
kleiner unbedeutender Leiden zur Ertragung schwerer, Vernichtung drohender
Leiden und Lasten heraufgebildet werden. Haben also Eltern und Umgebung in
sich die feste und sichere Ueberzeugung, da dem weinenden, unruhigen Kinde
das gereicht worden, was ihm jetzt Bedrfnis seyn kann, da alles entfernt
worden, was seinem Zustande jetzt nachteilig ist und seyn kann: so knnen
nicht allein, ja so sollen Eltern und Umgebung das weinende, unruhige, ja
schreiende Kind ruhig und still sich selbst berlassen, ruhig ihm Zeit
geben, sich selbst zu finden. Denn hat das kleine Wesen einmal oder gar
wiederholt bey Scheinleiden und leicht zu tragender Unbehaglichkeit,
Unbequemlichkeit fremde Theilnahme und fremde Hilfe erzwungen, so haben
Eltern und Umgebung viel, fast alles verloren, was kaum durch Gewalt wieder
errungen werden kann; denn die kleinen Wesen haben einen so feinen Sinn, so
richtigen Takt fr die Schwchen der Umgebung, da die in ihnen ursprnglich
lebende und wirkende Kraft eher auf die leichtere
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Weise heraustritt, so wie die Schwche anderer es ihnen darbietet, sie zu
beherrschen, als da sie in sich selbst und im eigenen Dulden, Tragen und
Thun sie darstellen und ausbilden.
Auf dieser Stufe heit der werdende, erschienene Mensch Sugling
und ist es auch im vollen Sinne des Wortes; denn Einsaugen ist nur noch des
Kindes fast einzige Thtigkeit (saugt es nicht den Zustand der ihn umgebenden
Menschen ein?), und jene genannten uerungen: Weinen, Lcheln bleiben noch
ganz innerhalb seiner selbst und sind noch eine unmittelbare, ungetrennte
Wirkung jener Thtigkeit. Der Mensch auf dieser Stufe nimmt nur die
Mannigfaltigkeit vonauen auf und in sich ein, er, der Mensch, s--augt: sein
ganzes Wesen ist hier nur aneignendes Auge. Darum ist schon diese erste
Stufe der Menschenentwicklung fr den Menschen, fr dessen Gegenwart und
Zukunft so Ueber alle Beschreibung wichtig Es ist hochwichtig fr des
Menschen gegenwrtiges und knftiges Leben, da der Mensch auf dieser Stufe
nichts Krankes, Niederes, Gemeines,
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nichts Zweideutiges, ja Schlechtes einsauge; rein soll darum der Blick, der
Gesichtsausdruck der Umgebenden, fest und sicher, Vertrauen erweckend und
Vertrauen nhrend, rein und klar soll jede Umgebung selbst sein; reine Luft,
klares Licht, reiner Raum, so drftig er auch sonst immer nur seyn mge.
Denn leider Ueberwindet der Mensch oft kaum durch seyn Leben das in seiner
Kindheit Eingesaugte, die Eindrcke seiner Jugend, eben weil seyn ganzes
Wesen wie ein groes Auge dafr geffnet, ihnen hin und preisgegeben war.
oft die hrtesten Kmpfe des Mannes und Menschen mit sich selbst,
und selbst seine spteren widrigsten und drckendsten Schicksale haben in
dieser Stufe der Entwickelung ihren Grund, darum ist die Suglingspflege so
wichtig. Mtter, welche einige ihrer Kinder selbst sugten, andere nicht,
und beyde in ihren spteren Lebensuerungen beachteten, knnen hierber mit
Bestimmtheit entscheiden. So wissen Mtter auch, da das erste Lcheln des
Kindes einen so bestimmten Zeit und Entwickelungsabschnitt in dem Leben des
Kindes macht, da es der Ausdruck wenigstens des ersten
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leiblichen (physischen) Sich Selbstfindens, wenn nicht noch bey weitem mehr
ist; denn nicht nur in einem leiblichen Selbstoder vielmehr Eigengefhle,
sondern auch in einem leiblichen und noch hheren Gemeingefhle zuerst unter
Mutter und Kind, dann unter Vater und Geschwistern, spter zwischen
Geschwistern und Menschen und Kind hat jenes erste Kindeslcheln seinen
Grund.
Dieses erste Gefhl des Gemeinsamen, der Gemeinsamkeit, welches zuerst das
Kind mit Mutter, Vater und Geschwistern einigt, welchem die hhere geistige
Einigung zugrunde liegt, an welche sich dann spter die unbezweifelbare
Wahrnehmung anknpft, da Vater, Mutter, Geschwister, Menschen sich mit
einem Hhern: -- Menschheit, Gott in Gemeinsamkeit und Einigung fhlen und
erkennen: die Gemeingefhl ist der uerste Keim, die uerste Spitze aller
chten Religiositt, alles chten Strebens nach ungehemmter Einigung mit dem
Ewigen, mit Gott. chte und wahre, lebendige, sich in den Gefahren und im
Kampfe, im Drucke und in der Noth, in Lust und Freude be-
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whrende Religion mu dem Menschen als Sugling kommen; denn das im
Endlichen, im Menschen, daseiend erschienene Gttliche ist sich seines
Hervorgegangenseyns aus dem Gttlichen, aus Gott, dunkel ahnend frhe
bewut, und diese dunkele Ahnung, dieses weniger noch als nebelgraue
Bewutseyn, mu frh in dem Menschen gepflegt, gestrkt, genhrt, spter zum
Bewutseyn erhoben, gelutert werden.
Nicht nur fr den still und ungesehen Beobachtenden rhrend, sondern fr das
Kind ewig Heil und Segen bringend istes daher, wenn die Mutter das
schlummernde Kind mit einem innigen seelenvollen Blick zu seinem und ihrem
gemeinsamen himmlischen Vater um vterlichen Schutz und liebendes Walten auf
seyn sanftes, sicheres Lager legt.
Es ist nicht nur rhrend und hoch erfreuend, es ist fr das ganze
jetzige und knftige Leben des Kindes hochwichtig und segensreich, wenn die
Mutter das ruhig, freudig und lchelnd erwachte Kind mit freudig und still
dankendem Blick zu sei-
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nem und ihrem Vater fr die geschenkte Ruhe und Strkung, mit diesen
dankbewegten Lippen das ihr gleichsam von neuem geschenkte Kind von seinem
Lager nimmt, nein! fr die ganze Zeit des nun folgenden Zusammenlebens
zwischen Kind und Mutter hat die den erfreulichsten Einflu; darum erlaubt
auch die chte Mutter nur ungern einem zweyten, das eingeschlummerte Kind
auf seyn Lager zu bringen, das erwachte Kind von demselben zu nehmen.
Das Kind, von der Mutter so gepflegt, ist menschlich, irdisch und himmlisch
wohl gebettet, Gebet bettet -- ; durch Gott ruht der Mensch in Gott, dem
letzten Beziehungspunkte, wie dem ersten Anfangspunkte alles Erschienenen.
Will Vater und Mutter, wollen Eltern ihren Kindern diesen nie schwankenden
Halt, diesen nie schwindenden Beziehungspunkt als hchste Mitgabe frs Leben
geben und verschaffen; so mssen Eltern und Kind immer innig, innerlich und
uerlich geeint erscheinen, wenn sie in stiller Kammer oder in freyer Natur
sich mit ihrem Gotte und
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Vater im Gebet in Einigung fhlen und erkennen. Es sage ja Niemand denn er
raubt schlechterdings den Kindern dadurch ihr Hchstes -- : die Kinder
werden es nicht verstehen; sie verstehen es und werden es verstehen, wenn
sie nur nicht schon verwildert, wenn sie nur sich selbst und ihren Eltern
nicht schon zu sehr entfremdet sind; sie verstehen es, nicht durch und im
Begriffe, aber durch und in ihrem Innern. Religiositt, inniges Leben in
Gott und mit Gott in allen Zustnden und Lagen des Lebens und des
menschlichen Gemthes, welches nicht von Kindheit auf so mit dem Menschen
herauf wchst, wird sich spter nur hchst schwer zum vollen, krftigen
Leben erheben; so wie ein so gekeimter und gepflegter religiser Sinn unter
allen Strmen und Gefahren des Lebens den Sieg davontragen wird. Die die
Frchte des frheren und des frhesten religisen elterlichen Beyspieles,
und wenn es auch selbst das Kind nicht zu beachten, nicht in sich
aufzunehmen scheint. Und so in jedem Falle des lebendigen elterlichen
Beyspiels.
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Aber nicht allein in Beziehung auf die Ausbildung des Gttlichen und
Religisen im Menschen an sich, sondern fr die Gesammtausbildung des
Menschen ist es hchst wichtig, wenn seine Entwickelung von einem Punkte aus
stetig fortschreite und als stetig fortschreitend erkannt und immer beachtet
werde. Und wesentlich nachteilig, hemmend, ja vernichtend wirkt und ist es
darum, wenn innerhalb der stetig fortlaufenden Reihe der menschlichen
Entwickelungsjahre so scharfe Grenzen und trennende Entgegensetzungen gemacht
werden, da das bleibend Fortlaufende, lebendig Verknpfende, des Lebens
Mark dadurch ganz der Beachtung entzogen wird. Wesentlich nachteilig ist es
darum, wenn die Stufen der menschlichen Entwickelung: Sugling -- Kind --
Knabe, Mdchen -- Jngling, Jungfrau -- Mann, Frau -- Greis, Matrone -- als
wirklich getrennt und nicht, wie es das Leben zeigt, lckenlos in sich,
ineinander bergehend, stetig fortlaufend, vielmehr das Kind, der Knabe als
etwas ganz anderes als der Jngling oder der Mann, und als etwas so
Geschiedenes betrachtet werden, da das Ge-
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meinsame Mensch nur kaum schwach fr den Begriff, den Verstand und
das Wort durchschimmert, aber fast gar nicht beachtet im Leben und fr das
Leben hervortritt. Und doch ist es so in der Wirklichkeit, denn beachtet man
die gewhnliche Rede und das Leben, wie es sich zeigt und ist, wie steht
schon da das Kind und der Knabe so ganz getrennt, besonders sprechen die
sptern Stufen von den frheren wie von etwas ganz Fremdem, von ihnen vllig
Verschiedenem: der Knabe sieht in sich nicht mehr das Kind und in dem Finde
nicht den Knaben; der Jngling sieht in sich nicht mehr den Knaben und das
Kind und in diesen beyden nicht den Jngling; vornehm wegweisend sieht er
ber sie hinweg. Doch das Schdlichste von allem ist, da besonders der Mann
in sich nicht mehr den Sugling, das Kind, den Knaben und Jngling,
berhaupt nicht mehr die frheren Entwickelungsstufen schaut und in diesen
sich nicht selbst findet und sieht, sondern vielmehr vom Kinde und Knaben
und Jnglinge wie von Wesen ganz anderer Art mit ganz anderen Naturen und
Anlagen redet.
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Die trennend scheidende Gegenberstellen, die so scharfe Grenzemachen,
welches seinen Grund in Mangel an frhe begonnener und stetig fortlaufender
Aufmerksamkeit auf die Entwickelung und Selbstbeachtung des eigenen Lebens
hat, bringt unsgliches Unheil, Hemmung und Strung der Entwickelung und
Fortbildung des Menschengeschlechtes, welche nur angedeutet, aber nicht
ausgefhrt werden kann. Es lt sich nur sagen, da einzig seltene innere
Kraft dazu gehrt, die von auen von den Einwirkenden gesetzten Grenzen zu
vernichten, welches jedoch dann immer nur durch einen gewaltsamen Sprung,
durch eine gewaltsame, andere Entwickelungen vernichtende, wenigstens
strende und hemmende That geschehen kann. Alle Lebensuerungen eines
Menschen, bey dem die auf irgendeiner Stufe stattgefunden, behalten darum
auch fr das ganze Leben etwas Gewaltsames. Wie ganz anders wrde es nach
jeder Seite hin sein, wenn die Eltern das Kind in Beziehung auf alle
menschlichen Alters und Entwickelungsstufen, ohne einige dabey zu
berspringen und gar nicht zu bercksichtigen, anschauten und beachteten;
wenn
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sie besonders beachteten, da die krftige und vollstndige Entwickelung
und Ausbildung jeder folgenden Stufe auf der krftigen, vollstndigen und
eigenthmlichen Entwickelung aller und jeder einzelnen vorhergehenden
Lebensstufe beruhe. Die ist es ganz besonders, was Eltern so leicht
bersehen, so oft unbeachtet lassen: so glauben und setzen sie den Menschen
als Knaben, wenn er das Knabenalter erreicht habe, so setzen sie den
Menschen als Jngling oder Mann, wenn er das Jnglings- oder Mannesalter
erreicht habe; aber ebensowenig, als der Knabe dadurch Knabe und der
Jngling dadurch Jngling wird, da er das Knaben- und Jnglingsalter
erreicht, sondern dadurch, da der dort die Kindheit und weiter das
Knabenalter den Forderungen seines Geistes, Gemthes und Krpers getreu
durchlebt hat; ebensowenig wird der Mann durch das Mannesalter Mann, sondern
nur dadurch, da die Forderungen seiner Kindheits-, Knaben- und
Jnglingsstufe treu von ihm erfllt worden sind. Eltern und Vter, in andern
Beziehungen sonst sehr einsichtige und tchtige Vter und Eltern, fordern
nicht allein,
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da das Kind sich schon als Knabe und Jngling, sondern besonders, da der
Knabe wenigstens als Mann sich zeige, da er gleich Mann in allen seinen
Erscheinungen sey und so die Knaben und Jnglingsstufen berspringe. Etwas
ganz anderes ist es, in dem Kinde und Knaben den einstigen Jngling und Mann
in seinem Keime, in seinen Anlagen, Umrissen sehen und achten, und etwas
ganz anderes, ihn schon als Mann sehen und behandeln, von dem Kinde
und Knaben fordern, schon als Jngling und Mann sich zu zeigen, zu empfinden
und zu denken, zu handeln und sich zu betragen. Eltern und Vter, welche
dieses fordern, bersehen und haben vergessen, da eben sie fast immer nur
dadurch und in dem Maae tchtige Eltern und Vter und gewi nur tchtige
Menschen wurden, als sie die Stufen ihrer Natur nach in irgendeiner
Beziehung durchlebten, welche ihr Kind nach ihrer Forderung berspringen
soll.
Diese Ansicht und Nichtwrdigung frherer, besonders der frhesten
Entwickelungsstufen in Be-
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ziehung auf sptere ist es, welche dem knftigen Lehrer und Erzieher des
Knaben kaum zu hebende Schwierigkeiten in den Weg legt, indem einmal der so
gesetzte Knabe nun auch meint, jeden Unterricht der frheren
Entwickelungsstufe rein berspringen zu knnen, und es dann so auf ihn hchst
nachteilig, besonders schwchend wirkt, wenn ihm frh ein Ziel, ein fremdes
auer ihm zum Nachahmen und Bestreben gegeben wird, so z. B.
Ausbilden fr ein gewisses Amt, einen gewissen Wirkungskreis. Das Kind, der
Knabe, der Mensch berhaupt soll kein anderes Streben haben, als auf jeder
Stufe ganz das zu sein, was diese Stufe fordert; dann wird jede folgende
Stufe wie ein neuer Schu aus einer gesunden Knospe hervorschieen, und er
wird auch auf jeder folgenden Stufe bey gleichem Streben bis zur Vollendung
wieder das werden, was diese Stufe fordert; denn nur die gengende
Entwickelung des Menschen in und auf jeder vorhergehenden frheren bewirkt,
erzeugt eine gengende vollendete Entwickelung jeder folgenden sptern Stufe.
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Dieses ist besonders in Beziehung auf die Entwickelung und Ausbildung der
Menschenthtigkeit zur Hervorbringung uerer Erzeugnise, fr Werkthtigkeit,
fr Arbeitsamkeit hoch zu beachten wichtig.
Der Mensch hat jetzt wohl durchgehends einen ganz falschen uern, darum
unhaltbaren todten, nicht Leben weckenden und Leben nhrenden, noch weniger
einen Lebenskeim in sich tragenden und darum lastenden, erdrckenden,
erniedrigenden, hemmenden und todten Begriff von Arbeit und Arbeitsamkeit,
von Thtigkeit fr uere Erzeugnise, von Werkthtigkeit.
Gott schafft und wirkt ununterbrochen stetig fort; jeder Gedanke Gottes ist
ein Werk, eine That, ein Erzeugni, und jeder Gedanke Gottes wirkt mit
schaffender Kraft erzeugend und darstellend, Werk und That schaffend bis in
Ewigkeit fort; wer es nicht schon siedet, schaue Jesum in seinem Leben und
Wirken, schaue das chte Leben und Wirken des Menschen, schaue -- wenn er
wahrhaft lebt -- seyn eigenes Leben und Wirken selbst an.
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Der Geist Gottes schwebte ber und auf dem Ungeformten, Ungestalteten und
bewegte es, und Steine und Gewchse, Thiere und Menschen bekamen Form,
Gestalt, Daseyn und Leben. Gott schuf den Menschen, ein Abbild seiner
selbst, zum Bilde Gottes schuf er ihn: darum soll der Mensch schaffen und
wirken gleich Gott; seyn Geist, der Menschen Geist, soll auf und ber dem
Ungeformten, Ungestalteten schweben und es bewegen, da Gestalt und Form,
da Wesen und Lebeninsichtragendes hervorgehe. Die ist der hohe Sinn, die
tiefe Bedeutung, der groe Zweck der Arbeit und Arbeitsamkeit, des Wirkens
und Schaffens, wie wir es ja ganz wahr und bezeichnend nennen. Durch Flei
und Arbeitsamkeit, durch Wirken und Thun, welches der lichte Gedanke oder
auch nur die leiseste Ahnung, ja nur das unmittelbare lebendige Gefhl
begleitet, da wir dadurch Innerliches uerlich darstellen, Geistigem
Krper, Gedachtem Gestalt, Unsichtbarem Sichtbarkeit, Ewigem, im Geiste
Lebendem uerliches, endliches und vergngliches Daseyn geben: dadurch
werden wir wahrhaft Gott hnlich, und durch Gott-
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hnlichkeit steigen wir immer mehr und mehr zur chten Gotterkenntnis, zur
Einsicht in das Wesen Gottes empor, und so kommt Gott innerlich und
uerlich uns immer nher. Darum sagt Jesus auch in dieser Beziehung so ewig
wahr: "Den Armen ist das Himmelreich", wenn sie es nur einshen und
erkennten, durch Flei, Arbeitsamkeit, Wirken und Schaffen bten. Auch den
Kindern ist das Himmelreich; denn sie geben sich kindlich vertrauend, wenn
nur nicht die Ueberklugheit und der Aberwitz der Erwachsenen sie strte,
willig dem in ihnen wirkenden Gestaltungs- und Thtigkeitstriebe hin.
Erniedrigend, nur zu dulden, nicht zu verbreiten und fortzupflanzen, ist der
Gedanke, der Wahn: als arbeite, wirke, schaffe der Mensch nur darum, seinen
Krper, seine Hlle zu erhalten, sich Brot, Haus und Kleider zu erwerben;
nein! -- der Mensch schafft ursprnglich und eigentlich nur darum, damit das
in ihm liegende Geistige, Gttliche sich auer ihm gestalte, und er so sein
eigenes, geistiges, gttliches Wesen und
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das Wesen Gottes erkenne. Das ihm dadurch kommende Brot, Haus, Kleider ist
Ueberschu, ist unbedeutende Zugabe. Darum sagt Jesus: Trachtet am ersten
nach dem Reiche Gottes, d. i. nach Darstellung des Gttlichen in euerm Leben
und durch euer Leben, so wird euch alles andere, was das endliche Leben
sonst noch bedarf, dadurch von selbst zufallen. Darum sagt Jesus: Das ist
meine Speise, da ich den Willen Gottes tue; schaffe, wirke, was mir und wie
es mir Gott aufgetragen hat. Darum werden die Lilien auf dem Felde von Gott
gekleidet, die nach menschlicher Ansicht nicht arbeiten, prchtiger als
Salomo in aller seiner Herrlichkeit. Denn die Lilie, treibt sie nicht
Bltter und Blumen, verkndigt sie nicht in allem ihrem Erscheinen Gott und
stellt Gott dar, das Wesen Gottes? -- Die Vgel unter dem Himmel, sie sen
wohl nach menschlicher Ansicht nicht, sie arbeiten nach menschlicher Meinung
nicht; aber stellen sie nicht durch jede ihrer uerungen, wenn sie singen,
wenn sie Nester bauen, durch alle ihre hundert und tausend verschiedenen
Handlungen den Geist, das Leben dar, das Gott in sie
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legte? Darum nhrt und erhlt sie Gott. So soll der Mensch von den Lilien
auf dem Felde, so soll er von den Vgeln unter dem Himmel lernen, immer das
von Gott in ihn gelegte Wesen uerlich an That und Werk, Gestalt und Stoff
auf die Weise, wie sie Ort und Zeit, Stellung und Beruf fordert, kundzuthun,
sei es nun in diesem Augenblick so klein und unscheinbar, oder so gro und
wichtig, als es wolle; und dann soll er wegen seines Unterhaltes sicher
sein; Gott wird ihm hundert Wege zeigen, er wird beym Gebrauch seiner
Geisteskraft in sich und auer sich jederzeit ganz gewi ein Mittel, einen
Weg finden, und mehr bedarf es ja gar nicht, wo er seine irdischen
Bedrfnisse befriedigen kann. Und schwnde uerlich alles, so bleibt ihm
nicht nur unverkrzt, sondern steigert sich in ihm sogar noch die
entwickelte Gotteskraft, durch Ertragung den Mangel schwindend zu machen.
Weil nun aber alle geistigen Wirkungen als Erscheinungen im Endlichen eine
Zeitfolge, ein Nachundnach, eine Aufeinanderfolge bedingen, so ist
schlechterdings nothwendig und unerllich, da, wenn der Mensch zu
irgend einer
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Zeit seines Lebens,seysie nun so nahe oder ferne, so frhe oder spt sie
wolle, verabsumt hat, seine Kraft als eine Gotteskraft auer sich zu
gestalten, und zu einem Werk zu erheben, oder mindestens fr Werk und That
zu entfalten, ihn zu einer Zeit Mangel treffen wird, da ihn in dem Maae
Mangel treffen wird, als er verabsumte, seine Kraft zu entwickeln, zum Werk
zu erheben; wenigstens wird ihm zu irgendeiner Zeit nicht das werden, was
ihm htte werden knnen, wenn er seinem Berufe, dem Gebrauche seiner Krfte
als Gotteskraft immer treu nachgekommen wre; denn es mu den irdischen und
Welt-Gesetzen gem, unter denen wir leben, eine Zeit kommen, in der das
Erzeugni jener verabsumten Thtigkeit htte erscheinen sollen; war nun die
Thtigkeit und Wirksamkeit verabsumet, wie kann da Erzeugni kommen? -- Bey
diesem zu irgendeiner Zeit nun eintretenden Mangel bleibt dem Menschen
nichts brig, als die zweyte Seite seiner Geisteskraft, die der Entsagung
und Ertragung, wirksam seyn zu lassen, und so den Mangel selbst schwindend
zu machen, und auf das eifrigste thtig zu
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sein, durch Wirksamkeit fr die Zukunft jeden solchen Mangel zu vermeiden.
Darum ist denn ein doppelter Grund, eine zweyfache, unerlliche Forderung,
eine innere und eine uere, und da die erstere die letztere in sich fat,
eine hochwichtige, ewige, da der erschienene, da der sprossende und
wachsende Mensch frh zur Thtigkeit fr ueres Werk, fr Erzeugni
entwickelt werde, und die fordert auch die Natur des Menschen an und fr
sich. Die Sinnen und Gliederthtigkeit des Suglings ist der erste Keim, die
erste Krperthtigkeit, die Knospe, der erste Bildungstrieb; Spiel, Bauen,
Gestalten die ersten zarten Jugendblten, und die ist der Zeitpunkt, wo der
Mensch befruchtet werden mu fr knftige Arbeitsamkeit, Flei und
Werkthtigkeit. Kein Kind und spter kein Knabe und Jngling, wes Standes
und wes Lage er seyn mag, sollte sein, der sich nicht tglich wenigstens ein
oder zwey Stunden einer ernsten Thtigkeit zur Hervorbringung bestimmter,
uerer Werke widmete. Die Kinder, der Mensch lernt und treibt
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jetzt des Ungestalteten und Gestaltlosen zu viel und vielerlei, und der
Arbeit zu wenig, obgleich das Lernen durch und bey der Arbeit, durch und aus
dem Leben das ber alles eindringlichere und falichere, das Sich in sich,
und dem, der es besitzt, lebendig fortentwickelndere ist. Kinder und Eltern
halten die Thtigkeit des eigentlichen Arbeitens so sehr zum Nachteil ihrer
selbst und so unwichtig fr ihre knftigen Lagen, da Erziehungs und
Lehranstalten es sich zur festesten Aufgabe machen mssen, diese zu steuern.
Die jetzige husliche wie die Schulerziehung fhrt die Kinder zur
Krpertrgheit und Werkfaulheit; unsgliche Menschenkraft bleibt dabey
unentwickelt; unsgliche Menschenkraft geht verloren! Hchst heilsam wre in
der letzteren gleich den bestehenden Unterrichtsstunden die Einfhrung
echter Arbeitsstunden, und dahin mu es auch noch kommen, denn der Mensch
hat durch den bisherigen unbedeutenden und nur nach uern Rcksichten
bestimmten Gebrauch seiner Menschenkraft, das innere und uere Maa
derselben und dafr, und so die Erkenntni, die
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Wrdigung und Wertschtzung und die treue Beachtung derselben selbst
verloren.
Wie frhe Bildung fr Religion so hochwichtig, gleich so wichtig ist frhe
Bildung fr chte Werkthtigkeit, Arbeitsamkeit. Frhe Arbeit, der
innern Bedeutung derselben angemessen geleitet, befestigt und erhht die
Religion. Religion ohne Werkthtigkeit, ohne Arbeit luft Gefahr, leere
Trumerei, nichtige Schwrmerei, gehaltloses Phantom zu werden, so wie
Arbeit, Werkthtigkeit ohne Religion den Menschen zum Lasttier, zur Maschine
macht, Arbeit und Religion sind ein Gleichzeitiges, wie Gott, der Ewige von
Ewigkeit schuf. Wrde die erkannt, wrden die Menschen von der Wahrheit
dieses durchdrungen sein, wrden sie derselben gem im Leben handeln und
wirken: bis zu welcher Stufe wrde sich das Menschengeschlecht bald erheben!
--
Doch nicht nur in sich ruhend als Religion und Religiositt, nicht nur
herauswirkend als Arbeit und Werkthtigkeit, sondern auch auf sich
zurckziehend und auf sich ruhend soll die Menschen-
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kraft sich entwickeln, ausbilden, wirken, und im letzteren Fall als
Enthaltsamkeit, Migkeit, Sparsamkeit. Was ist hier fr den sich
nicht ganz entfremdeten Menschen mehr nthig als anzudeuten? -- Wo die
eigentlich ungeteilte innige Drey in chter ursprnglicher Einigung, wo
Religion, Arbeitsamkeit und Migung in Eintracht wirken: da ist
der irdische Himmel, da ist Friede, Freude, Heil, Gnade und Seegen! --
So der Mensch im Kinde als Ganzes betrachtet, so das Leben der Menschheit
und des Menschen in der Kindheit als Einheit geschauet, so die ganze
knftige Wirksamkeit des Menschen im Kinde als Keim gesehen. Und so mu es
sein; er, der Mensch, mu, um ihn und in ihm die Menschheit ganz zu
entwickeln, schon in dem Kinde in der Gesammtheit der irdischen Beziehungen
ganz und in Einheit angeschauet werden. Da aber alle Einheit in der
Erscheinung Einzelheiten fordert und alle Allseitigkeit in der Erscheinung
eine Aufeinanderfolge, ein Nacheinander bedingt und nothwendig macht: so
entwickeln sich auch Welt und Leben dem Kinde
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und in dem Kinde nur als Einzelheiten und in Aufeinanderfolge; so sollen
auch die Krfte, Anlagen und Richtungen, die Glieder- und Sinnenthtigkeiten
des Menschen in der nothwendigen Reihenfolge entwickelt werden, in der sie
selbst an und in dem Kinde hervortreten.
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Dem erschienenen Menschen, dem Kinde, tritt die Auenwelt, wenn auch in sich
immer schon aus denselben Gegenstnden und in derselben Gegliedertheit
bestehend, aus ihrem Nichts zuerst in neblichter gestaltloser Dunkelheit, in
chaotischer Verworrenheit, selbst Kind und Auenwelt ineinander
verschwimmend entgegen, und es stellen sich dann die Gegenstnde demselben
aus diesem Nichts, diesem Nebel, besonders durch das von seiten der Eltern,
der Mutter frh dazwischentretende, Kind und Auenwelt zuerst trennende,
dann beyde wieder einende -- Wort, erst einzeln und selten, endlich
mannigfaltig und fter in ihrer in sich geschlossenen festen Geschiedenheit
hervor, und so tritt der Mensch, das Kind zuletzt sich selbst als ein
bestimmter geschiedener, von allen andern ganz verschiedener Gegenstand
entgegen. So wiederholt sich in dem Gemthe und Geiste, in der geistigen
Entwickelungsgeschichte, in der Geschichte des Bewutwerdens des Menschen, in
jedem Kinde, in der Erfahrung jedes Kindes, von seinem Erscheinen auf der
Erde an die Entwickelungs und Schpfungsgeschichte aller Dinge, wie solche
uns die heiligen Bcher erzhlen, bis dahin, wo der Mensch zuletzt selbst im
Gottesgarten, in der offen vor dem Kinde liegenden schnen Natur erscheint,
sich darin findet; so wie sich spter in jedem Kinde dem Wesen nach dieselbe
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That wiederholt, mit welcher die sittliche, menschliche Freiwerdung, die
Vernnftigkeit beginnt, so wie damit die sittliche und menschliche
Freiwerdung, die Vernnftigkeit des ganzen Menschengeschlechtes begann und
nothwendig zur Freyheit geschaffen beginnen mute. Dieses alles, die ganze
Entwickelungsgeschichte des Menschengeschlechtes, bis auf diesen jetzigen
Punkt, auf welchem sie steht, oder bis auf jeden bestimmten Punkt in sich zu
erkennen, anzuschauen und einzusehen, bleibt jedem, besonders jedem auf
seine Entwickelung achtsamen Gemthe und Menschen berlassen. Darum aber, da
er es knne, wird jeder Mensch aufgefordert, und soll jeder Mensch seyn und
das Fremd, das Anderleben frh und immer als ein stetiges, nach gttlichen
Gesetzen sich entwickelndes Ganzes erkennen und beachten. Nur auf solche
Weise versteht der Mensch die Geschichte, die Geschichte der
Menschheitsentwicklung, so wie sich selbst, die Geschichte und
Erscheinungen, Thatsachen seiner eigenen Entwickelung, die Geschichte seines
eigenen Herzens, Gemthes, Geistes; nur so versteht er andere; nur so
verstehen Eltern, versteht der Vater, die Mutter ihr Kind. --
Innerliches uerlich, uerliches innerlich zu machen, fr beydes die
Einheit zu finden: die ist die allgemeine uere Form, in welcher sich die
Bestimmung des Menschen ausspricht; darum tritt auch jeder uere Gegenstand
dem Menschen mit der Anforderung entgegen, erkannt und in seinem Wesen,
seiner Verknpfung anerkannt zu werden;
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dazu besitzt der Mensch die Sinne, d. i. die Werkzeuge, durch welche er jene
Forderung erfllt, welches auch erschpfend und gengend das Wort S--inn,
d.i. selbstthtige Innerlich-machung bezeichnet.
Jedes Ding und Wesen, alles aber wird nur erkannt, wenn es mit dem
Entgegengesetzten seiner Art verknpft, und mit demselben die Einigung,
Uebereinstimmung, Gleichung gefunden wird, und die Erkenntni geschieht um so
vollkommener, als die Verknpfung mit dem Entgegengesetzten und die
Auffindung des Einigenden geschieht.
Die Gegenstnde der Auenwelt treten dem Menschen vorwaltend in und mit
einem mehr festen, oder mehr flchtigen, oder mehr luftigen Zustande
entgegen. Diesem ganz entsprechend, findet sich der Mensch mit Sinnen fr
das mehr Feste, fr das mehr Flchtige und fr das mehr Luftige begabt.
Jeder Gegenstand aber tritt wieder vorwaltend mehr in
und mit Ruhe, oder vorwaltend mehr in und mit Bewegung entgegen. Demgem
ist jeder dieser Sinne wieder an zwey ganz verschiedene Organe verteilt,
wovon das eine vorwaltend mehr zur Erkenntni der Gegenstnde in und mit
Ruhe, das andere Organ dagegen mehr zur Erkenntni der Gegenstnde in und
mit Bewegung wirkt; so da also der Sinn fr das Luftige an die Organe des
Hrens und Sehens, der Sinn fr das Flssige an die Organe des Schmeckens
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und Riechens, der Sinn fr das Feste an die Organe des Fhlens und Tastens
verteilt ist.
Dem Gesetze der Erkennung der Dinge durch das Entgegengesetzte gem
entwickelt sich auch in dem Kinde zuerst der Gehrsinn, das Gehr, und erst
von und durch dieses geleitet, bedingt, gereizt, spter der Gesichtssinn,
das Gesicht; durch welche Entwickelung dieser beyden Sinne in dem Kinde den
Eltern und den Umgebungen erst mglich gemacht wird, die Gegenstnde mit dem
Entgegengesetzten derselben, dem Worte, und dann dem Zeigen, auf das
innigste, gleichsam zu Eins, zu einem mit und ineinander Bestehenden zu
verknpfen, und so das Kind zum Anschauen und spter zur Erkenntni
derselben zu fhren.
Mit der fortschreitenden Sinnenentwicklung entwickelt sich an dem Kinde
gleichzeitig und gleichmig der Gebrauch des Krpers, der Glieder, und zwar
wieder in einer in der Natur derselben und in den Eigenschaften der
Gegenstnde der Krperwelt bedingten Folge.
Die Gegenstnde der Auenwelt sind selbst mehr nahe, ruhend, und
fordern daher durch sich zur Ruhe auf; oder sie sind mehr sich bewegend,
sich entfernend, und fordern dadurch zum Aneignen, Ergreifen, Festhalten
auf; oder sie sind an feste, entfernte Stellen, Rume geknpft und fordern
dadurch den, welcher sie sich nher bringen will, und eigentlich schon durch
ihr Entferntseyn selbst, wie jene durch
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ihre Bewegung an sich auf, sich zu ihnen und sie zu sich zu bewegen. So
entwickelt sich der Gebrauch der Glieder zum Sitzen und Liegen, zum Umfassen
und Ergreifen, der Glieder zum Gehen und Springen. Stehen ist eine, und zwar
die vollkommenste Gesammtheit alles Glieder und Krpergebrauchs: es ist das
Finden des krperlichen Schwerpunktes. Das krperliche Stehen ist fr diese
Stufe ebenso bedeutend als das Lcheln, das leibliche (physische)
Sichselbstfinden, fr die frhere Stufe war, und das sittliche und religise
Stehen fr die letzte Stufe der Menschheitsentwicklung ist.
Auf dieser Stufe der Entwickelung ist
es dem erschienenen, werdenden Menschen nur noch um den Gebrauch seines
Krpers, seiner Sinne, seiner Glieder rein um des Gebrauches und der
Anwendung, Uebung, nicht aber um deswillen zu thun, was aus und durch diesen
Krper, Sinnen und Gliedergebrauch hervorgeht; dieses ist ihm ganz
gleichgltig, oder bezeichneter, davon ahnet es noch gar nichts; daher das
auf dieser Stufe beginnende Spiel des Kindes mit seinen Gliedern: seinen
Hndchen, Fingern, seinen Lippen, seiner Zunge, seinen Fchen, aber auch
seinen Augen und Mienen.
Diesem Mienen und Gliederspiele in den Gesichts und Krperbewegungen liegt
nun zwar anfangs, wie eben gesagt, keine Darstellung des Innern am uern
zum Grun-
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de, und es tritt diese erst eigentlich auf der folgenden
Entwickelungsstufe ein; doch sind diese Spiele das erste zur Beachtung und
Bewahrung als Kindesuerungen Gegebene, damit das Kind sich nicht Krper
und besonders Gesichtsbewegungen angewhne ohne allen inneren Grund, so z.
B. Augen und Mundverdrehungen, und sich so frhe eine Spaltung, Trennung
zwischen Gebrden und Gefhlen, zwischen Krper und Geist, zwischen uerm
und Innerm einschleiche, die entweder zur Heuchelei oder dahin fhrt, da
der Krper Bewegungen, Manieren annimmt, die spter sich gar nicht mehr der
Willenskraft unterwerfen, sich nie mehr ablegen lassen und den Menschen
durchs ganze Leben wie eine Maske begleiten.
Kinder drfen daher von frh an nie zu lang ohne Gegenstand zur Thtigkeit
auer ihnen auf Betten und in Wiegen sich selbst berlassen bleiben, auch
berdies zur Vermeidung krperlicher Verweichlichung; denn sie erzeugt und
bedingt nothwendig geistige Verweichlichung und Schwche. Um die letztere
zu vermeiden, soll das Lager der Kinder gleich von frhe, von dem ersten
Augenblick an, weniger weich sein; es bestehe darum aus Kissen von Heu,
Seegras, feinem Stroh, Spreu oder hchstens Rohaaren, aber nicht aus
Federn; soseyauch die Bedeckung des Kindes whrend des Schlafes nur
leicht, der Einwirkung der reinen Luft ausgesetzt.
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Zur Vermeidung des ersteren, des vor dem Einschlafen und besonders nach dem
Erwachen sich geistig unthtig auf dem Lager Selbstberlassenseins ist es
sehr zweckmig, in der natrlichen Gesichtslinie des Kindes einen
schwankenden Kfig mit einem muntern Vogel aufzuhngen; die fesselt die
Sinnen und Geistesthtigkeit des Kindes und gibt ihm mehrseitige Nahrung.
Mit der entwickelten Sinnen, Krper und Gliederthtigkeit, wo das
Kind nun anfngt, Innerliches selbstthtig uerlich darzustellen, hrt die
Suglingsstufe der Menschenentwicklung auf, und es beginnt die Stufe des
Kindes. Bis zu dieser Stufe ist das Innere des Menschen noch eine
ungegliederte, mannigfaltigkeitslose Einheit. Mit der eintretenden Sprache
beginnt uerung und Darstellung des Innern des Menschen, beginnt
Gliederung, nach Mittel und Zweck verknpfte Mannigfaltigkeit im Innern des
Menschen; es gliedert, es bricht sich das Innere des Menschen und strebt,
sich uerlich kund zu thun, zu verkndigen: er, der
Mensch, strebt mit eigener selbstthtiger Kraft seyn Inneres uerlich am
Festen und durch Festes auer sich darzustellen und zu gestalten, und diese
selbstthtige, selbstndige Entwickelung des Menschen, diese selbstthtige
Darstellung des Innern durch eigene Kraft am Festen liegt auch ganz in dem
diese Stufe der menschlichen Fortbildung bezeichnenden Worte, Kind, K--in--d
ausgedrckt.
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Mit der Stufe der Kindheit nun, mit dieser Stufe der am uerlichen und
durch uerliches Sichtbarmachung des Innern und des Suchens und Strebens
nach Einigung beyder, nach der beydes verknpfenden Einheit, beginnt die
eigentliche Erziehung des Menschen durch zwar verminderte krperliche, aber
erhhte Geistespflege und Geisteshut. Aber der Mensch, die Erziehung des
Menschen, ist auf dieser Stufe noch ganz der Mutter, dem Vater, der Familie,
denen anheimgestellt, mit welchen er durch die Natur und von Natur ein
ungestcktes, ungetrenntes Ganzes ausmacht; denn das Darstellungsmittel, die
Sprache, nur als Hrbares betrachtet, das Sprechen ist auf dieser Stufe noch
ein von dem Menschen ganz Ungetrenntes; ja er kennt und erkennt sie noch gar
nicht als etwas Eigenes; sie ist eins mit ihm, wie seyn Arm, seyn Auge,
seine Zunge, ohne da er selbst noch etwas von ihr wei.
Zwar lt sich unter den verschiedenen Bildungs- und Entwickelungsstufen des
Menschen, auer der nothwendigen Ordnung ihrer Erscheinung, nach welcher das
Frhere und Frheste immer das Wichtigere und Wichtigste ist, in Hinsicht
auf ihre grere oder geringere Wichtigkeit keine Rangordnung festsetzen und
bestimmen; jede ist an ihrer Stelle und zu ihrer Zeit gleich wichtig; doch
ist diese Stufe, weil sie die Entwickelung des ersten Verknpfenden und
Einenden mit der Umgebung und der umgebenden Auenwelt, das Erste zur
Deutung und zum Verstndnis derselben, zur Erfassung
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ihres Innern enthlt, so hoch wichtig. Sie ist wichtig, diese Stufe; denn es
ist fr den sich entfaltenden Menschen wichtig, ob ihm die Auenwelt als ein
Edles oder ein Unedles; als ein Niederes, Totes, als eine Sache nur zum
Nutzen, Verzehren, Vernichten, zum Genieen von andern, oder als
Selbstzweck, als ein Hohes und Lebendiges, als ein Geistiges, Beseeltes und
Gttliches erscheine; ob als ein Klares oder Trbes, als ein Veredelndes,
Erhebendes, oder als ein Erniedrigendes, Drckendes; ob er sie, die Sache,
in ihren wahren oder in schiefen, verdrehten Verhltnissen sehe und erkenne.
Darum soll das Kind auf dieser Stufe, wie alles recht und richtig anschauen,
so auch recht und richtig, bestimmt und rein bezeichnen, sowohl die Sachen
und Gegenstnde selbst, als auch ihrem Wesen und ihren Eigenschaften nach.
Es soll richtig bezeichnen die Verhltnisse der Gegenstnde sowohl zum Raume
und zur Zeit, als auch unter und zu sich, jedes mit seinem richtigen Namen,
Worte, und jedes Wort in sich klar und rein nach seinen Bestandteilen: Ton,
Laut und Schlu. Da diese Entwickelungsstufe des Menschen aber fordert da
er als Kind alles klar, richtig und rein bezeichne, darum ist es so
wesentlich nthig, da auch ihm alles Umgebende richtig, klar und rein
vorgefhrt werde da er alles richtig, klar und rein anschaue und erkenne;
beydes ist unzertrennlich und bedingt sich gegenseitig. Doch fllt auf
dieser Stufe noch, wie die Sprache noch eins ist mit dem sprechenden
Menschen, auch die Sprache und Sprachbezeichnung dem sprechenden Kinde,
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mit dem zu bezeichnenden Gegenstand in Eins zusammen, d. h. es kann Wort und
Sache, so wie Krper und Geist Leib und Seele noch nicht trennen; sie sind
ihm noch eines und ebendasselbe. Die zeigt besonders das Spiel und Spielen
der Kinder in dieser Zeit und Epoche; gern, und wenn es kann, viel spricht
das Kind beym Spiel. Spiel und Sprechen ist das Element, in welchem das Kind
jetzt lebt; darum erteilt auch das Kind auf dieser Stufe der
Menschenentwicklung jedem Dinge Lebens-, Empfindungs-, Sprachfhigkeit mit,
und von jedem Dinge glaubt das Kind, da es hre; eben weil das Kind beginnt
seyn Inneres uerlich darzustellen, so setzt es gleiche Thtigkeit auch in
alles brige ihn Umgebende,seyes ein Stein oder ein Hlzchen, sey es ein
Gewchs, eine Blume oder ein Thier.
Und so entwickelt sich dem Kind auf dieser Stufe wie seyn Leben an sich und
in sich wie seyn Leben mit den Eltern und der Familie wie das Leben mit
einem ihm und diesen Gemeinsamen, Hhern, Unsichtbaren so ganz besonders
auch sein Leben in und mit der Natur, als einem, gleiches Leben mit ihm, wie
es die in sich fhlt, in sich Tragenden; und als ein Hauptbeziehungspunkt
des gesammten Kindeslebens mu besonders das Leben in und mit der Natur und
den klaren, stillen Gegenstnden der Natur von den Eltern und
Familiengliedern in dieser Zeit gepflegt werden; und die geschieht ganz
besonders durch das Spiel,
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durch die Pflege des Kindesspieles, welches anfnglich nur Naturleben ist.
Spielen, Spiel ist die hchste Stufe der Kindesentwicklung, der
Menschenentwicklung dieser Zeit; denn es ist freithtige Darstellung des
Innern, die Darstellung des Innern aus Nothwendigkeit und Bedrfnis des
Innern selbst, was auch das Wort Spiel selbst sagt. Spiel ist das reinste
geistigste Erzeugni des Menschen auf dieser Stufe, und ist zugleich das
Vorbild und Nachbild des gesammten Menschenlebens, des Innern geheimen
Naturlebens im Menschen und in allen Dingen; es gebiert darum Freude,
Freyheit, Zufriedenheit, Ruhe in sich und auer sich, Frieden mit der Welt.
Die Quellen alles Guten ruhen in ihm, gehen von ihm hervor; ein Kind,
welches tchtig, selbstthtig still, ausdauernd, ausdauernd bis zur
krperlichen Ermdung spielt, wird gewi auch ein tchtiger, stiller,
ausdauernder, Fremd und Eigenwohl mit Aufopferung befrdernder Mensch. Ist
nicht die schnste Erscheinung des Kinderlebens dieser Zeit das spielende
Kind? -- das in seinem Spiel ganz aufgehende Kind? -- das in seinem vlligen
Aufgegangenseyn im Spiele eingeschlafene Kind? --
Das Spiel dieser Zeit ist, wie schon oben angedeutet, nicht Spielerey; es
hat hohen Ernst und tiefe Bedeutung; pflege, nhre es, Mutter, schtze,
behte es, Vater! -- dem ruhigen, durchdringenden Blicke des chten
Menschen-
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kenners liegt in dem freythtig gewhlten Spiele des Kindes dieses Zeitraums
das knftige innere Leben desselben offenbar vor Augen. Die Spiele dieses
Alters sind die Herzbltter des ganzen knftigen Lebens; denn der ganze
Mensch entwickelt sich und zeigt sich in denselben in seinen feinsten
Anlagen, in seinem innern Sinn. Das ganze knftige Leben des Menschen bis
dahin, wo er seinen letzten Fu wieder aus demselben setzt, hat in diesem
Lebenszeitraum seine Quelle, und ob dieses knftige Leben klar oder getrbt,
sanft oder brausend, wallend oder wogend, werkthtig oder werkfaul,
thatenreich oder thatenarm, dumpf hinbrtend oder klar schaffend, dumpf
anstaunend oder klar anschauend, bildend oder zerstrend, Eintracht oder
Zwietracht, Krieg oder Frieden bringend sei; sein knftiges Verhltnis zu
Vater und Mutter, Familie und Geschwistern, zu der brgerlichen Gesellschaft
und den Menschen, zu Natur und Gott hngt den eigenthmlichen und natrlichen
Anlagen des Kindes gem besonders von der Lebensweise desselben in diesem
Alter ab; denn des Kindes Leben in sich und mit sich, in und mit den Seinen,
in und mit der Natur und Gott ruht hier noch ganz in einer Einheit: so wei
kaum das Kind in diesem Alter, ob ihm die Blumen lieber sind, oder seine
eigene Freude ber dieselben, oder die Freude, die es seiner Mutter, seinen
Eltern macht, wenn es sie ihnen bringt, zeigt, oder die dunkle Ahnung des
lieben Gebers. Wer mag diese Freuden, an welchen dieses Alter so reich ist,
zergliedern? -- Ist, wird das Kind in diesem Alter verletzt,
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sind, werden in demselben die Herzbltter seines knftigen Lebensbaumes
verletzt -- dann, nur mit der grten Mhe und hchsten Anstrengung wird das
Kind zum Mannesleben erstarken, schwer, hchst schwer nur sich auf dem
Entwickelungs- und Ausbildungswege dahin vor Verkrppelung, mindestens vor
Einseitigkeit sichern.
Ganz vorzglich wichtig sind in diesen Jahren der Kindheit und des
Kindesalters die Nahrungsmittel und Speisen desselben, nicht nur fr das
jetzige Alter und Leben des Kindes: denn das Kind kann durch seine
Nahrungsmittel, durch seine Speisen lebensfaul und lebensthtig, lebensmatt
und lebensfrisch, lebenstrge und lebensflink, lebensschwach und
lebenskrftig werden sondern fr das ganze knftige Leben; denn Eindrcke,
Neigungen, Begierden, Sinnen, ja eigentliche Lebensrichtungen, Richtungen
der Lebensthtigkeiten, die das Kind auf diese Weise, die das Kind durch
seine Nhrungsart empfangen hat, lassen sich schwierig, selbst von dem
knftig selbstndigen Menschen ablegen; sie sind eins mit seinem ganzen
leiblichen, und so auch verwachsen mit seinem geistigen, wenigstens mit
seinem Empfindungs und Gefhlsleben. Darum sei die erste Kost des Kindes
nach der Muttermilch einfach und mig, nicht knstlicher und nicht
verfeinerter, als eben kaum nthig, besonders nicht reizend und aufregend
durch vorherrschende Gewrzigkeit, nicht fett, um die Thtigkeit der innern
Organe nicht zu hemmen.
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Als allgemeine Wahrheit, aus der jede einzelne Vorschrift hervorgeht, sollen
Eltern und Kinderpfleger sich immer sagen, da der Mensch in der Zukunft um
so glcklicher und krftiger, eigentlich wahrhaft schpferischer nach jeder
Seite hin sein und werden wird, als einfach und mig, der unverwhnten
Menschennatur angemessener die Lebensmittel und Krperbedrfnisse waren,
unter, in und mit welchen der Mensch als Kind heraufwuchs. Wer sieht nicht
oft in dem durch Gewrzigkeit oder Unmigkeit berreizten Kinde Gelste von
sehr niederer Art, von welchen es gar nicht mehr losgemacht werden kann,
Gelste, die, wenn sie auch zurckgetreten scheinen, doch nur schlummern,
zur Zeit der Gelegenheit mit noch grerer Gewalt zurckkehren und dem
Menschen alle seine Wrde zu nehmen, ihn seiner Pflicht zu entreien drohen.
Mchten doch Eltern bedenken, nicht allein wieviel knftiges, einzeln
persnliches, sondern sogar, wieviel husliches und Familienglck, ja
Brgerwohl dadurch verbreitet werde, wie ganz anders wrden sie dann doch
wohl handeln! Aber hier ist es die thrichte Mutter, dort der kindische
Vater, und Gift ber Gift sehen wir den Kindern in allen Formen und Arten
reichen, grobes und feines, dort durch die erdrckende Masse, die immer nur
gibt, nie den Krper und Kinde verarbeiten lt, ja selbst nur, um die
Langeweile zu vertreiben, welche das unbeschftigte Kind plagt, hier durch
berfeinerten Stoff, der das leibliche, physische Leben ohne geistige und
chte Lebensbedingung aufregt und dadurch verzehrend und
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schwchend auf den Krper wirkt. Dort wird Krperfaulheit und Krpertrgheit
als Ruhe betrachtet, die dem Kinde wohl zu vergnnen sei; hier wird die vom
geistigen, chten Lebenseinflusse unabhngige Krperbeweglichkeit des
Kindes, -- als Folge des Ueberreizes wirklicher Giftzuckungen -- fr chte
Lebenssteigerung, fr wahre Lebensentwickelung geachtet.
Einfacher, bey weitem einfacher ist das Wohl und Glck und Heil des
Menschengeschlechtes befrdert und begrndet als wir glauben; wir haben alle
die Mittel leicht und nahe, aber wir sehen sie nicht, wir sehen sie wohl,
aber wir beachten sie nicht; sie sind uns in ihrer Einfachheit,
Natrlichkeit, leichten Anwendbarkeit und Nhe zu gering, wir verachten sie;
wir suchen von fern her Hilfe, da uns nur durch uns selbst, da wir uns nur
allein helfen knnen. Darum reicht auch spter unser halbes, ja unser ganzes
bedeutendes Vermgen nicht hin, unsern Kindern das zu verschaffen, was wir
bey grerer Einsicht und bey klarerem Blick als ihr Bestes erkennen mssen,
was ihnen nun doch gar nicht oder wenigstens nicht in Reinheit und Flle
kommt, und was ihnen gleichsam von selbst gekommen wre, nicht wenn wir in
der Kindheit unserer Kinder auch nur eineKleinigkeit mehr auf sie gewandt,
nein! nein! was ihnen gerade dann gekommen wre, wenn wir Bedeutendes
weniger fr ihre Krperpflege ausgegeben htten.
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Knnte doch nur jedem jungen, neuen Ehepaare eine von den traurigen
Erfahrungen und Erscheinungen mitgeteilt, in ihrem kleinen einfachen und
unbedeutend erscheinenden Grunde und in ihren unberechenbaren, alles Gute
der sptem Erziehung rein zu vernichten strebenden Folgen in ihrer
Lebendigkeit mitgeteilt werden, welche der Erzieher Hunderte zu machen
genthigt ist, und deren Kenntnis ihm wenig dazu beytragen kann, diese
Erscheinungen bey denen im knftigen Leben unschdlich zu machen, an welchen
er sie bemerkte; denn wer kennt nicht die Allgewalt der Jugendeindrcke! --
Und einfach ist es, hier das Fehlerhafte zu vermeiden, einfach ist es, das
Rechte hier zu finden: -- die Speise sey immer nur Nahrungsmittel, nie etwas
mehr, nie weniger, nie sey die Speise Zweck an sich, sondern nur einzig
Zweck zur Frderung der Krper und Geistesthtigkeit; noch weniger, bey
weitem weniger noch werden die Eigenschaften der Speisen: Geschmack und
Feinheit derselben, je Zweck an sich, sondern nur Mittel, bedingt durch den
Zweck, ein tchtiges, reines, gesundes Nahrungsmittel zu sein; sonst wirken
in beyden Fllen die Speisen Gesundheit zerstrend. Die Nahrung des Kindes
sei darum die einfachste, welche das Verhltnis, in dem das Kind lebt, nur
reichen und geben kann, und sie werde ihm in einem Maae gereicht, welche mit
seiner Krper und Geistesthtigkeit in gleichem Verhltnisse steht. --
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Damit aber auch der Mensch, das Kind in dieser Zeit geistig und krperlich
frei und ungehindert sich bewegen und spielen, sich entwickeln und ausbilden
knne, dehalb sey auch seine Kleidung weder schnrend noch pressend noch
fesselnd; denn solche Kleidung wird auch den Geist des Menschen schnren,
pressen, fesseln. Die Kleidung in diesem wie in dem folgenden Alter sei
weder zerschneidend noch zerstckelnd fr den Krper; denn dieselbe Wirkung,
die sie auf den Krper hat, wird sie auf den Geist, die Seele des Kindes,
des Menschen haben. Die Kleidung, die Form, Farbe, Gestalt der Kleidung
erscheine nie als Zweck an sich, sonst wird sie frh das Kind aus sich
herausziehen, eitel und uerlich und zur Puppe statt zum Kinde, zur
Marionette statt zum Menschen machen. Keineswegs gleichgltig ist daher die
Kleidung, weder fr das Kind noch fr den spteren Menschen, wie es nicht
ganz gleichgltig selbst fr den Christen ist, sagen zu knnen: ungestckt
und ungenht, nur ein stetig fortgehendes Ganze wie das Kleid Jesu war auch
dessen Leben und Wirken, ist seine Lehre.
Also die Weckung und Entwickelung, die Anregung der Gesammtkrfte, der
Gesammtanlagen, und die Befhigung aller Glieder und Organe des Menschen,
den Forderungen seiner Anlagen und Krfte gengen zu knnen und Genge zu
leisten, ist der Gegenstand und Zweck der Kindespflege von Mutter und Vater
im elterlichen huslichen,
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und Familienkreise. ohne alle Lehre, ohne alle Aufforderung, ohne alles
Lernen thut die die natrliche Mutter von und aus sich selbst; allein das
ist nicht genug, sondern es ist nthig, da sie es als bewutes Wesen, und
auf ein bewutwerdendes Wesen wirkend, mit Bewutsein und zur stetigen
Entwickelung des Menschen fhren sollend, in und mit einem gewissen innern
lebendigen, sich bewuten Zusammenhang thue. Mge darum die Vorfhrung ihres
Wirkens ihr dasselbe seinem Wesen, seiner Bedeutung und seinem Zusammenhange
nach zum Bewutsein bringen. Wohl knnte die die einfachste, aber
beachtende Mutter noch wahrer, vollkommener und tiefer; doch durch
Unvollkommenheit steigt der Mensch zur Vollkommenheit empor; so mge das
Vorgefhrte treue und stille, sinnige und vernnftige Elternliebe wecken und
uns den Entwickelungsgang in unserer Kindheit in ungestckter Vorfhrung
seiner uerungen zur Einsicht und zum Bewutseyn bringen.
"Gieb her das rmchen! -- Wo ist, wo steckt dein Hndchen?" -- so sucht die
bildende Mutter dem Kinde die Mannigfaltigkeit seines Krpers und die
Verschiedenartigkeit seiner Glieder vorzufhren, ahnend zu machen. -- "Bei
dein Fingerchen." Die ist besonders eine vom tiefen Naturgefhle richtig
geleitete Handlung der sinnig und kindlich scherzenden Mutter, um das Kind
zur Anschauung und Kenntnis eines gesonderten und doch mit ihm geeinten
Gegenstandes, das Kind zum knftigen Nachdenken hier schon in seinen
uersten Endspitzen, in seinen frhesten Erschei-
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nungen zu fhren. Nicht minder wichtig ist die lieblich spielende,
scherzende Weise der Mutter, das Kind zur Kenntnis der von ihm selbst
nicht gesehen und nicht angeschaut werdenden Glieder: Nase, Ohren,
Zunge, Zhne, zu leiten. Die Mutter zieht leise an Nase oder Ohr, als wollte
sie es vom Kopfe, vom Gesichte trennen und spricht, ihm die halbverborgene
Fingerspitze zeigend: "Da hab' ich das Ohr, das Nschen," -- und das Kind
greift schnell nach Ohr und Nase und freut lchelnd innig sich, da es beyde
noch an ihren Stellen fhlt. Diese Handlung der Mutter ist im Beginne die
Anleitung und Erregung des Kindes, einst alles sich zur Kenntnis zu bringen,
auch was von ihm uerlich nicht gesehen, nicht angeschaut werden kann.
Alles die hat den Zweck, das Kind als Knaben einst zum Bewutseyn seiner
selbst, zum Nachdenken, zum Nachdenken ber sich selbst zu bringen; wie ein
zehnjhriger, zur Erziehung bergebener Knabe wohl auf gleiche Weise vom
Natursinn geleitet im unbemerkt geglaubten Selbstgesprche zu sich sagte:
"Mein Arm bin ich nicht; -- mein Ohr auch nicht! -- Alle meine Glieder und
Sinneswerkzeuge kann ich von mir trennen, und ich bleibe immer ich selbst;
wer bin ich denn nun eigentlich -- wer, was ist denn nun eigentlich das, was
ich Ich nenne?" -- In gleichem Geiste fhrt die Mutterliebe zu handeln, mit
dem Kleinen zu reden fort, wenn sie spricht: -- "Zeige mir dein Zngelchen."
"Zeige mir dein Zhnchen." "Bei' zu mit deinem Zhnchen;" -- um es so
zugleich zu dem Gebrauch desselben zu fhren.
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-- "Steck's Fchen 'rein" in den Strumpf, in den Schuh. -- "Drin steckt's
Fchen" -- in dem Strumpfe, in dem Schuhe. So fhrt Muttersinn und
Mutterliebe nach und nach dem Kinde seine kleine Auenwelt vom Ungetrennten
zum Getrennten, vom Nahen zum Fernen fortschreitend vor; und so wie sie in
diesem und durch dieses dem Kleinen Gegenstnde an sich und in ihren
rumlichen Verhltnissen zur Anschauung zu bringen suchte, so bringt sie
ihnen auch bald ihre Eigenschaften, und zwar natrlich zuerst in ihrem
Wirken und dann erst in ihrem ruhenden Zustande, zur Kunde: -- "'S Licht
brennt" -- indem die Mutter den Finger des Kindes leise zum Lichte fhrt,
da es sein Feuer fhlt, ohne sich noch wirklich zu brennen, um es fr die
ungekannte Gefahr zu behten. Oder: -- "'S Messer sticht" -- indem die
sorgsame Mutter die Spitze des Messers leise auf des Kindes Finger drckt.
-- "'S Sppchen brennt." -- Spter sagt erst die Mutter, gleichsam die Dauer,
da Bestehende der wirkenden Eigenschaft oder den Grund derselben in dem
Kinde voraussetzend: "Das Sppchen ist hei, es brennt." "Das
Messer ist spitz, ist scharf, es sticht, es schneidet, la es
liegen." Von der Erkennung der Wirkung fhrt die Mutter zu dem ruhenden,
bleibenden Grunde, der ruhenden, bleibenden Eigenschaft scharf,
spitz, und spter von der Kenntnis der ruhenden Eigenschaft zur
Einsicht in die Wirkung stechen; schneiden, an sich, ohne die
Wirkung selbst an sich zu erfahren. Weiter bringt die Mutter dem Kinde
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die eigene Handlung desselben, demselben selbst erst zum Fhlen, und dann
spter die Handlung an sich zum Anschauen. So sagt die in allem ihren Thun,
und durch die stete Verknpfung des Wortes mit demselben lieblich lehrende
Mutter zu dem Kinde, wenn es Speise genieen soll: "ffne dein Mulchen." --
Beim Waschen: -- "Schliee deine uglein." oder die Mutter lehrt das Kind
den Zweck seiner Handlung erkennen; in diesem Sinne sagt die Mutter, indem
sie das Kind auf sein Bettchen legt: -- "Schlafe, Schlafe." -- Oder indem
sie ihm den Lffel mit Speise zum Munde fhrt: "I, Kindchen." -- Und um es
auf die Wirkung der Speisen auf die Geschmacksnerven, auf das Verhltnis der
Speisen zum Krper aufmerksam zu machen: -- "Das schmeckt gut." --
Um es auf den Geruch der Blumen aufmerksam zu machen, macht
die Mutter das Gerusch des Niesens und spricht nachher : "Das riecht gut."
-- "Kind, riech einmal"; oder wendet im Gegenteil Nase und Gesicht mit dem
Ausdruck des Unangenehmen von der Blume weg, welche sie vom Kinde entfernt.
So strebt die einfachste Mutter, die mit ihrem Lieblinge sich fast schmig,
um die Heiligtum nicht von ungeweihten Augen gemein machen zu lassen, in
Unbemerktheit zurckzieht, auf die natrlichste Weise denselben in die
Vollthtigkeit aller seiner Sinne und Glieder zu setzen. Leider verlieren wir
durch unsere Ueberklugheit diesen natrlichen und gttlichen Anfangspunkt
aller menschlichen Entwickelung aus den Augen; ratlos stehen wir, so den
Anfangs- und Endpunkt und so die
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rechte Richtung verloren habend da; Gott und Natur verloren habend, suchen
wir bey Menschenklugheit und Menschenwitz Rat; wir bauen Kartenhuser; aber
das Handeln der Naturmutter findet darin kein Pltzchen, gttliches Wirken
keinen Raum, die leiseste uerung des von Lebenslust und Lebensdrang
getriebenen Kindes wirft es ber den Haufen; soll es stehen, mu das Kind,
wenn nicht krperlich, doch geistig gefesselt werden. Wo sind wir durch ein
Wort hingekommen? -- In die Kinderstube der Wortklugen, der sogenannt
Gebildeten, die kaum glauben, da etwas schon in dem Kinde liege, was, wenn
es gedeihen solle, nothwendig frhe entwickelt werden msse, die noch
weniger wissen, da alles, was das Kind einst sein und werden soll, wenn
auch in noch so leiser Anlage, in ihm liege, und ihm nothwendig, wenn es ihm
kommen soll, nur dadurch komme, da es aus ihm entwickelt werde. Darum, wie
todtist hier alles, wie kalt, hchstens wie schreiend und lrmend! --
Aber ist denn die Mutter nicht hier?!
-- O , es ist ja nicht der Mutter Stube, es ist ja nur die Kinderstube. Auf!
lat uns wieder dahin gehen, wo nicht allein Mutter und Kinderstube, sondern
wo sogar Mutter und Kind noch eins ist, wo die Mutter nur ungern ihr Kind
von sich und Fremden bergibt; lat uns sehen und hren, wie dort die Mutter
dem Kinde Gegenstnde in ihrer Bewegung vorfhrt: -- "Horch! S' Vgelchen
pfeift." -- "Der Hund macht hau! hau!" -- Und nun gleich von der uerung
zum Namen, von der Entwickelung des Ge--
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hrsinnes zur Entwickelung des Gesichtssinnes: "Wo ist das Piepvgelchen?"
-- "Wo ist der Hauhau?" -- Noch geht die Mutter sogar so weit, von der
verknpften Anschauung des Gegenstandes und der Eigenschaft zur
Einzelnschauung der Eigenschaft selbst zu fhren: -- "S' Vgelchen fliegt" --
sagt die Mutter zuerst bey dem wirklichen Vogel, welcher fliegt. "Schau's
Vgelchen" -- sagt spter auch die Mutter dem Kinde bey dem schwankenden,
unstten Lichtpunkte, welchen der Wiederschein einer bewegten Wasser oder
Spiegelflche hervorbringt. Um nun das Kind dahin zu fhren, da die eine
unkrperliche Erscheinung ist, die mit dem Vogel nur das Bewegliche gemein
hat, sagt die Mutter: --"Fang's Vgelchen" -- indem die Mutter das Kind
auffordert, den Lichtpunkt mit seinen Hnden zu bedecken; oder, um das Kind
zur Anschauung der Bewegung selbst und allein zu fhren, sagt die Mutter:
"Pimpaum" beym pendelartigen Schwunge irgend etwas Linearen oder -- "hin, her".
Auf hnliche Weise sucht die Mutter das Kind auf den Wechsel der Dinge
aufmerksam zu machen, Zu. B. auf das Licht zeigend: -- "Da ist's Lichtchen",
-- es wegnehmend: -- "Weg ist's Lichtchen." -- Oder: -- "Der Vater kommt."
-- "Fort ist der Vater." Oder auf die Selbstbewegbarkeit der Dinge: "Komm,
Ktzchen komm zum Kinde." -- "Fort luft's Ktzchen." -- So regt sie die
Krper und Gliederthtigkeit des Kindes an: -- "Halt's
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Blmchen." -- "Greif's Ktzchen". oder indem die Mutter die Kugel langsam
rollt: "Hol' die Kugel." --
Das so wichtige Gesammtgefhl zwischen Kind und Vater und Geschwistern sucht
die alles umfassende Mutterliebe zu wecken und zu deuten, indem sie sagt:
"Streich den lieben Vater"; oder, indem sie streichelnd die eigene Hand des
Kindes ber die Wange des Vaters fhrt: "Ey, Ey! lieber Vater", oder
"Streich das Schwesterchen" und wieder sagend: "Ey, Ey! lieb' Schwester" usw.
Auer dem Gemeingefhle an sich, dem Ei, aus dem so Herrliches sich
entwickelt, sucht die Liebe der Mutter, der alles umfassende Muttersinn,
auch das Leben in dem Kinde, dem Kinde selbst zum Gefhle zu
bringen durch Bewegung, und zwar, was so vorzglich wichtig' ist, durch
gesetzmige, taktische, rhythmische Bewegung zum Bewutseyn zu bringen,
durch das sogenannte Tnzern der Kinder auf Arm und Hand, d. i. durch
rhythmische, taktische Bewegung nach rhythmischen, taktischen Tnen. So geht
die chte natrliche Mutter dem leise in dem Kinde sich allseitig regenden
Leben allseitig leise nach, strkt es und weckt so immer mehr das noch in
der Tiefe schlummernde allseitigere Leben und entwickelt es. Die andern
setzen in dem Kinde Leere, wollen ihm Leben einimpfen, machen es so leer,
als sie glauben da es sei, und geben ihm den Tod; und so geht auch jenes so
einfach und natrlich zur Entwickelung des Rhythmi--
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schen, gesetzmig Gebundenen aller menschlichen Lebensuerungen Fhrende
als Mittel zur Ausbildung in Sprache und Ton so ganz wieder verloren, weil
es von wenigen in seiner Bedeutung erkannt, von noch wenigem festgehalten
und dem Leben und Menschenwesen gem weiter entwickelt, die weitere
Menschenentwicklung und Ausbildung daran angeknpft wird.
Und dennoch wrde die reine frhe Entwickelung der rhythmisch gesetzmigen
Bewegung in dem nchsten und sptem Gesammtleben des Kindes und Menschen
hchst heilsam sein; wir nehmen uns als Erziehern sehr viel, und noch mehr
dem Kinde als Zgling und Mensch dadurch, da die rhythmische, taktische,
die Entwickelung gesetzmiger Bewegung in frher Bildung so bald
zurcktritt; er wrde leichter das gesetzmige, angemessene Maa seines
Lebens erfassen; es wrde viel Willkr, Ungereimtheit und Roheit aus Leben,
Handlung und Bewegung verschwinden; es wrde mehr Haltung und Maa, mehr
Einklang in dasselbe kommen; so wie sich auch spter ein eindringsicherer
Sinn in Natur und Kunst, in Ton- und Dichterwerken entwickeln wrde.
Auch das Nachsingen noch kleiner, ruhiger, besonders einschlafender Kinder
ist von der achtsam sinnigen Mutter nicht unbemerkt geblieben, und sollte
von den Kinderpflegern als der erste Keim knftiger melodischer und
Gesangsent-
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wicklung noch mehr beachtet und entwickelt werden, so wrde sich gewi auch
bald hier eine solche Selbstthtigkeit der Kinder wie beym Sprechen zeigen,
wo Kindern bey so entwickelter und spter eintretender Sprachfhigkeit die
Worte zur Bezeichnung neuer Begriffe, eigenthmlicher Verknpfungen und
Verhltnisse noch nicht bemerkter Eigenschaften gleichsam wie von selbst
entgegentreten. So ruft ein ganz kleines, rein kindlich und mtterlich;
gefhrtes Mdchen nach langem, sinnigem Befhlen und Besehen der mit
starkem, weichem Filz berzogenen Bltter einer Pflanze seiner Mutter
freudig zu: "Ach, wie wollig!" -- Die Mutter war sich nicht bewut, das Kind
auf eine gleiche Eigenschaft je aufmerksam gemacht zu haben. So sah dieses
Kind die zwey glnzendsten Planeten, eben da sie an einer klaren
sternenhellen Nacht in groer Nhe am Himmel beysammen standen. "Vater und
Muttersterne!" rief das Kind freudig in die ruhige Stille der Nacht hinein,
ohne da die Mutter sich im mindesten sagen konnte, wie diese Verknpfung
mit und Anwendung auf die Sterne in dem Kinde geweckt worden sey.
Zum Stehen, Laufen soll den Menschen keine Krcke und kein Gngel fhren; er
soll stehen, wenn er die Kraft hat, sich selbstthtig und selbstndig im
Gleichgewichte zu erhalten, und soll gehen, wenn er sich selbstthtig
fortbewegend, selbstndig im Gleichgewichte erhalten kann. Er soll nicht
eher stehen, bis er sitzen, aufrecht sitzen und sich an einem
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ihm nahe stehenden, erhabenen Gegenstande in die Hhe ziehen und so endlich
frei sich im Gleichgewichte erhalten kann; er soll nicht eher gehen, als bis
er kriechen und sich freithtig erheben, selbst im Gleichgewichte erhalten
und sich darin erhaltend fortschreiten kann: Zuerst wird ihn dazu, sich
selbstthtig, entfernt von der Mutter emporgehoben habend, die Rckkehr zum
Schooe der Mutter auffordern; bald aber fhlt das Kind die Kraft in den
eigenen Fen, freut sich innig derselben und wiederholt nun sich zur Lust,
nur um zu gehen, wie vorher das Stehen, die neu erlernte Kunst; und wieder
nur kurze Zeit, und es bt die Kunst, ohne es zu wissen, zu fhlen, und nun
reizt es das bunte, runde, glatte Steinchen, das bunte, farbige, flimmernde
Papierchen, das glatte, ebenmige, drey, viereckige Brettchen, Hlzchen;
die rechtwinkligen, auf und bereinander zu bauenden Kltzchen; das durch
seine Form, seine Farbe, seinen Glanz, seine Zusammensetzung sich
auszeichnende Blatt, und es sucht sich solches durch den neuerlernten
Gliedergebrauch anzueignen, Gleichartiges zueinander zu bringen und
Ungleichartiges zu trennen. Seht dort das sich kaum noch aufrecht halten und
so nur mit groer Sorglichkeit fortschreiten knnende Kind, es sieht ein
Reischen, einen Strohhalm, mhevoll wird es herbeygeholt, gleichsam wie vom
Vogel mit jungem Leben im Frhling zum Neste getragen; -- seht dort das Kind
unter der Traufe das Daches sich mhevoll bcken und langsam fortbewegen.
Die Gewalt des vom Dache gefallenen Regens hat kleine, glatte,
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bunte Steinchen aus der Erde, dem Sande gewaschen, und wie Steine, wie
Material zu einem knftigen Baue sammelt sie sich der alles beachtende Blick
des Kindes; und hat es Unrecht? -- Ist es nicht wirklich so? -- Trgt das
Kind nicht Materialien zu seinem knftigen Lebensbaue, Lebensgebude
zusammen? -- Gleichartiges will da zusammengeordnet, Ungleichartiges
geschieden sein, nicht das Rohe, nur das Entrohte soll der Mensch
zusammenfgen. Soll das Gebude tchtig werden, so mu jedes Material nicht
nur seinem Namen, sondern auch seinen Eigenschaften, seinem Gebrauche nach
vollstndig gekannt sein, und da die das Kind will, zeigt uns des Kindes
kindliches, still emsiges Treiben; wir nennen es kindisch, weil wir es nicht
verstehen, weil wir keine Augen haben zum Sehen, keine Ohren zum Hren, und
noch weniger Gefhl, um mit dem Kinde zu fhlen; todtsind wir darum, ist uns
das Leben des Kindes tot; nicht knnen wir es uns deuten, wie knnen wir es
dem Kinde deuten; und doch ist die die Sehnsucht, die das Kind zu uns
treibt; wie knnen wir den Gegenstnden des Kindeslebens Sprache geben, da
sie uns stumm sind, und doch ist die das innigste Verlangen, mit dem das
Kind im festgeschlossenen Hndchen uns seinen Fund bringt und in unsern
Scho legt; es soll gleichsam so erwrmt ihm Kunde von sich selbst geben.
Lieb ist dem Kinde alles, was in seinen noch so kleinen Gesichtskreis tritt,
was seine noch so enge Welt erweitert, das Kleinste ist ihm eine neue
Entdeckung; aber todt soll es nicht in die kleine Welt
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kommen, todt soll es nicht in derselben bleiben; sonst verdunkelt es den
kleinen Gesichtskreis, erdrckt die junge Welt. Darum mchte das Kind selbst
wissen, warum es ihm lieb ist; alle seine Eigenschaften, das Innerste Wesen
desselben mchte es kennen, um einst sich selbst in seiner Neigung zu
verstehen. Drum wendet und kehrt das Kind den Gegenstand nach allen Seiten;
darum zerzupft und zerschlgt es ihn; darum steckt es ihn in den Mund und
zerbeit ihn, sucht ihn wenigstens zu zerbeien. Wir schelten und zanken das
Kind als hlich und unklug, und ist es nicht klger als wir Scheltenden? --
Das Kind will des Dinges Inneres erkennen, ein Trieb, den das Kind sich
nicht selbst gegeben hat; der Trieb, der, recht erkannt und recht geleitet,
Gott in allen seinen Werken zu erkennen sucht, drngt es dazu. Wem Gott dazu
Verstand, Vernunft und Sprache schon gab, die lteren Umgebenden thun es
nicht, knnen es nicht thun, wo kann und soll es nun anders Befriedigung
seines Dranges suchen, als bey dem Dinge selbst. Freilich bleibt aber auch
das zerstckte Ding noch stumm; aber zeigt es nicht in seiner Zerteilung
zunchst entweder gleichartige oder ungleichartige Theile, dort der
zerschlagene Stein, hier die zerzupfte Blume, und ist die nicht schon eine
Erweiterung der Kenntnisse? -- Vermehren wir Erwachsene unsere Kenntnisse
auf eine andere Weise? -- Ist das Innere der Pflanze nicht markig, hohl oder
holzig? Ist der Durchschnitt derselben nicht rund oder kantig, und hier
drei, vier oder mehrkantig? --
Zeigt sich die Trennungsflche
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nicht eben oder uneben, glatt oder rauh, dicht oder lcherig, splittrig oder
muschelig oder zackig oder faserig? -- Sind die Theilungsstckchen nicht
scharf oder stumpfkantig? Zerspringt es nicht leicht oder gibt es nicht
lieber den Schlgen nach, als da es zerspringt? -- Alles die thut das
Kind, um aus der Mannigfaltigkeit der uern Erscheinungen des Dinges sich
das innere Wesen desselben kundzuthun und dessen Verhltnis zu sich, um zu
erkennen zunchst den Grund seiner Liebe, seiner Neigung, seiner Anziehung
zu demselben. Und thun wir Grern, wir Erwachsenen, wir Forschenden etwas
anderes? -- Aber erst, wenn es der Lehrer auf dem Katheder tut, wenn der
Lehrer vom Katheder herab unsere Shne dazu auffordert, dann hat es fr uns
Wert und Bedeutung; aber in dem Kindesthun berschauen wir es. Darum bleibt
auch nun des klarsten Lehrers klares Wort so hufig bey unsern Shnen ohne
Wirkung, weil sie jetzt vor dem Lehrerstuhle lernen sollen, was sie ihre
Kindesjahre schon durch uns, durch unser erklrendes, belebendes Wort htten
lehren sollen, sie fast durch sich selbst lehren wollten. Und wenig, wenig
bedarf es von der Umgebung dem Kinde zu geben, was die Kindesjahre fordern,
nur zu bezeichnen,. zu benennen, demjenigen Worte zu geben braucht es, was
das Kind tut, treibt, schauet und findet. Reich ist das Leben des zum Knaben
heranreifenden Kindes, aber wir sehen es nicht; lebendig ist dessen Leben,
aber wir empfinden es nicht; der Forderung der Menschenbestimmung, des
Menschenberufes ange-
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messen, aber wir ahnen es nicht. Wir behten, pflegen, entwickeln nicht nur
den innern Keim seines Lebens nicht, sondern wir lassen es entweder unter
der Last seines eigenen Strebens erdrcken, verdumpfen, oder es macht sich
selbst auf irgendeiner schwachen Seite in Unnatrlichkeit Luft, und nun
sehen wir dieselbe Erscheinung, die wir an der Pflanze Neid und Wasserscho
nennen: Mileitung der Krfte, Sfte; Neigungen und Triebe in dem Kinde, der
Menschenpflanze wie in dem Gewchs. Nun mchten wir wohl Krfte und Sfte,
Neigungen und Triebe in dem zum Knaben heranwachsenden Kinde anders leiten;
aber schon ist es zu spt; denn wir haben die sinnvolle Bedeutung des zum
Knaben bergehenden Kindeslebens nicht nur nicht er, sondern verkannt, nicht
nur nicht. gepflegt, sondern verrckt und erdrckt.
Seht, dort hat ein Kind an einem eben gefundenen Steinchen, welches es, um
von dessen Wirkungen auf seine Eigenschaften zu schlieen, auf einem ihm nah
gelegenen Brettchen rieb, die Eigenschaft des Abfrbens entdeckt; es ist ein
Kalk oder ein Lehm, ein Rtel oder ein Kreidestckchen. Schaut, wie es sich
der neu entdeckten Eigenschaft freut, und wie es mit geschftigem Arm und
rascher Hand sie bt; schon ist die Auenflche des Brettes fast ganz
verndert. Erst freute den Knaben die noch ungekannte Eigenschaft, dann die
vernderte Flche, einmal rot, einmal wei, einmal schwarz, einmal braun;
aber bald machen
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ihm die verschlungenen, geraden, krummen und andern Formen an sich Freude;
durch diese linearen Erscheinungen wird das Kind auf die lineare Eigenschaft
der umgebenden Gegenstnde aufmerksam; jetzt wird der Kopf zu einem Runde
und die rundlich in sich zurcklaufende Linie zum Kopfe, die damit
verknpfte, lnglich runde, in sich zurcklaufende Linie zum Dumpfe; Arme
und Beine erscheinen als gerade oder geknickte Linien, und solche Linien
werden ihm Arme und Beine; die Finger schaut es als in einem Punkte
zusammenlaufende Linien, und so verbundene Linien werden ihm, dem
schaffenden Kinde, Hnde und Finger; Augen erscheinen ihm als Punkte, und
Punkte werden ihm zu Augen; und eine neue Welt geht ihm in sich und auer
sich auf; denn was der Mensch darzustellen strebt, fngt er an zu verstehen.
Eine mehrfach neue Welt geht dem Kinde, dem nun bald zum Knaben
herangewachsenen Kinde durch die Auffassung und Darstellung des Linearen
auf; nicht nur, da es sich die Auenwelt verkleinert, verjngt, und so
seinen Augen und seinen Sinnen leichter fabar, nicht nur' da es das, was
es als Erinnerung oder neue Verknpfung in sich trgt, auer sich darstellen
kann, sondern die Kenntnis einer ganz neuen unsichtbaren Welt, die Welt der
Krfte, treibt bis hierher ihre feinen Faser und Zaserwurzeln. Die rollende
und gerollte Kugel, der geworfene und fallende Stein, das gedmmte und in
kleine sich verzweigende Grben geleitete Wasser hat das Kind gelehrt, da
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die Wirkung der Kraft in ihrer Einzelerscheinung, da die Richtung der
Kraftwirkung immer linear ist. Die Darstellung von Gegenstnden durch Linien
fhrt das Kind bald zur Auffassung und Darstellung der Richtung, in welcher
die Kraft wirkt. "Da fliet ein Bach"; und die sagend macht das Kind einen
Strich, den Lauf des Baches bezeichnend. Das Kind hat Linien verknpft, die
ihm einen Baum bezeichnen: "Da wchst noch ein Ast, und noch ein Ast
heraus"; und im Augenblick des Sprechens zieht es vom Baume weg die die ste
bezeichnenden Linien. Sehr bezeichnend sagt das Kind: "Da kommt ein Vogel
geflogen", und in der Richtung des gedachten Fluges zieht es zugleich seine
gewundene Linie. Gebt dem Kinde Kreide oder hnliches, und bald wird vor ihm
und euch eine neue Schpfung stehen. Auch male der Vater selbst ihm durch
wenige Striche einen Mann, ein Pferd; und dieser Linienmann, dieses
Linienpferd macht dem Kinde mehr Freude, als das wirkliche Pferd, der
wirkliche Mann ihm macht.
Wie ihr Mtter und Umgebungen das Kind hier zu fhren habt? -- Schaut,
beachtet es nur, das Kind lehrt es euch selbst. Hier zeichnet sich das Kind
einen Tisch ab, indem es dessen Grenzen und Kanten umfhrt, soweit es solche
erreichen kann; das Kind zeichnet so gleichsam den Gegenstand an dem
Gegenstande selbst ab, die erste, und ihm, dem Kinde, die sicherste Stufe,
wodurch das Kind selbst sich erst die Grenzen und Formen des Gegenstandes
zum Bewut-
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seyn bringt. Auf gleiche Weise zeichnet und bezeichnet das Kind so Stuhl und
Bank und Fenster. Aber schon schreitet das Kind selbst weiter; hier zieht es
die Querlinien auf viereckigen Brettern, auf Tischblatt, Bank und
Stuhlsitzen, in dunkler Ahnung, da so die Form und Verhltnisse der Flchen
festgehalten werden knnen. Nun schon zeichnet es die Form verkleinert,
verjngt. Seht, dort hat das Kind Tisch, Stuhl und Bank, alles auf ein
Tischblatt, und mehr noch gezeichnet. Seht ihr nicht, wie es sich selbst
dafr entwickelte, dazu ausbildete? -- Gegenstnde, die es bewegen, die sein
Blick berschauen konnte, legte es auf Brett oder Bank oder Tisch und
zeichnete dessen Form, mit der Hand an der Grenze des Gegenstandes
hingleitend, auf die ebene Flche. Bald werden so Scheren und Schachteln,
bald aber auch Bltter und Zweige, ja selbst die eigene Hand oder der
Schatten von Gegenstnden nachgezeichnet. Viel wird durch dieses Thun in dem
Kinde entwickelt, mehr als auszusprechen mglich ist: klare Auffassung der
Form, Mglichkeit der Darstellung derselben getrennt von dem Gegenstande,
Festhaltung der Form an sich, Bekrftigung und Befhigung des Armes, der
Hand fr die freie Darstellung derselben.
Die pflegende Mutter, der sorgsame Vater, die achtsame Familie, ohne je nur
im mindesten selbst etwas gezeichnet zu haben, also noch weniger da sich
ein wirklicher Zeichner in der Familie findet, kann das zum Knaben
heranwach-
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sende Kind so weit bringen, da es ziemlich genau eine gerade Linie, eine
Querlinie, ja selbst einen rechtwinkligen Gegenstand in senkrechter Lage, z.
B. Spiegel, Fenster, mit einiger hnlichkeit zeichnen kann und wohl noch
mehr. -- Aber nicht allein gut, sondern sogar nothwendig zur Entwickelung
und Strkung der Kraft und Fhigkeit des Kindes ist es, wenn Mtter und
Vter, ohne darin ngstlich und kleinlich zu sein, die Handlung, das Thun des
Kindes, immer ans Wort binden; z. B. "Ich zeichne einen Tisch, einen
Spiegel; ich ziehe die Querlinie der Tafel des Brettchens." Die Verfahren
erhht die innere und uere Kraft, vermehrt die Kenntnis, erweckt die
Urteilskraft und das vor so vieler Fehlerhaftigkeit behtende Nachdenken,
was dem Menschen nicht frhe genug auf dem Naturwege kommen kann,
ungemein; denn Wort und Zeichen sind sich, da eigentlich keines von beyden
in Beziehung auf den darzustellenden Gegenstand erschpfend und gengend
ist, immer gegenseitig erklrend und ergnzend. Das Zeichen steht eigentlich
zwischen Wort und Sache in der Mitte, hat Eigenschaften mit Wort und Sache
gemein, und ist darin fr Kind und Knaben und fr den Menschen als Bilddungs
und Entwickelungsmittel so sehr wichtig. Das chte Zeichen hat mit der Sache
gemein, da es diese in ihren Formen und Umrissen darzustellen strebt; mit
dem Worte hat es gemein, da es doch nie die Sache selbst, sondern nur ein
Abbild derselben ist. Wort und Zeichen sind unter sich wieder rein
entgegengesetzter Natur, denn das Zeichen ist ein Todtes, wie
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das Wort ein Lebendiges ist; das Zeichen ist ein Sichtbares, wie das Wort
ein Hrbares ist. Wort und Zeichen gehren darum unzertrennlich zusammen,
wie Licht und Schatten, Tag und Nacht, Geist und Krper; darum liegt die
Zeichenfhigkeit so unmittelbar in dem Menschen, dem Kinde, wie die
Sprachfhigkeit, und fordert so unbedingt wie diese ihre Entwickelung und
Ausbildung, was auch schon in der Erfahrung die Zeichenlust, ja der
Zeichendrang des Kindes laut ausspricht.
Das Zeichnen, das Darstellen des Gegenstandes durch und an einem Zeichen und
die dadurch bedingte und geforderte scharfe Anschauung fhrt das Kind sehr
bald und schnell zur Erkenntni einer immer wiederkehrenden Verknpfung
einer gleichen Menge gleichartiger Gegenstnde, z. B. zwey Augen und zwey
Arme, fnf Finger und fnf Zehen, sechs Beine des Kfers und der Fliege: und
so fhrt das Zeichen fr den Gegenstand zur Erkenntni und Beachtung der
Zahl; das mehrmalige Wiederkehren eines und desselben Gegenstandes bedingt
die Zahl; die bestimmte, verschiedene Menge in irgendeiner Beziehung
gleichartiger Gegenstnde ist die Anzahl, Zahl dieser Gegenstnde. Und so
erweitert sich wieder durch die Bemerkung und Erkenntni, durch die
Entwickelung und Ausbildung der Zhlfhigkeit in dem Kinde dessen
Erkenntnikreis, die Welt seines Lebens; und ein wesentliches Bedrfnis
seines Innern, eine gewisse Sehnsucht seines Geistes wird durch die
Entwickelung desselben befrie-
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digt; denn mit einer gewissen Sehnung, mit einer dunkeln Ahnung, da ihm
noch irgendein Erkenntnimittel mangle, betrachtete bisher das Kind seine
greren oder kleineren Mengen, Haufen gleichartiger oder ungleichartiger
Gegenstnde; das Mengenverhltnis dieser verschiedenen Haufen war ihm noch
nicht zu erkennen und aufzufassen, nicht zu bestimmen mglich; aber nun wei
es, es hat zwey groe und drey kleine Steinchen, vier weie und fnf gelbe
Blumen usw. Die Kenntnis der Mengenverhltnisse erhht das Leben des Kindes
auerordentlich.
Der Geist des Kindes fordert es aber, da hier die Mutter und die sonstigen
Umgebungen die Zhlungsfhigkeit gleich anfangs und frhe auf die in dem
Wesen der Zahl liegende Weise und nach den in dem menschlichen Geiste
bedingten Denkgesetzen, je nachdem sich in dem Leben die Aufforderung dazu
zeigt, in dem Kinde entwickeln. Beachtet man das Kind ruhig und still, so
findet man leicht, wie das Kind von selbst den in den Gesetzen des
menschlichen Denkens liegenden Weg, von dem Sichtbarsten zu den Unsichtbaren
und Gedachteren emporsteigend, wenn auch sich selbst unbewut, doch sicher
geht. Denn das Kind fgt zuerst gleichartige Gegenstnde zu gleichartigen
und bekommt so z. B. pfel, Nsse, Birnen, Bohnen. Die Mutter oder die
liebend leitende Umgebung fge nun nur noch das erklrende Wort hinzu, d. h.
knpfe das Sichtbare an das
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Hrbare und bringe es so der Einsicht und Erkenntni, der innern Anschauung
des Kindes nher, nmlich:
pfel - Birnen - Nsse - Bohnen usw.
Wer htte nun nicht gesehen, zum rtern zu sehen Gelegenheit gehabt, wie das
Kind die Gegenstnde jeder Art einzeln in einer Reihe aneinanderlegt und
ordnet; die Mutter fge aber hier wieder das erklrende, belebende Wort
hinzu, z. B.
Apfel - Apfel - Apfel - Apfel usw. lauter pfel,
Birn - Birn - Birn - Birn usw. lauter Birnen,
Nu - Nu - Nu - Nu usw. lauter Nsse,
Bohne - Bohne - Bohne - Bohne usw. lauter Bohnen,
oder was sonst immer, Stein oder Bltter, das Kind aneinander ordne; immer
sind von jeder Art der verschiedenartigen Gegenstnde oder Dinge mehrere da.
Damit aber die dem Kinde besonders zur Einsicht komme, spreche es die
Mutter mit demselben gemeinsam, wie soeben angedeutet wurde.
Weiter spreche die Mutter, indem sie einen Gegenstand zu
dem andern von dem Kinde fgen lt, dieses Hinzufgen mit dem Kinde
gemeinsam bestimmt und klar aus, z. B.
Ein Apfel - noch ein Apfel - wieder ein Apfel - noch ein Apfel - viele
pfel.
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Eine Birn - noch eine Birn - noch eine Birn - wieder eine Birn - viele
Birnen.
Eine Nu - noch eine Nu - wieder eine Nu - noch eine Nu - mehrere
Nsse.
Eine Bohne - noch eine Bohne - noch eine Bohne - wieder eine Bohne - mehrere
Bohnen;
so auch Finger usw. Die Menge jeder Art von Gegenstnden vermehrt sich immer
durch das gleichmige Hinzufgen von einem Gegenstand derselben Art.
Anstatt des unbestimmt hinzugefgten Wortes : noch eins, wieder eins,
spreche die Mutter das die Vermehrung bestimmt bezeichnende Zahlwort aus,
und zwar mit dem Kinde gemeinsam die Gegenstnde immer wirklich zhlend,
z.B.
Ein Apfel - zwei pfel - drey pfel usw. Eine Birn - zwey Birnen - drey
Birnen - vier Birnen usw.
Eine Nu - zwey Nsse - drey Nsse - vier Nsse usw.
Eine Bohne - zwey Bohnen - drey Bohnen usw.
Weiter lege die Mutter von jeder Art der Gegenstnde mehrere in natrlich
steigender Menge oder Zahl und bezeichne durchs Wort, was sie tut, z. B.
. Apfel - .. pfel - ... pfel - .... pfel usw.
. Birn - ..Birnen - ...Birnen - ....Birnen
- .....Birnen.
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. Nu - .. Nsse - ... Nsse - .... Nsse usw.
. Bohne - .. Bohnen - ... Bohnen - .... Bohnen usw.
Spter spreche Mutter und Kind gemeinsam, zuletzt lasse die Mutter das Kind
so wie die Handlung, so auch das Bezeichnen durchs Wort, das Zhlen allein
thun.
Wie hier bey jeder Zahl noch die Art der Gegenstnde bezeichnet und
ausgesprochen wurde, so werde laufend nur immer die Zahl allein und erst am
Ende die Art der Gegenstnde genannt und bezeichnet, z. B.
. (ein) .. (zwey) ... (drei) .... (vier) pfel,
. (ein) .. (zwei) ... (drei) .... (vier) usw. Birnen,
. (ein) .. (zwei) ... (drei) .... (vier)
..... (fnf) Nsse,
. (ein) .. (zwei) ... (drei) .... (vier)
..... (fnf) usw. Bohnen.
Hier werden die Mengen der Gegenstnde vorwaltend in Beziehung auf ihre
bestimmte Anzahl, Zahl, mit zurcktretender Beachtung der Art derselben
betrachtet. Zuletzt hebt die Mutter nur die bestimmten Zahlmengen in ihrer
Reihenfolge allein in der Bezeichnung hervor und lt die Art der
Gegenstnde ganz unbercksichtigt, als :
. (eins) .. (zwei) ... (drei) .... (vier)
..... (fnf) usw.
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Die ist die reine Betrachtung und Anschauung der Zahlen, der Mengen an
sich, in ihrer natrlichen Folge, die Anschauung der reinen Zahl.
Eine solche Kenntnis der Zahlenreihe wenigstens bis zehn in
Klarheit und Sicherheit soll in dem Kinde in dem Kindesalter entwickelt
werden; aber keineswegs sollen dem Kinde die Zahlwrter als leere, todte
Klnge vorgesprochen und von demselben mechanisch, also auch tot und leer,
nachgesprochen werden; wo es dem Kinde sonst ganz gleichgltig sein knnte,
zu sagen: zwey, vier, sieben oder acht, eins, fnf, zwey, wenn der
menschliche Geist nicht am Ende selbst, durch eigene Kraft, jede Unnatur
abwrfe.
Das Kind soll nie lange ohne Anschauung wirklich gezhlten und gezhlt
werdenden Gegenstnden die Zahlwrter, ihm sonst leer und bedeutungslos,
aussprechen.
An und bey der Durchfhrung der Entwickelung der Zahlenbegriffe ist zugleich
ein Beyspiel gegeben, wie das Kind und nach welchen Gesetzen es von der
Anschauung der einzelnsten Sache zum immer allgemeineren und allgemeinsten
Begriffe hinaufsteigt, freilich fr die Beobachtung oft in und mit einem
Schlage.
Mit welch einem Reichthume, mit welch einer Flle und Frische des innern und
ueren Lebens finden wir nun das richtig geleitete, cht gepflegte,
wahrhaft behtete Kind
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in der letzten Zeit seiner Kinderjahre, beym Austritt aus dem Kindes- und
Eintritt in das Knabenalter? -- Wo ist ein Gegenstand des spteren
Mannesdenkens und Empfindens, Wissens und Knnens, welcher seine uersten
Saugwurzeln nicht bis in die Kindesjahre treibe, wo ein Gegenstand des
knftigen Unterrichtes und der knftigen Lehre, welcher nicht schon in der
Kindheit keime? -- Die Sprache und Natur liegt offen vor dem Kinde; die
Eigenschaften der Zahl, der Form, der Gre, die Kenntnis des Raumes, das
Wesen der Krfte, die Wirkungen der Stoffe fangen an, sich ihm zu
erschlieen; Farbe, Rhythmus, Ton und Gestalt treten schon in ihren
uersten Keimen und in ihrer eigenthmlichen Beachtungswrdigkeit auf; die
Natur und die Kunstwelt fngt schon an, sich mit Bestimmtheit in ihm zu
scheiden, so wie er mit Sicherheit der Auenwelt als einem Entgegengesetzten
gegenbersteht; und schon entwickelt sich in ihm das Gefhl einer eigenen
Innenwelt; und dennoch haben wir eine ganze Seite des Kinderlebens, des kaum
reifenden, noch nicht ins Knabenalter eintretenden Kindes noch gar nicht
berhrt, noch gar nicht beachtet; es ist die des Begleitens von Vater und
Mutter, Bruder oder Schwester bey den huslichen Geschften, bey den
Geschften ihres Berufes.
Ich schaue ins Freie, und das kaum zweyjhrige Kind eines Lohnarbeiters
fhrt dessen Pferd, der Vater hat dem Kinde den Zgel in die Hand gelegt, es
schreitet ruhig und sicher vor dem Pferde her und schaut sich festen Blickes
um,
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ob auch das Pferd folge. Zwar hlt der Vater den zhmenden Zaum in der Hand,
doch trgt das Kind in sich die feste Ueberzeugung, da es das Pferd fhre
und da das Pferd ihm folgen msse. Denn seht, der Vater bleibt stehen, um
einem Bekannten etwas zu sagen, natrlich steht das Pferd auch; aber das
Kind, das Stehen des Pferdes als Willkr ansehend, legt sich mit seiner
ganzen Kraft in den Zgel, um das Pferd zum Fortgehen zu bewegen.
Meines Nachbars kaum dreyjhriger Sohn htet an dem Rande und Zaune meines
Gartens die kleinen Gnse seiner Mutter; klein ist der Raum, auf welchem er
die kleinen, muntern Thiere ihre Nahrung suchen und finden lassen soll; sie
entschlpfen dem kleinen, vielleicht eben auf eine andere Weise Nahrung fr
seinen Geist suchenden und findenden Hirten. Die Gnschen kommen in den
Fuhrweg, wo der viele Verkehr ihnen schaden knnte; die Mutter sieht es und
ruft dem Kinde zu: "Sohn, gib Achtung!" -- Mimutig erwidert der kleine
Knabe der Mutter, welcher wohl durch die Freyheit, welche seine Gnschen in
immer erneuten Versuchen gesucht hatten, schon manchmal in seinen eigenen
Beschftigungen gestrt sein mute: - "Mutter! Ihr glaubt wohl, es ist nicht
schwer, die Gnschen zu hten?" -
Wer mag die jetzigen und knftigen Entwickelungen nachweisen, die aus diesem
Theilen des elterlichen Geschftes fr das Kind hervorgehen, und noch mehr
hervorgehen
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knnten, wenn Eltern und Umgebungen sie beachteten und spter zum
Unterrichte und zur Lehre ihrer Kinder weiter benutzten! --
Seht hier das heranreifende Kind des Grtners; dieser jtet, das Kind will
ihm helfen, und er lehrt es Gleie von Petersilie unterscheiden; da wird der
verschiedene Glanz der Blattflchen und der Geruch beachtet. Dort begleitet
der Sohn des Frsters ihn auf den frher in Gemeinsamkeit beseten Schlag,
grn sieht alles aus; das Kind glaubt lauter Fichtenpflnzchen zu sehen;
aber der Vater sagt, da das eine Art Wolfsmilch sei, und lehrt es die
verschiedenen Eigenschaften kennen. Dort zielt und schiet der Vater, er
trifft, und er zeigt dem achtsamen Kinde, da drey Punkte in einer Richtung
immer in einer und ebenderselben Linie liegen; er zeigt ihm, da, um eine
Linie, das Rohr des Gewehres, nach einem bestimmten Punkte zu richten,
nothwendig drey Punkte in dieser Richtung liegen mssen, und da, wenn die
ist, auch alle brigen Punkte in derselben Linie und Richtung liegen. Dort
steht das Kind und sieht seinen Vater das glhende Eisen schlagen, und der
Vater lehrt es, da die Gluth die Dehnbarkeit des Eisens vermehre, aber auch,
indem er sich vergebens bemht, die nun glhende Eisenstange durch die
ffnung zu stecken, durch die es vorhin leicht ging, da die Hitze das Eisen
ausdehne. Hier zeigt der nach dem Gewichte verkaufende bey der Waage
stehende Vater seinem ihn beachtenden Kinde, da die eine
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Wagschale immer sinke, indem er entweder auf sie mehr lege, oder von der
andern mehr hinwegnehme, und da die Waage immer in ihrer waagerechten
Richtung bleibe, wenn auch auf jeder noch so viel, wenn nur auf beyden
Schalen gleich viel, oder wenn auf jeder noch so wenig, nur auf beyden
gleich wenig liege. Die aber nicht durch fr das Kind noch begriffslose
Worte, sondern dadurch, da er dem Kinde selbst von den Waagschalen und auf
dieselben legen lt. Hier zeigt der Vater, der Weber, seinem ihn
beachtenden Kinde, wie das Niedertreten der Schmel ein Erheben der Faden
hervorbringe und lt die das Kind selbst beobachten. Dort zeigt der Vater,
der Zeugdrucker, wie gewisse Flssigkeiten die Farben verndern und gewisse
Farben immer auf dieselben Weisen verwandeln, seinem beachtenden Kinde. Er
sagt ihm, da diese Flssigkeit Sure usw. heie; er zeigt ihm, wie die
Zeichnung auf der Form umgekehrt oder links stehen msse, wenn die Zeichnung
auf dem Zeuge rechts erscheinen solle.
Hier lehrt der Kaufmann seinen Sohn, da der Kaffee die geschlte Frucht,
der Kern einer Pflanze sei, und benutzt die nchste Gelegenheit, sie ihm zu
zeigen. Er zeigt ihm beym nchsten Gang ins Freye, wo und wie der Kmmel,
der Mohn, die Hirse, der Hanf usw. wachse, die als lngliche, runde, graue,
gelbe, weiliche Krner einen Handelsgegenstand ausmachen.
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Der Bergmann, der Schmied, der Kaufmann, der Eisen und Metallhndler lehrt
seinen Sohn Gewichtigkeit, Gewicht von Schwere unterscheiden. Ein Pfund Blei
und ein Pfund Kreide haben gleich viel Gewicht, sind gleichgewichtig, aber
das Blei ist schwerer als Kreide, Eisen usw. Hier zeigt der Seiler seinem
Kinde, wie das Drehen an der Haspel in bedeutender Entfernung die einzelnen
Flachs oder Hanffaden zu einem Ganzen zusammenwinde. Der Fischer, die Reusen
in der Richtung des flieenden Wassers legend, lehrt seinen ihn begleitenden
Sohn, da die Fische ihre Nahrung suchend fluaufwrts schwimmen. Dem Sohne
des Tischlers, Zimmermanns, des Bttchers, des Wagners usw. wird durch
wieder und immer wiederkehrendes Schauen und Selbstmachen, begleitet von dem
lehrenden und belebenden Worte des Vaters, die Wirkung des Hobels, Bohrers,
Meiels klar; der Vater sagt ihm dabey, da das Material dazu teils der
Baum, teils der Berg, der Stein liefere; da das Schmelzwerk erst das Eisen
lutete, und der Schmied es erst zu und in dieser Form bearbeite, und da
dieser Schmied wegen des verschiedenen Zeugs, was er verfertigte, der
Zeugschmied heie. Der Tischler usw. lehrt augenscheinlich seinen wi- und
lernbegierigen Sohn, da nicht jedes Holz zu seinem Handwerkszeuge tauge,
nicht Fichten- und Tannen-, wohl aber Buchen- oder Ahorn- oder Birkenholz,
kein Nadel-, wohl aber Laub- oder Obstbaumholz. Und den nchsten Spaziergang
ins Freie benutzt der Vater nicht nur dazu, seinen Sohn Laub- und Nadelholz
kennen
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und voneinander unterscheiden zu lehren, sondern auch dazu, da derselbe
Buche und Eiche, Kiefer und Erle, jedes leicht bey seinem Namen nenne. Der
Holz und Rindenschaler belehrt sein ihn berall in Geschftigkeit umgebendes
Kind ber den Gebrauch und die Anwendung der Eichen und Erlenrinde und zeigt
ihm selbige beym nchsten Male, wenn er in der Stadt bey dem Gerber sich ein
Stck Sohlenleder kauft.
So fhrt das natrliche, an Geist und Krper gesunde Kind den treuen Vater
und der sorgsame Vater das immer geistige und Krperthtigkeit suchende Kind
vom Lande in die Stadt, von der Natur zur Kunst, und umgekehrt vom Gewerbe
zum Land und Gartenbau; und wenn auch der Anknpfungs,, der Ausgangspunkt,
die Veranlassung verschieden ist, so ist doch jedem mglich, den
Erkenntnikreis des andern aus dem seinigen kennenzulernen, an den seinigen
anzuknpfen. Jedes Geschft und jedes Gewerbe, jeder Beruf des Vaters reicht
einen Anfangspunkt zur Aneignung aller menschlichen Erkenntni. Zu welch
einer Summe von Kenntnissen kann nur das Kind des Bauern durch den Wagen und
Pflug seines Vaters, der Sohn des Mllers durch des Vaters Mhle, der Sohn
des Kaufmanns durch die rohen oder verarbeiteten Naturerzeugnisse, welche
Gegenstnde des Handels des Vaters sind, gefhrt werden! -- Welch ein
Reichthum von Kenntnissen lt sich aus den verschiedenen Geschften des
Fabrikbetreibers entwickeln! Lauter Einsich-
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ten und Erkenntnisse, welche das sptere Schul- und Unterrichtsleben den
Kindern nur mit groen Kosten und Schwierigkeiten, oft gar nicht zu geben
imstande ist. Die die Folgen des benutzten und unbenutzten, des beachteten
und unbeachteten Kindes, des huslichen und Familienlebens. Das Kind, euer
Kind, ihr Vter! ahnet die auch so tief, so lebendig, so wahr; darum umgibt
es auch euch, wo ihr auch bleibet, wohin ihr auch gehet, bey allem, was ihr
nur treibet und tut. Weiset es nicht unfreundlich zurck, stoet es nicht
von euch, seid nicht ungeduldig bey seinen Fragen und immer wiederkehrenden
Fragen; mit jedem hart abweisenden, zurckstoenden Worte vernichtet ihr
eine Knospe, einen Trieb an seinem Lebensbaume. Aber beantwortet ihm auch
durchs Wort nicht viel mehr, als es ohne euer Wort sich nicht selbst
beantworten knnte; denn es ist freylich leichter, die Antwort von einem
andern zu hren, vielleicht nur halb zu hren und halb zu verstehen, als sie
sich selbst zu suchen, sie durch sich selbst zu finden; aber die Antwort zum
Viertel durch sich selbst gefunden, ist fr das Kind mehr und wichtiger, als
sie halb zu hren, sie halb zu verstehen; die macht gedanken- und
geistesfaul. Beantwortet darum die Fragen eurer Kinder nicht immer geradezu;
aber, sobald sie Kraft und Erfahrung dazu haben, gebt ihnen die Bedingungen;
die Antwort aus dem Kreise ihrer Einsicht sich selbst zu geben.
Ruhen wir Eltern, besonders wir Vter -- denn uns ist in diesem Alter das Kind,
das schon zum Knaben reifende
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Kind, der besonderen Pflege und Fhrung hingegeben, ruhen wir auf der
Anschauung dessen, was uns die Erfllung unserer Vaterpflichten, unserer
Kinderfhrung reicht; empfinden wir die Freuden, die sie uns gibt! -- Es ist
nicht mglich, da uns von irgendeiner Seite her hhere Freude, hherer
Genu komme, als von der Fhrung unserer Kinder, von dem Leben mit unseren
Kindern, davon, da wir unsern Kindern leben. Es ist unbegreiflich, wie wir
irgendwo hhere Freuden, hhern Genu, vollkommene Befriedigung unserer
edelsten Wnsche suchen und erwarten knnen, als in der Beschftigung mit
unsern Kindern, mehr Erholung als im Kreise der Unsrigen, wo wir in mehr als
zwiefacher Beziehung uns Freude schaffen knnten.
Shen wir doch alle den stillen Vater in seinen einfachen, brgerlichen
Verhltnissen, in seiner glcklichen, lebensfrohen Familie, der darstellte,
aus sich darstellte, was nur teilweise hier ausgesprochen wurde: die
Wahrheit desselben wrde uns dann tief durchdringen, und nur in wenig Worte
fut er sich selbst die Richtschnur seines Handelns: "Die Kinder frhe zum
Nachdenken zu fhren, das halte ich fr das Erste und Wichtigste der
Kindererziehung." -- Die Kinder frhe zur Arbeit und Thtigkeit anzuhalten,
schien ihm so natrlich, als sich von sich selbst verstehend, da es ihm
auch nicht eines Wortes zu bedrfen schien. Und berdies, wird das zum
Nachdenken gefhrte Kind nicht auch dadurch zugleich zur Arbeitsamkeit,
Thtigkeit, zu allen
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huslichen und brgerlichen Tugenden gefhrt sein? -- Jene Worte sind ein
Kern, aus welchem ein ganzer, schattender, immergrner Lebensbaum voll
duftender Blthen und gesunder reifer Frchte sich entfaltet. Hren und
beachten wir es, die wir unsere Kinder gedanken und arbeitslos und darum
todtum uns wandeln lassen.
Aber -- es ist hart, doch ist es wahr, lat uns nur bey unserm Umgange und
Leben mit unsern Kindern einen prfenden, forschenden Blick auf und in uns
werfen; es soll keineswegs im mindesten mehr gesagt werden, als was wahr
ist: wir sind that, was uns umgibt, ist fr uns tot; bey allem Wissen sind
wir leer, sind fr unsere Kinder leer; fast alles was wir sprechen ist hohl
und leer, ohne Inhalt und ohne Leben; nur in den seltenen, wenigen Fllen,
da, wo unserer Rede Natur- und Lebensanschauung zugrunde liegt, erfreuen wir
uns ihres Lebens. Darum eilen wir! lassen wir uns, unsern Kindern, lassen
wir durch sie unserer Sprache Gehalt und den uns umgebenden Gegenstnden
Leben geben! Darum leben wir mit ihnen, lassen wir sie mit uns leben: so
werden wir durch sie bekommen, was uns allen Noth thut. Unsere Worte, unsere
Reden im geselligen Zusammenleben sind todt, sind Hllen ohne Mark,
Marionetten ohne Leben, Spielmarken ohne innern Wert; denn ihnen mangelt die
Anschauung des innern Lebens, ihnen mangelt der Inhalt; es sind bse
Geister, weil sie keinen Krper und Leib haben. -- Unsere Umgebungen, das,
was
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wir anschauen, sehen, ist tot; sie sind Masse, sie erdrcken, statt zu
erheben; denn ihnen fehlt das belebende Sinn und Bedeutung gebende Wort. Wir
fhlen und empfinden den Sinn unserer Rede nicht; denn sie besteht aus
auswendig gelernten Begriffen, denen keine Anschauung, keine Gestaltung
zugrunde liegt; darum wirkt sie auch keine Anschauung, keine Gestaltung,
kein Leben; denn sie ist nicht aus dem Leben hervorgegangen und geht nicht
aus dem Leben hervor. Unsere Rede gleicht dem Buche, aus dem wir sie, sey es
auch im dritten oder vierten Gliede, auswendig gelernt haben; wir sehen
selbst nicht, was wir reden, knnen es nicht gestalten was wir reden; darum
ist unsere Rede so leer und gehaltlos. Darum, nur darum ist unser inneres
und ueres Leben so arm und wird wieder das Leben unserer Kinder so arm,
weil unsere Rede nicht aus einem innerlich und uerlich schauend und
schaffend reichen Leben geboren ist, weil unserer Rede und unserm Worte die
Sachanschauung dessen fehlt, was sie bezeichnet. Darum hren wir wohl den
Schall, aber wir bekommen kein Bild; wir hren das Gerusch, aber wir sehen
keine Handlung. Vter, Eltern! was uns mangelt, auf, lat es uns unsern
Kindern geben, verschaffen; was wir nicht mehr besitzen, die alles
belebende, alles gestaltende Kraft des Kindeslebens, lassen wir sie von
ihnen wieder in unser Leben bergehen! Lat uns von unsern Kindern lernen;
lat uns den leisen Mahnungen ihres Lebens, den stillen Forderungen ihres
Gemthes Gehr geben! Lat uns unsern Kindern leben: so
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wird uns unserer Kinder Leben Friede und Freude bringen, so werden wir
anfangen weise zu werden, weise zu sein!
---
Auf der bisher betrachteten und der Anschauung und Beachtung vorgefhrten
Stufe der Entwickelung des Menschen wurde die Auenwelt, wurden die
Gegenstnde der Auenwelt auf das innigste mit dem Worte und durch das Wort
wieder auf das innigste mit dem Menschen verknpft. Diese Stufe ist darum
vorwaltend die Stufe der Entwickelung der Sprachfhigkeit des Menschen.
Dehalb war bey allem Thun des Kindes die Anknpfung desselben an die
Bezeichnung desselben durch das bestimmte, reine Wort so unerllich. Jeder
Gegenstand, jede Sache, jedes Ding wurde gleichsam fr das Kind erst durch
das Wort; vor dem Worte war es fr das Kind, wenn auch das uere Auge es
wahrzunehmen schien, noch gar nicht da; das Wort selbst schuf gleichsam die
Sache erst fr das Kind; dehalb erschien und war Wort und Sache, wie Mark
und Stamm, wie Ast und Zweig so eins. Und ungeachtet dieser innigen
Verknpfung der Gegenstnde mit dem Worte und durch dieses mit dem Menschen
steht dennoch, -- welches von Eltern und Erziehern nicht klar genug
eingesehen und bestimmt genug beachtet werden kann -- auf dieser Stufe der
Menschenentwicklung jeder Gegenstand von dem andern so geschieden, jeder
Gegenstand und jede Gesammtheit an sich wieder in ihren Theilen so
ungegliedert da. Aber anders,
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ganz anders fordert es die Bestimmung des Menschen und der Dinge: der Mensch
soll nicht allein jedes Ding als ein Ganzes, Ungeteiltes, sondern er soll es
auch als ein sich fr Darstellung eines Gesammtzweckes in sich Gegliedertes
betrachten; er soll es nicht nur als ein fr sich bestehendes Ganzes, als
eine Einheit und Einzelheit, sondern er soll jedes wieder als Glied einer
beziehungsweise greren und hheren Gesammtheit, fr Darstellung eines
hheren Gemeinzweckes erkennen und anschauen; von jedem Dinge sollen nicht
nur seine uern Verhltnisse und Verknpfungen, sondern dessen innere
Beziehungen, dessen innere Einigung mit dem von ihm uerlich Getrennten
erkannt und eingesehen werden.
Doch die Gesammtheit dessen, was den Menschen als ein ueres, als Auenwelt
umgibt, kann als solche von dem Menschen in ihrer Einheit nicht erkannt
werden, sondern wieder nur durch die Kenntnis des eigenthmlichen Wesens, der
eigenen Natur jedes einzelnen Dinges, Sache, Gegenstandes in jedes
Selbstndigkeit und Persnlichkeit. Der Mensch erkennt aber jedes Ding, das
Innere jedes Dinges schwer, wenn es ihm innerlich und uerlich zu nahe
gerckt ist, und fast in dem Maae schwerer, als es ihm uerlich und
innerlich zu nahe gerckt ist, als es ihm in beyden Beziehungen zu nahe
steht. -- Das Miverstehen zwischen Eltern und Kind innerhalb des huslichen
und Familienkreises usw. sind hufige und redende Beweise dafr. Darum
erkennt berhaupt der Mensch sich selbst so
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schwer. Eine uere Trennung bringt dagegen hufig innere Einigung, inneres
Finden und Erkennen hervor. So kennt ja leider der Mensch vieles Fremde:
fremde Gegenden, fremde Zeiten, fremde Menschen besser, als seine Gegend,
seine Zeit, besser als sich selbst. Will der Mensch sich wahrhaft erkennen,
mu er sich auer sich selbst darstellen, sich gleichsam sich selbst
entgegensetzen. Soll nun der Mensch seiner Bestimmung gem das Wesen jedes
Dinges der ihn umgebenden Auenwelt recht erkennen, ja durchdringen; soll er
durch jedes Ding sich selbst recht erkennen, recht durchdringen: so mu nach
der Stufe der Kindheit fr ihn eine neue, der vorhergehenden, Mensch und
Gegenstand einenden, ihrem Wesen nach entgegengesetzte: -- Mensch und
Gegenstand wieder trennende, Mensch und Gegenstand uerlich einander
gegenberstellende, aber innerlich einende und nahebringende Stufe der
Menschenentwicklung eintreten; -- eine solche Stufe, die dem Menschen die
Gegenstnde innerlich dadurch nahebringt, da sie Gegenstand und Wort
trennt, Gegenstand und Wort jedes als etwas von dem anderen Geschiedenes,
Verschiedenes und doch Einigendes erkennt. Diese Stufe ist die, wo die
Sprache an sich als etwas Selbstndiges und fr sich und durch sich
Bestehendes ein- und auftritt; es ist die nun folgende Stufe.
Mit dem Trennen des Wortes von der Sache und der Sache von dem Worte, mit
der Trennung der Sprache von dem Sprechenden und umgekehrt, ja mit der sogar
spter
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eintretenden uerlich-, Krperlichmachung der Sprache durch Zeichen und
Schrift und so mit der wirklichen Verkrperung der Sprache und der
Betrachtung der Sprache als etwas Krperlichem, tritt der Mensch von der
Stufe des Kindes heraus und zu der Stufe des Knaben empor. Das Wort
Knabe drckt diese Stufe ebenso bestimmt aus, wie das Wort Kind die vorige;
es ist die die Stufe, wo der Mensch durch eigene Kraft das uerliche sich
nahe bringt, sich aneignet. Die Mundarten zeigen die Mittelglieder von nahe
durch genau, g'nau, g'naube usw. bis Knabe und knapp, Knappe.
So wie die vorige Stufe der Menschenentwicklung, die Stufe der
Kindheit, vorwaltend die des Lebens, des Lebens an sich, nur
um zu leben, die Stufe war, Innerliches uerlich zu machen, so ist die
jetzige, die Knabenstufe, vorwaltend die Stufe des uerlichen
innerlich zu machen, die Stufe des Lernens.
Von seiten der Eltern und Erziehenden war die Suglingszeit vorwaltend die
Zeit der Pflege; der darauffolgende Zeitraum, welcher den Menschen
vorhaltend als Einheit und fr Einheit in Anspruch nimmt, die Zeit der
Kindheit, ist diejenige der vorwaltenden Erziehung; die eben
bezeichnete Stufe der Knabenzeit nimmt so den Menschen vorwaltend in
einzelnen Beziehungen und fr einzelnes in Anspruch, um spter ihre innere
Einheit abzuleiten; es
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werden fr die Einzelheiten die innern Richtungen aufgesucht und
nachgewiesen, in welchen sie unter sich stehen. Die Betrachtung und
Behandlung des einzelnen an sich und in Beziehung auf die verschiedenen
innern Richtungen zu sich und unter sich ist aber, wie auch das Wort sagt,
das Geschft und Wesen des Unterrichtes, und so ist die Knabenzeit die Zeit
des vorwaltenden Unterrichtes.
Das Geschft der Entwickelung und Ausbildung des Menschen in dem Knabenalter
geschieht als Unterricht nicht sowohl und nicht allein nach dem
Wesen des Menschen selbst, als vorwaltend nach den in dem Wesen der Dinge
liegenden bestimmten, festen und klaren Gesetzen, besonders nach
denen, welchen Mensch und Gegenstand gleich unterworfen sind; oder
bezeichnender, nicht sowohl nach der Art und Weise, wie sich das allgemeine,
ewige Gesetz eigenthmlich in dem Menschen, als vielmehr, wie es sich
eigenthmlich in jedem der Gegenstnde auer dem Menschen, wie es sich in
Mensch und Gegenstand zugleich und gemeinsam ausspricht, geschieht also nach
in dieser eigenthmlichen oder allgemeinen Form auerhalb dem
Menschen liegenden festen, bestimmten Bedingungen. Diesem nach kann und mu
es aber nur mit Kenntnis, Einsicht, Umsicht, Ueberblick und Bewutsein
geschehen. Ein solches Verfahren heit aber Schule im weitesten
Sinne des Wortes. Schule ist also, wo der Mensch zu der Erkenntni der
Gegenstnde auer ihm und deren Wesen nach den in ihnen liegenden beson-
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deren und den allgemeinen Gesetzen gebracht wird und gelangt; wo der Mensch
durch Vorfhrung des ueren, Einzelnen, Besonderen zum Erkennen des
Allgemeinen, des Innern, der Einheit gebracht wird und gelangt. Darum wird
der Mensch als Knabe zugleich zum Schler. Mit der Stufe des Knaben beginnt
fr den Menschen auch der Anfang der Schule, sey die in oder auer dem
Hause, vom Vater, von Familienmitgliedern oder von einem Lehrer an sich.
Unter Schule wird also keineswegs hier weder die Schulstube noch das
Schulhalten verstanden, sondern die Mitteilung von Kenntnissen mit
Bewutsein fr bewuten Zweck und in sich bewuten inneren Zusammenhang.
Die Entwickelung und Ausbildung des Menschen zur Erreichung seiner
Bestimmung, zur Erfllung seines Berufes ist aber, wie es allseitig
entgegengetreten und dauernd entgegentritt, ein stetig, ununterbrochen
fortgehendes, immer von einer Steigerungsstufe zur andern sich
emporhebendes, unzerstcktes Ganzes: -- aus dem in dem Sugling geweckten
Gemeingefhl entwickelt sich in dem Kinde der Trieb, die Neigung; sie fhren
zur Gemths und Herzensbildung, und aus ihr geht in dem Knaben Geistes und
Willensthtigkeit hervor. Die Erhebung der Willensthtigkeit zur
Willensfestigkeit nun und so die Belebung und Bildung eines reinen, festen,
krftigen und ausdauernden Willens fr Ausbung und Darstellung der reinen
Menschheit zunchst in sich und durch sich, ist das Hauptaugenmerk, der
Hauptbezie-
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hungspunkt in der Leitung des Knaben, in dem Unterrichte und der Schule.
Wille ist die mit Bewutseyn immer von einem bestimmten Punkte aus,
in einer bestimmten Richtung zu einem bestimmten bewuten Ziele und Zwecke
gehende, mit dem Gesammtwesen des Menschen in Uebereinstimmung stehende
Geistesthtigkeit desselben. Hiermit ist alles gesagt, alles bestimmt, was
Eltern und Erzieher, Lehrer und Schule in diesen Jahren dem Menschen, dem
Knaben, in dieser Beziehung sein und geben sollen: -- Der Punkt, aus dem
alle Geistesthtigkeit des Knaben hervorgeht, soll krftig, gesund, die
Quelle, aus der sie hervorfliet, rein, klar und ewig flieend sein; die
Richtung einfach, bestimmt; das Ziel sicher, fest, bewut, dem Wesen nach
Leben in sich tragend, Leben entwickelnd, Leben nhrend und sich immer in
sich selbst verjngend, erhhend, veredelnd, wrdig des Bestrebens, wrdig
des Berufs und der Bestimmung, wrdig des Wesens des Menschen, und dasselbe
entwickelnd und darstellend. Um also die natrliche Willensthtigkeit des
Knaben zur wahren, chten Willensfestigkeit zu erheben, mssen alle
Thtigkeiten des Knaben, aller Wille desselben von der Entwickelung,
Ausbildung und Darstellung des Innern ausgehen und sich darauf
zurckbeziehen. Beyspiel und Worte, Unterricht, spter Lehre und Beyspiel
sind der Weg, das Mittel dazu. Nicht Beyspiel allein, und nicht Worte
allein! -- Nicht Beyspiel allein: denn Beyspiel ist ein Einzi-
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ges, Einzelnes, welches durch das Wort erst seine Allgemeinheit und
Anwendbarkeit erhlt; nicht Wort allein: denn Wort ist ein Allgemeines,
Geistiges, oft Vieldeutiges, welches durch Beyspiel, durch Unterricht erst
Anschaulichkeit, Bedeutung und Daseyn erhlt. Aber Beyspiel und Wort,
Unterricht und Beyspiel als ein Gesammtes und Einiges thut es doch allein
auch nicht; sondern einzig treffend ein feines gutes Herz, und zu diesem
wirkt die Erziehung der Kindheit. Darum ruht auch einzig die Knabenbildung
auf ihr; darum geht Willensthtigkeit aus Herzens und Gemthsthtigkeit,
Willensfestigkeit aus Herzens und Gemthsfestigkeit hervor, und wo das
erstere mangelt, wird das zweite nur schwer zu erreichen, zu erringen sein!
--
Die uerung eines feinen guten Herzens, eines sinnigen, frommen Gemthes in
dem Kinde ist aber, selbst eine Einheit in sich tragend, das innig sehnende
Streben, auch fr die uerlich getrennten Dinge und Sachen, von welchen es
sich in so groer Menge umgeben sieht, eine innere, nothwendige Einheit,
auch fr sie, wie es solches in sich fhlt, ein geistig Einendes, ein
allbelebendes, geistiges Band und Gesetz zu finden; ein Band und Gesetz,
wodurch sie wenigstens Bedeutung des Lebens, Bedeutung frs Leben bekommen.
Diese Sehnsucht wird nun zwar dem Menschen fr die Stufe der Kindheit durch
den vollendeten Besitz des lebendigen Spieles, in welchem er sich dort
befindet, erfllt, indem er durch dasselbe als Kind in den Mittelpunkt aller
Dinge gesetzt
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wird, alle Dinge nur in Beziehung zu sich, zu seinem Leben gesetzt werden;
doch gibt vor allem das Familienleben nur die volle Befriedigung derselben,
gibt nur einzig dieses die fr jede Bildungsstufe, ja fr das Gesammtleben
des Menschen ber alle Vergleichung wichtige Entwickelung und Ausbildung
eines guten Herzens und eines sinnig frommen Gemths in ihrer chten
Lebendigkeit und vollen Krftigkeit. Da nun jener einende Sinn die
Grundbedingung aller cht menschlichen Entwickelung und Ausbildung fr
Vollendung ist und jeder trennende Sinn die rein menschliche Entwickelung
zerstrt, so bezieht schon in dem Kindesalter der Mensch alles auf das
Familienleben, sieht alle Dinge nur durch dasselbe, in dem Spiegel und der
Form des Familienlebens, wie uns die ja das Kindesalter klar zeigt.
Dem Kinde wird dadurch das eigene Familienleben selbst ein ueres, Anderes,
und es wird ihm ein Musterleben, - die sollten Eltern immer bedenken; das
Kind mchte es in seiner Reine, seinem Einklang, seiner Wirksamkeit, wie es
ihm auer ihm erscheint, so auch aus sich darstellen. In der Familie sieht
es aber die Eltern, die Glieder, und sieht die Erwachsenen im Leben und in
den Verhltnissen, die seine Familie berhrt, schaffen, wirken, thun,
arbeiten; und so mchte nun auch das Kind auf dieser Stufe, was es sieht,
selbst darstellen; es mchte und versucht alles darzustellen, was es seine
Eltern, was es Erwachsene thun, schaffen, darstellen und arbeiten sieht, und
wovon es so die Mglichkeit
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und Art der Darstellung durch Menschenkraft und durch Menschenglieder
erkennt. Was frher in dem Kinde nur Thun um der Thtigkeit willen war, das
ist in dem Knaben jetzt Thtigkeit um des Werkes, des Erzeugnisses willen:
des Kindes Thtigkeitstrieb hat sich in dem Knaben zum Bildungs,,
Gestaltungstriebe entwickelt, und hierin lst sich das ganze uere Leben,
die uere Erscheinung des Knabenlebens dieser Zeit auf.
Wie teilt zuerst der Knabe und das Mdchen dieses Alters so innig gern die
Arbeiten des Vaters und der Mutter, nicht die spielenden und leichten, nein,
nein, die anstrengenden, Kraft und Mhe erfordernden mchte es mit den
Eltern teilen. Hier seid achtsam; hier seid sorgsam und sinnig, ihr Eltern!
ihr knnt hier mit einem Male den Thtigkeits und Bildungstrieb eurer Kinder
wenigstens fr lange vernichten, wenn ihr die Hilfe eurer Kinder als
kindisch, als unntz, wenig fruchtend, ja vielleicht gar als hindernd und
hemmend zurckweiset. Lat euch durch den Drang der Geschfte ja nicht
verleiten; htet euch ja, zu sagen: "Geh' hinweg! du hinderst mich nur!"
oder: "Ich mu eilen, la es mich geschwind allein machen!" Der Knabe, das
Mdchen werden so in ihrer innern Thtigkeit gestrt, sie sehen sich aus dem
Ganzen, mit welchem sie sich so innig eins fhlten, herausgesetzt, ihre
innere ganze Kraft ist aufgeregt, sie sehen sich allein, wissen mit der
erregten Kraft nichts anzufangen, ja sie selbst wird ihnen lstig, drckend,
sie werden verdrossen, tr-
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ge. Kaum dreymal darf jene Zurckweisung von den
Eltern geschehen, und das Kind wird sich nicht wieder zu einer Hilfe, zur
Theilung einer Arbeit melden; es steht nun verdrossen, langweilend umher,
auch wenn es die Eltern jetzt Arbeiten verrichten sieht, an welchen es wohl
Anteil nehmen knnte; und wer hat nicht spter ber solche frher so
behandelten Kinder von seiten der Eltern die Klage gehrt: "Wie der Knabe,
das Mdchen klein war und noch nichts helfen konnte, da war es bey allem
geschftig; jetzt, wo es Kenntnisse und Krfte hat, jetzt mag es nichts
thun."
Seht, Eltern! der erste Thtigkeits,, der erste Bildungstrieb kommt aus dem
Menschen, dem Wesen des in ihm noch unbewut, unerkannt wirkenden
Geistigen gem, ohne all sein Zuthun, ja wohl gegen seinen Willen, wie das
auch wohl der Mensch im spteren Alter noch in sich wahrnehmen kann; tritt
nun dem Menschen, besonders dem jngeren, gegen diese innere Aufforderung
zur Thtigkeit, besonders zum Bilden, Schaffen, Darstellen, was immer mit
krperlicher Anstrengung verknpft ist, ein ueres Hindernis, namentlich
ein solches entgegen, wie der Wille der Eltern, welches nicht beseitigt
werden darf, so ist sogleich die Kraft in sich geschwcht und tritt bey
mehrmaliger Wiederholung dieser Schwchung ganz in den Hintergrund und in
Unthtigkeit zurck. Das gestrte Kind, Knabe, Mdchen fragt, wgt nun nicht
ab, ob und warum seine Hilfe einmal statthaft und das andere Mal unstatthaft
war, es whlt das seinem Physischen, Leiblichen, Krperlichen, das seiner
Natur Bequemere; es un-
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terlt die Thtigkeit um so leichter und lieber, als es durch den Willen
der Eltern dazu verpflichtet zu sein scheint. Das Kind, der Knabe wird
trge, d. i. sein Leib wird ein nicht mehr vom Geiste und Leben
Durchdrungenes; er wird ihm ein Krper, eine Last, die er nun tragen mu, da
frher das Gefhl der Kraft gar nicht zulie, seinen Krper als solchen,
sondern nur als krftigen Trger der ihn durchdringenden Kraft zu fhlen.
Darum, ihr Eltern, wollt ihr spter und zur gelegenen Zeit von euern Kindern
Hilfe, so nhrt frhe in ihnen den Thtigkeits- und besonders in der
jetzigen Knabenzeit den Bildungstrieb, auch wenn es euch einige Ueberwindung,
einige Aufopferung kosten sollte; viel, viel, ja hundertfltig, wie eine
gute Frucht in gutem Boden, wird es euch spter vergolten werden. Strkt,
entwickelt, befestigt sie; gebt euerm Kinde das Hchste, was es jetzt
bedarf; vergnnt ihm, seine Kraft an ein elterliches, ihm darum besonders
liebes Werk anzuknpfen, damit es nicht allein ein Bewutsein seiner Kraft,
sondern besonders ein Maa derselben bekomme.
War die frhere Thtigkeit nur Nachahmung des huslichen Lebens, so ist das
jetzige Thun Theilen des huslichen Geschftes, Heben, Ziehen, Tragen,
Graben, Spalten; an allem will sich der Knabe seine Kraft ben, wgen und
messen, da sein Krper erstarke, seine Kraft wachse und er ein Maa
derselben erhalte. Ueberall, nach dem Felde und in den Garten, nach der
Werksttte und in die Bcherey, zu
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den Geschften des Waldes und der Wiese, bey der Pflege der Haustiere und
zur Hervorbringung der kleineren Hausgerte, zum Holzsgen, Holzspalten und
Holzlegen, zu und bey allen den verschiedenen Geschften des Vaters nach
dessen verschiedenem Gewerbe begleitet der Sohn den Vater; Frage auf Frage
drngen sich aus der nach Erkenntni strebenden Seele des Knaben hervor.
Wie? -- Warum? -- Wodurch? -- Wann? -- Wehalb? -- Wovon? -- Wozu? Und jede
nur einigermaen gengende Antwort erffnet dem Knaben eine neue Welt; die
Sprache erscheint ihm berall als Vermittlerin und dadurch in ihrer
Selbstndigkeit.
Der an sich gesunde, in seiner Kindheit einfach und natrlich gefhrte Knabe
dieses Alters schon vermeidet, umgeht nirgends ein Hindernis, nirgends eine
Schwierigkeit, nein! er sucht sie auf, er berwindet sie. "La liegen!" ruft
der krftige Junge seinem Vater zu, welcher ihm ein Stck Holz aus dem Wege,
welchen er gehen soll, wlzen will, "La liegen, ich komm schon drber". Mit
Mhe zwar kommt der Junge das erste Mal hinber; aber er ist doch durch sich
hinbergekommen, Kraft und Mut ist in ihm gewachsen; er geht zurck,
bersteigt das Hindernis von neuem, und bald geht er leichten Fues drber
hinweg, als lge nichts im Wege. Machte die Thtigkeit dem Kinde Freude, so
macht und schafft das Thun dem Knaben jetzt Lust; daher die Erscheinungen der
khnen, wagenden Kraft des Knabenalters: das
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Steigen in Hhlen und Klfte, das Klettern auf Bume und auf Berge, das
Suchen in Hhen und Tiefen, das Schweifen in Wldern und Feldern. Leicht ist
das Schwerste, gefahrlos das Khnste; denn die Aufforderung dazu kommt aus
dem Innersten, geht aus dem Gemthe, dem Willen hervor. Doch nicht das
Wiegen und Prfen, Ueben und Messen der Kraft allein ist es, welche den
Knaben schon dieses Alters in Hhe und Tiefe, in Weite und Breite treibt,
sondern besonders die Eigentmlichkeit und das Bedrfnis seines sich jetzt
entfaltenden, innersten Lebens, das Mannigfaltige zu berschauen, das
Vereinzelte in einem Ganzen zu sehen, besonders das Entfernte sich nahe zu
bringen, die Weite und Vielheit, das Ganze in sich aufzunehmen. Das Streben,
seinen Blick, seinen Gesichtskreis von Stufe zu Stufe zu erweitern. Das
Ersteigen eines neuen Baumes ist fr den Knaben zugleich die Entdeckung
einer neuen Welt; alles zeigt der Blick von oben, doch ganz anders, als
unsere gewhnliche, zusammenschiebende und verschiedene Seitenansicht; wie
liegt da alles so klar unter dem Knaben. Knnten wir wieder die Seele und
Herz erweiternden Gefhle zurckrufen, die in uns selbst als Knaben lebten,
als vor dem erweiterten Blick die beengenden Grenzen der Umgebung
niedersanken, wir wrden dem Knaben nicht so kalt zurufen: "Steig herunter,
du fllst!" Nicht durch Gehen und Stehen allein lernt man gehen und stehen;
nicht durch Gehen und Stehen, Sitzen und Kriechen htet man sich vor Fallen,
auch durch Um- und Ueberschauen, und wie ist doch auch das Gewhnlichste so
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ganz anders, wenn man es mit einem Blicke von oben beschaut! -- Sollen und
wollen wir unserem Knaben diese Erhebung des Geistes und Gemthes nicht
frhe verschaffen; soll er in klarer Hhe nicht seinen Sinn klren, durch
den Blick in die Weite nicht Herz und Gemth erweitern? -- "Aber der Knabe
wird ein Wagehals; nie verlt mich die Sorge um ihn." Der von Jugend auf
ruhig, der stetigen Entwickelung seiner Kraft gem gefhrte Knabe wird
immer nur um ein weniges seiner Kraft mehr zumuten, als er sie schon geprft
hat, und so wird er wie von einem schtzenden Genius geleitet durch alle
diese Gefahren hindurchgehen, whrend der andere, Kraft und Forderung nicht
kennend, sich zu thun erdreistet, wozu ihm die wenn auch noch so geringe,
gebte Kraft mangelt, und da schon in Gefahr kommt, wo auch der Sorglichste
noch keine Gefahr ahnet. Immer sind aber auch diejenigen Knaben die
unberlegt dreistesten, denen ohne stetig gebte Kraft mit einem Male ein
Anflug von Kraft und zugleich die Gelegenheit zum Gebrauch derselben kommt;
sie werden dann, besonders von andern beobachtet, leicht in Gefahr kommen.
Nicht minder bedeutungsvoll und entwickelnd ist des Knaben Neigung zum
Steigen in Hhlen und Klfte, Wandeln im schattigen Hain und im dunklen
Wald; es ist das Streben, noch Ungefundenes zu suchen und zu finden, das
Streben, noch nicht Gesehenes zu sehen und kennenzulernen, es ist das
Streben, das sich in Dunkelheit und Schat-
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ten Findende ans Licht und sich nahe zu bringen, sich zu und anzueignen. Da
bringt nun der Knabe von solchen Wanderungen unbekannte Steine und Pflanzen,
in der Verborgenheit und im Dunkel wohnendes Getier: Wrmer, Kfer, Spinnen,
Eidechsen als reiche Ausbeute mit zurck, und: "Wie heit, was ist das?"
usw. sind die dem Knaben bey seiner Rckkehr zu beantwortenden Fragen, und
mit jedem Worte wird reicher ihm seine Welt, wird klarer die Auenwelt; nur
darf freylich dem Knaben nicht schon auf halbem Wege zugerufen werden: "Fi!
wirfs weg; das ist hlich!" -- oder: "La fallen; es beit!" -- Hat das Kind
gehorcht, so hat es auch einen wesentlichen Theil seiner Menschenkraft
fallen lassen oder weggeworfen, und spter magst du ihm zurufen, spter mag
Verstand und Vernunft ihm selbst sagen: "Sieh, das ist ein unschuldiges
Thierchen!" -- der Blick wird sich wegwenden, und eine Summe von Erkenntni
wird zugleich verlorengehen, whrend dort der kaum sechsjhrige Knabe dir
von dem wunderbaren Bau eines Kfers und dem eigenthmlichen Gebrauch seiner
Glieder Dinge erzhlt, die bisher alle unbeachtet vor deinem Blicke
vorbergingen. Wohl magst du ihn zur Vorsicht bey Anfassen unbekannter
Thiere warnen, aber nicht mit ngstlichkeit. --
Doch keineswegs immer auf und in der Hhe, keineswegs in Tiefe und
Dunkelheit ist unser, ist der cht krftige Knabe dieses Alters; dasselbe
Streben, welches ihn auf Ber-
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ge und in Thler trieb: sich Umsicht, Uebersicht und Einsicht zu verschaffen,
hlt ihn auch dort auf der ebenen Erde fest. Seht! dort macht er sich unter
der Hecke an dem Zaune des Gartens seines Vaters ein Grtchen; dort stellt
er sich in seinem Fuhrgeleise und an seinem Wassergraben den Lauf eines
Flusses dar; dort bringt er sich die Wirkung des Falles oder des Druckes des
Wassers an seinem kleinen Wasserrade zur nheren, bersichtlicheren
Anschauung und Einsicht; hier beachtet er die Eigenschaft des Schwimmens an
einer kleinen Holzflche oder an einem Stcke zelliger Holzrinde auf seinem
zu einem kleinen Teiche gedmmten Wasser. Besonders ist das Beschftigen mit
dem klaren, lebendigen, leicht beweglichen Wasser, in welchem der gern ber
sich selbst klare Knabe das Bild seiner Seele wie in einem Spiegel schaut,
sowie berhaupt das Beschftigen mit bildsamen Stoffen, Sand, Lehm, dem
Knaben dieses Alters ganz besonders lieb, man knnte sagen, ein
Lebenselement; denn er sucht nun im frher gewonnenen Gefhle der Kraft ber
den Stoff zu herrschen, denselben zu beherrschen; alles soll und mu sich
seinem Bildungs- und Gestaltungstriebe unterwerfen, dort in dem Erdhaufen
ein Keller, eine Hhle, auf demselben ein Garten, eine Bank. Bretter,
Zweige, Latten und Stangen mssen sich dort zu einer Htte, einem Hause
zusammenfgen; der tiefgefallene Schnee mu sich zu Mauern und Wllen, zu
einer Festung zusammenballen und die rohen Steine auf einer Anhhe zu einer
Burg zusammenfgen, alles im Sinne, Geiste und Streben des Menschen in
diesem seinem Knabenalter,
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im Sinne und Geiste der Einigung und Aneignung. Seht dort die beyden kaum
siebenjhrigen Knaben, wie sie, sich wechselseitig mit brderlichem Arm
umschlungen, friedlich und traulich beratend den Hof hinabwandeln, sie
wollen sich Handgerte holen, um sich in einem dunkeln Gebsche der Anhhe
hinter dem Wohnhause eine Htte mit Bank und Tisch zu bauen, einen Sitz, von
wo aus ihr Auge das ganze Tal in einem Blick und als ein schn gegliedertes
Ganzes berschaut. So eint der einende, aber auch auf sich ruhende Sinn
alles, was seinem Wesen, Bedrfnis und inneren Stehen angemessen ihm nahe
kommt, Steine und Menschen zu gemeinsamem Zweck fr gemeinsames Werk; und so
bildet jeder sich bald seine ihm eigene Welt, denn das Gefhl eigener
Kraft bedingt und fordert auch bald den Besitz eigenen Raumes
und eigenen, eigenthmlich angehrigen Stoffes. Sey sein
Reich, sein Gebiet, gleichsam sein Land nun ein Winkel des Hofes, des Hauses
oder der Stube, sey es der Raum einer Schachtel, eines Kastens oder in einem
Schranke, oder sey es eine Hhle, eine Htte, ein Garten; er, der Mensch,
der Knabe dieses Alters, mu auch einen uerlichen, am besten einen sich
selbstgeschaffenen, selbstgewhlten Beziehungs, Einigungspunkt seiner
Thtigkeit haben. Ist weit der auszufllende Raum, ist gro das zu
beherrschende Gebiet, ist vielgliedrig das darzustellende Ganze, so tritt
brderliche Einigung Gleichsinniger ein, und begegnen Gleichsinnige sich in
gleichem Streben und finden ihre Herzen sich, so wird entweder das
angefangene Werk erwei-
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tert oder das einzeln begonnene neue ein gemeinsames. Wollet ihr Eltern, ihr
Kinderfhrer, ihr Erzieher, im kleinen, gleichsam wie in einem Bilde, was
hier angedeutet, sehen; schaut mir her in diese Erziehungsstube und in
diesen Kreis von mehr als acht sieben bis zehnjhrigen Knaben. Auf dem
groen Tische der vielbenutzten Stube steht ein Kasten mit Bauhlzern, --
Kltzer sind es in der Form und dem Verhltnis der Mauerbacksteine, jede
Lnge ungefhr 1/6 der wirklichen Gre, dem schnsten und vielgestaltigsten
Material, welches der wachsenden Knabenkraft als Darstellungsmittel gereicht
werden kann; Sand oder Sgespne haben sich auch in der Stube eingefunden,
und schnes grnes Moos hat der jngste Spaziergang in dem schnen
Tannenwald in reichem Maae zur Ausbeute gegeben. Es ist Freizeit, und jeder
hat nun fr sich sein Werk begonnen: dort in jener Ecke steht ganz verborgen
eine kleine Kapelle, Kreuz und Altar bezeichnen den Geist der Bestimmung; es
ist die Schpfung eines kleinen, stillen Knaben; -- dort auf jenem Stuhle
haben zwey gemeinsam schon ein bedeutend greres Werk unternommen; es ist
ein mehrstckiges Gebude und soll wohl ein Schlo sein, welches vom Stuhle
wie vom Berge ins Thal schaut; -- aber was hat jener dort ruhig unter dem
Tische gebaut? ein grner Hgel ist es, auf dem eine alte Burgruine thront;
-- unter den Hnden der andern hat sich dort in der Ebene ein Drfchen
ausgebreitet. Jetzt hat jeder sein Werk beendigt; jeder besieht es jetzt und
besieht das Werk des Andern und der Andern; jedem tritt
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der Gedanke und Wunsch entgegen, das Vereinzelte mchte zu einem Ganzen sich
einen, und kaum ist der Wunsch als ein allen gemeinsamer erkannt, so werden
auch gemeinsam Wege vom Drfchen zur Burg, von der Burg zum Schlo, vom
Schlosse zur Kapelle angelegt, und Wiesen und Bche ziehen zwischen beyden
sich hin. Oder: waret ihr ein anderes Mal da: einige hatten aus Lehm sich
eine Gegend geschaffen; ein anderer hatte aus Pappe sich ein Haus mit
Fenstern und Tren gefertigt, und wieder ein anderer dort aus Nuschalen
sich Schiffchen bereitet; ein jeder schaut nun sein Werk: gut ists, doch
steht es allein; er sieht auch das Werk seines Nachbarn, vereinigt wr es
doch schner; und gleich steht das Haus wie ein Schlo auf der Anhhe der
Gegend, und das Schiffchen schwimmt auf dem kleinen knstlichen See; zu
aller Freude bringt noch der Jngste seinen Schfer und Schfchen weidend
zwischen den Berg und den See; nun stehen sie alle und schauen mit
Wohlgefallen und Lust das Werk ihrer eigenen Hand. Oder, dort unten am
Quell, am Bache, welch reges Getmmel ; ltere Knaben sind es. Kanle haben
sie gebaut und Schleusen und Brcken und Seestdte, Wehre und Mhlen, ein
jeder unbekmmert und nicht beachtend das Werk des andern; nun aber soll das
Wasser seiner Natur nach benutzt werden und Schiffe auf demselben von der
Hhe zur Tiefe gleiten; aber nach jedem Schritt ist eines andern Grenze, und
jeder macht sein Recht als Herr und Schpfer gleich geltend, und jeder
fordert sein Recht, erkennt an die Forderung der andern, was
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kann vermittelnd hier sein? -- nur Vertrge, und gleich Staaten
verbinden durch strenge Vertrge sie sich; wer mag die vielseitige
Bedeutung, wer mag die vielseitigen Frchte dieser Knabenspiele nachweisen?
Nur ein zweyfaches steht fest und wahr: Aus einem Sinne und einem Geiste,
dem einen Knabensinne, dem einen Knabengeiste gingen sie hervor; und: die
Knaben, die sie spielten, waren brave Schler, lern und begreifsam,
einsichtig und darstellend, fleiig und strebsam, sind tchtige Jnglinge an
Kopf und Herz, rat und thatfertig, und die so spielten, sind tchtige Mnner
und werden tchtige ein- und umsichtige Mnner werden.
Wichtig, ganz besonders wichtig ist in diesem Alter das Bearbeiten eigner
Grten, das Bearbeiten derselben um des Erzeugnises willen; denn der Mensch
sieht da zuerst auf einem organischen: geistig gesetzmigen, nothwendig
bedingten Wege Frchte aus seinem Thun, seinem Handeln hervorgehen, Frchte,
die vielseitig, obgleich den innern Gesetzen der Naturkraft unterworfen,
doch auch von seiner Thtigkeit, von den Gesinnungen seiner Thtigkeit
abhngen. Besonders findet dadurch das Leben des Knaben mit der Natur, und
dessen Fragen nach ihr, dessen Sehnsucht, die Natur zu erkennen, die ihn
dahin treibt, Gewchse und Blumen lange und immer wieder von neuem lange zu
beschauen, sinnend zu beachten, vielseitige und volle Befriedigung, und die
Natur scheint auch diesem Triebe und dieser Beschftigung ganz besonders
hold zu seyn, sie ganz besonders durch einen
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glcklichen Erfolg zu segnen ; denn bey einem Blicke auf und in die Kinder
und Knabengrten tritt sogleich die Erscheinung entgegen, da des Knaben
Gewchse, welcher nur einigermaen sie hegt und pflegt, mit auffallender
Gesundheit und Frische wachsen und blhen, ja da die Gewchse und Blumen
der Knaben, welche sie mit ganz besonderer Liebe warten und beachten,
gleichsam mit ihnen leben, da diese Gewchse und Blumen auch ganz besonders
frisch und freudig blhen und stehen. Kann der Knabe kein selbst zu
pflegendes Grtchen haben, so sollten wenigstens ein paar Gewchse in Ksten
oder Blumentpfen sein Eigentum sein, nicht mit seltenen, schwer zu
pflegenden, gefllten, nein, mit leicht fortkommenden, blten und
bltterreichen, gewhnlichen gemeinen Pflanzen. Das Kind, der Knabe, welcher
ein ueres Leben, wenn auch einer sehr untergeordneten Stufe, pflegte,
behtete, wird auch leichter zur Pflege und Hut seines eigenen Lebens
hinzufhren sein. Und durch die Pflege der Pflanzen wird auch des Knaben
sonstige Sehnsucht nach der Beachtung lebendiger Naturgegenstnde: Kfer,
Schmetterlinge, Vgel befriedigt; denn diese kommen ja gern in die Nhe der
Pflanzenwelt. --
Keineswegs aber sind alle Spiele, sind alle Beschftigungen der Knaben
dieses Alters nur reine Gegenstands-, nur reine Sachdarstellungen, nein,
viele sind vielmehr berwiegend reine Kraftbungen und Kraftwgungen an
sich; viele haben bey weitem mehr nur das Ziel der reinen Kraft-
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darstellung. Doch hat auch das Spiel dieses Alters immer einen eigenen, dem
innern Leben desselben ganz entsprechenden Charakter; so wie nmlich in dem
vorigen Zeitraume, dem des Kindesalters, nur Thtigkeit an sich
Zweck des Spieles war, so ist jetzt dessen Zweck immer ein bestimmtes, sich
bewutes Ziel, so ist er jetzt die Darstellung als solche, das
Darzustellende selbst, welcher Charakter der freien Knabenspiele in dem
fortschreitenden Alter sich immer mehr ausbildet; so selbst bey allen
Spielen der Krperbewegung, den Spielen des Laufens, Schlagens, Ringens:
Ballspielen, Barlaufen, Kriegs und Jagdspielen usw. Das Gefhl gewisser,
sicherer Kraft, das Gefhl der Erhhung und Steigerung derselben, welches er
als einzelner und in dem Gemeinsamen hat, ist es, welches den Knaben mit der
alles durchdringenden, jubelnden Lust bey diesen Spielen erfllt; aber
keineswegs ist es nur die physische, leibliche, krperliche Kraft, welche
hier so hohe und strkende Nahrung erhlt; nein! nein! auch die Geistes, die
sittliche Kraft erscheint bey allen diesen Spielen in einer Erhhung,
Steigerung, Bestimmtheit, Sicherheit, da, wenn es darauf ankme, abzuwgen,
nach welcher Seite hin sich der Ausschlag neige, ob auf die geistige oder
leibliche Seite, schwerlich wohl dem Krper oder dem Leibe das Uebergewicht
zuzugestehen sey: -- Gerechtigkeit, Migung, Selbstbeherrschung, Wahrheit,
Treue, Brderlichkeit und doch auch strenge Unparteilichkeit, wem duften
nicht alle diese schnen Blumen des Herzens und Gemthes und des festen
Willens entgegen, wenn er einem Kreise solcher spielenden
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Knaben sich nhert; die schnfarbigen, wenn auch gleich vielleicht weniger
duftenden Blumen: Mut, Ausdauer, Entschlossenheit, Besonnenheit, Geielung
und Ausscheidung des aus Trgheit Bequemlichen gar nicht mit in den Strau
gewunden. Wem es um das Einatmen eines frischen, erfrischenden Lebensatems
zu thun ist, der besuche die Spielpltze solcher Knaben. Doch noch zarter
duftende Blmchen blhen, und der mutige, freie Knabe schont ihrer, wie das
mutige Ro des Menschen, des Kindes, welches in der Bahn seines raschen
Laufes liegt; diese zarten, dem Veilchen und dem Frhlingswei hnlichen
Blumen sind: Schonung, Duldsamkeit, Pflege, Ermutigung des nicht durch
eigene Schuld Schwcheren, des Zarteren, Jngeren, Billigkeit gegen den mit
dem Spiele noch Unbekannten. Mchten dies doch alle die bedenken, welche
Knabenspielpltzen nur eben duldend einen Raum in der Knabenerziehung
einrumen! -- Wohl ist manches Wort rauh und manche That keck; aber die
Kraft, das Gefhl der Kraft soll erst da sein, ehe die gebildete Kraft da
sein, ehe die Kraft als eine gebildete erscheinen kann; und scharf, klar und
durchdringend ist des Knaben Auge, Blick und Sinn zur Erkennung des Innern,
und darum scharf und hestimmt, auch wohl hart und rauh ist das Urteil gegen
den im Urteil und Kraft Ebenbrtigen, sich wenigstens ebenbrtig Stellenden.
Jeder Ort sollte fr seine Knabenwelt einen eigenen, gemeinsamen Spielplatz
haben; herrlich wrden die Frchte
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sein, welche daraus fr die ganze Gemeinschaft hervorgehen; denn die Spiele
dieser Entwickelungsstufe sind, wo es nur immer mglich ist, gemeinsam, und
so den Sinn und das Gefhl fr das Gemeinsame, das Gesetz und die
Forderungen des Gemeinsamen entwickelnd. Der Knabe sucht sich in seinen
Genossen zu sehen, sich in denselben zu fhlen, sich an denselben zu messen,
zu wgen, sich durch dieselben zu erkennen und sich durch sie zu finden; so
wirken und bilden diese Spiele unmittelbar frs Leben, wecken und nhren
viele brgerliche und sittliche Tugenden.
Doch Jahreszeiten und Umstnde erlauben dem von huslichen und
Schulgeschften freien Knaben nicht immer seine Kraft im Freien zu ben und
zu entwickeln, und unthtig soll der Knabe schlechterdings nie sein; darum
machen in diesem Alter auch alle Arten anderer uerer Beschftigungen und.
Darstellungen, die an Haus und Stube geknpft sind, besonders das, was man
mechanische Arbeiten nennt: Papier und Papparbeiten, Formen usw. einen so
wesentlichen Theil des Knabentums und der Knabenfhrung aus und sind diese
fr denselben so wichtig.
Doch es ist in dem Menschen noch ein Streben, eine Sehnsucht, noch eine
Forderung des Gemthes, welche durch alle ueren Beschftigungen, durch
alle uere Thtigkeit sich nicht befriedigt fhlt; alles, was uere
Beschftigung und Thtigkeit dem Menschen auf dieser Stufe geben,
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ist fr ihn, ist fr das, was er bey einer seinem Wesen angemessenen
Erziehung sucht und bedarf, lange nicht genug; die Gegenwart mit aller ihrer
Flle und ihrem Reichthum kann ihm nicht gengen. Dadurch, da etwas in der
Gegenwart ist, erkennt er, da etwas in der Vergangenheit war. Auch dies,
was vor ihm war, auch von ihm mchte er wissen; er mchte den verflossenen
Grund, die verflossene Ursache von dem, was gegenwrtig ist, kennen, ja da
ihm das aus der alten Zeit noch Zurckgebliebene von sich selbst, von dem
Grunde seines Daseyns, von jener alten Zeit erzhlen mchte, das wnscht er.
Wem ist wohl aus seinem besonders reiferen Knabenalter nicht die deutliche
Sehnsucht erinnerlich, die sich in seinem Gemthe beym Anblick alter
Gemuer, alter Trme, Ruinen, ja nur alter Gebude, auch beym Anblick alter
Gedenksteine und Sulen auf Hhen und an Wegen laut aussprach, da andere
von diesen Gegenstnden, ihrer Zeit und ihren Ursachen Kunde geben mchten?
Ja, wer hat in sich dann nicht eine dunkle, unbestimmte Ahnung: als knnten
und wrden irgendeinmal diese Gegenstnde selbst von sich und ihrer Zeit
Kunde geben, wahrgenommen? -- Doch wer anders kann ihm nach seiner Erfahrung
und Einsicht davon Kunde geben, als die, welche schon vor ihm da waren, als
die lteren? Da diese es ihm sagen, da diese es ihm erzhlen mchten, das
wnscht er, und so entwickelt sich in dem Knaben dieses Alters das Bedrfnis
und der Drang nach der Erzhlung, nach der Sage, nach dem Erzhlen
berhaupt, spter nach dem Geschichtli-
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chen. Dieser Drang, besonders in seiner ersten Erscheinung, ist in diesem
Alter ungemein gro, er ist so gro, da, wo er nicht aus der und durch die
Umgebung befriedigt wird, ihn die Knabenwelt aus und durch sich selbst zu
befriedigen sucht, und die besonders in den Zeiten und den Tagen der Ruhe,
namentlich auch dann, wenn die Krper und Ordnungsgeschfte des Tages
beendigt sind. Wer hat nicht gesehen und ist nicht davon mit Achtung erfllt
worden, wie ein Kreis von Knaben dieses Alters sich um den aus ihrer Mitte
versammelt hat, welchen ein gutes Gedchtnis und eine lebendige
Einbildungskraft zu ihrem Erzhler bestimmt hat, wie da die brigen mit
gespannter Aufmerksamkeit zuhren, wenn seine Erzhlung ihren Lebenswunsch
erfllt und ihnen Handlung, That, Urteil durch That besthtigt, mit einem
Worte: Beyspiel und Wort in Einigung mit ihrem Innern ihnen vorfhrt! --
Aber auch selbst die Gegenwart, in welcher der Knabe lebt, enthlt noch
vieles, was der Mensch dieser Entwickelungsstufe sich nicht deuten kann und
sich doch so gern deuten mchte; was ihm stumm erscheint und von dem er
wnscht, da es reden mchte; was ihm todterscheint und von dem er doch so
gern mchte, da es lebend und lebendig wre. Von andern wnscht er diese
Deutung zu vernehmen, von andern wnscht er, da die stille Sprache der ihm
stummen Gegenstnde sie ihm hrbar machten, den stummen Gegenstnden Sprache
gben: den innern, leben-
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digen Zusammenhang aller Dinge, welchen sein Innerstes ahnet, den mchte er
durch Wort und Sprache sich klar ausgesprochen hren. Doch auch diesen
andern ist nicht immer und hufig, ja fast gar nicht mglich, des Knaben
Wunsch zu erfllen, und so entwickelt sich in demselben das Lebensbedrfnis
und der Drang der Fabel und des Mrchens, welche beyde sprachlosen
Gegenstnden Sprache und Vernunft beilegen, die erstere innerhalb der Grenze
der menschlichen und das zweyte ber die Grenze der menschlichen
Verhltnisse und der menschlichen, irdischen Erscheinungen hinaus. -- Auch
die hat gewi jeder bemerkt, welcher nur das Leben der Knaben dieses Alters
mit einiger tiefern und erfassenderen Aufmerksamkeit beachtet hat; sowie,
wenn auch hier durch des Knaben Umgebung dieses Bedrfnis des selben nicht
befriedigt wird und werden kann, da er dann ganz durch sich selbst auf die
Erdichtung und Darstellung von Mrchen und Fabeln fllt, und solche entweder
nur in sich, oder auch fr seine Altersgenossen ausbildet und diese zu ihrer
groen Freude damit unterhlt. Diese Mrchen und Erzhlungen legen dann dem
Beobachter sehr sprechend dar, was in dem tiefen Gemthe des jungen
Erzhlers demselben ohne Zweifel selbst noch ganz unbewut sich bewegt.
Was er in sich selbst fhlt und was in ihm lebt und wozu sogar, um es sich
nur selbst auszusprechen, ihm noch die Sprache mangelt, das wnscht er von
anderen und durch andere ausgesprochen zu hren.
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Was des Knaben Gemthe ahnet, was ihm das Herz schwellend macht im Gefhl
der Freude und Lust, wie im Fhlen der Kraft und des Frhlings, das mchte
sein Wort sagen; doch der Knabe fhlt sich fr sich selbst unmndig; er
sucht nach Worten, und da er solche noch nicht in sich finden kann, so freut
er sich innig, solche auer sich durch Aussprche, besonders durch Lied und
im Liede zu finden. Singt nicht der heitere, frohe Knabe auf dieser Stufe so
gern? -- fhlt er nicht im Gesange sich selbst erst wahrhaft lebend? -- ist
es nicht das Gefhl der wachsenden Kraft, welches auf Wanderungen durchs Tal
zum Berg, vom Berg zum Berg von seinen Lippen und aus gesunder Kehle das
aufmunternde Lied laut erschallend macht? --
Der Drang, so gern ber sich selbst klar zu sein, fesselt den Knaben; so
sahen wir ihn an dem klaren, reinen, lebendigen, ruhigen oder bewegten
Wasser; immer zieht es ihn in seinem Spiele wieder an dasselbe zurck, weil
er darin sich selbst, das Bild seiner Seele schaut, und er in und durch
dasselbe ber das geistige Wesen derselben klar zu werden hofft. Was das
Wasser im Bach und See, was die reine Luft und klare Ferne vom Gipfel des
Berges fr die Seele des Knaben ist, das ist ihm das Spiel: -- ihm fr das
Leben ein Spiegel der ihn knftig erwartenden Kmpfe des Lebens; darum, um
fr diese zu erstarken, sucht wohl sogar der Knabe und der sptere Jngling
Hindernis, Schwierigkeit und Kampf im Spiele auf. --
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Sehnsucht, von der Vorwelt und von der Natur Kunde zu bekommen, fesselt den
Knaben von neuem und immer wiederkehrend an Blumen und altes Gemuer und
verfallene Gewlbe; Drang nach Darstellung dessen, was Gemth und Herz
schwellend macht, treibt ihn zum Gesang, und so ist es gewi, da sehr viele
der uern Erscheinungen, sehr vieles von dem Handeln und Thun der Knaben
eine innere geistige Bedeutung hat, das innere, geistige Leben und Streben
desselben bezeichnet, also sinnbildlich, symbolisch ist. Wie so heilsam
wrde es fr Eltern und Kind, fr deren Gegenwart und Zukunft sein, wenn von
den Eltern an dieses Sinnbildliche des Kindes und Knabenalters geglaubt,
wenn in dieser Beziehung von Eltern das Leben ihrer Kinder beachtet wrde,
welch ein neues lebendiges Band wrde die zwischen Eltern und Kind
schlingen ; welch ein neuer Lebensfaden wrde sich zwischen deren jetziges
und knftiges Leben hinziehen! --
So das reine Knabenleben dieses Alters. Blicken wir nun von dieser
Vorfhrung des innern und uern reinen Knaben- und Kinderlebens, welches uns
zum Segen der Menschen noch da, wo eine der Menschennatur und dem
Menschenwesen angemessene Kinder- und Knabenfhrung und Erziehung herrscht,
und in der Wirklichkeit da und dort wohl in grerer Schnheit, Flle und
Lebendigkeit als hier dargestellt, entgegentritt; blicken wir nun von diesem
reinen Kinder- und Knabenleben auf und in das Kinder- und
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Knabenleben, wie es uns leider in der Wirklichkeit, in der Mehrzahl, wenn
auch nur teilweise sich zeigt; blicken wir besonders in des Kindes und
Knaben kindliches, brderliches, husliches, thtiges und arbeitsames
Schler und Genossenleben: so mssen wir unumwunden aussprechen, da da
vieles ganz anders entgegentritt, da Eigensinn, Trotz, Bequemlichkeit,
Geistesund Krpertrg und Faulheit, Sinnenund Gaumendienst, Eitelkeit und
Eigendnkel, Rechthaberei und Herrschsucht, Unbrderlich und Unkindlichkeit,
Leerheit und Oberflchlichkeit, Arbeits, ja sogar Spielscheu, Ungehorsam und
Gottesvergessenheit usw. begegnet. Schauen, suchen wir nun nach den Quellen
dieser und der vielen andern fehlerhaften Kinder und Knabenerscheinungen im
Leben, welche keineswegs verneint werden knnen, so tritt in seinen
uersten Endpunkten ein zweyfacher Grund entgegen: einmal vllig
unterlassene Entwickelung verschiedener Seiten des rcinen Menschenwesens,
dann die frhe fehlerhafte Richtung, die frhen fehlerhaften, unnatrlichen
Entwickelungsstufen und Verdrehungen der ursprnglich guten menschlichen
Krfte, Anlagen und Bestrebungen durch willkrliches, gesetzloses Eingreifen
in den ursprnglichen, gesetzmigen und nothwendigen Entwickelungsgang des
Menschenwesens, des Menschen. Denn wohl ist das Wesen des Menschen an sich
gut und wohl gibt es in dem Menschen an sich gute Eigenschaften und
Bestrebungen, aber keineswegs ist der Mensch an und durch sich schlecht,
ebensowenig, als es durch sich selbst schlechte, noch
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weniger bse Eigenschaften des Menschen gibt, wenn man nicht das
Endliche, Krperliche, Vergngliche, Leibliche an sich und als
solches, und in seinen Eigenschaften und Folgen -- was aber seinen
unumgehbaren Grund und sein Daseyn in der Erscheinung des Ewigen im
Zeitlichen und als Zeitliches, des Einigen im Einzelnen und als Einzelnes,
in der Bestimmung des Menschen zum Bewutsein, zur Vernunft und Freyheit
hat, -- wenn man jenes und das, was nothwendig daraus folgt, da der Mensch
mu fehlen knnen, um gut und tchtig, tugendhaft zu sein, da er sich mu
zum Sklaven machen knnen, um wahrhaft frei zu sein, wenn man die nicht
an sich bs, schlecht und fehlerhaft nennen will. Wer das Gttliche
und Ewige mit Selbstbestimmung und Freyheit thun soll, der mu das Irdische
und Endliche thun knnen und drfen. Da Gott sich in der Endlichkeit
kundthun wollte, so konnte es nur durch und am Endlichen und Vergnglichen
geschehen; wer darum das Zeitliche, Einzelne und so das Endliche,
Krperliche, Leibliche an sich schlecht nennt, der verachtet dadurch die
Schpfung, das Gewordene, die Natur an sich; ja er lstert im eigentlichen
Sinne Gott. Ebenso ist es schon Verrat an der Menschheit und am Menschen,
wenn gesagt wird, er sey seinem Wesen nach, er sei an sich weder gut noch
schlecht oder bse; wieviel mehr ist es noch Verrat, wenn sogar
auszusprechen gewagt wird, der Mensch sey an sich und seinem Wesen nach
schlecht, bs. Der Mensch vernichtet dadurch fr den Menschen Gott; denn er
vernichtet
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dessen Werk und so Mittel und Weg, Gott wahrhaft zu erkennen und bringt so
die Lge, die einzige Quelle alles Bsen, in die Welt. Gibt es ein Bses,
welches an sich bse genannt werden kann, so ist es dies, weil es das erste
Bse ist; aber die Lge hat kein Bestehen in sich; sie ist schon vernichtet
und wird, so wie sie dem Wesen nach schon vernichtet ist, auch als
Erscheinung vernichtet werden; denn der Mensch ist weder mit noch zur Lge
erschaffen, sondern mit und zur Wahrheit; der Mensch schafft auch nicht die
Lge aus sich, aus seinem Wesen; sondern der Mensch kann die Lge schaffen
und schafft die Lge, eben weil er von Gott zur Wahrheit geschaffen ist; der
Mensch schafft dadurch die Lge, da er dies entweder sich fr sich selbst
oder fr andere nicht anerkennen macht; der Mensch schafft dadurch die Lge,
da er verhindert, da der Mensch die in sich selbst und durch sich selbst
aus der reinen Quelle seines Wesens erkenne und andern anerkennen mache.
Der Mensch als irdische Erscheinung, als Erdenwesen ist bestimmt, da Geist
und Krper, Leib und Seele in einem gewissen Ebenmae, Gleichgewichte mit
Bewutsein und Vernunft ausgebildet werde; alle Fehlerhaftigkeit, ja die
Erscheinung der Schlechtigkeit und Bosheit, die am Menschen ist und die
durch den Menschen geschieht, die ihm gleichsam anklebt und wie ein
Truggewand umgibt, die er sogleich von und durch sich selbst abwerfen wrde,
wenn er nur zur reinen und klaren Erkenntni seines Wesens kommen
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knnte, wenn er, zu ganzer oder teilweiser Erkenntni und Einsicht gekommen,
durch Verwhnung und Schwchung nur nicht so kraft und willenlos gemacht
wre, es durch sich selbst abzuwerfen, -- alle diese Fehlerhaftigkeiten und
Schlechtheiten haben blo in dem gestrten Verhltnisse dieser beyden Seiten
des Menschen: seiner Natur, dem Gewordenen, und seinem
Wesen, dem Seyenden in ihm, ihren Grund. Darum liegt aller
Erscheinung der Fehlerhaftigkeit in dem Menschen eigentlich und ursprnglich
eine zerdrckte oder verrckte gute Eigenschaft, ein gutes Streben, nur
zurckgedrngt, miverstanden oder migeleitet, verleitet, zugrunde, und
darum besteht das einzige, aber auch nie trgende Mittel, alle
Fehlerhaftigkeit, ja Bosheit und Schlechtigkeit zu vernichten und
aufzuheben, darin, sich zu bemhen, die ursprnglich gute Quelle, Seite des
menschlichen Wesens aufzusuchen und aufzufinden, in deren Zerdrckung,
Strung oder Mileitung die Fehlerhaftigkeit ihren Grund hat, diese dann zu
nhren, zu pflegen, aufzurichten, recht zu leiten; so wird die
Fehlerhaftigkeit endlich, wenn auch mit mhseligem Kampfe gegen die
Gewohnheit, nicht gegen ursprnglich Bses im Menschen, schwinden, und
dies um so schneller und sicherer, weil der Mensch selbst den Weg der
Fehlerhaftigkeit verlt; denn der Mensch will lieber das Rechte als das
Schlechte. So ist, um eins auszuheben, keineswegs zu leugnen, da jetzt
uerst wenig eigentlich kindlicher, cht frommer Sinn, wenig gemeinsam
schonender, wenig brderlich duldender, wenig cht religi-
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ser Sinn in der Kinder und Knabenwelt, dagegen viel Selbstsucht,
Unfreundlichkeit, besonders Roheit usw. in derselben herrsche ; der Grund
davon liegt ganz einfach und einzig in dem nicht allein von frhe an in dem
Kinde und Knaben nicht geweckten und spter in demselben nicht genhrten,
sondern im Gegenteil von frhe an zwischen Eltern und Kindern vernichteten
und gestrten Gemeingefhle. Soll darum wieder chte Brderlichkeit, chte
Kindlichkeit, vertrauender, cht liebend frommer Sinn, Vertrglichkeit,
Schonung und Achtung des Genossen und Nebenmenschen herrschend werden, so
kann es nur dadurch geschehen, da jetzt noch an das in jedem Menschen
ruhende Gemeingefhl so viel oder so wenig sich davon noch vorfinde
angeknpft und die mit der grten Sorgfalt gepflegt werde; dann werden wir
auch gewi bald wieder das besitzen, was wir jetzt mit so groem Schmerz in
Beziehung auf Familien, menschliches und religises Leben so sehr vermissen.
Eine andere Quelle vieler Knabenfehler ist die Uebereilung, die
Unachtsamkeit, der Leichtsinn, mit einem Worte die Gedankenlosigkeit, d. h.
das Handeln nach einem alle Sinnen und Krperthtigkeit gefangennehmenden,
an sich ganz unschdlichen, unschuldigen, wohl sogar lobenswerten Triebe,
wovon aber die Folgen der Befriedigung in diesem einzelnen Falle dem Knaben
in seiner Lebenserfahrung noch nicht vorstanden und es ihm auch gar nicht in
den Sinn kam, sich die Folgen der Handlung aus der Sache selbst zu erklren.
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So puderte ein Knabe von nichts weniger als bsem Gemthe seines ihm sehr
lieben Oheims Percke in wahrer Lust ber sein Werk mit Pulver von klar
gemahlenem Gyps, ohne sich im mindesten etwas Fehlerhaftes, noch weniger das
dabey zu denken, da das scharfe Steinmehl nothwendig dem Haare derselben
usw. nachteilig sein msse.
Ein anderer Knabe fand in einem groen Wassergef tiefe runde
Porzellanschsseln; zufllig bemerkte er, da diese Schsseln, umgekehrt auf
die glatte, ruhige Wasserflche fallend, einen knallenden Schall bey einer
schnellenden Bewegung von sich gaben. Diese Erscheinung machte ihm Freude;
er versuchte sie oft, sich bestimmt sagend, da ja das Gef in dem
ausweichenden tiefen Wasser nicht zerbrechen knnte; oft glckte es, und um
die Wirkung immer schner zu machen, mute die Schssel immer hher
herabfallen; doch einmal fiel die Schssel so ganz waagrecht auf die
waagrechte Wasserflche und von einer solchen Hhe herab, da die zwischen
der Wlbung der Schssel und dem Wasser eingeprete Luft nach keiner Seite
ausweichen konnte und doch so zusammengedrckt wurde, da die Gewalt dieser
gewaltsam eingepreten Luft die vllig schadlose Schssel durch einen
senkrechten Sto in zwey fast vllig gleiche Theile teilte. Betroffen und
betrbt stand nun der kleine sich selbst lehrende Physiker bey dem
unerwarteten Erfolge seines ihn so hoch erfreuenden Spieles. -- Doch noch
bey weitem mehr und kaum glaublich kurzsichtig ist der Knabe in dem
Nachgehen seines Lebenstriebes. Ein anderer Knabe warf lange nach dem
kleinen
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Fenster eines benachbarten Gebudes mit recht ernstem Bemhen, es doch zu
treffen; aber dabey weder ahnend, noch weniger sich sagend, da, wenn der
Stein das Fenster seinem Streben und Wunsche nach treffe, das Fenster
nothwendig entzweigehen msse ; der Stein trifft ; es klingt, und der Knabe
steht fest an der Stelle gewurzelt.-- So zielte ein anderer, keineswegs
bsartiger, im Gegenteil sehr gutmtiger Knabe, welcher selbst die Tauben
sehr liebte und pflegte, mit vlliger Lust und Streben sein Ziel zu treffen,
nach des Nachbars schner Taube auf dessen Hausforst, ohne dabey zu
bedenken, da, wenn die Kugel trfe, nothwendig die Taube fallen mte, ohne
weiter zu bedenken, da die wohl eine Mutter ihrer Pflege noch ganz
bedrftiger Jungen sein knnte; er scho, die Kugel traf; die schne Taube
sank, ein sehr schnes Taubenpaar war zerrissen, und nur noch beflaumte
Junge hatten ihre sie nhrende und erwrmende Mutter verloren etc. -- Es ist
gewi eine sehr tiefe Wahrheit, deren Nichtanerkennung sich leider tglich
schwer rcht, da es am meisten der Mensch, der andere Mensch, oft selbst
der erziehende Mensch selbst ist, welcher den Menschen, das Kind und den
Knaben erst schlecht macht; die geschieht dadurch, da man alle dem, was
von seiten des Kindes oder des Knaben entweder aus Unkunde, Unberlegtheit
oder auch wohl als Folge eines sehr scharfen Blickes fr das Rechte oder
Unrechte auer ihm und so aus einem seht tchtigen und lobenswerten
Rechtsgefhle geschieht, immer eine bse, schlechte, wenigstens schiefe
Ab-
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sicht zum Grunde legt. Leider gibt es auch noch solche Unglcksmenschen
unter den Erziehern; sie sehen immer an den Kindern und Knaben kleine
boshafte, tckische, lauernde Teufelchen, wo andere hchstens einen zu weit
getriebenen Scherz oder die Wirkung einer zu sehr freigelassenen Lebenslust
erblicken. Solche Unglcksvgel, besonders als Erzieher, machen den, wenn
auch nicht ganz unschuldigen, doch schuldlosen Menschen und ein solches Kind
erst schuldvoll, denn sie setzen Gesinnungen, Handlungen in ihn, die ihm
noch fremd sind, sie machen ihn, wenn auch zunchst nicht willens, doch
thatschlecht, sie schlagen ihn geistig tot, nehmen ihm das Leben, damit er
erkenne, er habe dieses Leben nicht durch und aus sich, knne es sich auch
nicht selbst geben ; aber das chte Leben ist nun weg, er kann es sich auch
nicht geben, was hilft nun die thatlose Erkenntni, was hilft der kraftlose
Wunsch ohne Thatkraft? Das, was sie bs und schlecht gemacht haben, dadurch,
da sie glauben, auch nicht einmal das Kind knne zum Besitz des Himmels
gelangen; einen Himmel in seinem Gemthe tragen, ohne vorher, lindestens
gesagt, durch die Schuld hindurch zu gehen, das soll dann der liebe Gott
wieder gutmachen, und das nennen sie: das Kind fromm machen. Die Verfahren
ist gleich dem des kleinen gutmtigen Jungen, welcher von seiner Fliege oder
seinem Kfer, der von seinem vielen Behandeln matt, auch wohl fulos ist, in
fester Ueberzeugung sagt: -- er oder sie ist zahm. -- So gibt es noch Kinder
und Knaben, welche bey groer Fehlerhaftigkeit in der u-
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ern Erscheinung wegen Nichtanschauung, Nichtbeachtung, aber auch
Nichtkenntnis der uern Lebensverhltnisse, indem sie sich so ganz dem
treibenden innern Leben hingeben, doch das allerinnigste, sehnlichste
Streben haben, gut und tchtig zu werden. Solche Knaben werden aber auch
leider zuletzt wohl gar wirklich in sich schlecht und eben erst dadurch, da
man sie in ihrem innersten Streben nicht nur zu hufig nicht erkannte,
sondern sie sogar verkannte; wrde ihnen diese Anerkenntnis aber noch zur
rechten Zeit werden, so wrden sie gewi oft noch die ber allen Vergleich
tchtigsten Menschen werden. Ja, Kinder und Knaben werden sehr hufig von
Erwachsenen, Eltern und Erziehern wegen Fehlern und Vergehungen bestraft,
die sie frher vielleicht von ebendenselben erst bekommen haben ; besonders
legt sehr hufig die Strafe, namentlich die Wortstrafe erst Fehler in die
Kinder, bringt ihnen sogar dadurch erst Fehler zur Kunde und Kenntnis,
welche sie gar nicht besitzen. Der Mensch versndigt sich darum bey weitem
mehr gegen den Menschen, gegen die Kinder, als gegen Gott; denn was vermag
das schnde Handeln des unntzen Kindes gegen die Wrde des in anerkannt
bewhrter Tugend dastehenden Vaters? aber was kann der unntze Knabe nicht
dem jngeren Kinde an Seele und Leib durch Wort und That schaden! -- So die
das Verhltnis des Menschen zum Menschen und zu Gott. -- Es zieht sich ja
auch, wie schon angedeutet, ein tiefer, ahnender, sehnender Sinn in des
Knaben Gemthe durch
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alles hindurch, was er in diesem Zeitraume tut, durch alles ein tiefer
bedeutungsvoller Sinn; alles sein Thun hat einen gemeinsamen Charakter; denn
er sucht ja die alle Dinge und Wesen einende Einheit, und so auch sich in
und unter allen Dingen zu finden. Eine sich selbst nicht zu deutende
Sehnsucht treibt ihn besonders zu den Dingen der Natur, zu den Dingen,
Pflanzen und Blumen usw. in der Natur, die im Verborgenen stehen; denn ein
sicheres Gefhl sagt ihm: nicht offen und uerlich liegt da, was das Sehnen
des Gemthes befriedigt, aus der Verborgenheit und Dunkelheit soll und mu
es hervorgefrdert werden. Das Nhren dieser Sehnsucht wird nicht allein
frh versumt, sondern sogar das Streben des Knaben, sie durch und aus sich
zu nhren, wird leider zu frhe gestrt; denn der natrlich gefhrte Knabe
dieses Alters sucht, so schwach und sich unbewut, in sich selbst unerkannt
auch immerhin die Andeutungen sein mgen, eigentlich nur die alle Dinge
einende Einheit, die nothwendige lebendige Einheit, den Grund aller Dinge,
-- Gott --, nicht den von Menschenklugheit und Menschenwitz gemachten und
geformten, sondern nur den, der immer dem Herzen und Gemthe, dem lebendigen
Geiste nahe ist, und darum auch nur im Geiste und in der Wahrheit erkannt,
und zu dem auch nur so gebetet werden kann. Der Knabe in seiner Reife findet
einzig auch nur darin Befriedigung, Ihn, den in unerklrlichem Sehnen und
Suchen Geahnten, gefunden zu haben, weil er nur dann auch sich selbst erst
gefunden hat. --
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So das freythtige innere und uere Leben des Menschen, des
Knaben, in und auf seiner Schlerstufe, als Schler. Was ist nun Schule?
Schule ist das Streben, das Wesen und innere Leben der Dinge und seiner
selbst dem Schler erkennen und bewut zu machen, die innern Verhltnisse
der Dinge zu und untereinander, zu dem Menschen, Schler, und zu dem
lebendigen Grund und der sich selbst klaren Einheit aller Dinge, zu Gott,
kennen zu lehren und bewut zu machen. Der Zweck des Unterrichts ist: die
Einheit aller Dinge und das Ruhen, Bestehen und Leben aller Dinge in Gott
zur Einsicht zu bringen, um dieser Einsicht gem einst im Leben handeln und
wirken zu knnen ; das Mittel und der Weg dazu ist der Unterricht, das
Unterrichten selbst. Darum tritt durch Schule und Unterricht einmal dem
Schler die Auenwelt und er sich selbst als auch mit zu ihr in einer
Beziehung gehrig als ein ihm Entgegengesetztes, Gesondertes, Fremdes und
Anderes entgegen. Dann weist ferner die Schule die inneren Richtungen,
Verhltnisse und Beziehungen einzelner Dinge und Sachen zueinander nach und
steigt so zu immer hherer Allgemeinheit und Geistigkeit empor. Dehalb
tritt der Schler und Knabe, wie er in die Schule tritt, aus der uern
Ansicht der Dinge heraus und in eine hhere geistige ein. Dieses
Heraustreten des Kindes aus der uern und oberflchlichen und das Eintreten
desselben in die innere und darum zur Erkenntni, Ein-
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sicht und zum Bewutseyn fhrende Ansicht der Dinge, dieses Heraustreten des
Kindes aus der Hausordnung in die hhere Weltordnung macht den Knaben zum
Schler, die Schule zu dem, was sie ist, zur Schule. -- Die Schule als eine
Anstalt zur Aneignung einer grern oder geringern Menge von
Mannigfaltigkeiten und darum uerlichkeiten macht die Schule keineswegs zur
Schule, sondern einzig der geistige, lebendige Hauch und Odem, der alle
Dinge belebt, in dem alle Dinge sich bewegen. Mchten die alle die tief
erwgen, denen Fhrung, Leitung, Einrichtung usw. der Schulen als Beruf
obliegt. Darum setzt die Schule rein als solche ein sich selbst klares
Bewutsein voraus, welches gleichsam ber und zwischen der Auenwelt und dem
Schler schwebe, das Wesen beyder in sich eine, das Innere beyder in sich
trage, zwischen beyden vermittelnd dastehe, beyden Sprache und gegenseitiges
Verstndnis gebe, und die ist der Meister in dieser Kunst, der darum auch
Meister heit, weil er wenigstens fr das Mehreste, Meiste die Einheit der
Dinge nachzuweisen imstande sein soll; er ist Schulmeister, weil er sich
selbst und andern das innere, geistige Wesen der Dinge nachweisen und zur
Einsicht bringen soll. Die ahnet, hofft, glaubt und fordert auch jedes
Kind, Schulkind, von seinem Schulmeister; diese Ahnung und Hoffnung und
dieser Glaube ist das unsichtbare und vielwirkende Band zwischen ihnen
beyden. Diese Ahnung und Hoffnung, dieser kindliche Glaube der Kinder ist es
wohl auch, wodurch unsere alten Schulmeister auf ihre und
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in ihren Kindern viel mehr zur Hervorfrderung cht inneren Lebens wirkten,
als viele der heutigen Schullehrer, welche die Kinder mit einer so groen
Menge von Dingen bekannt machen, ohne sie in ihrer nothwendigen innern,
geistigen Einheit zu zeigen und in derselben zu verknpfen.
Man erwidere nicht, da, wenn diese hhere und hchste Ansicht der Schule
auch wahr sey und ein geistiges, inneres Bild derselben wohl Bestehen und
Daseyn habe, so liee sich dies wohl schwerlich in der Wirklichkeit
nachweisen, wenigstens nicht dort, wo ein Schneider als Schulmeister auf
seinem Tische wie auf einem Throne sitze und die Schulkinder unter ihm ihr a
-- be, ab, und ihre Hauptsumma aller Lehre hersingen, und dort, wo ein alter
Holzmacher in dunkler eingeruter Stube im Winter die Erklrung des kleinen
Lutherischen Katechismus wie seine Keile zum Holzspalten zubeilt, hier und usw.
wre doch wohl von einem geistigen Odem und Wesen und Leben nicht die Rede!
-- Aber ja! -- Hier ist eben recht davon die Rede, wie knnte sonst hier der
Blinde dem Lahmen den Weg zeigen und der Verkrppelte dem Schwachen auf die
Beine helfen? -- Einzig die Kindes- und Knabenahnung, der Kindes- und
Knabenglaube, die Kindeseinfalt, welche hofft und glaubt, da ihr
Schulmeister, eben weil er nun Schul--Meister heit und ist, darum auch das
uerlich Getrennte innerlich geistig einen, das Tote beleben und dem Leben
Bedeutung geben knne. Diese Ahnung, und
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sey sie so nebelgrau, ja so umnachtet, als sie nur wolle, diese ist es
einzig, wodurch der Schulmeister das wirkt, was er wirkt; diese Ahnung und
jener Glaube sind die allbelebende Luft, wodurch die Steine, die er seinen
Kindern zum Essen reicht, ihnen zur Speise, wenn auch nicht fr Kopf, doch
frs Herz werden; diese Ahnung, Hoffnung und Sehnsucht ist es, dieser alles
belebende Geist und Odem, der, wenn er auch innerhalb vier rauchiger Wnde
weht, dem Schulknaben seine Schule so lieb macht. Der Geist, der chte Geist
der Schule, kommt wie der Geist Jesu und Gottes nicht durch uerliche
Gebrde, und so machen es auch luftige Schulstuben als solche
nicht, wenn der Luftzug und Wind das hhere geistige Leben, den hheren
Lebenshauch daraus verwehet hat. Klare, helle Schulzimmer sind ein hohes,
kstliches Geschenk und des tglichen Dankes des Lehrers und der Schler
wert; aber sie als solche machen es noch nicht; Luthers Worte: "Fasten und
leiblich sich bereiten ist wohl eine feine uerliche Zucht; aber der ist
recht wrdig und wohlgeschickt, der den Glauben und das Vertrauen hat"
finden auch hier ihre Anwendung. Der Glaube und das Vertrauen, die Hoffnung
und das Ahnen, mit welchen das Kind in die Schule tritt, die schaffen alles,
die bewirken in den oben bezeichneten Schulen Riesenhaftes; denn das Kind
tritt mit dem kindlichen Glauben, der stillen Hoffnung und der dunkeln
Ahnung in die Schule: hier wird dich etwas gelehrt, was auer der Schule du
nicht lernen kannst; hier bekmmst du Nahrung fr deinen Geist und
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Gemth, auer ihr nur Nahrung fr Krper und Leib, hier so lebt es
buchstblich der Hoffnung und Ahnung nach in dem Kinde, hier Nahrung, Speise
und Trank, die Hunger und Durst lschen, dort Speise und Trank, nach deren
Genu du immer von neuem wieder hungerst und drstest. Mit diesem Glauben
hrt es auch das gewhnliche Wort, die gewhnliche Rede in dem Munde des
Mannes, der ihm, dem Kinde, dem Knaben, Schulmeister ist. Hat die Rede "und
das Wort auch keinen hohen geistigen Sinn, so findet ihn doch des Kindes
Glaube darin, und die hohe geistige Verdauungskraft des Kindes zieht Nahrung
aus Holz und Stroh. Wenn nun schon der Schneider und Holzhauer oder Weber
dann, wenn er lehrt, aufhrt fr das Kind Schneider, Holzhauer und Weber zu
sein, sondern ihm wird, was er heit, Schulmeister: wieviel mehr da, wo der
Schullehrer in Dorf oder Stadt, er heie nun Organist, Kantor oder Rektor,
wahrhaft Schulmeister ist oder war. Fragt aber auch da jedes chte
Schulkind, es frage jeder sich selbst, der ein chtes Schulkind war in Dorf
oder Stadt, mit welchem Gefhle er sich da dem Schulhause nherte und noch
mehr, mit welchem er in die Schulstube eintrat, wie es ihm immer war, und
wie er sich jeden Tag mehr oder minder bewut war, als trte er in eine
hhere geistige Welt. Wie wre es sonst mglich, da die kaum zur Schule
gefhrten Kinder whrend einer ganzen Woche einen Hauptspruch aus der
sonntglichen Predigt, z.B.: "Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes",
jeden Tag
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lnger als eine Viertelstunde ohne Ermden und im Gefhle erhhten Lebens
vor und nachsprechen konnten? -- Und wie wre es sonst wohl mglich, da so
bilderreiche und fremdbilderige Lieder wie: "Es kostet viel ein Christ zu
sein" und "Schwing dich auf, mein Herz und Geist" mit Lust und mit wahrhaft
innerer Erhebung und lebendigem Ergreifen ins Leben nicht nur von jedem
Schler whrend einer ganzen Woche teil- und abschnittweise tglich gesungen,
sogar angeeignet, oder wie man es uerlich nennt, auswendig gelernt werden
konnten, und die frhe, nicht in dem reifern, sondern in dem mittlern
Knabenalter so auswendig gelernt werden konnten, da Jngling und Mann in
den Strmen und im Drange des Lebens darauf wie auf einem Fels ruhen und an
demselben wie an einem Baume sich erheben konnte? -- Man stelle hier nicht
den etwaigen Muthwillen der Knaben in den Schulen als Widerspruch entgegen;
eben durch die Wirkung der Schule, durch die erhhte innere geistige Kraft
und den erreichten Zweck der Schule, die Nhrung derselben, fhlt sich der
Knabe freier und bewegt sich freyer; kopfhngend, lebenstrge soll der chte
Schulknabe nicht seyn, sondern Geistes- und Lebens-frisch, Geist- und
Krper-krftig. Darum denkt sich auch der eigentlich muthwillige Schulknabe,
seinem gesunden Lebensmuthe froh nachgebend, wohl jemals kaum eine
nachteilige Folge davon in Beziehung auf das uere Leben.
Es ist hchst falsch, wenn wir glauben, die innenwirkende, belebende,
vereinende (intensive) Kraft des Men-
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schen nhme mit den Jahren und dessen Ausbildung zu. Die innenwirkende,
belebende, einende Kraft nimmt ab, whrend die ausdehnende, herauswirkende,
gestaltende, vermannigfachende (extensive) Kraft zunimmt. Das Gefhl und
Bewutsein der letzteren, der ausdehnenden, gestaltenden Kraft in dem
Menschen vernichtet leider so leicht und so hufig die Er- und Anerkenntnis
der frher dagewesenen innenwirkenden, belebenden, einenden Kraft; die und
die Verwechslung beyder im Wesen und in der Erscheinung fhrt uns im Leben
die groen Migriffe im Schulwesen und in der Kinderfhrung entgegen, denen
wir so hufig begegnen, und nimmt dem Leben eines jeden selbst seinen chten
Grund und Boden. Wir trauen jetzt der innenwirkenden und einenden Kindes und
frhen Knabenkraft zu wenig zu, muten ihr als einer geistig belebenden zu
wenig an: darum leistet sie auch in dem sptern Knabenalter so wenig; denn
der Nichtgebrauch der innern Kraft macht selbst die innere Kraft schwinden.
Oder wir spielen mit der an den Kindern hervorkommenden, an ihnen bemerkten
Kraft; darum geht es uns mit ihnen auch wie mit einem Magnet, den man
unthtig, ohne ihm etwas zu tragen zu geben, hngen oder wohl gar liegen
lt oder mit dessen magnetischen Wirkungen man ein regel und gesetzloses
Spiel treibt: in beyden Fllen vermindert und verliert sich die Kraft, soll
er sie nun spter zeigen, so ist er kraft, bleibt er wirkungslos; so jene
Kinder, will man ihnen spter physisch und moralisch etwas zu tragen geben,
so zeigen sie sich als Schwchlinge.
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Mchten wir zur rechten Beurteilung und Wrdigung der belebenden Kindes- und
Knabenkraft nie vergessen, was einer unserer grten Deutschen sagte: da es
ein grerer Schritt sey von einem Suglinge bis zu einem sprechenden
Kinde, als von einem Schulknaben zu einem Newton. Sind also die
Schritte nach der Kindheit hinauf grer, so mu auch die Kraft hher sein;
die sollten wir erwgen; die sptere Ausdehnung, Mannigfaltigkeit, Einzeln
und Gestaltetheit der Manneserkenntnis und Einsicht (Extensivitt derselben)
verdunkelt und vernichtet den Blick auf und in die frhere Einheit, Einigung
und Belebung (Intensivitt) der Menschenkraft.
Also der Geist ist es einzig, der die Schule zur Schule, die Stube zur
Schulstube macht. Nicht die noch grere Zergliederung und Vereinzelung
schon des Einzelnen an sich, welches ja gar keine Grenze kennt und immer
wieder einen neuen Grund der Zergliederung und Vereinzelung aufstellt,
sondern die Einigung des Einzelnen und Geteilten durch Beachtung, Anschauung
und Erkenntni des Geistes, des einenden Geistes, der in allem Einzelnen und
aller Mannigfaltigkeit lebt: die ist es, was die Schule zur Schule macht.
Verget es nie: das Lehren und Mitteilen einer Mannigfaltigkeit und Vielheit
als solcher macht nicht die Schule zur Schule, sondern nur das
Hervortretenmachen des ewig lebendig Einen, das in allen Dingen ist. Weil
die aber jetzt so hufig vergessen und hintangesetzt wird, so gibt es
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jetzt so viele Schullehrer und so wenig Schulmeister, so viele
Lehranstalten, aber so hchstwenig Schulanstalten.
Mag man nun wohl auch nicht wissen, wenigstens sich nicht klar und bestimmt
genug ausgesprochen haben und noch aussprechen, welcher Geist eigentlich in
chten Schulanstalten wehte und auch wohl noch hie und da wehet, welcher
Geist und welcher Odem Schulen eigentlich beleben soll; es mag ihn auch wohl
der echte, treue Schulmeister in der Einfachheit seines Berufes seLbst nicht
erkannt, sich ihn nicht genannt und ausgesprochen haben, denselben auch
jetzt in der Treue seines Berufes, in dem Durchdrungensein von demselben
selbst nicht erkennen, sich ihn selbst nicht nennen und aussprechen: darum
aber schwand er auch so leicht und schnell und schwindet immer mehr. Wir
sehen, auch hier besthtigt sich uns leider, was zu unserm schmerzlichen
Trauern uns so oft im Leben begegnet: auch das hchste, kstlichste Gut geht
dem Menschen verloren, wenn er nicht wei und nicht kennt, was er besitzt,
wenn er sich dessen nicht bewut wird, und es so mit Bewutsein, Freyheit
und Selbstbestimmung festhlt und aus sich mit Bewutsein, Freyheit und
Selbstwahl darstellt. Die Kindesahnung und Hoffnung, der Kindesglaube und
Kindessinn des Menschen zeigt wohl den Weg; aber das Bewutsein, die
Einsicht und Selbstbestimmung des Menschen soll ihn in Klarheit und Ausdauer
festhalten; denn der Mensch ist zum Bewutsein und zu einem Handeln mit
Freyheit und Selbstwahl bestimmt.
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Weiter tritt bey lebendiger Vorfhrung dessen, was Schule ist und sein soll,
die Wahrheit entgegen, da der Gegenstand, in welchem der Knabe, der Mensch,
unterrichtet werden soll, zugleich auch der ist, uber welchen er
unterrichtet werden soll; sonst bleibt der Unterricht und das Lernen ein
gedankenloses Spiel und ohne Wirkung auf Kopf und Herz, Geist und Gemth.
Durch das Gesagte sind nun zugleich die Fragen beantwortet, wenigstens
leicht und klar aus demselben und durch dasselbe zu beantworten: sollen
Schulen, und warum sollen Schulen und Unterricht sein, was und wie sollen
sie seyn? -- Wir sollen als geistig krperliche Wesen denkend, bewut,
vernnftig (vernehmend, d. i. mit Selbstwissen fhlend und empfindend) und
so besonnen handelnde Menschen werden; wir sollen zuerst trachten nach
Ausbildung unserer Kraft, unseres Geistes als eines von Gott empfangenen,
nach Darstellung des Gttlichen im Leben, wissend, da dann auch alles
Irdische sein Recht und seine Befriedigung erhalte; wir sollen zunehmen an
Weisheit und Verstand bey Gott und den Menschen, in menschlichen und
gttlichen Dingen; wir sollen wissen, da wir sind und sein sollen, in dem,
das unsers Vaters ist; wir sollen wissen, da wir und alle Dinge der
irdischen Erscheinung, dem irdischen Daseyn nach ein Tempel des lebendigen
Gottes sind; wir sollen wissen, da wir vollkommen sein sollen, wie
unser Vater im Himmel, und diesem Wissen gem und getreu sollen
wir
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handeln und wirken. Dahin soll uns die Schule fhren, darum sollen
Schule und Unterricht seyn, darum sollen sie diesem Zwecke gem beschaffen
seyn.
Was soll nun die Schule lehren? -- worin soll der Mensch, der Knabe als
Schler unterrichtet werden? -- Nur die Betrachtung dessen, was die
Entwickelung des Menschen auf der Knabenstufe, als Knabe und Schler, ist
und fordert, kann zur Beantwortung dieser Frage fhren; die Kenntnis dieser
Forderung und dieses Seins geht aber nur aus des Menschen Erscheinen als
Knabe hervor. Was ist nun nach diesem Erscheinen, nach dieser Art und Weise
seines Erscheinens das, worin der Knabe unterrichtet werden soll? --
Das Leben und die Erscheinung des Menschen als beginnenden Knaben zeigt
zuerst ein lebendiges Durchdrungensein von einem eigenen geistigen Selbst,
und zeigt die dunkle Ahnung des Bedingt, des Hervorgegangen und des
Abhngigseins dieses geistigen Selbstes von, aus und durch ein hheres und
hchstes Sein und Wesen, in welchem auch das Daseyn aller Dinge bedingt ist,
aus dem alle Dinge hervorgegangen und von dem alle Dinge abhngig sind; das
Leben und die Erscheinung des Menschen als Knaben zeig ein lebendiges Fhlen
und Ahnen eines lebendigen, belebenden Odems und Wehens, in dem und durch
das alle Dinge leben, von dem alle Dinge unsichtbar umgeben sind, wie
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der Fisch vom Wasser und der Mensch und alle Geschpfe von der klaren,
reinen Luft. Der Mensch als Knabe und beginnender Schler erscheint
wahrnehmend sein geistiges Wesen, ahnend Gott und das geistige Wesen aller
Dinge; er erscheint in und mit dem Streben, jene Wahrnehmung sich immer mehr
aufzuklren und die Ahnung zu besthtigen. Der Mensch als Knabe tritt der in
sich und durch sich ihm gegenberstehenden Auenwelt mit der Ahnung und
Hoffnung und mit dem Glauben gegenber, da auch in ihr und ber ihr ein
hnlicher Geist wie in ihm und ber ihm lebe, da auch sie ein hnlicher
Geist wie ihn durchdringe, und es treibt ihn ein inniges, unwiderstehliches,
mit jedem neuen Frhlinge und neuen Herbste, mit jedem neuen, frischen
Morgen und stillen Abende, mit jedem friedlichen, festlichen Tage
wiederkehrendes Sehnen, sich dieses allwaltenden Geistes bewut zu werden,
sich ihn gleichsam anzueignen. Die Auenwelt tritt dem Menschen auf der
Knabenstufe mit dem zweyfachen Ausdruck entgegen; einmal bedingt und
hervorgegangen durch Menschenforderung, Menschenkraft nach dem Willen und
der Vorschrift des Menschen, oder aber bedingt und hervorgegangen nach der
Forderung der in der Natur wirkenden Kraft. Zwischen dieser Auen, der
Gestaltungs und Krperwelt und der Innen, der Gemths und Geisteswelt tritt,
ursprnglich mit beyden als eins erscheinend und sich nach und nach von
beyden als selbstndig loswindend, beyde Welten aber eben dadurch
verknpfend, die Sprache auf.
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So sind Gemth und Auenwelt, hier zunchst Natur, und das
sie beyde vermittelnd Verknpfende, Sprache die Angelpunkte des
Knabenlebens, so wie sie auch schon die Angelpunkte des gesammten
Menschengeschlechtes auf der ersten Stufe seiner Mndigwerdung, wie die
heiligen Bcher zeigen, waren. Durch sie soll die Schule und der Unterricht
den Knaben zu der dreyfachen, in sich aber einigen Erkenntni fhren: Zur
Erkenntni seiner selbst in allen Beziehungen und so zur Erkenntni des
Menschen berhaupt, seinem Wesen und seinen Verhltnissen nach, zur
Erkenntni Gottes, der ewigen Bedingung, des ewigen Grundes und der ewigen
Quelle seines Wesens und des Wesens aller Dinge und zur Erkenntni der Natur
und Auenwelt, als hervorgegangen aus dem ewig Geistigen und durch dasselbe
bedingt. Der Unterricht und die Schule soll den Menschen zu einem mit jener
dreifachen, in sich einigen Erkenntni ganz in Ubereinstimmung stehenden
Leben und Handeln fhren; die Schule und der Unterricht soll den Menschen
als Knaben durch jene dreyfache in sich einige Erkenntni von der Neigung
zum Willen, von der Willensthtigkeit zur Willensfestigkeit, und so stetig
fortschreitend zur Erreichung seiner Bestimmung, seines Berufes, zur
Erreichung seiner irdischen Vollendung fhren. -- Das Streben, die Ahnung
von dem ursprnglich Einsgewesensein des wahrgenommenen eignen geistigen
Selbstes, des Menschengeistes, mit Gott, zum klaren Bewutsein zu erheben,
und in der sich darauf grndenden Einigung mit Gott zu seyn, und in dieser
Einigung mit Gott
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in jeder Lage und in jedem Verhltnisse des Lebens ungetrbt und
ungeschwcht fortzuleben: das ist Religion. Religion ist nicht ein
Stehendes sondern ein wenig fortgehendes Streben und eben dadurch ein ewig
Bestehendes. Das Beleben, Befestigen, das Aufklren der Wahrnehmung eines
geistigen Selbstes, der Seele, des Geistes und Gemthes, als ruhend in,
bedingt durch, und hervorgegangen aus Gott; das Erkennenmachen der
Eigenschaften und des Wesens der Seele, des Geistes und Gemthes, in und
durch Gott bedingt; das Einsehenmachen des nothwendigen Wesens und Wirkens
Gottes; das Einsehenmachen des Verhltnisses Gottes zu den Menschen, wie es
sich laut kund thut in dem eigenen Gemthe und Leben eines jeden, im Leben
an sich, und sich besonders im Leben und in der Entwickelungsgeschichte der
Menschheit, wie sie uns die heiligen Bcher aufbewahrt haben, kund getan und
geoffenbart hat; und diese Erkenntni angewandt aufs Leben an sich, und
besonders auf das eigene und in dem eigenen Leben eines jeden, angewandt zur
Fortentwicklung und Fortbildung der Menschheit, zur Darstellung des
Gttlichen im Menschlichen und so angewandt zum Erkennen und Erfllen der
Pflichten des Menschen, d. i. dessen, was der Mensch seinem Wesen nach zu
pflegen habe; die Darlegung und Nachweisung der Mittel und Wege, dem Streben
in wahrer Einigung mit Gott fortzuleben, oder, ist sie gestrt, solche
wiederherzustellen, Genge zu leisten: die ist Re-
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ligionsunterricht. Darum setzt Religionsunterricht immer schon in
einer gewissen Beziehung Religion voraus, so andeutend sie auch sein mge.
Der Religionsunterricht kann nur insoweit und in dem Maae fruchtbar, ins
Leben eingreifend und auf dasselbe wirkend sein, als er wahre wenn auch noch
so formlose unbestimmte und unbewute Religion im Gemthe des Menschen schon
vorfindet. Wenn es mglich wre, da ein Mensch ohne Religion sein knnte,
so wrde es auch unmglich sein, ihm Religion beyzubringen. Die sollten die
leichtsinnigen Eltern bedenken, die ihr Kind bis zur Schlerstufe
heraufwachsen lassen, ohne dem Religisen seines Gemthes die leiseste
Nahrung zu geben!
Die Erkenntni und Einsicht in das Wesen der Religion, so einfach, so in dem
Wesen des Menschen selbst liegend, und so eins mit dem Menschen sie auch
ist, erscheint darum doch so sclten und schwierig rein, weil der Mensch als
zugleich krperlich und im Raume lebend dem Einsgewesensein immer eine
Theilung voraussetzt und unterlegt; aber Gott und Geistiges, sich in
Ewigkeit aus sich entwickelnd, bleibt ewig das Eine Ungeteilte in sich, eben
weil es geistig ist, und weil der Mensch dem Begriffe der Einigung sogleich
in sich, so dunkel es auch immer sein mag, den Begriff der rumlichen oder
zeitigen Vereinigung unterlegt; allein ebensowenig, als ein chtes
Einsgewesensein eine Theilung vorausgehend setzt, ja diese schlechterdings
ausschliet, ebensowenig fordert und bedingt Einigung rumliche unnd zeitige
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Verknpfung, ja schliet auch diese schlechterdings aus. Im Kreise der
menschlichen Erfahrung und Anschauung finden sich die darstellende und
klarmachende Erfahrungen weit mehr, als dazu nthig sind; denn die Idee, der
lebendig gestaltete Gedanke, welchen der Mensch in irgendeinem Werke auer
sich hinstellt, war ja unmittelbar eins mit seinem Wesen, ja trgt die
sprechende Persnlichkeit und Eigentmlichkeit dieses Menschen an sich;
dieser Gedanke gehrt in dieser eigenthmlichen Form nur diesem Menschen an
und knnte, wrde er sich seiner in der ihm gegebenen Gestalt bewut werden,
zu der Gesammtheit des Denkens des ihn gedacht habenden Menschen
zurckkehren; das ist: er wrde sich von seinem Verhltnisse zu der
Gesammtheit des Denkens dieses Menschen Rechenschaft geben; er wrde im
BewuBtsein dieses seines Verhltnisses sich weiter aus und fortbilden und
sonach zu einer Ahnung des Gesammtdenkens dieses ihn gedacht habenden
Menschen sich erheben knneh; ja er wrde sich sogar wenigstens zu einer
dunkeln Ahnung des Grundgedankens des ihn gedacht habenden Menschen erheben
knnen; denn jeder Mensch hat eigentlich nur einen einzigen, ihm ganz
besonders und vorwaltend eigenthmlich angehrigen, eigenen Gedanken,
gleichsam einen Grundgedanken seines ganzen Wesens, den Grundton seines
Lebensstckes, den er nur durch tausend andere Gedanken, durch all sein Thun
klarzumachen und darzustellen strebt; und dennoch ist der Mensch durch
Darstellung jenes lebendigen gestalteten Gedankens und durch alle
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die in allen Gestalten und Formen auer sich dargestellten Gedanken in sich
keineswegs in irgendeiner Beziehung weniger geworden; und obgleich dieser
Gedanke nun auBer dem Menschen hingestellt erscheint, so wird ihn doch der
Denkende gern und immer als den seinen erkennen und immer fr dessen Aus und
Fortbildung wirken. Der Denkende und das Gedachte (wrde es sich seiner
selbst bewut) mssen beyde immer von der Wahrheit des frher
Einsgewesenseins lebendig durchdrungen sein, und dennoch ist das Gedachte
nicht das Denkende selbst, obgleich dem Wesen nach eins und einig; so das
Verhltnis des menschlichen Geistes zu Gott. -- Ein Vater hat einen oder
viele Shne; jeder ist ein selbstndiges, sich bewutes Wesen; aber wer kann
widersprechen oder leugnen, da nicht jeder Sohn das Wesen des Vaters in
Eigentmlichkeit ausspricht? Jeder Sohn trgt das Wesen des Vaters ganz,
aber in Eigentmlichkeit, auf eine ihm eigenthmliche, in diesem Falle durch
das Leben und Sein der Mutter abgenderte Weise in sich; dennoch ist durch
dieses selbstndige Daseyn des Sohnes keine Theilung in dem Vater geschehen;
der vterliche Geist, das vterliche Gemth, das vterliche Leben ist
dadurch, da es den Shnen Leben und Daseyn gab, nicht geteilt und nicht
weniger geworden. Der Sohn und jeder der Shne ist bis ins Kleinste und
Eigentmlichste hin der Vater, nur wieder in neuer Eigentmlichkeit; ja
Shne eines und des. selben Vaters, gleicher Eltern, gleichen sich selbst in
Gesinnung, Rede, Ton und Bewegung, so da wohl einer in
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vielen Beziehungen ganz an die Stelle des andern (die neue kleine
Eigentmlichkeit ungerechnet) gesetzt werden kann; und dennoch ist keiner
ein Theil des andern, jeder ist ganz, keiner ist ein besonderer Theil des
Vaters ; wie sie ganz und ungeteilt sind, ist auch noch der Vater ganz und
ungeteilt. -- Wrden wir Menschliches menschlich klar anschauen, so wrden
wir Gttliches ahnen, ja erkennen.
Ebensowenig setzt auch Einigung ein rumliches, zeitiges, materielles
Verknpftsein voraus: kann der denkende, empfindende Mensch nicht mit seinen
Freunden und Geliebten einig sein, ja mit ihnen in Einigung handeln,
obgleich durch Lnder und Meere von ihnen getrennt? Kann der menschliche
Geist sich nicht in Einigung fhlen, und fhlt er sich nicht in Einigung mit
Menschen, von denen er nur hrte, die er nie sah und sehen wird, und handelt
er nicht mit denselben in Einigung? -- Kann der Mensch, der menschliche
Geist sich nicht in Einigung fhlen mit Menschen, mit Menschengeistern, die
Jahrtausende frher daseiend waren, oder Jahrtausende spter als Einzelwesen
auf der Erde, oder sonst im Raume daseiend sein werden, und mit diesen in
Einigung wirken? -- Was dem Menschen im Gebiete seiner Wahrnehmungen leitend
und leuchtend sein knnte, das verschmht er; darum tappt er aber auch dann
so ohne Leiter und Licht, wo er beyde zum Hinauf oder Hinabsteigen und zum
Wandeln im Gebiete des reinen Geistigen, des Auerzeitlichen und
Auerrumlichen, im Gebiete des Gttlichen so
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sehr bedarf. Es ist und bleibt ewig wahr: in den reinen und klaren
menschlichen, besonders elterlichen und geistig menschlichen Verhltnissen
spiegelt sich GttlichMenschliches ab, und durch jene reinen Verhltnisse
des Menschen zum Menschen erkennen wir diese Verhltnisse Gottes zum
Menschen und des Menschen zu Gott, gelangen wir zum Sehen und Anschauen
derselben.
Erkennt der Mensch mit Bewutsein und Klarheit das Hervorgegangensein seines
geistigen Selbstes aus Gott, das in Gott und aus Gott Geborensein, das
ursprnglich Einsgewesensein desselben mit Gott und seine dadurch nothwendig
bedingte, stete Abhngigkeit, aber auch stetig und ununterbrochen
fortgehende Gemeinschaft mit Gott; erkennt er in dieser ewig nothwendigen,
bedingten Abhngigkeit seines Selbstes von Gott, in der Klarheit dieser
Erkenntni, in der Lebendigkeit und Stetigkeit eines Handelns darnach, also
in einem mit dieser Erkenntni und Ueberzeugung in vlliger Einigung
stehenden Leben sein Heil, seinen Frieden, seine Freude, seine Bestimmung,
sein Leben, das chte und einzig wahre Leben an sich und den Grund seines
Daseyns, so erkennt er in wahrer und wahrhaft menschlicher Sprache in Gott
seinen Vater, erkennt er sich als Kind Gottes, handelt und lebt er dieser
Erkenntni gem: so ist die Christus-Religion, Religion Jesu.
Darum ist ein rein irdisches, menschlich kindliches Verhltnis, Denken und
Handeln -- wie es von Jesu heit: er war seinen
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Eltern unterthan; darum ist ein cht vterliches und mtterliches,
elterliches Verhltnis, Denken und Handeln, welches in dem Kinde das noch
unerkannte und unentwickelte Gttliche ehrt, achtet und anerkennt, wie es
von Maria heit: und sie bewegte, beachtete, bedachte alle diese Worte im
Herzen , darum sind rein menschliche, elterliche und kindliche Verhltnisse
der Schlssel, die erste Bedingung zu jenem himmlisch gttlichen,
vterlichen und kindlichen Verhltnis und Leben, zur Darstellung eines
chten ChristusLebens, Sinnes und Handelns in sich und durch sich. Darum ist
die Durchdringung der rein geistig menschlichen, der wahrhaft vterlichen,
kindlichen, der cht elterlichen Verhltnisse der einzige Schlssel zum
Erkennen, Einsehen und Ahnen der gttlich menschlichen Verhltnisse, der
Verhltnisse Gottes zu den Menschen, der Menschen zu Gott. Nur ganz in dem
Maae, als wir die rein geistigen, innerlich menschlichen Verhltnisse ganz
durchdringen, ihnen ganz im Leben und bis ins Kleinste hin getreu leben,
werden wir zum vollendeten Erkennen und Einsehen der gttlichmenschlichen
Verhltnisse gelangen, werden so tief, lebendig und wahr sie ahnen, da jede
Sehnsucht unseres ganzen Wesens dadurch befriedigt wird, wenigstens seine
volle Deutung erhlt und aus einem ewig unerfllten Sehnen zu einem sich
immer gleich belohnenden Streben wird. Wir kennen noch nicht, ja wir ahnen
noch nicht einmal, was uns doch so nahe, was eins mit unserm Leben, mit uns
selbst ist, leben nicht einmal der Worterkenntni und Wortahnung, deren wir
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uns rhmen, getreu; dies beweist tglich unser Verfahren gegen unsere
Eltern, gegen unsere Kinder, unsere Menschenerziehung. Wir wollen Gottes
Kinder sein und werden und sind noch nicht Shne unserer Vter, unserer
Eltern. Gott soll unser Vater sein, und wir sind lange noch nicht Vter
unserer Kinder; wir wollen Gttliches einsehen, und das Menschliche, was uns
dahin fhrt, lassen wir unbeachtet. Das Einsehen und Durchdrungenwerden und
sein von dem gttlichmenschlichen Verhltnis ist der bis ins tausendste
Glied fortgehende Segen, welcher auf rein elterlich kindlichen und
kindlichelterlichen Verhltnissen und einem solchen Leben rubt. Wir setzen
der sich in Ewigkeit fortentwickelnden Menschheit uere Grenzen, schlieen
sie in uere Grenzen ein, glauben schon diese Grenzen derselben auch in
ihrer irdischen Entwickelung errungen zu haben; die Menschheit ist uns nun
ein Todtes, Stehendes, statt da sie nur ein in und durch Fortentwicklung und
Ausbildung Bestehendes ist und nicht ein immer nur von neuem, wie sie nun
einmal ist, Abzuformendes; wir kennen unser eigenes Wesen und das Wesen der
Menschheit nicht und wollen doch Gott und Jesu erkennen; wir glauben unser
eigenes Wesen und das Wesen der Menschheit schon ganz zu kennen; darum
erkennen wir Gott und Jesum nicht. Wir trennen Gott und Mensch, Mensch und
Jesum, und wollen doch zu Gott und Jesu kommen; wir erkennen und sehen
nicht, da jede uere Trennung eine ursprngliche innere Einigung bedingt
und voraussetzt; so klar und unzweideutig es uns auch das
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Wort, der Begriff Trennung sagt, so berschauen wir es doch.
Das innige und einige Verhltnis Jesu zu Gott lt sich menschlich nicht
umfassender und erschpfender, wahrer und entsprechender bezeichnen, als
durch das Verhltnis vom Vater zum Sohne, als durch das hchste und innigste
Verhltnis, welches der Mensch nur erkennen, einsehen und ahnen kann,
welches aber grtenteils nur so uerlich angeschaut und nicht innig
geistig seinem Wesen nach durchdringend beachtet wird: durch das kindliche
und vterliche Verhltnis; Sohn, chter, wahrhafter Sohn wird aber das Kind
nur dadurch erst, da er das Wesen des Vaters in sich entwickelt, sich zum
Bewutsein und zur klaren Einsicht bringt, da er die Gesinnungen, das Wesen
und Streben des Vaters den Beweggrund alles seines Denkens und Handelns sein
lt und die Uebereinstimmung, Gleichheit im Handeln und Thun mit dem in
seiner hohen Wrde erkannten Vater fr seinen schnsten Beruf, fr die
Quelle des Friedens und der Freude seines Lebens achtet. So das reine, chte
und hohe, aber wahrhaft menschliche Verhltnis des Sohnes zum Vater, das
Verhltnis des wahren, chten Sohnes zum wahren, chten Vater. Das Wort, der
Name Sohn setzt allemal ein Bewutsein, da, wo es in seiner ganzen Bedeutung
gebraucht wird, ein schon Bewutgewordensein, ein Theilen der Gesinnungen
und des Strebens des Vaters, eine vllige, wesentliche, innerliche, geistige
Uebereinstimmung des Soh-
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nes und Vaters voraus. Natrlich findet dieses Verhltnis zunchst bey dem
ltesten, erstgeborenen Sohne statt, sollte natrlich bey diesem zuerst
stattfinden; whrenddem alle seine jngern Brder noch Kinder sind, ist er
der einzige, der erstgeborne Sohn. Jesus ist Gottes eingeborner Sohn, er ist
Gottes lieber Sohn, denn er ist unter allen Mensch und Erdgebornen, unter
allen Himmelsgebornen der erste, der von seinem kindlichen Verhltnisse zu
Gott, von Gottes vterlichem Verhltnisse zu ihm in seiner Erkenntni und
Einsicht, in seinem Denken, Gesinnungen und Handeln gleich tief und gleich
lebendig durchdrungen war; darum ist er Gottes Erstgeborner, der Erstgeborne
aller Geschpfe. Der oft wiederholte Ausspruch Jesu: "Glaubt an mich",
"wrdet ihr an mich glauben", sagt darum: wrdet ihr ahnen, erkennen,
einsehen, vernehmen, da das Hchste, was der Mensch, als erschienenes
Gttliches auf der Erde nur erkennen, einsehen und wahrnehmen kann: sein
Hervorgegangensein aus Gott und so sein stetes Bedingtsein durch, sein
Abhngigsein von Gott, sich in mir, in meinem Leben, Denken, in meinen
Gesinnungen gleich klar und gleich lebendig ausspricht; wrdet ihr so durch
mich, durch mein Leben, mein Denken, meine Gesinnungen, mein Handeln, mein
Thun und meine Rede zu der Ahnung, Erkenntni, Einsicht und Wahrnehmung
kommen, da jeder Mensch sich zu dieser Einsicht, zu diesem Bewutsein,
welches der Mensch nicht hher, reiner und gengender als durch das
Verhltnis von Vater und Sohn bezeichnen kann,
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erheben und demselben gem leben soll: so wrdet ihr euch auch zum wahren
Leben erheben, ihr wrdet so wahrhaft und ewig leben, wie Gott und ich
selbst ewig leben; ihr wrdet so durch mich das wahrhaft ewige Leben
empfangen; ich wrde euch das wahrhaft ewige Leben geben. Dieses anerkannt
und zur Darstellung eines rein menschlichen Lebens angewandt ist
christliche Religion.
Christus und christliche Religion ist die ewige Ueberzeugung von der Wahrheit
dessen, was Jesus von sich aussprach und ein dieser Ueberzeugung getreues,
festes, ausdauerndes Handeln; ist die Ueberzeugung, da die Wahrheit der von
Jesu ausgesprochenen Erkenntni jedem Menschen berall, wo er sich auch mit
seinen geistigen suchenden, prfenden, forschenden, fragenden Augen
hinwende, entgegentrete, da diese eine Wahrheit, dieser eine Geist ihm
berall entgegentrete, wohin er sich auch wende, und da, wenn des Menschen
geistiges Auge diese eine gttliche Wahrheit, diesen einen gttlichen Geist
berall in aller Mannigfaltigkeit schaue und erkenne, aus diesem Geiste ihm
dann der Trost, der Beistand hervorgehen wrde, welchen er bey der
Darstellung jener Wahrheit in einer Welt, wo die Ausbildung des innern,
geistigen Auges noch so sehr gegen die Ausbildung des uern, sinnlichen
Auges, die Erkenntni und die Ausbildung des innern Menschen noch so sehr
gegen die Kenntnis und Ausbildung des uern zurcktrete, da er dann zu der
hchsten Erkenntni nicht allein der Menschen, sondern aller Er-
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schaffenen, d. h. aus der Einheit als Einzelheit hervorgegangener Wesen sich
erheben knne, zu der Erkenntni der Wahrheit: da Unendliches im Endlichen
-- Ewiges im Zeitlichen -- Himmlisches im Irdischen -- Lebendiges im Todten
-- Gttliches im Menschen sich darstelle.
Christus und christliche Religion ist darum die klare, von jedem Truge
ferne, in sich selbst fest und ewig gegrndete Einsicht und Ueberzeugung und
ein mit dieser Ueberzeugung und Erkenntni in vlliger Uebereinstimmung und in
reinem Einklange stehendes Leben und Handeln, da das Kundthun und die
Offenbarung des einigen, ewigen, lebendigen, in sich selbst klaren Seyns --
Gottes -- nothwendig eben als Offenbarung eine dreyfache sein msse: da
sich Gott kundtue und offenbare in seiner Einheit, als Schpfer, Erhalter,
Regierer, als Vater aller Dinge; da er sich kundtue und offenbare,
kundgetan und geoffenbart habe in einem und durch ein sein ganzes Wesen in
sich aufgenommen habendes Wesen, in einem einzigen Wesen hchster
Vollkommenheit und Vollendung, und darum seinem Sohne, seinem eingebornen
und erstgebornen Sohne; da er sich kundgetan und geoffenbaret habe und noch
ununterbrochen kundtue und offenbare in aller Mannigfaltigkeit, in allem
Erscheinenden, in allem Daseienden, in dem Wirkenden, in dem Leben, in dem
Geiste aller Dinge, als dem nur einen Leben und Geiste, Gottes Geiste, und
die immer als der einige und lebendige Gott. Wie wir denn zwar menschlich,
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aber voll tiefer, geistiger Bedeutung mit erschpfend geistiger Wahrheit
sagen: der Geist des Friedens, der Ordnung und der Reinheit dieser Familie
spricht sich in jedem einzelnen Dinge sowie in ihrem ganzen Hause aus; wie
wir richtig und wahr ahnend sagen: der Geist des Vaters spricht sich in
allen Kindern und in der ganzen Familie aus; wie wir mit hoher
Schpferwahrheit sagen: der Geist des Knstlers geht aus allen seinen Werken
wie aus jedem einzelnen derselben hervor; ja wie wir voll richtigen
Wahrheitssinnes und Gefhles sagen: er spricht sich lebendig daraus
aus.
Sie, die Christus- und christliche Religion, fhrt die ewige Ueberzeugung mit
sich, da diese Erkenntni es ist, welche nicht allein die Menschen, sondern
alle erschaffenen, d. i. aus dem Sein der Einheit Gottes als daseiend, als
Einzelne hervorgegangene Wesen zur Erkenntni ihres Seins, zur Erfllung
ihres Berufes, zur Erreichung ihrer Bestimmung fhrt und da jedes
Einzelwesen, wenn es seine Bestimmung erreichen will, nothwendig und
unerllich seinem Wesen getreu sich nur auf und in dieser dreygeeinten
Weise: in und als Einheit, in und als Einzelheit und in und als
Mannigfaltigkeit, in ewig fortgehender Mannigfaltigkeit sich kund thun und
offenbar machen msse.
Diese Wahrheit, die Wahrheit dieser Ueberzeugung ist der einzige Grund aller
Einsicht und Erkenntni; diese Wahrheit, diese Ueberzeugung ist der einzige
Prfstein alles
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Handelns; diese Wahrheit ist der Grund alles Religionsunterrichtes; durch
diese Wahrheit, durch die Erkenntni, Einsicht und Anwendung derselben wird
die Natur wahrhaft erkannt als das, was sie ist, als Schrift und Buch
Gottes, als Offenbarung Gottes.
Durch die Erkenntni dieser Wahrheit bekommt, so wie das Natrliche, so auch
das Menschliche, Sprache und alles Lehren und Lernen, alles Wissen und
Knnen erst seine wahre Bedeutung, sein wahres Leben. Durch diese
Ueberzeugung wird das Leben nach allen Seiten und Richtungen hin, in allen
seinen Erscheinungen erst zu einem wahrhaft in sich selbst geschlossenen
Ganzen, zu einer Einheit in sich. Durch diese Erkenntni und Ueberzeugung
wird wahre chte Erziehung, Menschenerziehung, einzig erst wahrhaft mglich.
Mit der Erkenntni dieser Wahrheit, mit der Einsicht in das Wesen derselben
kommt Licht und Leben, und wenn es Noth ist, Trost, Beistand, Hilfe in alle
Erscheinungen. durch sie bekommt das Leben selbst erst Bedeutung und Zweck.
Darum befiehlt Jesus seinen Jngern: "Gehet hin in alle Welt und lehret alle
Vlker; reinigt sie und weihet sie ein zur Erkenntni des Wesens Gottes, des
Vaters, Jesu, des Sohnes Gottes, und des heiligen Gottesgeistes zu einem
dieser Erkenntni und Einsicht gemen Leben und zu aller daraus nothwendig
hervorgehenden Einsicht". Dehalb ist die Wahrheit der dreyfachen Kundthuung
und Offen-
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barung des einigen Gottes der Grund und Eckstein, der allen Menschen unter
allen Zonen gengenden, der von ihnen, wenn auch nur dunkel geahnten sich
selbst, wenn auch unbewut ersehnten Religion; denn sie fhrt den Menschen
in Geist und Wahrheit, in Einsicht und Leben zu Gott und in Gott zurck.
Jeder Mensch soll, als aus Gott hervorgegangen, durch Gott bestehend und in
Gott lebend, zur Religion Jesu, zur christlichen Religion sich erheben.
Darum soll die Schule ChristusReligion, christliche Religion unter allem
zuerst lehren. darum soll sie in Christus, in christlicher Religion unter
und vor allem zuerst unterrichten; berall und unter allen Zonen soll die
Schule fr sie und in ihr unterrichten.
--
Was die Religion sagt und ausspricht, das zeigt die Natur und stellt sie
dar; was die Gottbetrachtung lehrt, besthtigt die Natur; was aus der
Betrachtung des Innern hervorgeht, thut die Betrachtung des uern kund; was
die Religion fordert, erfllt die Natur. Denn die Natur sowie alles
Daseiende ist Kundtuung, Offenbarung Gottes; alles Daseiende hat in der
Offenbarung Gottes seinen Grund. Alles Daseiende hat nur durch das in ihm
ruhende Sein seinen Grund und sein Bestehen. Jedes Ding ist gttlicher
Natur, gttlichen Wesens; jedes Ding ist dehalb wieder beziehungsweise eine
Einheit, wie Gott
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die Einheit an sich und durch sich ist, jedes Ding thut
darum, weil es, wenn auch nur beziehungsweise, doch immer eine Einheit ist,
auch sein Wesen nur in und durch eine dreygeeinte Weise, Darstellung und
Offenbarung seiner selbst und so nur in und durch stetig fortgehende, also
beziehungsweise allseitige Entwickelung kund. Diese Wahrheit ist der Grund
aller Naturbetrachtung, Naturerkenntnis und Natureinsicht; ohne sie findet
gar keine chte und wahre, fruchtbringende Naturforschung, Naturkenntnis
statt; ohne sie ist gar keine wahre, zur Einsicht in das Wesen der Natur
fhrende Naturbetrachtung mglich. Nur dem Christen, nur dem Manne und
Menschen mit christlichem Sinne, Leben und Streben ist es ausschlieend
mglich, zur wahren Einsicht und lebendigen Erkenntni der Natur zu kommen;
nur ein solcher Mann kann echter Naturforscher sein; nur in dem annhernden
Maae ist es dem Menschen mglich, zur wahren Erkenntni der Natur zu
kommen, als er bewut oder unbewut, dunkel oder klar auch Christ ist, d. h.
durchdrungen ist von der Wahrheit der in allen Dingen wirkenden lebendigen
und einen Gotteskraft, als er erfllt ist von dem einen und lebendigen
Gottesgeist, der in allen Dingen ist und dem er selbst unterworfen, durch
den die ganze Natur ihr Daseyn und Bestehen hat und durch den er imstande
ist, diesen einen Geist in der kleinsten Erscheinung und in der Summe aller
Naturerscheinungen in seinem Wesen und seiner Einheit zu schauen.
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Das Verhltnis der Natur zu Gott kann von dem Menschen wahr und klar
angeschaut und erkannt werden durch die Anschauung und das Klarmachen des
inneren und innersten geistigen Verhltnisses eines chten
Menschenkunstwerkes zu seinem darstellenden, es dargestellt habenden
Knstler; untergeordnet kann es angeschaut und erkannt werden bey jedem
Menschenwerke in Beziehung auf den es dargestellt habenden, es
hervorbringenden Menschen. -- Allem, was der Geist und das Leben schafft,
hervorbringt und darstellt, mu der Geist und das Leben sein Wesen
einprgen, einpflanzen, nothwendig zur Morgengabe mitgeben, dem mssen Geist
und Leben ihr Siegel an allen Theilen des Dargestellten ausprgen. Es kann
schlechthin nichts erscheinen, nichts Sichtbares und Wahrnehmbares
hervorkommen, welches nicht das Leben und den Geist, das Seyn, in
sich trage, nicht den Ausdruck des Geistes und Lebens, des
Seins an sich trage, durch das es hervorgekommen, dem es sein Daseyn
verdanke; und die gilt wie von dem Werke jedes Menschen -- vom hchsten
Knstler bis zum gemeinsten Handarbeiter, vom sichtbarsten bis zum geistigen
und gesteigertsten Menschenwerke, von der bleibendsten bis zur
schwindendsten Menschenthtigkeit -- so von den Werken Gottes: der Natur,
der Schpfung, von allem Gewordenen. Aus dem Kunstwerke knnen die Denk und
Empfindungsvermgen und Gesetze des Menschen berhaupt, so wie der
Ausbildungsgrad derselben bey jedem einzelnen schaffenden Menschen von dem
strengen, scharfen Blick erkannt werden;
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so kann der schaffende Gottesgeist aus seinen Werken entwickelt und
eingesehen werden. Wir beachten jenes nicht genug bey Menschenwerken, bey
Kunstwerken; darum fllt es uns auch so schwer, es in Beziehung auf die
Natur, Gottes Werk zu erkennen. Wir legen bey Betrachtung des
Menschenkunstwerkes nicht genug das innerste geistige Verhltnis des
Knstlers zu demselben zugrunde, schauen ihre Entstehung zu mechanisch
uerlich an, da sie nmlich, wenn es hohe Kunstwerke, nicht hohle
Kunstmasken, Kunstlarven sein sollen, immer eine Darstellung des
eigenthmlichsten, persnlichsten, innern Lebens des Knstlers sind; doch
darum bleibt uns eben der chte Geist des Kunstwerkes wie der Geist der
Natur gleich fern, gleich fremd, gleich todt.
Wie nun das Werk des Menschen, des Knstlers den Geist und Charakter, das
Leben und Sein dieses Menschen in sich trgt und, -- wie
menschlich, aber erschpfend und hchst sinn- und bedeutungsvoll gesagt wird:
-- athmet, ausathmet, und der es hervorbringende, es hervorgebracht habende
Mensch doch das eine und ebendasselbe in sich ungeschwchte und ungeteilte
Wesen bleibt, ja jene Kraft sich noch sogar in sich und durch sich so
erhht: so bleibt auch der Geist und das Wesen Gottes -- ob gleich der Grund
und die Quelle alles Daseienden, und obgleich alles Daseiende diesen einen
Gottesgeist in sich trgt, um sich verbreitet, ausathmet -- in sich das eine
Wesen, der eine Geist, ungeschwcht und ungetheilt. Wie in dem Kunst- und
Menschenwerke
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kein materieller Theil des menschlichen Geistes, seines Knstlers, liegt und
doch das Kunstwerk, das reine Kunstwerk den gesammten Geist seines Knstlers
in sich trgt, so da dieser in demselben lebt, sich daraus ausspricht und
es denselben wieder aushaucht, ja ihn sogar anderen wieder einhaucht, in
denselben weckt, belebt, entwickelt, ausund fortbildet; wie so der
Menschengeist sich zu dem von und durch ihn hervorgebrachten Werke verhlt;
wie sich der Mensch als Geist zu seinem Hervorgebrachten verhlt: so verhlt
sich Gottes Geist, Gott zur Natur und allem Gewordenen; der Geist Gottes
ruht in der Natur, lebt, wirkt in der Natur, spricht sich aus der Natur aus,
teilt sich durch die Natur mit, bildet in der Natur und durch die Natur sich
fort ; aber die Natur ist nicht der Leib Gottes. Der Geist des Kunstwerkes,
der Geist, dem das Kunstwerk sein Daseyn verdankt, ist der eine und
ebenderselbe ungeteilte Geist des Knstlers; aber er lebt und wirkt nun aus
dem Knstler gleichsam hervor- und ausgegangen, als selbstndiger und doch
noch mit dem Knstler einiger Geist in dessen Kunstwerke fort; so lebt der
Geist Gottes, hervorgegangen aus Gott, als selbstndiger und doch mit Gott
einiger Geist in der Natur, und wirkt in und durch dieselbe. Wie die Natur
nicht Gottes Leib ist, so wohnt Gott selbst nicht in der Natur wie in einem
Hause; aber Gottes Geist wohnt in der Natur, trgt, schtzt, pflegt und
entwickelt die Natur fort; denn wohnt nicht schon der Geist des Knstlers,
doch nur eines Menschen Geist, in seinem Werke, trgt,
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schtzt, pflegt und behtet dasselbe? -- Hat nicht der Geist des Knstlers
einem Steinblock, einem leichtvergnglichen Stcke Leinwand, ja einem
geflgelten und flchtigen, fast erzeugt werdenden schon vergehenden,
verhallenden Worte und so allem, nachdem der Knstler Ton, Wort, Zeichen
oder Krperknstler war, fast irdische Unsterblichkeit, dem von ihm
dargestellten Kunstwerke die sorglichste, gewhlteste Pflege, den
zartsinnigsten Schutz, die hohe Achtung der hchsten Menschengeister zur
Mitgabe ins Leben mit gegeben? -- Welcher Mensch knnte nicht den hohen,
mchtigen Geist eines reinen Menschenkunstwerks, das gleich dem reinen
Blicke des hilflosen Kindes Flehende und Gebietende eines hohen reinen
Menschenkunstwerkes empfinden? Und doch ist es immer nur das Werk eines
Menschengeistes; und dieser Geist schtzt es noch, pflegt es noch, nachdem
Zeiten und Rume den Knstler lngst und weit trennen.
Mit einem chten Kunstwerke, welches der geistige Knstler von sich gibt, --
freylich, nicht mit dem mechanischen Machwerke, bey dem der Verfertiger
wenig oder nichts dachte, -- geht es diesem Knstler gerade wie einem Vater,
der seinen ihm lieben Sohn entlt: er gibt ihm Segnendes, Behtendes,
Schtzendes mit auf den Weg. Dem chten Knstler ist es keineswegs
gleichgltig, wer sein Kunstwerk kauft, wie es einem guten Vater nicht
gleichgltig ist, in wessen Gesellschaft sein Sohn kommt; aber doch
zutrauens und vertrauensvoll lt er seinen Sohn in die Welt; denn
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sein Geist und Streben und Sinn ruht auf und in ihm; sein Charakter lebt und
webt ganz darin bis in die kleinsten, feinsten Theile, in jeder Linie, ja in
jeder Art der Verknpfung derselben, und von diesem Geiste und Charakter,
welchen der Knstler in sich seinem hohen Wesen und Streben nach kennt,
hofft auch er, da er sein Kunstwerk behten, es zu Menschen bringen werde,
die den gestalteten Geist ins eigene Leben aufnehmen und in demselben
wirksam sein lassen und fortbilden werden. Das Kunstwerk steht auer dem
Menschen, kein materieller Theil, kein Lebens und Blutstropfen rollt von dem
Menschen in jenem, und doch hegt, trgt, pflegt und schtzt es der Mensch;
er entfernt jetzt und sucht fr die Zukunft das kleinste Nachteilige von ihm
zu entferneri; der Mensch ist und fhlt sich mit seinem Kunstwerke eins;
wievielmehr sollte Gott nicht seine Werke, die Natur tragen, pflegen, und
das kleinste Nachteilige von ihr entfernen; denn Gott ist Gott, und der
Mensch nur Mensch. Dennoch bleibt auch der Knstler, sey er Knstler in
welchem Fache er sei, immer selbstndig und wandellos derselbe in sich,
gehen auch alle seine Werke unter; so bleibt auch Gott wandellos derselbe,
knnte auch die ganze Natur untergehen.
Ja das Kunst-, das Menschenwerk kann wie das Natur, das Gotteswerk uerlich
untergehen und der in demselben ausgedrckte, dargelegte, darin lebende,
wirkende Geist besteht doch noch fort und entwickelt sich immer weiter; ja
er gestaltet sich nun erst recht frey und offenbaret
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sich recht klar und lebendig. Die Trmmer einer untergegangenen
Menschenkunstkraft, wren sie nun das gewaltige Werk riesigkrftiger
Einzelnen, oder sind sie das kolossale Werk der kaum noch geahnet, viel
weniger geglaubt werdenden Allgewalt innigster Verknpfung der Mehrheit fr
einen Zweck, der allen gemein ist, den jeder der Wirkenden fr seinen Zweck,
auf welcher Stufe der Einsicht die auch immer sei, einsieht oder einsehen
mu, -- jene Trmmer sprechen mahnend zu den folgenden schwchern Geschlechtern,
und das sich seines Wesens bewut zu werden beginnende erhebt sich
vertrauensvoll und ermutigt an jenen Zeugen geschwundener, keineswegs nur
uerer Menschenkraft und Menschengre. So zeugen die kolossalen Reste
zertrmmerter Berge und Gebirge die Gre des Gottesgeistes, die Gre
Gottes, und auch der Mensch hebt sich ermutigt an ihnen empor, gleichen
Geist und gleiche Kraft in sich fhlend, wie an dem gewaltigen Fels sich das
schwanke Efeu emporrankt und Kraft und Nahrung nicht allein zu seinem
Fortbestehen, sondern auch zu seinem Hherranken daraus saugt. So berall
fort- und durchgehend die ganz gleichen, lebendigen und tiefen, innern und
geistigen Beziehungen vom Menschen zum Kunstwerk und von Gott zur Natur.
Zerstren Barbaren, rohe, gefhl- und sinnlose Menschen das Kunstwerk, ja nur
die Spur eines da gewandelt, gewirkt und geschaffen habenden
Menschengeistes, so trauert der edle, der menschlich fhlende Mensch, ja
fast noch mehr als sey
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einem gewhnlichen lebendigen Naturwesen sein Leben vernichtet. Trgt aber
auch nicht schon das Menschenwerk selbstndige Fortbildung des in ihm
liegenden Geistes und Gedankens mit sich?
Der Charakterausdruck eines Kunstwerkes, kann er nicht auf ganze
Geschlechter wirken, sie erheben oder auch sie entwrdigen? -- Und die sind
doch nur Menschenwerke, die die bewirken; was knnen, werden und mssen nun
Gotteswerke thun, was mu die Natur, Gottes Werk, dem Menschen seyn!? -- Wir
beeifern uns, den Geist, das Leben und Streben usw. von Menschenwerken
kennenzulernen; wir studieren Menschenwerke und mit Recht: der
unentwickeltere, reifende Mensch soll an der Entwickelung gereifterer
Menschen emporwachsen; wievielmehr sollen wir nun aber Gottes Werk, die
Natur, zu erkennen, die Gegenstnde der Natur ihrem Leben, ihrer Bedeutung
und so Gottes Geist nach kennenzulernen uns bemhen. Und dazu sollten wir
uns auch schon dadurch hingewiesen, schon dadurch aufgefordert fhlen, da
chte Menschenkunstwerke, Menschenwerke, aus denen sich der reine Geist des
Menschen, der Geist Gottes, rein ausspricht, nicht fr jeden und in jedem
Verhltnisse leicht und in jedem Augenblicke sogleich zu haben sind, whrend
der Mensch berall von reinen Gotteswerken, von Naturwerken, aus welchen
sich der reine Geist Gottes rein ausspricht, sich umgeben findet. Ueberdies
knnen wir zwar durch und im Menschengeiste auch Gottesgeist finden und
erkennen; aber es ist schwer, in jedem einzelnen Falle das allgemein
Menschliche von dem
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besonderen Menschlichen zu unterscheiden; schwer ist zu unterscheiden,
welches von beyden hier das Uebergewicht hat und welches zu jeder Zeit das
eigentlich Wirkende ist; doch hier bey den reinen Naturwerken ist das rein
Natrliche bey weitem im Uebergewicht, das besondere Naturwesen tritt vor dem
allgemeinen bey weitem zurck; und so tritt nun in der Natur nicht nur
Gottes reiner Geist reiner und klarer als in dem Menschenleben hervor,
sondern der Mensch schaut noch berdies in diesem in der Natur sich rein
aussprechenden Gottesgeiste das Wesen, die Wrde und Hoheit des Menschen,
wie in einem klaren Spiegel in seiner ganzen Klarheit, Reinheit und
Ursprnglichkeit.
Allein keineswegs sieht der Mensch in der Natur nur im allgemeinen, wie
schon frher angedeutet worden, sondern er sieht sogar darin wie in einer
anschaulichen, aber lebendigen, nicht die Begriffe aussprechenden, sondern
die Sache, das Verhltnis rein selbst darstellenden Schrift, wie in einem
Bilde, sein Streben, seine Bestimmung, seinen Beruf, die nothwendigen
Bedingungen und nothwendigen Erscheinungen des gehinderten und des
vollendeten Erreichens desselben, so da der Mensch diesen stillen, in sich
sichern, gewissen, auer sich klaren, unpersnlichen Lehrern nachgehend,
nicht nur das in jedem Augenblick des Lebens zu Tuende von ihnen sicher
erkennen, sondern danach handelnd den an ihn ergehenden Forderungen gewi
gengen wird. Unter allen Naturgegenstnden erscheinen in dieser Beziehung
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keine wahrer und klarer, vollstndiger und doch einfacher, als, wegen ihrer
stillen Sinnigkeit und der klaren Darlegung ihres innern Lebens, die
Gewchse, die Pflanzen und besonders die Bume, so da diese mit Recht
Naturgegenstnde zur Erkenntni des Guten und Bsen genannt werden knnen,
indem sie es wirklich sind, so wie sie auch schon gleich bey dem ersten
Erscheinen des Bewutwerdens des Menschengeschlechtes so ergreifend wahr, so
tief und bedeutungsvoll auch wirklich gedacht und genannt werden.
Und nicht nur die Erscheinungen des einzelnen Menschenlebens lassen sich in
der Baumwelt, in dem Leben eines Baumes anschauen, sondern, da die
Beobachtung der Selbst und Einzelentwicklung und die Vergleichung mit der
allgemeinen Entwickelung des Menschengeschlechtes jedem zeigt, da in der
Entwickelung des innern Lebens des einzelnen Menschen sich die geistige
Entwickelungsgeschichte des Menschengeschlechts wiederholt ausspricht, und
das gesammte Menschengeschlecht in seiner Gesammtheit als ein Mensch
angeschaut, und in ihm die nothwendigen Entwickelungsstufen des
Einzelmenschen nachgewiesen werden kann -- so lassen sich auch darin die
Erscheinungen der Menschheitsentwicklung in ihrer Nothwendigkeit anschauen,
was aber in der wahren Schrfe, fern von jeder Willkr und Deutelei, noch
kaum geahnet, noch weniger klar dargelegt ist; doch knnen die
Gleichnisreden Jesu in ihrer Aus- und Fortbildung dahin fhren. Es knnte
dieser nur berhrten Naturanschauung und Be-
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trachtung noch eine bey weitem grere Anwendung gegeben werden, wenn es
nicht wegen fast vlliger Unbekanntheit des Gegenstandes unstatthaft wre,
und es besonders sich nicht auf eine Beachtung der uern Naturerscheinungen
und auf eine Selbstbeachtung der innern Lebensentwicklungen grndete, die
sich bis jetzt nur noch selten findet.
Suchen wir nach dem innern Grunde dieser hohen, sinnbildlichen Bedeutung der
verschiedenen Einzelerscheinungen der Natur, besonders in den
Entwickelungsstufen ihrer Gegenstnde und deren Erscheinungen, in Beziehung
auf den Menschen, dessen Entwickelungsstufen und deren Erscheinungen, so
finden wir klar, da sie ganz einfach darin ihren festen und sichern Grund
hat, da Natur und Mensch in einem und ebendemselben ewigen, einigen Sein
ihren Grund haben, und ihre Entwickelung nach ganz gleichem Gesetz und
Gesetzen, nur in verschiedenen Steigerungsstufen Statt findet.
So erklren nun Natur- und Menschenbeobachtung in Vergleich und in Verbindung
mit den Thatsachen und Erscheinungen der allgemeinen Entwickelung der
Menschheit sich gegenseitig und fhren gegenseitig in die tiefere Erkenntni
des anderen ein; es kommt der Mensch durch die klare Einsicht in das
bedingende und schaffende Verhltnis des Menschengeistes zu seinem uern
Werke auch zur klaren Einsicht und Anschauung des Verhltnisses des
bedingenden, schaffenden Gottesgeistes, Gottes, zu seinem Werke, zur Natur,
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zu der Erkenntni der Art und Weise des Hervorgehens des Endlichen aus dem
Ewigen, des Krperlichen aus dem Geistigen, der Natur aus Gott; denn auch
schon der Mensch, obgleich in der Erscheinung ein endliches Wesen, braucht
nicht immer zur Hervorbringung und auer sich Hinstellung seiner Werke uerer
gestaltender Glieder: Arme, Hnde, sondern schon sein Wille, sein
bestimmender Blick, sein hingehauchtes Wort bildet, schafft und gestaltet ;
auch der Mensch, obgleich als Erscheinung endliches Wesen, kann ohne
Materielles Material und Stoff zum Gestalten hervorbringen. Wer hierzu noch
eines Beweises fr sich bedarf, gehe nur die gesammte Stufenfolge der
Entwickelungen, der Bedingungen und Erscheinungen durch, vom
unkrperlichsten, innersten Gedanken bis zum gestaltetsten, materiellsten
Worte, bis zur Schrift. Also selbst das Schwierigste, das Hervorgegangensein
des uerlichen, Krperlichen aus dem Innersten, Geistigsten kann der Mensch
in seinem eigenen Denken als Wirkung und Folge des Hervortretens seines
eigensten, innersten Denkens zu einem uerlichen, zu einem uern Werke,
und so nicht als Begriff, sondern als durch die reine Thatsache selbst
einsehen und erkennen.
Wie darum der Geist des Knstlers, der Menschengeist im Kunstwerke, im
Menschenwerke, so der Geist Gottes in der Natur: wie das Leben und Weben des
Kunstwerkes in sich, seinem Geiste nach und in Beziehung auf seinen
Schpfer, so das Leben und Weben der aus Gott gebornen
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Natur in sich, ihrem Geiste nach, als ein in Gott und durch Gott lebendes,
Gottesgeist ausstrmendes Gotteswerk, in Beziehung auf Gott, seinen Schpfer
und in innerer geistiger Beziehung zu dem Menschen. --
Wie in der Kunstwelt unsichtbarsichtbar des Menschen Geist erscheint und
sich ausspricht, und sie so ein unsichtbarsichtbares Geistesreich ist; so
erscheint in der Natur unsichtbarsichtbar Gottesgeist, und sie ist so das
unsichtbarsichtbare Gottesreich.
Die Ahnung, Anerkennung und das Einwirkenlassen des so dreyfachen
Gottesreiches, des sichtbaren, des unsichtbaren und des unsichtbarsichtbaren
auf unser Leben gibt uns einzig den Frieden, welchem wir in uns und auer
uns nachjagen, dem wir vom ersten Fhlen unseres Selbstes als eines eigenen
an zu suchen und nachzujagen, selbst mit Verlust unseres eigenen Lebens,
unserer ueren Habe, unserer ueren Glckseligkeit, wes Namens sie auch
sei, getrieben werden.
Darum soll schon dehalb der Mensch besonders als Knabe innig mit der Natur
vertraut gemacht werden, hierfr nun nicht ihren Einzelheiten, der Form
ihrer Erscheinungen, sondern dem in ihr lebenden Gottesgeiste nach, wie er
in und ber der Natur lebt und schwebt. Die fhlt auch tief und fordert der
Knabe; dehalb knpft wohl nichts Er-
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zieher und Zglinge mit noch unverdorbenem Natursinn, Lehrer und solche
Schler so innig fest, als das gemeinsam strebende sich
Beschftigen mit der Natur, den Gegenstnden der Natur. Die sollten sowohl
Eltern, als auch Lehrer an Schulen beachten, und darum letztere wenigstens
jede Woche einmal mit jeder Abteilung ihrer Schule ins Freie gehen, nicht
wie eine Herde Schafe sie hinaustreiben, noch wie eine Kompanie Soldaten sie
hinausfhren, welches beydes man wohl sieht, sondern wie ein Vater unter
seinen Shnen, ein Bruder unter seinen Brdern mit ihnen gehen und ihnen das
zur nhern Anschauung und Einsicht bringen, was eben die Natur oder die
Jahreszeit ihnen vorfhrt. Auf dem Dorfe und auf dem Lande lebende
Schullehrer drfen darauf nicht antworten: "Meine Schulkinder sind so den
ganzen Tag im Freien, laufen im Freien herum"; ja sie laufen im Freien
herum, aber sie leben nicht im Freien, sie leben nicht in und mit der Natur.
Es geht nicht allein den Kindern und Knaben, ja es geht vielen Erwachsenen
mit der Natur und ihrem Wesen, wie dem gemeinen Menschen mit der Luft! Er
lebt darin und kennt sie kaum als etwas eigenes, noch weniger ihrer zur
leiblichen Lebenserhaltung nthigen Beschaffenheit nach; denn was in den
gewhnlichen Redensarten Luft genannt wird, sind entweder nur die Luftstrme
oder die Wrmegrade der Luft. Darum sehen, ahnen und empfinden auch jene
immer im Freien umherlaufenden Kinder und Knaben nichts von den Schnheiten
der Natur und deren Wirkung auf das menschliche Gemth;
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es geht ihnen wie den in einer sehr schnen Gegend aufgewachsenen Bewohnern,
welche auch von der Schnheit und dem Geiste derselben nichts ahnen. Doch
-- und die ist das Wesentlichste -- wohl ahnet, findet und sieht der Knabe
durch sein eigenes inneres Geistesauge in das Innere, in das Leben der
umgebenden Natur; aber in und bey den Erwachsenen tritt ihm nicht Gleiches
entgegen, wird jenes aufkeimende innere Leben, jener aufkeimende innere
Samen gleich in seinem Entstehen eingedmmt und unterdrckt. Der Knabe
fordert von dem Erwachsenen Besttigung seiner innern geistigen
Wahrnehmungen, und mit Recht aus Ahnung dessen was der Aeltere sein soll,
aus Achtung des Aelteren. Findet er dies aber nicht, so ist die Wirkung
davon eine zweyfache: Nichtachtung des lteren und Insichzurcktreten der
ursprnglich innern Empfindung und Wahrnehmung. Darum das Wichtige jenes
Wandelns von Knaben und Erwachsenen im gemeinsamen Streben, das
Leben und den Geist der Natur in sich aufzunehmen, in sich leben und wirken
zu lassen; dann wrde auch das trge, unntze und unthtige Herumlaufen so
vieler Knaben bald ein Ende haben. Das Qulende in der Behandlungsweise von
Thieren und Insekten, welches wir in sehr gutmtiger, gutgemeinter Absicht
besonders bey jungen Knaben finden (nicht das Qulen als solches), hat in
dem Streben des kleinen Knaben seinen Grund, sich das innere Leben des
Thieres zur Einsicht zu bringen, sich den Geist desselben anzueignen. Aber
Nicht-
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deutung, Nichtleitung, Mideutung, Mileitung dieses Triebes, Verkennung
desselben kann spter solche Knaben wohl zu wirklichen verhrteten
Thierqulern machen.
So das Wesen und die Wirkung der Natur in ihrer Ganzheit, so die Natur in
ihrem Wesen und Wirken als Gesammtbild aus Gott und von Gott, als eine
Gesammtrede Gottes, aussprechend, mitteilend und weckend den Geist Gottes in
und durch Gesammtheit; so trat und tritt die Natur der innern Betrachtung
entgegen. Doch anders stellt sie sich der gewhnlichen Betrachtung im uern
dar; hier erscheint sie als eine Mannigfaltigkeit unter und in sich
verschiedener und getrennter Einzelheiten ohne bestimmten, innern,
lebendigen Zusammenhang, als Einzelheiten, von denen jede ihre eigenthmliche
Form, jede ihren eigenthmlichen Entwickelungsgang, ihre eigenthmliche, in
sich abgeschlossene Bestimmung und Zweck hat; ohne Ausdruck, da alle diese
uerlich geschiedenen und getrennten Einzelheiten organisch verknpfte
Glieder eines groen lebendigen Naturorganismus, eines groen, innig
geisteskrftig zusammenhngenden Naturganzen sind, ohne Ausdruck, da die
Natur ein solches Ganzes ist. Diese uere, auf den Einzelheiten der
Naturerscheinungen, auf den einzelnen Naturgegenstnden als geschiedenen und
getrennten, ruhende Naturanschauung gleicht der Anschauung eines groen
Baumes, eines jeden mehr und vielteiligen Gewchses von auen, wo jedes
Blatt von dem andern streng getrennt und geschieden
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erscheint, wo darum auch vom Blatte zum Blatte, von einem Zweige, einem Aste
zum andern, ja innerhalb der kleinen Blume vom Kelchblatt zum Kronenblatt
und von diesem zum Staubfaden und Staubwege keine Brcke, kein inneres Band
geht, sich aber wohl zuletzt wenn sinnig strebend, mit innerm Auge sehend
fr die nchsten Einzelheiten das nchste gemeinsam Verknpfende gesucht und
gefunden, und so von jeder gefundenen, gemeinsamen Einheit zur nchst
hheren, und so zuletzt zu der hchsten hinauf gestiegen wird, -- als uere
Erscheinung in dem tiefst verborgenen Herzpunkte und in dem darin wirkenden
Gesetze zeigt. Jede uere Betrachtung der Natur in ihrer Einzelheit gleicht
der uern Anschauung des gestirnten Himmels, die nur durch willkrlich
gezogene Linien die vereinzelten Sterne zu groen Haufen verbindet, deren
innere Verknpfung aber das reinste, schrfste und entwickeltste Geistesauge
nur ahnen, nur in der Einigung kleinerer Weltenganzen zu immer greren
schauen kann. Bei und in dieser gewhnlichen und nur ueren
Naturbetrachtung erscheinen die Einzelheiten der geschiedenen und
verschiedenen Naturgegenstnde nicht sowohl als Erzeugni eines Seins und
Wesens, als vielmehr als Erzeugni verschiedener wirkender Krfte. Doch die
kann dem in sich einen und einigen Geist des Menschen nicht gengen, kann
dessen in sich einigem Geiste und Gemthe schon als Knabe nicht gengen.
Darum sucht auch fr diese von und in der uern Anschauung getrennte und
geschiedene Mannigfaltigkeit und Einzelnheiten
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der Mensch schon frhe, noch als Knabe, Einheit und Einigung, sucht Einheit
und Einigung in einer von einem innern, nothwendig sich entwickelnden
Gesetze ausgehenden, die von der uern Anschauung zusammengefaten
ungeordneten Haufen in sich scheidenden Trennung. Zufrieden wird er in
seinem Gemthe dann, wenn er sie ahnen kann, befriedigt aber in seinem
Geiste erst spter, wenn er sie findet. Aber diese Mannigfaltigkeit auch
selbst fhrt ihn bey einem treuen Nachgehen derselben, wie die rcksteigende
Betrachtung der Mannigfaltigkeiten und Einzelheiten eines Gewchses zur
Erkenntni eines nur geistig anzuschauenden, tiefliegenden Gesetzes, zur
Erkenntni auch der uern Einheit der Naturmannigfaltigkeiten und
Einzelheiten; denn bey aller Eigentmlichkeit, Einzelheit und Getrenntheit
der Naturgegenstnde ist es immer das Wesen der Kraft, auf die das
eigenthmliche Wesen und die eigenthmliche Erscheinung, Form und Gestalt
jedes Dinges als letzten innern Grund, als verknpfende Einheit in der
Erscheinung zurckkommt, von der alle Mannigfaltigkeit und Einzelheit aus-
und hervorgeht, worauf sie beruht. Kraft ist aber ihrem Innern, ihrem Wesen
nach nur einzig bedingt in dem Sein an sich, aus dem Sein durch das Wirken,
als die uere Erscheinung desselben, hervorgehend. Darum ist auch Kraft als
erscheinend der letzte Grund von allem, von jeder Erscheinung in der Natur.
Aus der Betrachtung des Wesens der Kraft, wie sie sich uns als eine
gttliche kennen gelehrt hat und wie sie sich uns auch in unserm eigenen
Innern,
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Gemthe und Leben bethtigt, kann die Natur auch ihrer Form und ihren
zahllosen Formen und Gestalten nach, in denen sie erscheint, angeschaut,
erkannt und eingesehen werden, ihren lebendigen, innern Wechselbeziehungen
und Steigerungen nach durchschaut und eingesehen, sowie ihrem uern
Verhalten und ihren Ableitungen nach erkannt werden. Sie, ihr Wesen zu
betrachten treibt den Menschen die Sehnsucht, Hoffnung und Ahnung, durch
ihre Erkenntni auch die uere Einheit der Natureinzelheiten, der
verschiedenen Naturformen, Naturgestalten zu finden.
Kraft an sich ist aber ein selbstthtiges, allseitig gleichthtiges Wirken,
entweder von der Einheit an sich oder von einer beziehungsweisen, aber immer
von einer Einheit aus, und es ist zugleich mit dem Wesen der Kraft
nothwendig auch das Zugleich des Heraus und Zurckstrebens derselben, sowie
beydes selbst gegeben und mitbedingt.
Alle Einzelheit und Mannigfaltigkeit als solche zeigt jedoch auer der Kraft
noch eine zweyte nothwendige uere Bedingung der Form und Gestalt, den
Stoff. Sie zeigt: alle irdische und Naturgestaltung und Form wird
aus dem berall in sich, sich selbst ganz gleichen, nach allen Seiten bis
ins Kleinste hin in ganz gleichen Zusammenhangs- und
Zusammenhaltsverhltnissen stehenden, also der Erscheinung nach bis ins
Kleinste hin hchst verschiebbaren Stoffe, durch die berall in demselben
ganz gleichmig wohnende, berall
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in sich ganz selbstgleiche Kraft und durch und unter dem uern Einflu der
Sonne, des Lichtes und der Wrme dem durchgehenden groen Naturgesetze
gem, da das Allgemeine das Besondere ins Daseyn ruft, geboren.
Alle Einzelheit und Mannigfaltigkeit der irdischen und Naturgestalten, alle
innere Anschauung der Natur zeigt, da Stoff und Kraft ein in sich
unzertrenntes Eins sind. Stoff (Materie) und die selbstthtige, von einem
Punkte aus allseitig gleichthtige Kraft bedingen sich rein gegenseitig;
keines ist ohne das andere und kann ohne das andere bestehen; ja eines kann
streng genommen nicht einmal ohne das andere gedacht werden.
Der Grund der bis ins Kleinste hin an sich und in sich leichten
Verschiebbarkeit des Stoffes ist das ursprnglich kugelige Streben der
inwohnenden Kraft; ist das ursprngliche Streben der Kraft, sich von einem
Punkte aus selbstthtig, allseitig gleichthtig zu entwickeln, darzustellen.
Entwickelt sich nun die Kraft und stellt sie sich nach allen Richtungen hin
allseitig, frei und ungehindert dar, so ist die rumliche Erscheinung, das
krperliche Erzeugni davon eine Kugel. Und so erscheint auch die
kugelfrmige oder im allgemeinen die krperliche rundliche Gestalt
durchgehend in der Natur die allgemein erste, so wie die allgemein letzte
Naturform: so die groen Weltkrper: Sonnen, Planeten, Monde; so das Wasser
und alles Flssige; die
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Luft und alles Gasfrmige und der Staub (das Feste, Erdige in seiner
feinsten pulverigen Gestalt), jedes in seiner Einzelerscheinung.
Die Kugelgestalt erscheint bey aller Mannigfaltigkeit und bey der scheinbar
unvereinigbarsten Verschiedenheit der irdischen und Naturformen als die
Urgestalt, die Einheit aller irdischen und Naturgestalten und Formen; daher
ist auch schon die rumliche und krperliche Kugel keiner der andern
Naturgestalten gleich und trgt sie doch alle dem Wesen, der Bedingung und
dem Gesetz nach in sich. Sie ist das Gestaltlose, Gestaltetste. Kein Punkt,
keine Linie, keine Ebene, keine Seite tritt an ihr hervor, und doch ist sie
allpunktig bis allseitig, trgt alle Punkte, Linien usw. aller irdischen
Gestalten und Formen nicht allein der Bedingung, sondern sogar der
Wirklichkeit nach in sich. Darum haben alle und jede Gestaltung der nur
wirkenden, lebenden und lebendigen Naturgegenstnde in dem der Kugelgestalt
zugrunde liegenden Gesetze, in dem Gesetze des Kugligen ihren ersten Grund,
haben -- von der Betrachtung des Wesens der Kraft ausgehend und als Kraft und
Krafterzeugnis betrachtet, in dem, in dem Wesen der Kraft als solcher
nothwendig liegenden Streben: -- das kuglige Wesen der Kraft, das Wesen der
Kugel auf jede nur mgliche eigenthmliche Weise in allen und mglichen
eigenthmlichen Formen und Gestalten, Vervielfltigungen und Verknpfungen an
und durch Stoff darzustellen -- ihren Grund. Denn
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in dem und mit dem selbstthtig, allseitig gleichthtigen (kugligen) Wirken
der Kraft ist zugleich als Natur, als irdische Erscheinung und so gebunden
an Stoff ein bis ins Kleinste hin innerliches, wogendes und wallendes,
wgendes und messendes Streben: Gre, verschiedene Gre der Wirkung der
Kraft, verschiedene Spannung der Kraft nach verschiedenen Seiten und
Richtungen hin, innerhalb der verschiedenen Seiten und Richtungen gegeben.
Dieses mit der Kraft und sonach auch mit dem Stoffe ganz gleichzeitige und
in dem Wesen derselben als Erscheinung nothwendig liegende verschiedene
Gren und Strkenverhltnis der Wirkung der Kraft nach verschiedenen
Seiten, dies bestimmte vorwaltende Wirken der Kraft nach bestimmten
Richtungen hin, dies bestimmte eigenthmliche Verhltnis in den verschiedenen
Richtungen der Kraft unter sich und zueinander, diese verschiedene Spannung
der Kraft nach verschiedenen Richtungen hin und die dadurch nothwendig und
zugleich bedingte, verschiedenartige, gleichmige Trennung des Stoffes, mu
nun auch als Grundeigenschaft der Gesammtmasse des Stoffes in ganz gleichem
Maae in jedem und dem kleinsten Punkte derselben inwohnen. Dieses
eigenthmliche Verhltnis und innere Gesetz der wirkenden Kraft ist in jedem
besondern Falle zunchst der wesentliche Grund der bestimmten Form und
Gestalt. In diesem verschiedenartigen Richtungs und Grenverhltnis der
Wirkung der Krfte, in dieser verschiedenartigen Spannung und somit leichten
Trennbarkeit des Stoffes, in diesen Spannungsebenen und Span-
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nungsrichtungen liegt das Grundgesetz aller Formen und Gestalten. In der
klaren Anschauung desselben liegt die Mglichkeit, sie ihrem Wesen,
Verhltnisse und Zusammenhange nach zu erkennen.
Da nun aber jedes Ding sich nur dann vollendet kund tut, wenn es sein Wesen
in Einheit, Einzelheit und Mannigfaltigkeit und so in und auf die nothwendig
dreigeeinte Weise darstellt, so thut sich eben auch das Wesen der Kraft nur
in einer solchen dreygeeinten Darstellung seines Wesens durch und in Gestalt
vollkommen und vollendet kund, worin die beyden andern Streben der Natur: an
dem und durch das Allgemeine das Besondere und an dem und durch das
Besondere das Allgemeine darzustellen und Innerliches uerlich, uerliches
innerlich zu machen und fr beydes die Einheit, beydes in Einheit
darzustellen, zugleich mitbedingt sind und als nothwendige Fortentwicklung
daraus hervorgehen. In dieser dreygeeinten Darstellung des Wesens der Kraft
in Einigung mit jenem allgemeinen Naturstreben, durch Stoff an und in
Gestaltung hat jede einzelne Naturgestalt und so Mannigfaltigkeit derselben
ihren Grund.
Weiter wirkt aber eine und dieselbe Kraft in einem und ebendemselben Stoffe
entweder vereinzelt in vielen Einzelerscheinungen, oder sie wirkt gemeinsam
ungeteilt, oder sie wirkt innerhalb ihres Gestaltungsgesetzes wieder
entweder vorwaltend nach dem einen oder dem andern darin liegenden
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Ausdehnungsverhltnisse der Hhe, Lnge, Breite, und bedingt so verschiedene
Erscheinungen des Festgestalteten, Kristallinischen, die Erscheinung des
Faserigen, Strahligen, Krnigen, Blttrigen, so wie die blttchen und
nadelfrmigen usw. Bildungen der Gestalten; jenes hat darin seinen Grund,
da so viele einzelnc Punkte und Theile des Stoffes als nur mglich
innerhalb einer verhltnismig groen Masse ihre Gestaltungsgesetze
darzustellen streben, sich aber gegenseitig durch ihre Masse selbst an der
Ausbildung und Vollbildung ihrer Festgestalten hindern; das zweyte hat darin
seinen Grund, da sich das Gestaltungsgesetz wieder vorwaltend und
berwiegend in einem oder mehreren allgemeinen Ausdehnungsverhltnissen
darzustellen strebt. Die reine und vollendete Festgestalt, auch die
Grenverhltnisse ihrer innern Kraftrichtung uerlich an der Gestalt
darstellend, entsteht, wenn die einzelnen, wenn alle die einzelnen Theile
des Stoffes und alle einzelnen Punkte der wirkenden erschienenen oder erst
erscheinenden Kraft sich dem hheren Gesetz einer, den einzelnen zwar
beengenden, fesselnden, aber das grere, vollendet ausgebildete Erzeugni
gebenden, gemeinsamen Forderung und Gesammtdarstellung des
Gestaltungsgesetzes unterwerfen.
Das Festgestaltete, Kristallinische, ist die erste Erscheinung der irdischen
Gestaltung.
Durch das mit dem Wesen der Kraft zugleich gegebene Hervor und Zurckstreben
und durch das Zugleich von
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beyden ist so ein Streben nach Uebergewicht irgend nach Seiten der
Kraftrichtung und so gegenseitiges Hemmen, Spannen und Fesseln derselben bis
ins Kleinste hin bedingt, somit auch die schrfsten Spannungsverhltnisse
des Stoffes in allen Seiten und Richtungen und dadurch grere oder
geringere Trennbarkeit in diesen Spannungslinien und Spannungsebenen. Darum
mssen die ersten Festgestalten nothwendig geradlinig begrenzt sein, ja es
mu sich in dem ersten Erscheinen des Festgestaltigen noch das Widerstreben
zur gemeinsamen Unterordnung unter das bestimmte Gesetz einer bestimmten
Festgestalt zur vollendeten Darstellung desselben zeigen ; auch werden so
Festgestalten mit ungleich wirkenden Kraftrichtungen frher erscheinen als
mit gleichen, und so wird die uere Erscheinung der Kraft nicht eine
allseitig gleichseitige Festgestalt sein, welche in dem Wesen der Kraft
lge, sondern an das Feste geknpft, vielmehr Gestalten nicht mit jener in
dem Wesen der Kraft liegenden allseitigen Gleichthtigkeit. Die Entwickelung
des Wesens der Kraft wird auch in der Erscheinung der Festgestaltung von dem
Ungleichseitigen zum einfachst Gleichseitigen aufsteigen, so wie das Wesen
der Kraft in sich zur Darstellung ihrer selbst auer sich von der Einheit
und Allseitigkeit zur Einzelheit und Einseitigkeit herabsteigt. Schauen wir,
suchen wir nun das letztere, die in dem Wesen der Kraft liegende
Herabsteigen von der Einheit zur Einzelheit zu erkennen und darzustellen, so
werden wir die Natur auf dieser Stufe sowohl ihrem innern Streben, als ihrem
uern Er-
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scheinen nach und in alle ihrer Einzelheit und Einseitigkeit, aber auch in
ihrer Einheit und Allseitigkeit schauen.
In dem ganzen Naturgang der Entwickelung der Festgestalt, wie er aus den
Naturgegenstnden selbst hervorgeht, ist eine hchst merkwrdige
Uebereinstimmung mit der Entwickelung des menschlichen Geistes und
menschlichen Gemthes: auch der Mensch zeigt in der uern Erscheinung, wie
die Festgestalt, beym lebendigen in sich Tragen der Einheit zuerst mehr
Einseitigkeit und Einzelheit, Unvollstndigkeit, und erst spter erringt er
Gleichseitigkeit, Uebereinstimmung, Vollkommenheit, steigt zu dieser herauf.
Diese Erscheinung des Gleichlaufenden in dem Entwickelungsgange der Natur
und des Menschen ist so wie jede Erscheinung dieser Art fr Selbsterkenntnis
fr Selbst und Anderererziehung hchst wichtig; denn von ihm aus verbreitet
sich auch Licht und Klarheit ber die Menscheneritwicklung und
Menschenerziehung und gibt darin Sicherheit und Festigkeit des Handelns in
den einzelnen Forderungen derselben. Auch die Welt der Festgestalten ist wie
die Gemths- und Geisteswelt eine herrliche, lehrreiche Welt; was hier das
innere Auge im Innern sieht, schaut dort das innere Auge im ueren.
Alle Kraft, die sich in hchster Allgemeinheit an und durch Gestaltung und
uerung kund tut, wirkt von einer Mitte aus zugleich hervor und
zurckstrebend, und so sich in sich und durch sich als Kraft selbst Grenze
setzend, allseitig,
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gleichseitig oder strahlend, linear und dadurch nothwendig kuglig. Die
nothwendige Erscheinung der in allseitiger, gleichseitiger Gestaltung
uerlich ungehemmt sich kundtuenden Kraft aber ist: da immer die Kraft
nach zwey Seiten hin in gleicher Richtung wirkend hervortritt und da
innerhalb der Gesammtheit aller Kraftrichtungen immer je drey
solcher, von der Mitte aus doppelscitiger Richtungen nach jeder Seite und
Richtung hin unter und zueinander in ganz gleicher Zu und Abneigung und so
auf und untereinander rechtwinklig stehen, so zueinander stehen, da
Selbstndigkeit und Abhngigkeit voneinander unter sich im hchsten
Gleichgewicht sind. Doch wegen des in der Kraft selbst liegenden Messenden
werden innerhalb der Summe aller je drey rechtwinkligen Doppelrichtungen
ausschlieend drey als berwiegend und vorherrschend und ganz
unabhrigig von allen ndern hervortreten. Und auch die geistigste
Betrachtung der Kraft mu diesen Akt der Ausscheidung und Hervorhebung thun,
weil er in dem Wesen der Kraft und dem Gesetze der menschlichen
Geistesthtigkeit gleich bedingt ist.
Die Wirkung des Vorherrschens dieser dreymal zwey unter sich gleichgeltenden
(rechtwinkligen), alle brigen Richtungen ganz gleichmig unterordnenden
und bestimmenden Richtungen kann nur eine geradlinig und geradflchig
begrenzte Festgestalt, kann nur eine solche Festgestalt sein, welche in
allen ihren Erscheinungen und Theilen und uerungen das innere Wesen und
Wirken der Kraft dem groen
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Naturgesetze und eigentlichen Berufe und Bestimmung, dem eigentlichen Zwecke
der Natur gem uerlich ja wieder auf vielfach eigenthmliche Weise kund
tut: es kann nur ein Wrfel, uerlichinnerlich bezeichnet, ein
reiner Sechsflchner sein. Jede Ecke zeigt das im Innern ruhende Gleich
geltende, Rechtwinklige der drey Doppelrichtungen, und so uerlich den
Mittelpunkt des Ganzen und dies verachtfacht; alle vier Ecken gemeinsam
zeigen die Gesetz vervierfacht; ebenso zeigen die dreymal vier Kanten jede
der im Innern ruhenden Doppelrichtungen vervierfacht; die sechs Flchen
zeigen in ihrer Mitte unsichtbarsichtbar die sechs Enden der drey
Doppelrichtungen, und so auf gleiche Weise dadurch bedingt und bestimmt den
unsichtbaren Mittelpunkt der ganzen Festgestalt u.s.w. u.s.w.
In dieser Festgestalt nun, in dem Wrfel, erscheint aber das Streben der
Kraft nach kugliger Darstellung in hchster Spannung: statt Allseitigkeit
erscheint Einzelseitigkeit, statt Allpunktigkeit oder Alleckigkeit erscheint
Einzeleckigkeit, statt Allinigkeit, Allkantigkeit erscheint
Einzelkantigkeit, und diese wenigen Punkte, Linien, Flchen halten alle
brigen unter sich untergeordnet und von sich abhngig. Es tritt aber
dadurch das schon an sich aus dem Wesen der Kraft klar einzusehende und
daraus nothwendig abzuleitende Streben derselben klar und uerlich
anschaulich entgegen, sich nicht allein als Krperraum, sondern in jeder der
mglichsten, eigenthmlichsten Gestalt, also auch als Punkt und
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in Punkten, als Linie und in Linien, als Flche und in Flchen darzustellen;
somit ist aber auch und dadurch nothwendig zugleich das Streben der Kraft
gegeben, aus dem Punkte die Linie und Flche zu entwickeln, den Punkt als
Linie und Flche darzustellen, die Linie als Punkt und Flche darzustellen,
die Linie gleichsam zum Punkte zusammenzuziehen und zur Flche zu entfalten,
und so die Ebene, Flche zur Linie und zum Punkte zusammenzuziehen, oder als
solche darzustellen. Dieses Geschft, diese Thtigkeit und dieses Wirken der
Kraft tritt von nun an in jedem, auch dem kleinsten Schritte der Betrachtung
der Festgestalt entgegen, so da die Wirksamkeit der Kraft innerhalb des
Kreises der Bildung der Festgestalten selbst nur darin zu bestehen scheint,
und alle Festgestalten, wie sie nur auch immer sein mgen, diesem
ausschlieenden Streben ihr Daseyn nur einzig zu verdanken zu haben
scheinen. Aber so soll, so mu es auch sein ; es ist dies das erste
allgemeine Hervortreten der groen Naturgesetze und Naturstreben, jedes Ding
als Einheit, Einzelheit und Mannigfaltigkeit darzustellen das -- Besonderste
zu verallgemeinern und das Allgemeinste im Besondersten darzustellen -- und
endlich: Innerliches uerlich, uerliches innerlich zu machen und beydes
in Einklang und in Einigung darzustellen. Vergessen wir nun dabey nie, haben
wir vielmehr dabey immer fest vor Augen, da diesen groen Gesetzen auch
ganz der Mensch unterworfen ist, und da fast alle seine
Lebenserscheinungen, ja auch seine Schicksale usw. darin ihren Grund haben,
so werden wir durch
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diese Betrachtungen zugleich die Natur und den Menschen erkennen und den
Menschen zugleich der Natur und seinem Wesen getreu und gem entwickeln und
erziehen lernen.
Gehen wir nun ruhig Schritt vor Schritt von der Betrachtung des Wrfels zur
Betrachtung und Ableitung aller brigen Festgestalten ber: die Punkte,
Ecken des Wrfels werden streben, sich als Flchen auszubilden und
darzustellen, die Flchen sich als Punkte darzustellen; besonders werden die
durch das Herrschendsein der drey gleichgeltenden Doppelrichtungen zugleich
geforderten und bedingten sechs unsichtbar im Wrfel und unsichtbarsichtbar
in jeder dessen Seiten ruhen.den, sechs Doppel-Mittelrichtungen uerlich
sichtbar und so als Kanten hervorzutreten streben usw. Das Erzeugni davon
ist bey dem gleichen wrfligen Grundgesetz eine Festgestalt, welche so viel
Flchen oder Seiten hat, als der Wrfel Punkte oder Ecken, welche so viel
Punkte oder Ecken hat, als der Wrfel Seiten, und ebensoviel Kanten als der
Wrfel, aber in den Mittelrichtungen derselben: das Erzeugni ist ein reiner
Achtflchner. In dieser Festgestalt erscheint nun wieder mehreres
uerlich entweder rein sichtbar oder unsichtbarsichtbar, was in dem Innern
derselben unsichtbar ruht; doch die bey dem Wrfel angegebenen Andeutungen
mssen, es durch eigene Anschauung zu finden, gengen.
Jede der dreymal zwey gleichgeltenden Grundrichtungen der Kraft
treten in dem Wrfel als dreymal
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zwey Seiten oder Flchen, in dem Achtflchner als dreymal
zwey Ecken oder Punkte uerlich hervor ; es wird nun nothwendig
noch eine Festgestalt geben mssen, in der sie als dreymal zwey Kanten oder
Linien erscheinen; in dem Wrfel erschienen die sechs
Enden der drey unter sich gleichgeltenden Doppelrichtungen der Kraft
als sechs Seiten oder Flchen; in dem Achtflchner
erschienen sie als Ecken oder Punkte; es mu nun nothwendig noch
eine Festgestalt geben, in welcher sie als Kanten oder Linien
erscheinen mssen, und die ist der reine Vierflchner; sein Wesen
ist durch seine Zusammenstellung und Vergleichung mit dem Wrfel und
Achtflchner schon hinlnglich bestimmt, und das Innere, welches er durch
sein ueres ausspricht, ist nach Anleitung der Betrachtung des Wrfels
leicht aufzufinden.
So sind aus der Betrachtung und Anschauung des nothwendigen Wirkens und der
Erzeugnise der kuglig wirkenden, durch Gestaltung des Stoffes sich
kundtuenden Kraft drey geradlinig und geradflchig begrenzte Krper
hervorgegangen, wovon der Wrfel der erste und gleichsam der mittlere, der
Vier und Achtflchner die zweyten und gleichsam in einer Beziehung die
Seiten oder Nebenkrper sind.
Ueberschauen wir nun
Wrfel
Achtflchner und Vierflchner
in ihrer natrlichen, aus der Ableitung nothwendig her-
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vorgehenden Stellung, so zeigt sich wieder in vlliger Uebereinstimmung mit
dem bisherigen Gange der Betrachtung und als nothwendige Folge der
wiederkehrend ausgesprochenen Naturgesetze: Der Wrfel ruht auf
einer Flche; der Achtflchner auf einem Punkte und der
Vierflchner auf einer Linie, und bey jeder der drey
Festgestalten fllt die Achse der Ausbildung derselben nothwendig
in eine der drey unter sich gleichgeltenden Grundrichtungen und ganz mit ihr
in Eins zusammen.
Diese drey Festgestalten nun als vllig in sich abgeschlossene, selbstndige
Krper, und jeden den Ruhe und Sttzpunkt in sich und durch sich suchend
betrachtet, sich als Krper sich selbst berlassen, zeigen: den
Wrfel immer gleichmig, dauernd ruhend auf einer seiner Flchen,
ihm nun Grundflche, und die Achse bleibend mit einer seiner Grundrichtungen
in eins zusammenfallend; der Acht und der Vierflchner dagegen werden
fallen; dadurch wird bey jedem eine seiner Seiten ihm zur Grundflche
werden, und zugleich damit zeigen beyde Festgestalten eine'neue und ihnen
zunchst ganz eigene Eigenschaft; die Achse, Scheitel oder Mittellinie der
Festgestalt fllt nicht in eine der drei Grundrichtungen derselben, sondern
vllig gleichgeltend zwischen alle drei hindurch.
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Da nun das Wesen des Acht und des Vierflchners ganz in dem Wesen des
Wrfels ruht und mit demselben eins ist, und die Gestalt des Acht und des
Vierflchners aus der Gestalt des Wrfels hervorgeht, so mu nothwendig auch
die Eigenschaft, da die Achse oder Scheitellinie gleichgeltend zwischen die
drey unter sich gleichgeltenden Grundrichtungen fallen knne, schon in dem
Wrfel liegen, und sie tritt auch durch die Wirksamkeit des in der Natur
herrschenden Gesetzes des Gleichgewichtes sogleich hervor; denn das
Fallen des Acht und Vierflchners, da die Achse oder Scheitellinie
gleichgeltend zwischen die drey Grundrichtungen zu liegen kommt, wird bey
dem Wrfel ein solches Steigen desselben bedingen und nothwendig fordern.
Der Wrfel erscheint nun auf einer seiner Ecken ruhend, so da die
Scheitellinie oder die Achse nun von dieser Ecke durch den Mittelpunkt nach
derselben gegenberstehenden Ecke luft, und so nun ebenfalls nicht mehr in
eine der drey Grundrichtungen, sondern ebenfalls ganz gleichgeltend zwischen
sie fllt, und so'wie der Wrfel durch das Verndern seiner Achse in sich
ein ganz anderes geworden, so stellt er auch uerlich dadurch eine ganz
neue Erscheinung, eine ganz neue Gestalt dar; zwey und zwey Seiten, zwey und
zwey oder vier ;und vier Kanten und Punkte erschienen immer als
zusammengehrig, alles schritt in den' geraden Zahlen der zwey oder vier
fort; alles erscheint nun in drey und drey zusammengehrig: drey und drey
Seiten, drey und drey Kanten, drey und drey Ecken.
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Statt der Zwey erscheint nun die Drey, und eine ganz neue
Reihe von Festgestalten erscheint dadurch in der Natur zugleich mitgegeben
und mitbestimmt, deren Betrachtung und Entwickelung aber erst die
Betrachtung und Entwickelung der Festgestalten mit drey unter sich ganz
gleichgeltenden Grundrichtungen noch vorausgehen mu.
Durch das Streben der Kraft, an sich und an den Festgestalten sich
aussprechend: die Ecken zu Kanten oder Seiten auszubilden; durch das
Streben, Kanten in Ecken zusammenzuziehen und zu Seiten auszubilden; durch
das Streben, Seiten als Kanten und Ecken darzustellen; durch das Streben,
innerlich verborgene und unsichtbare und uerlich unsichtbarsichtbare
Richtungen, Punkte, Linien und Ebenen uerlich sichtbar zu machen und
darzustellen; durch das Streben der Festgestalten, auf diese Weise das
innere, allseitig gleichthtige, gleichseitige kuglige Wesen der Kraft
uerlich darzustellen, und so das Streben dieser Festgestalten an und durch
sich, und sich so selbst zur Kugelgestalt wieder auszubilden: dadurch und so
sind von dem Wrfel, dem Acht und dem Vierflchner aus drey Reihen von
Festgestalten bestimmt gegeben, die in verschiedenen Richtungen netzartig
miteinander verbunden sind, die aber durch eine kleine Zahl von
Hauptgliedern und eine noch bersehbare Menge von Zwischengliedern bald
kugelhnliche Gestalten wieder aus sich darstellen und darin bergehen.
Bey der Bildung aller der in dem Bisherigen angedeuteten Festgestalten waren
immer die drey unter sich gleich-
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geltenden Grundrichtungen auch als alle drey unter sich gleich
wirksam und bestimmend.
Durch das in und mit dem Wesen der Kraft zugleich gegebene Hervor- und
Zurcktreten und die dadurch nothwendig nach in sich selbst ruhendem Gesetz
bestimmten 5pannungsverhltnisse der Kraft und so des mit ihr zugleich
gegebenen Stoffes, ist zugleich in der weitern Fortbildung der Festgestalten
das Eintreten einer Verschiedenheit der drey unter sich ganz gleichen,
'gleichgeltenden Grundrichtungen nothwendig bedingt. Diese so nothwendig
gegebenen Ungleichheits oder Verschiedenheitsverhltnisse der drei
Grundrichtungen mssen sein: entweder die eine dritte, mit der Achse der
Festgestalt in eins zusammenfallende Grundrichtung ist ungleich den beyden
andern auf ihr gleichgeltend stehenden gleichen Richtungen, und entweder
grer oder kleiner, als die beyden andern. In der Reihe
der aus dem ersten Verhltnisse hervorgehenden Festgestalten werden
vierseitige Sulen und gestreckte Achtflchner, und in der
Reihe der aus dem zweyten Verhltnisse hervorgehenden Festgestalten werden
vierseitige Tafeln und gedrckte Achtflchner die
Hauptfestgestalten ausmachen. (Da hier nur von den nothwendigen innern
Grundverhltnissen der Kraft und deren Wirkung die Rede ist, so liegen
dadurch nothwendig alle von uern Ausdehnungsverhltnissen des Stoffes
abhngige Ausdehnungsverschiedenheiten der Festgestalten auer der
Betrachtung und Bercksichti-
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gung). Die Ausbildung der eben bestimmten beyden Reihen der Festgestalten
schreitet immer von vier zu vier und in dadurch bestimmten
Zahlenverhltnissen fort: Viergliedrige Festgestalten.
So wie in dem vorigen nur eine der drey gleichgeltenden Richtungen immer
ungleich ist gegen die beyden brigen unter sich gleichen,so knnen und
werden aber auch alle drey gleichgeltenden Richtungen unter sich ungleich
sein. Die davon in ihrem Erscheinen und in ihrer Ausbildung abhngigen
Festgestalten werden zu ihren Hauptgestalten lnglich vierseitige Tafel
und Achtflchner mit drey verschiedenen Durchschnittsebenen haben.
Die Ausbildung der beyden Reihen schreitet hier in zwey und zwey und zwey
und in den dadurch bedingten Zahlenverhltnissen fort: Zwei und
zweygliedrige Festgestalten. Die Ausbildung schreitet nun aber in
gleichnamigen Gliedern gleichseitig, gleichgesetzig oder ungleichseitig
fort; ersteres bedingt die oben bestimmten Reihen, letzteres Reihen von
Festgestalten, die sich unter den Namen zwey und eingliedrig und ein und
eingliedrig bestimmen lassen.
Die weitere Ausbildung auch dieser Festgestalten geht nach dem in dem Wesen
der Kraft liegenden Gesetze und Streben: der Entwickelung der Ecken zu
Kanten und Flchen und umgekehrt, und so in dem Bestreben, kugelhnliche,
kr-
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perlich rundliche Gestalten, die innen liegenden Richtungen usw. uerlich
darzustellen, fort. Alle aus diesen Verhltnissen der drey unter sich
gleichgeltenden Grundrichtungen hervorgehenden Festgestalten sind wegen der
ganz eigenthmlichen Grundbestimmungen auch in ihrem Erscheinen und in ihrer
Ausbildung hchst eigenthmlich.
So sind nun die Grundbedingungen zur Erkenntni, Anschauung und Ableitung
aller Festgestalten mit drey unter sich gleichen Grundrichtungen sowohl
ihrer Einzelerscheinung, als ihren gegenseitigen, netzartigen,
verwandtschaftlichen Verhltnissen nach gegeben. Diejenigen Festgestalten,
deren Bildungsachse gleichgeltend zwischen die drey Grundrichtungen fllt
und deren Grundgestalt der schon erkannte, aber nun auf einer seiner Ecken
ruhend erscheinende Wrfel ist, fordern nun ihre weitere Betrachtung.
Auer der schon -- gleich beym ersten Erscheinen des Wrfels in derjenigen
Lage, da die Bildungsachse desselben nun von einer Ecke durch den
Mittelpunkt in die andere Ecke fllt und so die erstere Ecke in dem
Scheitelpunkte und die andere Ecke in dem Fupunkte der Gestalt liegt --
erkannten und durch das Zusammengehren der Glieder zu drey und drey
bedingten Eigentmlichkeiten, treten bey weiterer Betrachtung noch folgende
eigenthmliche Ausbildungsgesetze und davon abhngige eigenthmliche
Eigenschaften entgegen.
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Zuerst tritt gleich uerlich, bey der nur uerlichen Betrachtung des
Wrfels in dieser Lage, das ganz Eigentmliche entgegen, da die sechs ihn
begrenzenden Flchen nun nicht mehr als sechs reine Gevierte, also mit ganz
gleichen Querlinien, sondern als zwar ebenmige, aber als Vierecke mit
Querlinien verschiedener Lnge, also als Rauten erscheinen, und was hier
anfangs nur uerlich erscheint, tritt aber gleich bey dem nchsten Schritt
der Ausbildung und Fortentwicklung dieser Festgestaltenreihen uerlich aus
innern Bedingungen hervorgehend ein; darum sind alle gleichsechsflchig
begrenzten Gestalten dieser Gestaltungsreihe immer durch sechs gleiche
Rauten begrenzt; die Grundgestalt dieser Bildungsreihe ist daher der
Rautensechsflchner, und die in dem Rautensechsflchner liegenden
Grundbestimmungen und Grundgesetze sind die Grundbedingungen und
Grundgesetze aller nun folgenden Ausbildungen.
Gro, sehr, fast unabsehbar gro ist die Menge der sich vom
Rautensechsflchner aus entwickelnden Festgestalten; doch teilen sie sich
gleich von ihrer Grundgestalt aus in mehrere Reihen, deren jede wieder eine
in der Grundgestalt bedingte Hauptgestalt an ihrer Spitze hat. Die drey Fu
und drei Scheitelkanten bilden sich nach dem schon genannten wirkenden
Gesetze unsichtbar im Innern oder unsichtbarsichtbar im uern ruhender
Richtungen zu Flchen aus, bis sie sich gegenseitig in ihrer Ausbildung
Grenze setzen, das Er-
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zeugni ist eine, durch zweymal sechs in dem Fu und Scheitelpunkte der
Gestalt sich einende Flchen, begrenzte Festgestalt mit in sich vllig
gleichen Scheitel und Fukanten, ist der doppelspitze, gleichkantige
Zwlfflchner. Die Seitenkanten bilden aus sich nach innen ruhenden
Bestimmungen abneigende Doppelflchen; das Erzeugni davon ist eine,
ebenfalls durch zweymal sechs in dem Fu und Scheitelpunkte der Gestalt sich
einende Flchen begrenzte Festgestalt, aber nicht mit unter sich, sondern
nur mit doppelt abwechselnd gleichen Scheitel und Fukanten, ist der
doppelspitze, drey und dreykantige Zwlfflchner. Von dem
Rautensechsflchner aus oder von den bestimmten beyden doppelspitzen
Zwlfflchnern aus sind durch Ausbildung der Seitenecken oder der
Seitenkanten in Flchen nach der Richtung der Achse und durch Ausbildung der
Endecken in ebensolche Flchen zwey neue Festgestalten bestimmt, es sind
zwei Sechsflchner mit geraden Endflchen, die sich aber ihrem innern Wesen
und darum auch der Entstehung nach dadurch unterscheiden, da die eine Sule
den Seitenkanten und die andere den Seitenecken des Grundkrpers angehrt,
und darum auch als sechsseitige geradendflchige Kantensule und
als sechsseitige geradendflchige Eckensule unterschieden werden.
Diesem hier angedeuteten innern Zusammenhange nach stehen die Grund und
Hauptgestalten so zu einander:
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Rautensechsflchner
doppelspitzer
| doppelspitzer |
gleichkantiger
| drey und dreykantiger |
Zwlfflchner
| Zwlfflchner |
sechsseitige
| sechsseitige |
geradendflchige
| geradendflchige |
Eckensule
| Kantensule
|
Nach den wiederkehrend ausgesprochenen, angewandten Naturgesetzen, nach den
Gesetzen der sich darstellenden Kraft: Punkte als Flchen und Kanten und
umgekehrt auszubilden; nach diesen und andern nothwendigen Bedingungen
entwickeln sich aus den vorstehend aus dem Wesen der Kraft abgeleiteten
Grund und Hauptfestgestalten in fortschreitender strenger Gesetzmigkeit
alle dadurch schon in sich gegebene und bestimmte drey- und dreygliedrige
Festgestalten mit allen ihren dazwischen liegenden Uebergangs- und
Verknpfungsgestalten fort bis zu immer mehr und mehr kugelfrmigen
Festgestalten. Und so ist mit den durch diese Bestimmungen zwar ganz
nothwendig gegebenen, aber in ihren Verknpfungen zahllosen Mengen drei und
dreygliedriger Festgestalten, in Verbindung mit den schon in den drei unter
sich gleichgeltenden Grundrichtungen bedingter Festgestalten, alle und jede
Einzelfestgestalt schon gegeben und bedingt, und so ist das Reich derselben
ganz abgeschlossen; doch knnen und werden sich den allgemeinen Wirkungen
der Kraft und anderen besondern eigenthmlichen Bedingungen
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nach weiter alle die durch die bisher erkannten Gesetze gegebenen,
verschiedenen Einzelgestalten noch in verschiedenen
Ausdehnungsverhltnissen, also mit berwiegender Lnge, Breite oder Dicke,
jedoch immer einfach ausbilden. Denn die bisher aus dem Wesen der Kraft
hervorgegangenen Festgestalten sind immer nur einzeln und einfach, doch
durch das zwar mit dem Wesen der Kraft zugleich gegebene, aber eben dadurch
immer hhere Entwickelung derselben bedingende Streben: geradlinig begrenzte
Festgestalten aus sich darzustellen, ist die Gesammtheit der ursprnglich
nur allseitig, gleichthtig, gleichseitig;zu wirken strebenden Kraft in sich
in solche Spannung, und ganz besonders innere und uere Entgegensetzung
gekommen, da es sogar in der uern Erscheinung nun als erstes Streben der
Kraft entgegentritt, diese Spannung, diese Entgegensetzung nun auf jede
mgliche Weise aufzuheben und auszugleichen. Die erste und einfachste uere
Erscheinung dieses Strebens innerhalb der Grenze der Darstellung der
Festgestalten ist: Gestalten in rein entgegengesetzter Lage und Richtung aus
sich zu gestalten und darzustellen; das Erzeugni davon werden Gestalten
sein, die zwey, drey, vier und auch mehr Einzelfestgestalten in
entgegengesetzten und so ausgleichenden Richtungen und Lagen in einer
uerlich einzigen Gesammtgestalt vereinigen und in dem letzteren Fall des
nicht zu entwirrenden Einigungsgesetzes als gesetzlose Zusammenhufungen
erscheinen. Mit diesen letzteren Bildungen entsteht eine ganz neue Reihe
zusammengesetzter und zusammengehufter Gestalten, die als die Gestalten
hherer Bildungsstufen nachahmende Gestalten erscheinen: als traubig,
knospig, kuglig. Durch diese letztgenannten Zusammenhufungen besonders
scheint jede Einzelfestgestalt wieder eine der in der Kraft ursprnglich
wirkenden, allseitigen Richtungen uerlich und so sie gemeinsam das
darzustellen, was dem Einzelnen unmglich wurde:
die ursprngliche
Kugelgestalt. So erscheint auch auf und in dieser Stufe der Bildungen der
Festgestaiten das Leben wie in einem Bilde uncd bey aller starrer
Geschiedenheit ein innerer lebendiger Zusammenhang und besonders Gleich und
Eingesetzigkeit, wie sie auf jeder folgenden Stufe der Naturentwicklung
immer klarer entgegentritt. Alle diese Formen und Gestalten nun, welche als
uere Erscheinung vorwaltend nur der Stoffwelt, der Welt mit nur wirkender
Kraft, angehren, deren uere Eins und gleichsam uerlich schaffende
Einheit die Kugel ist, zeigen gemeinsam das hchst Eigentmliche: da ihre
Glieder nur Mehrfache der Zwei, gerad und davon abhngiggliedrig, und
Mehrfache der Drei, drey und dreygliedrig sind; dagegen die Wirksamkeit der
Kraftrichtungen nach und in den Zahlengesetzen der Fnf und Sieben und als
gleichberechtigt mit denen der Zwei (Vier) und der Drei (Sechs), und alle
dadurch bedingte Gestalten, ganz ausschliet, indem die Fnf und Sieben
entweder nur ungeordnet und nicht rein, oder nur zufllig und schwindend
erscheint.
Weiter erscheinen alle Festgestalten in sich ganz
gleichstoffig, ohne eine nothwendig bedingte und bedingende, bleibende Mitte,
sondern immer nur mit einer beziehungsweisen und darum mit Aufhebung der
Beziehung auch aufgehobenen Mitte; darum erhht sich bey gleichem und
gleichbleibendem Stoffe (Materie) die Wirkung der Kraft nur durch Vermehrung
der Masse, des Stoffes ; die wirkende Kraft erscheint darum auch als ein
einfaches zwar gliedrig, aber nicht als eine ein Mehrfaches in sich
schlieende Einheit, nicht als gegliedert. So die Entwickelung und
Darstellung der Kraft auf der Stufe des Erzeugens der starren Festgestalten,
so die Entwickelungsstufe der Kraft innerhalb der Grenze dieser Gestalten:
Doch das Wesen der Kraft als selbstthtiges, allseitig gleichthtiges Wesen
fordert nothwendig auer dem, schon aus dem Wesen der Kraft Erkannten auch in
der Erscheinung, in ihrer uern Darstellung in Gestalt, nicht nur, was die
starre Festgestalt gibt, eine beziehungsweise, wechselnde, mit Aufhebung der
uern Bedingung auch aufgehobene, sondern eine durch das Wesen und Wirken
der Kraft nothwendig gegebene bestimmte Mitte, einen auch in der Gestalt
wahrnehmbaren bleibenden Ausgangs und Rckbeziehungspunkt aller
Kraftuerungen und Kraftthtigkeiten und nicht allein Einigungspunkt,
sondern auch Trger und Bestimmungspunkt der Kraft. Einen solchen einen und
einenden Punkt zeigt aber das Reich der starren Festgestalten nicht; die
starre Festgestalt kann ihn auch nicht besitzen, da eines schlechthin das
andere ausschliet, so unerllich auch er in dem Wesen und in der zur
Vollendung fhrenden Entwickelung und Ausbildung der Kraft bedingt ist. Aber
auch der nach dem und durch das Gesetz der geradflchig begrenzten
Festgestalten bedingte, der darum und dadurch bis ins Kleinste hin in sich
gespannte, festgestaltige, gliedrige Stoff macht die Darstellung einer jenem
Punkte entsprechenden Gestalt unmglich ; denn der berall in sich ganz
gleichgliedrige Stoff schliet als solcher das Vorherrschen eines einzigen
oder mehrerer Thtigkeitsbeziehungs, Kraftmittelpunkte schlechthin aus ;
darum bedingt aber auch ebenso schlechthin das Eintreten eines Einigungs
und Beziehungs, eines Mittelpunktes der Kraft eine vllige Aufhebung des
Gliedrigen und der Gliedrigkeit, des Festgestaltigen des Stoffes, der
Festgestalt schlechthin. Ferner bedingt und fordert die Kraft als solche in
ihrer Entwickelung und Ausbildung, indem sie sonst zu selbstndiger Kraft
sich gar nicht erheben knnte ein Mehrfaches, eine Mehrheit der
Kraftuerungen und Thtigkeiten unter der Bedingung der Einheit und heraus
und hervorgegangen aus der Einheit. Dem Wesen der Kraft und dem mit ihr
gegebenen Streben nach vollstndiger Entwickelung und Darstellung desselben
kann es darum nicht gengen, in sich nur gliedrig, d. i. verschiedenseitig
in Wirkung zu sein ; ihr Grundstreben fordert Gegliedertheit in sich,
fordert unter der Bedingung der Einheit, hervorgegangen aus und darum
abhngig von der Einheit, eine Gemeinsamkeit von Krften, deren jede
selbstthtiges Wirken in sich trgt, doch nur fr Gesammtdarstellung des durch
die Einheit Bedingten.
Die so in sich gegliederte Kraft fordert und
bedingt aber auch so in sich gegliederten Stoff. In sich gegliedert ist aber
nothwendig der Stoff, der an jeder Stelle, die ihm die aus der Krafteinheit
hervorgehende und darin bedingte Kraftthtigkeit anweist, der Einzel und der
Gesammtforderung der Kraft zu entsprechen imstande ist; gegliedert ist der
Stoff, welcher sich der Forderung der gegliederten Kraft gleichwillig
unterwirft, ob fr Darstellung des Allgemeinen oder Besonderen, des Innern
oder uern, oder fr welche Seite und Richtung der Kraft es immer sei.
Gegliedertheit des Stoffes bedingt eine vllig freie und ungehemmte,
allseitige Bestimmbarkeit desselben; allein in sich gespannter,
festgestaltiger, gliedriger Stoff schliet die aus; darum hebt in sich
gegliederte Kraft das Gliedrige des Stoffes rein auf und steigert ihn zum
Gegliederten. Nur durch Zurcksinken in vllig ungliedrigen, in berall sich
selbst ganz gleichen, also der Erscheinung nach in sich ganz
zusammenhangslosen Zustand, nur durch einen Zustand hchster
Aufgelstheit und Zermalmtheit kann gliedriger Stoff zu einer hhern
Bildungs und Steigerungsstufe, zum gegliederten Stoff geschickt werden und
bergehen.
Auch hierin zeigt sich das Leben in seiner Erscheinung, zeigen
sich die Forderungen und Bedingungen des hchsten, geistigsten Lebens wie in
einem Bilde, darum auf und in dieser Entwickelungsstufe der Natur, die
Kenntnis und Einsicht in das Wesen der Natur zur und fr Selbst und
Andrererziehung so hochwichtig. Mit dem Wesen der Kraft und als eins mit
demselben tritt aber auch zugleich das Hervor und Zurckstreben derselben
entgegen; denn eines ist ja mit und in dem andern und durch das andere
schlechthin bedingt. Die Kraft nun aber als von einer Einheit, einer
bestimmten wahrnehmbaren Einheit aus eine Mannigfaltigkeit aus sich
entwickelnd und diese auf jene zurckbeziehend, bedingt dadurch nothwendig
weiter ein abwechselndes Hervor und Zurckstreben der Kraft, und hebt
dadurch, wie es das Starre, Festgestaltige des Stoffes rein aufhebt und
vernichtet, so auch damit das Zugleich, gleichsam das Ineinander des Heraus
und Zurckstrebens rein auf, bedingt dagegen, als von einer bestimmten,
wahrnehmbaren Mitte ausgehend und darauf zurckbeziehend, ein
augenblickliches Sichtrennen und ein augenblickliches Sichwiedereinen, und
so uerlich also ein augenblicklich verschiedenes und getrenntes Hervor
und Zurcktreten der Kraft, und als solches wahrnehmbar an und durch den
Stoff: ein Wallen, Wogen, Schlagen der Kraft. In der Festgestalt ist das
Hervor und Zurcktreten in jedem Augenblick eins, ist eine unteilbare
Einheit, und darum erscheint die Festgestalt starr; das Trennen dieses
Zugleich und das schwchste Vorherrschendwerden der einen oder der anderen
Kraftwirkung hebt auch sogleich den starren Zustand des Festgestaltigen und
so das Festgestaltige selbst auf, und stellt es als erdig, flssig oder
luftig dar. Da aber das grere Frei und Selbstndigwerden und doch das
grte Zugleich des Heraus und Zurckstrebens die grte Ausbildung der
Kraft bedingt, so wird die Kraft auf derjenigen Stufe ihre hchste
Selbstndigkeit errungen haben, wo die Schlge des Heraus und Zurcktretens
am schnellsten wechseln. Dieses stetige Heraus und Zurcktreten hat aber
seinen Grund in einem stetigen, und zwar sich bewegend stetigen Ausgleichen,
also einem laufenden Ebenen, daher auch diese Stufe der von einer Einheit,
einem bestimmt wahrnehmbaren Punkte aus und dahin wogenden Kraft hchst
bezeichnend leben (leben) genannt wird. Dieser Punkt als dieses
selbstndige, selbstthtige Leben in sich tragend, es gleichsam aus sich
aushauchend, zu und fr uerlich getrennte Mannigfaltigkeit aushauchend,
heit darum so bezeichnend Herz, Herzpunkt. Lebenspunkte bedingende
Ausbildung, Herzpunkte bedingendes Leben ist die der nur wirkenden, in und
fr Festgestalten wirkenden Kraft nchste neue Stufe der Kraftentwicklung.
In vlliger Uebereinstimmung mit dem Wesen der Kraft und dessen Forderung
werden mehrere Punkte der Kraftthtigkeit in einer Masse, Stoff sich zu
Herzpunkten zu erheben streben, oder nur wenige, oder nur einer. Dieser
Grund ist einer der nchsten Grnde zur Trennung der Lebgestalt. So strebt
die Kraft selbst, sich immer mehr und mehr wieder vom Stoffe unabhngig und
sich selbstndig zu machen, so da nun die grere oder geringere Wirkung
der Kraft, der grere oder geringere Lebensausdruck nicht mehr von einer
darum nothwendig kleineren oder greren Masse des Stoffes abhngt; die ist
eine durchgreifende Erscheinung aller Gestalten und Gestaltung, in welcher
sich Leben ausspricht; diesem Grundgesetze nach teilen sich nun auch alle
Lebgestalten sogleich von ihrem ersten Erscheinen aus in zwey Reihen, in
eine Reihe, wo das Leben, die Erscheinung des Lebens dem Stoff untergeordnet
ist, in eine zweyte, wo der Stoff der Lebensthtigkeit unterworfen ist. Jene
Reihe der Gestalten heit mit Recht lebend, sowie diese, das Leben in
selbstthtiger Bewegung in sich tragend, ebenso bezeichnend lebendig. So da
sich von dieser Seite der Betrachtung des Wesens der Kraftuerung aus alle
Naturgegenstnde so ordnen: Wirkende (Festgestaltige) Lebende Lebendige. Da
das Leben immer wiederkehrende Rckkehr der Thtigkeit in die Kraftmitte, den
Herzpunkt, bedingt und fordert, ja darin besteht, und sich in und durch
diese Rckkehr immer wieder neue Kraft des ueren Bestehens schpft, so
werden nothwendig alle Lebgestalten sich von innen heraus vergrern,
wachsen, wahrhaft wachsen. Dieser nothwendige und so wie hier und im
Bisherigen angedeutete innere Zusammenhang des Wirkenden, Lebenden und
Lebendigen geht auch noch von einer andern Seite der Betrachtung und dem
allgemeinen Naturgesetze: da das Allgemeine von dem Besonderen gefordert
wird, da aus dem Besonderen das Allgemeine hervorgeht, da das Besondere
das Allgemeine fordert und bedingt als unzweideutig hervor. Da nun die
frher erkannten und entwickelten Eigenschaften der Kraft nothwendig in dem
Wesen der Kraft liegen und als nothwendige Folge aus demselben hervorgehen,
so mssen sie nothwendig auch mit dem Fortbestehen des Wesens der Kraft auch
ihr Fortbestehen haben und sich so auch nothwendig in den folgenden
Entwickelungs und Ausbildungsstufen der Kraft, wenn auch in verschiedener
Form, Verknpfung und Steigerung und gesteigerter Gestalt, aber dem Wesen
und der Sache nach mit Bestimmtheit aussprechen. Diese aus dem Wesen der
Kraft nothwendig hervorgehende Forderung wird sich nun auch unerllich in
jeder durch die.fortsteigenden Entwickelungsstufen derselben bedingten Form
und Gestalt aussprechen, wird der innere Bestimmungsgrund der Form und
Gestalt sein. Darum werden die Gestalten der beyden erkannten, bestimmten,
nchsten Entwickelungsstufen sogleich das Eigentmliche zeigen, da, so wie
in den Festgestalten das Kreisfrmige und Kreisende als nebenschlich und
gleichsam zufllig erschien, es nun in den Lebgestalten als wesentlich
erscheint, doch mit dem Unterschiede, da in den lebenden Naturgestalten das
Strahlende und das davon abhngige Flchige als berwiegend und
vorherrschend, das Kreisende und Kuglige aber untergeordnet erscheint; bey
den lebendigen Naturgestalten dagegen wird das Strahlende und das davon
Abhngige in der Bildungs und Gestaltungsform das Untergeordnete und das
Kreisende und Rundliche, Kugelfrmige das Ueberwiegende sein. Wie nun die
gegliederte Kraft einen gegliederten Stoff nothwendig fordert und bedingt, so
fordern und bedingen beyde eine gegliederte Gestalt, und werden darum die
lebenden Lebgestalten, die pflanzlichen Gestalten, die Gewchse, wo das
Leben noch dem Stoffe unterworfen ist, in ihren Bildungen mehr strahlend und
dem Gesetze des Festgestaltigen sich annhernd sein, und die gleichsam im
gesteigerten, gegliederten Zustande und im Leben und mit Leben darstellen.
Darum denn in so vielen Pflanzen noch der reine Ausdruck des
Festgestaltigen, der Ausdruck und die Darstellung der Grundgesetze der
Festgestalten, welches sich hier besonders durch die Zahlenverhltnisse kund
tut. Zahl bezeichnet ursprnglich, wie noch manche veraltete Wortverbindung
bezeugt, so viel als das uerste, das Ende. Dehalb erscheinen nun auch die
Zahlenverhltnisse in der Pflanzenwelt so wichtig, weil sie gleichsam die
Enden der Kraftrichtungen bezeichnen, welchen die Festgestalten und jedes
knftige gesteigerte Erscheinen derselben ihre eigenthmlichen Formen und
Gestalten verdanken. Wie die gleichgliedrigen Festgestalten und die
Festgestalten der unter sich gleichgeltenden Richtungen, die
geradgliedrigen, einen ganz eigenthmlichen und in gewisser Hinsicht sehr
einfachen Charakter, Lebensausdruck haben, so haben hnlichen Lebensausdruck
die gleich und gerad(zwey und zwey) gliedrigen Pflanzen, und ganz
besonders zeichnen sie sich, wie die auch schon bey den Festgestalten der
Fall war, im Gegensatz der drey und dreygegliederten Gewchse aus. Die zwey
und zweygegliederten Pflanzen sprechen die Gesetz sowohl durch den
abwechselnden Stand der Bltter, als durch die zwey und zweyflchige Form
der Stengel usw. klar und bestimmt aus. Mit dem Eigentmlichen der
jedesmaligen Zahlenverhltnisse sprechen sich auch immer stehende
eigenthmliche Eigenschaften aus; so knpfen sich fort und fort an jeden
besonderen Zahlenausdruck und an dessen besonderes, wieder ganz
eigenthmliches Erscheinen auch wieder ganz besondere innere Eigenschaften
an, so strmen z. B. die der Zwei und zwey angehrigen Pflanzen fast
durchgehend sehr starke gewrzige Dfte aus usw. Keineswegs begngen sich
jedoch die Lebgestalten nur mit immer eigenthmlicherer Darstellung der
ursprnglich gegebenen Richtungs und der davon unmittelbar abhngigen
Zahlenverhltnisse, welche die Festgestalten bedingen ; sondern mit der zum
Leben gesteigerten Kraftthtigkeit, welche in den aufgelsten uerlichen
Spannungsverhltnissen seinen Grund hat, treten auch hhere Thtigkeiten in
den Gestaltungsverhltnissen ein, und so tritt mit dem Leben und den
Lebgestalten, sowohl bey Pflanzen als Thieren, sogleich frh das
Zahlenverhltnis der Fnf, welches bey den Festgestalten nur hchst
untergeordnet, fast nur zufllig und schwindend erscheint, hier ais
herrschend und eingreifend wirksam hervor. Wie sich mit dem Eintreten des
Zahlenverhltnisses der Fnf in allen Naturgegenstnden, in welchen es
hervortritt, eine ausgezeichnet eigenthmliche Wirksamkeit zeigt, so ist das
Erscheinen der Fnf und die Bedingungen ihres Erscheinens merkwrdig
sinnbildlich und bedeutungsvoll. Die Fnf tritt, soweit ihr Erscheinen im
Pflanzenreiche verbreitet ist, selten rein, d. h. so auf, da alle
Einzelheiten der Fnf dem Stande, der Form und berhaupt dem Werte nach
unter sich ganz gleichgeltend sind; und ist ihr uerstes Erscheinen ja
rein, so ist es wieder so wechselnd, da sie sich nur in einigen wenigen
Erscheinungen wirklich rein gleich bleibt. Die beweist deutlich ihre
Entstehung, die nur in entfesselter Wirksamkeit der Kraft ihren Grund hat,
in dem nun zum Leben erhobenen Streben der Kraft, jedes Verhltnis durch und
aus sich darzustellen. Da die Darstellung der Fnf und der ihr verwandten
Sieben, als selbstndig bestimmend und fortentwickelnd, von der nur
wirkenden Kraft rein ausgeschlossen ist, und da jede folgende Entwickelung
und Erscheinung der Kraftthtigkeit nur in der frhern, in der wirkenden, nur
in der Kraft als wirkend bedingt ist: so kann ihr Entstehen nur in einer
Trennung, Spaltung, oder in einer Zusammenziehung durch die rein wirkende
Kraft bedingter Richtungs und daraus hervorgehender Zahlenverhltnisse
seinen Grund haben. Und so ist es: die Fnf erscheint in der Pflanzenwelt
entweder durch Trennung, Spaltung einer der Grundrichtungen des Vier, oder
Zwei und zweygliedrigen, oder durch Zusammenziehung zweyer Grundrichtungen
des Drei und dreygliedrigen. Fast alle Pflanzen, welche den Zahlenausdruck
der Fnf an sich tragen, beweisen dies. Pflanzen also, welche in ihren
Blumen fast keinen Wechsel der Fnf zeigen, sind darum als der reinen Fnf
angehrig zu betrachten; Pflanzen, welche dem innern Gesetz der Zwei und
zwei angehren und in ihren Blumen die Fnf darstellen, werden die Fnf als
zwei, zwey und eins zeigen, indem die Fnf aus der Trennung einer der
gleichgeltenden Richtungen hervorgegangen ist; darum werden zwey und zwey
Glieder immer zusammengehren und eines allein stehen, so werden diese durch
alle Formen und Verknpfungen der Erscheinung hindurch der Fnf angehrige
Blumenbildungen entwickeln; solche Gewchse erscheinen dann als
Darstellungen des Gesetzes der Zwei und zwey, in die Zwei, zwey und eins
bergehend usw. Ueberhaupt sind alle die Erscheinungen der Fnf in Form und
Verknpfungen die mannigfachsten, welche aus zwey und zwey unter sich
gleichgeltenden Grundrichtungen hervorgegangen sind, wie alle Pflanzen mit
abwechselndem Stand der Bltter zeigen; das aufgehobene Gleichgewicht
zwischen der Zwei und der Zwei kann nur schwierig wieder errungen werden.
Anders der Gestalten und besonders Blumenausdruck der aus dem Gesetze der
Drei und drey hervorgegangenen Gewchse. Nicht durch eine Trennung, sondern
durch eine Zusammenziehung, Einigung zweyer Grundrichtungen zu einer ist
hier die Fnf entstanden, und diese gleichsam aus der Einigung und
Zusammenziehung hervorgegangene Sicherheit und Ruhe spricht sich auch in dem
einfachen Blumenausdruck aus; statt aller ein Beyspiel: die Rose usw.
Die
Fnf erscheint darum in der Natur und auf der Stufe der Lebegestalten als
die das Wesen der Zwei und der Drei einende Zahl; die Fnf erscheint
trennend und einend wie drey und zwey; darum ist sie auch, wie sie mit der
Steigerung der nur wirkenden Kraft zur lebenden und lebendigen auftritt,
auch wahrhaft die Zahl des trennenden und einenden Lebens, ist die Zahl der
Vernunft auf der Stufe der Gestalten des Lebenden; sie ist die Zahl des
unaufhrlich innerlich Neues aus sich Erzeugenden, des sich immer in sich
und durch sich selbst Steigernden; denn je hher die Entwickelungs und
Bildungsstufe bey den Lebegestalten ist, um so bleibender erscheint sie; auf
der Stufe der Pflanzenbildungen zunchst gehrt die fast reine Fnf
denjenigen Pflanzen an, welche die grte Veredelung und Vermannigfachung in
sich tragen, so die dem Gesetze der fast reinen Fnf angehrenden Obstarten,
Kern und Steinobst, und die Sdfrchte; sind nicht die erstern bis in das
Zahllose zu veredeln und zu entwickeln?
Zeigen nicht das ganz gleiche in
der Blumenwelt die der aus drey und drey hervorgegangenen Fnf angehrigen
Rosen; lassen sich ihre Spielarten nicht immer mehr und mehr vermehren?
Bringt nicht jede Gegend fast eine neue Spielart von Kartoffeln hervor, und
wie viel haben sich nicht deren schon seit den wenigen Jahren ihres
Bekanntseins entwickelt?
So sind es wieder diejenigen Pflanzen, welche
durch ihre Blumen der fast reinen Fnf angehren, die sich am leichtesten in
sich und durch sich selbst vervielfltigen, steigern, fllen, so wieder die
Rosen, Nelken, Aurikeln, Ranunkeln. So spricht sich berall, wo die Zahl
Fnf erscheint, unzweideutig ein hherer Ausdruck des Lebens aus, des
erhheten, gesteigerten Lebens, welchem sie, durch Trennung oder Einigung
des vom strengen Gesetz streng und starr Gegebenen, Bestimmten, ihr Daseyn,
ihr Erscheinen verdankt. Nicht von den uern Erscheinungen der Zahl,
sondern von der tiefsten, innersten Bedingung, Einheit und Wesen derselben,
in welchem alle Zahl und die Mannigfaltigkeit und Verhltnisse derselben
ihren nothwendigen Grund ha ben, ausgehend, drngt sich noch folgendes zur
Beachtung auf: wie die gerad- und gleichgliedrigen Festgestalten an und in
sich nur einfach, wenig Mannigfaltigkeit der Kraft kundtuend, gleichsam wie
Bildungen des Gemthes erscheinen, so erscheinen dagegen besonders die drey
und dreygliedrigen Festgestalten durch ihre fortgehende uere Trennung in
immer neuen Gestalten, in ihrer Mannigfaltigkeit, wie Bildungen des
Verstandes und des Bewutwerdens; und so wie sich in den drey und
dreigliedrigen Festgestalten die Bildungsachse von jeder der drey
gleichgeltenden Grundrichtungen trennte und sich so selbstndig
gleichgeltend zu allen dreyen stellte, so geht die Entwickelung uerlich
trennend und uerlich verknpfend fort bis in das fast Zahllose; dehalb
ist auch der drey- und dreygliedrigen Grundgestalt nichts zu fein, was sie
nicht trennen knnte; selbst das Feinste, das Licht, mu sich wie in dem
Kalkspate und in einer drey und dreygliedrigen Kunstform, dem Prisma,
seiner uerlich trennenden Kraft unterwerfen. Darum gleicht auch auf der
Stufe der Festgestalten rumlich der Akt des Fallens aus dem
gleichgliedrigen, allseitig gleichthtigen Fortbildungs und
Fortentwicklungsgesetze in das Drei und dreygliedrige, dem Fallen oder, was
der Wirkung nach hier gleich ist, dem Steigen des Geistigen des Menschen aus
der reinen einstimmigen Gemthsentwicklung in die immer uerlich nur
trennende und zweyfelnde Verstandesbildung; denn das Drei und dreygliedrige
fhrt auch erst in den Umfang der uern Erkenntni der Formen des Steigens
der Festgestalten ein. In Beziehung auf das eigenthmliche Wesen und die
eigenthmlichen Wirkungen der Kraft, als lebend und in sich eins, zeigt die
Natur und die Pflanzenwelt noch folgende Erscheinungen: Durch die
verschiedenen Steigerungsstufen einer und ebenderselben lebenden Kraft in
einer lebenden Naturgestalt, in einer Pflanze, erscheint jedes Glied des
Ganzen im Besitze der ganzen Kraft, nur in verschiedenen Steigerungsgraden,
. daher auf der Stufe der Lebegestalten, der Pflanzen, so hufig die
Mglichkeit des Hervorrufens der ganzen Gestalt, der ganzen Pflanze, aus
einem einzelnen Theile: einem Zweige, einer Knospe, einem Blatte, einem
Stckchen Wurzel; darum auch in der Pflanzenwelt die bestimmte und als
pflanzliches Grundgesetz sich aussprechende Erscheinung, da jede folgende
Stufe der Entwickelung immer im hheren Maae das Wesen der in der Gestalt
wirkenden Einheit kund tut, wie jede folgende Entwickelungsstufe eine
Steigerung der vorhergehenden ist; so die Blumenbltter gesteigerte
Pflanzenbltter, die Staubfden und Staubwege gesteigerte Blumenbltter;
jede folgende Bildung legt das Innere der Pflanze, das Wesen derselben, in
zarteren Hllen dar und zuletzt gleichsam nur in Hauch und Duft. Das so fast
ganz uerlich, zum uerlichen gewordene Innere nimmt der Fruchtknoten
wieder in sich auf und stellt es so wieder als Inneres dar. Bis zur
Blthezeit sprechen die Pflanzen ein Hervorstreben, ein Aufsteigen aus, von
der Blthezeit bis zur vollendeten Fruchtreife hchstes Zurckziehen. Die
Erscheinungen der Pflanzen zeigen darum nicht nur eine Mannigfaltigkeit,
Vervielfltigung der Kraft, sondern auch eine Steigerung; aber darum auch
bey schwindender Kraft in der Pflanzenwelt die so hufige Erscheinung des
Zurcksinkens einer sptern Ausbildungs und Fortentwicklungsstufe in eine
frhere, z. B. das Zurcksinken der Bildung der Blumenbltter in die Bildung
der Kelchbltter und das Ausbilden dieser zu vollkommnen Pflanzenblttern;
das Zurcksinken der Staubfden und Staubwege in Blumenbltter, welche
Erscheinungen so oft die Rosen, die Mohnen, Malven, Tulpen usw. zeigen. Und
in voriger Beziehung gehrt die knstliche Steigerung des Blumenkelches zur
Blumenkrone, wenn die Pflanze einen besonders guten Stand und Nahrung hat,
hierher, wie z. B. bey den Gartenprimeln. So wie nun also in jedem
selbstndigen Pflanzenteile das Wesen der ganzen Pflanze nur auf
eigenthmliche Weise ruht, das Grundstreben jedes Dinges und jeder Pflanze
aber ist, sich in seiner Eigentmlichkeit allseitig darzustellen: so
erscheint nun dieses Streben, die Kugelform aus sich darzustellen, unter
allen Pflanzenteilen bey den Blttern am meisten gefesselt und gebunden;
darum so hufig, besonders auf ihnen, doch auch auf andern Pflanzenteilen,
die Erscheinung, da nach geschehener Verletzung, gleichsam eingetretener
Entfesselung, die Pflanzenform, der Pflanzenteil das Kuglige aus und durch
sich darzustellen strebt, welche Erscheinung besonders schn das sogenannte
Rosenmoos auf verletztem Rosenlaube zeigt. So legt sich an und durch die
Pflanze, das Gewchs, das Wesen der zum Leben gesteigerten Kraft uerlich
gleichsam ruhend dar. Darum erscheinen die Pflanzen und Gewchse in dieser
Hinsicht gleichsam als die Blthen und Blumen der Natur; und wie bey den
Pflanzen und Gewchsen von der Blthe und Befruchtungszeit aus das ganze
Wesen der Pflanze wieder ins Innere, in die Einheit, zurckgeht, so tritt
auf der nun folgenden Stufe der Naturgestaltung und Entwickelung, der
Entwickelung und Steigerung der Kraft vom Leben zur Lebendigkeit, auch alles
uere und alle Mannigfaltigkeit wieder in einem Innern, in einer Einheit,
gleichsam wieder in einem Kern, in einem Samen auf, wieder in rundlichen
Gestalten; daher gleichen die ersten Thiere lebendig gewordenem Samen, so
einfache, nur rundliche Gestalten sind sie. Und so durch das im groen
wiederkehrende Gesetz des Einzelnen erscheint und ist die Gesammtheit aller
Erdgestalten, obgleich an sich nur ein kleiner Theil des groen Naturganzen,
doch in sich beziehungsweise wieder ein abgeschlossenes, selbstndiges,
groes, gliedriges und gegliedertes Ganzes. Auch die Gestalten der zum Leben
gesteigerten Kraft, die lebendigen Gestalten, die Thiere, sind in sich wieder
ein groes, gegliedertes Ganzes, gleichsam eine Leben in sich tragende
Gestalt; die thun die groen, allgemein verbreiteten Naturgesetze kund, die
sich auch in ihrer, durch ihre ganze Gesammtheit hindurchgehend wieder in
Einzel- und eigenthmlicher Anwendung laut aussprechen. So drckt sich bey
allen Thieren mit erhhtem Lebensreiz das eben durch das eingetretene hhere
Leben nothwendig bedingte und eigentlich mit der irdischen Erscheinung des
Lebens einige und davon unzertrennliche Gesetz der Fnf, und die so frhe
aus, als diese Thiere selbst, als berhaupt Thiere erscheinen, welches die
Ueberreste aus einer untergegangenen Vorwelt beweisen; so frhe mit dem Leben
dieses einen groen Getierganzen selbst tritt auch sogleich die Fnf als
Erscheinung auf, bleibt auch bey diesem groen Getierganzen, obgleich wieder
in verschiedenen Arten der Zusammenziehung und Spaltung, doch als
Grundgesetz fest, und selbst auch noch bey dem Menschen, in welchem doch die
Lebendigkeit zur vollendeten Geistigkeit gesteigert erscheint, ist die Fnf
die wesentliche Eigenschaft seiner gestaltenden, belebenden Hand, des
Hauptgliedes des Menschen, des Hauptwerkzeuges zum Gebrauche seiner
gestaltenden Schpferkraft usw. Ein anderes groes, allgemein verbreitetes
Naturgesetz, welches sich besonders klar in der ganzen Thierwelt ausspricht
und die eben bestimmte Gesammtheit von Thieren wieder als beziehungsweise in
sich geschlossenes Ganzes darstellt, ist das Gesetz der Innerlichmachung des
ueren und umgekehrt. So ruhen hier die ersten Thiere nur in einem fast
steinernen Hause, dem Trger des noch weichen Krpers, und fast von ihm
unabhngig, nur uerlich das Thier umschlieend als etwas Fremdes, von dem
Thiere Getrenntes, Geschiedenes; aber das Thier ist dennoch mit seinem
Bestehen an den festen Ort seiner kalkigen Hlle gebunden. Spter erscheinen
die Thiere losgerissen, selbstndig, nicht mit ihrem Bestehen an einen Punkt,
gleich einer Pflanze, gefesselt: sondern sie und ihre uere, steinartige
Hlle sind aneinander festgewachsen; das den Krper tragende Feste
umschliet denselben wie eine feste Rinde. Bei den folgenden Thierbildungen
verwchst und verschwindet uerlich die knorpligsteinige Decke immer mehr,
sie senkt sich gleichsam in das Fleisch, und in dem Maae sie uerlich
schwindet, tritt sie bey den Fischen und Amphibien als Knorpelskelett ein,
mit Ueberbleibseln von Schuppen auf dem Krper. Dieses Knorpelgerst bildet
sich bey den folgenden Thierbildungen immer mehr und mehr zu einem festen
Knochengerst aus, und je mehr die vollendet, um so mehr hllt die frher
in Steinmasse gleichsam eingehllte Muskelmasse nun den steinartigen Knochen
ein und erscheint jetzt umschlieend, wie frher umschlossen; was uerlich
war, ist nun innerlich; was nur innerlich war, ist nun uerlich;
vollkommenes Thier. Weiter spricht sich das groe Naturgesetz, das Gesetz des
Gleichgewichtes, besonders offen in der Thierwelt aus, d. i. das Gesetz, nach
welchem sich in jeder lebenden und lebendigen Gestalt eine beziehungsweise
bestimmte Gesammtheit von Kraft als inwohnend ausdrckt, und so auch fr
jeden Krper, ja fr jede Art seiner Theile wieder, eine beziehungsweise
bestimmte Menge von Stoff bedingt, und da, wenn dieser Stoff vorwaltend
nach einer Seite der Krper und Gliederbildung hin verwandt wird, dann ganz
in demselben Maae die Ausbildung des Krpers nach der andern Seite und
anderen Gliedern hin zurcktritt, und sich so ein Theil oder ein Glied des
Krpers auf Kosten des anderen ausbildet. So bildet sich bey den Fischen der
Krper auf Kosten seiner Glieder aus. Besonders klar und eindringlich
spricht sich die Gesetz aus, wenn der Mensch in dem Ebenmae seiner Bildung
als Vergleichspunkt festgesetzt wird, so als Beyspiel die Bildung des Armes
und der Hand des Menschen verglichen mit dem Flgel des Vogels, wo sich das
berwiegende und vorwaltende Ausbilden einzelner Glieder und Theile desselben
auf Kosten der andern bestimmt und anschaulich ausspricht. So erscheint alle
Mannigfalt.igkeit der Naturgestalten als bedingt durch eine, als das
Erzeugni einer Kraft durch alle Stufen ihrer Entfaltung und Ausbildung
hindurch; ursprnglich ist und erscheint sie als Einheit, spricht sich klar
und rein aus in dem vollendet selbstndig gewordenen Einzelleben, thut sich
aber als uere Erscheinung erst allseitig und nach und in jeder Beziehung
in aller Mannigfaltigkeit der Naturgestalten kund; denn die Kraft an sich
fordert die Mglichkeit der Darstellung aller Mannigfaltigkeit, die als eine
Gemeinsamkeit, als ein Lebganzes in ihr liegen; und so besttigt sich auch
hier die so groe als allgemeine Wahrheit, da nur in einer dreygeeinten
Darstellung: in Einheit, Einzelheit und Mannigfaltigkeit jedes sein Wesen
vollkommen und vollendet ausspricht. So besttigt sich wiederholend das
Entwickelungsgesetz des Festgestalteten vom Einzelseitigen zum Allseitigen,
vom Unvollkommenen zum Vollkommenen, als der Entwickelungsgang zu und fr
alle Naturvollkommenheit; so ist der Mensch das letzte und das vollkommenste
aller Erdenwesen, die letzte und die vollkommenste aller irdischen
Gestalten, in welcher nun alles Krperliche in hchstem Gleichgewichte und
Ebenmae, und die ursprnglich und uranfnglich im ewig Seienden ruhende und
daraus hervorgegangene Kraft hier nun auf der Stufe des Lebens und als
Geistigkeit erscheint, und so der Mensch selbst seine Kraft empfindet,
fhlt, sie versteht, vernimmt, sich derselben bewut werden kann und bewut
wird. Aber wie der Mensch als uerliche, krperliche Erscheinung sich im
Gleichgewichte und Ebenmae der Gestalt zeigt, so wogen und wallen, ihn auf
der Stufe der beginnenden Geistigkeit, ihn als geistiges Wesen betrachtet,
in ihm Begierden, Neigungen, Leidenschaften; wie in der Welt der
Festgestalten wirkende, in der Welt der Gewchse und Pflanzen lebende und in
der Thierwelt lebendige Krfte wgeten und wogten, so hier geistige Krfte.
Und nun steht der Mensch fr die Reihe der Entwickelung der Geistigkeit
wieder auf einer ersten, auf der ersten Stufe, auf welcher die Festgestalten
fr die Entwickelung des Lebens stehen; darum ist wieder die Kenntnis der
Gesetze des Wesens der Fest und so der Lebegestalten fr den Menschen, fr
Selbst und Anderererziehung, so beraus wichtig; darum ist die Kenntnis
ihres Wesens und ihrer Erscheinung lehrend, leitend, erhellend, trstend
usw. Und so soll darum dem Menschen, dem Knaben, dem Schler frhe die Natur
in aller ihrer Mannigfaltigkeit als Einheit, als groes, lebendiges,
gleichsam nur einen Gedanken Gottes darstellendes Ganzes, als eine
Lebensgestalt vorgefhrt werden. Wie die Natur in sich ein stetig, sich
allseitig und in jedem Punkte aus sich selbst wieder entwickelndes Ganzes
ist und als solches erscheint, so mu sie auch frhe dem Menschen
dargestellt werden. Ohne Einheit in der Naturthtigkeit, ohne Einheit fr die
Naturformen, ohne Erkenntni und Anschauung dieser Einheit, und ohne
Erkenntni und Anschauung der Ableitung aller Mannigfaltigkeit aus dieser
Einheit ist an gar keine chte Kenntnis der Naturmannigfaltigkeit, ist an
gar keine chte Naturgeschichte und somit auch an gar keinen dem Menschen
auch nur schon auf der Knabenstufe gengenden Unterricht zur Kunde der
Naturmannigfaltigkeit, der bisher nur als Name daseienden Naturgeschichte zu
denken. Diese Einheit ist es aber auch nur, was des Knaben Gemth frhe
sucht, was ihn, den Knaben, nur einzig befriedigt, sowie berhaupt nur den
menschlichen Geist an sich. Gehe mit dem chtes Leben in sich tragenden,
jungen Knaben in die Natur; fhre ihm Naturmannigfaltigkeiten vor: er wird
sogleich dich nach der hher liegenden, bedingenden, lebendigen Einheit
fragen; indem die niedergeschrieben wird, besttigen die immer
wiederkehrende Fragen kaum auf die Schlerstufc getretener, sich mit
Naturgegenstnden beschftigender Knaben. Alles zerstckte und zerstckende
Wesen der Naturbetrachtung, sehr verschieden von der zur Einheit und zur
Gesammtheit fhrenden Betrachtung des Einzelnen, ttet die Naturgegenstnde
und die Natur, wie den Menschen und den betrachtenden Menschengeist. Diese
wenigen Andeutungen zur Anschauung der Natur als eines Ganzen mssen hier
gengen; sie sollen auch den Vater, den Erzieher, den Lehrer nur dahin
leiten, seinen Schler, Zgling, Sohn zur Erkenntni und Anschauung der
Gleichgesetzigkeit der Natur in ihren verschiedenen Steigerungsstufen und
der Einheit in aller Mannigfaltigkeit hinzufhren, dahin zu fhren, die
Natur als ein Lebganzes anzuschauen; denn so wie hier der innere lebendige
Zusammenhang der Naturthtigkeit und der Naturgegenstnde ganz im allgemeinen
und nach einer Seite und Richtung hin angedeutet wurde, so mu die Natur
nach jeder Seite, Richtung und Thtigkeit hin dem Schler als ein gliedriges
und gegliedertes Ganzes vorgefhrt werden, da die Krfte, die Stoffe, die
Tne und Farben usw. wie die Formen und Gestalten ihre innere Einheit, ihren
lebendigen innern Zusammenhang in und unter sich und mit dem Ganzen haben;
auch sind ja alle in der Vollkommenheit ihrer Ausbildung von dem Einflusse
einer groen einenden Naturerscheinung, eines groen bestimmenden
Naturwesens, der Sonne, der Weckerin und Pflegerin alles irdischen Lebens,
abhngig; ja fast scheint es, als tten die Erdgestalten nur das Wesen des
Sonnenlichtes kund, o begierig wenden sich alle irdischen Gestalten zum
Sonnenstrahl und saugen das Sonnenlicht ein, hangen am Sonnenlicht und
Sonnenstrahle, wie das Kind an Auge und Lippen des liebend lehrenden Vaters,
der entwickelndkrftigenden Mutter, mit denen es gleichen Wesens ist; und
wie Gegenwart und Abwesenheit reiner Elternliebe, gebildeten Elterngeistes
auf die Entwickelung und Ausbildung der mit den Eltern eines Wesens seienden
Kinder wirkt, so wirkt Gegenwart und Abwesenheit des Sonnenlichtes auf die
Entwickelung und Ausbildung der irdischen Gestalten, gleichsam der Kinder der
Sonne und der Erde. Ueberdies spricht es uns ja auch eine genauere Kenntnis
des Sonnenstrahles und Sonnenlichtes aus, da in ihm Richtungen wirksam sind
gleich den Grundrichtungen aller irdischen Gestalten, und so mchten wohl
die Erdgestalten in ihrer Gesammtheit gleichsam uerlich, sichtbar und in
Mannigfaltigkeit das Wesen des Sonnenlichtes darlegen, was an der Sonne sich
als Einheit zeigt; und so fhrt sicher die Kenntnis des einen zur Kenntnis
des anderen.
So wandle Vater und Sohn, Erzieher und Zgling, Lehrer und
Schler, Eltern und Kind immer in einem groen lebendigen Naturganzen.
Vater, Lehrer, Kinderfhrer, antworte nicht: Davon wei ich selbst noch
nichts; das kenne ich selbst noch nicht.
Es ist auch hier keineswegs nur
vom Mitteilen schon besessener Kenntnisse die Rede, sondern vom Hervorrufen
neuer. Ihr sollt beobachten, zur Beobachtung fhren und euch und euerm
Pfleglinge das Beobachtete zum Bewutsein bringen. Es bedarf zur Erkenntni
des durchgreifend Gesetzmigen in der Natur, der Einheit derselben, keiner
besonderen Kunstbenennungen, weder der Naturgegenstnde noch deren
Eigenschaften, sondern nur reine, bestimmte, sichere Auffassung und
bestimmte Bezeichnung derselben nach dem Wesen der Sache und der Sprache. Es
ist bey Vorfhrung der Naturgegenstnde und ihrer Bekanntmachung an den
Knaben keineswegs von Mitteilung der Namen der Gegenstnde, noch von
Mitteilung vorgefater Meinungen und Ansichten, sondern nur von reiner
Vorfhrung ihrer selbst und Erkennen ihrer sich selbst darlegenden und
aussprechenden Eigenschaften, nur davon die Rede, da der Knabe diesen
Gegenstand als denjenigen bestimmten, in sich selbstndigen Gegenstand
betrachte, als den er sich durch sich selbst, durch seine Form usw. kundtut.
Auch das Wissen des dem Naturgegenstand schon frher gegebenen oder als
allgemein gltig anerkannten Namens ist gleichgltig; nur das klare
Anschauen und deutliche Erkennen, richtige Bezeichnen der Eigenschaften,
nicht allein der besonderen, auch der allgemeinen, das ist wichtig. Gib dem
Naturgegenstande entweder den ganz rtlichen Namen, oder weit du gar
keinen, so gib dem Naturgegenstande den Namen, den der Augenblick ihm selbst
gibt, oder was noch bey weitem besser ist, gib ihm einen umschreibenden,
wenn auch etwas langen Namen, so lange, bis du irgendwoher den allgemein
gltigen Namen bekommst; es wird auch bey diesem Streben gar nicht lange
anstehen, so wird dir der allgemein gltige und verstndliche Name bekannt
werden, um dein Wissen mit dem allgemeinen Wissen in Einigung zu setzen,
durch dasselbe zu lutern, zu ergnzen. Darum, Schullehrer auf dem Lande,
sage nicht: Ich habe keine Kenntnis der Naturgegenstnde, ich wei sie nicht
zu nennen. Bei weitem hhere und grndlichere, uere und innere Kenntnisse,
lebendigere Kenntnisse des Einzelnen und des Mannigfaltigen, als
gewhnliche, fr dich zugngliche und dir anzuschaffen mgliche Bcher dich
lehren, kannst du dir durch treue Naturbeobachtung, seist du auch der
einfachst gebildete Mann, erwerben. Ueberdies ruhen jene sogenannten hheren
Kenntnisse gewhnlich auf Erscheinungen und Wahrnehmungen, die der
einfachste Mann zu machen imstande ist, ja oft auf Beobachtungen, die dieser
mit wenig oder gar keinem Aufwande schner sieht, als das teuerste
Experiment sie zeigt, wenn er nur Augen zum Sehen immer bey sich habe. Dazu
soll er aber durch fortgehende Beobachtung sich selbst fhren; dazu soll er
sich besonders durch die ihn umgebende Jugend und Knabenwelt fhren und
leiten lassen. Vater, Mutter, sey nicht ngstlich, sprich nicht: Ich wei
selbst nichts, wie soll ich meine Kinder lehren; weit du nichts, das mag
sein, ist aber noch nicht das grere Uebel, wenn du nur etwas wissen willst;
weit du nichts, so mache es wie das Kind selbst, gehe zu Vater und Mutter,
werde mit dem Kinde Kind, dem Schler Schler und lasse dich mit ihm lehren
von der Mutter Natur und von dem Vater, dem Geiste Gottes in der Natur. Der
Geist Gottes und die Natur selbst werden dich leiten und fhren, wenn du
dich leiten und fhren lssest; sage nicht: Ich habe nicht studiert, ich
habe das nicht gelernt; wer lehrte es den ersteren, gehe wie dieser zur
Quelle. Einer der Zwecke der Hochschule ist nun zwar, sehend zu machen, das
innere Auge fr ueres und Inneres zu ffnen; doch wrde es traurig fr das
Menschengeschlecht sein, wenn nur die sehend wrden, sehend sein sollten,
welche die Hochschule besuchten, oder welche, wie du sagst, studierten.
Aber, wenn ihr Eltern frhe eure Knaben, wenn ihr Kinderfhrer frhe eure
Schler und Zglinge sehend, denkend macht, so werden dann auch die
Hochschulen wieder werden, was sie werden sollen und wollen: Schulen zur
Erkenntni der hchsten, geistigen Wahrheiten, Schulen zur Darstellung
derselben im eigenen Leben und Thun, Schulen der Weisheit. Von jedem Punkte,
jedem Gegenstande der Natur und des Lebens aus geht ein Weg zu Gott; halte
nur den Punkt fest und gehe den Weg sicher, lasse dir dabey die Ueberzeugung
Festigkeit geben, da die Natur nothwendig nicht nur einen uerlichen,
allgemeinen, sondern einen bis ins Kleinste hin zu erkennenden, innern,
lebendigen Grund haben mu, als hervorgegangen, bedingt und geschaffen von
einem Sein, Schpfer, Gott, hervorgegangen und bedingt nach dem in sich
selbst ruhenden, nothwendigen Gesetz des Ewigen im Zeitigen, des Geistigen im
Krperlichen; es mu darum nothwendig in dem Allgemeinen das Besondere und in
dem Besondern das Allgemeine zu erkennen sein. Siehe, die Erscheinungen der
Natur bilden eine schnere Leiter zum Himmel und vom Himmel zur Erde, als
Jakob sah, nicht eine einseitige, eine allseitige, nicht nach einer, nach
allen Richtungen hin; nicht im Traume siehst du sie; sie ist bleibend,
berall umgibt sie dich; sie ist schn, Blumen umranken sie und Engel
schauen mit ihren Kinderaugen daraus; sie ist fest, Festgestalten bildet sie
und auf einer Kristallwelt ruht sie; der gottbegeisterte Snger der Natur,
David, singt ihr Wesen. Suchst du in dieser Mannigfaltigkeit einen festen
Punkt, suchst du einen sichern Leiter: die Zahl ist ein solcher fester
Punkt, der Weg, den sie leitet, ist Sicher; denn sie ist bedingt durch die
uere Erscheinung der inneren Kraftrichtungen selbst, so thut sie am
unmittelbarsten mit dem, was von ihr abhngig, das innerste Wesen der Kraft
kund, nur bringe ein klares Knabenauge und einen einfachen Kindessinn und
ein solches Gemthe mit. Lasse dich selbst des Knaben Auge und des Knaben
Sinn leiten; denn schon kannst du ja zu deinem Troste wissen: halbe
Wahrheiten und falsche Vorstellungen duldet, ertrgt ein einfacher,
natrlicher Knabe nicht; gehe nur ihren Fragen still, sinnig und sinnend
nach, sie werden dich und sie lehren; denn sie kommen ia aus dem noch
kindlichen Menschengeist, und was ein Kind, ein Knabe, fragt; wird doch eine
Mutter, ein Vater, ein Mann beantworten knnen! Du sagst: Kinder und Knaben
fragen mehr, als Eltern und Mann beantworten knnen, und du hast recht;
entweder stehst du an der Grenze des Irdischen und der Pforte des
Gttlichen, und dann sprich es einfach aus, des Kindes und Knaben Gemth und
Geist wird sich beruhigt fhlen; oder du stehst an der Grenze nur deines
Wissens und Erkennens; auf diesen Fall scheue dich nicht, es auszusprechen,
nur hte dich zu sagen, als stndet ihr in diesem Falle an der Grenze der
menschlichen Einsicht berhaupt, die zerdrckt und verkrppelt den
menschlichen Geist, da es ihn doch nicht tten kann. Frage in diesen Fllen
dein Leben in dir, vergleiche es mit dem Leben auer dir und um dich, fhre
deinen Pflegling zu dieser Vergleichung und du und er, ihr werdet, sobald
eure Einsicht dazu gereift ist, die Beantwortung eurer Frage erhalten, ihr
werdet klar, nicht dunkeln, verworrenen und verwirrenden Sinnes, sondern wie
der menschliche Geist, die menschliche Vernunft es fordert, mit sicherem,
zweifellosem, innerm Auge es schauen, was ihr suchet, werdet Gott so in
seinen Werken klar schauen, da euer irdisches Sehnen dadurch befriedigt
wird, da ihr Frieden und Freudigkeit, Trost und Beistand, den ihr zur Zeit
der Noth bedrfet, in euerm Innern finden werdet. Einen festen Punkt und
einen sichern Leiter zur Erkenntni des innern Zusammenhangs aller
Mannigfaltigkeit in der Natur sucht der Mensch; was kann einen
unbezweifelbar sicherern und einenderen Anfangspunkt dafr geben, als was
gleichsam alle Mannigfaltigkeit in sich tragend, alle Mannigfaltigkeit aus
sich entwickelnd erscheint, was der sichtbare Ausdruck aller Gesetzmigkeit
und des Gesetzes an sich ist die Mathematik , die wegen dieser groen
erschpfenden Eigenschaft darum gleich vom Anfange an Erkenntnilehre,
Wissenschaft des Erkennens an sich Mathematik , genannt wurde. Und diesen
Rang, diesen Platz hat sie nicht nur durch Jahrtausende hindurch sich
behauptet, sondern sie ist gerade da, zu der Zeit, als sie desselben beraubt
werden sollte, mit einer aus dem Innern derselben hervorleuchtenden Glorie
hervorgetreten, deren sie sich bis dahin noch gar nicht erfreute. Aber was
ist es denn eigentlich, wodurch sich die Mathematik jenen hohen Rang nicht
nur verschafft, sondern auch erhalten, ja sich denselben verjngt hat; was
ist Mathematik ihrem Wesen, ihrer Entstehung, ihrer Wirkung nach? Sie ist
als Erscheinung der Innen und der Auenwelt dem Menschen und der Natur
gleich angehrig; als hervorgehend aus dem reinen Geiste, aus den reinen
Denkgesetzen desselben, ein sichtbarer Ausdruck derselben und des Denkens an
sich, findet sie die dadurch nothwendig bedingten Erscheinungen,
Verknpfungen, Formen und Gestalten auer sich, in der Auenwelt, schon vor,
treten diese ihr, als von ihr und von dem menschlichen Geiste und Denken
ganz unabhngig, in der Auenwelt, in der Natur entgegen. Der Mensch findet
so die Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer Formen und Gestalten, die auer
ihm und unabhngig von ihm sich in der Auenwelt der Natur gestalteten, in
seinem Innern, seinem Geiste, den Gesetzen seines Geistes und seines Denkens
wieder; die Mathematik erscheint so als Mensch und Natur, Innen und
Auenwelt, Denken und Wahrnehmen Einendes, Vermittelndes. Dieses groe
Geschft, dauernd so lange als Innen und Auenwelt, als Bedingendes und
Bedingtes bestehen wird; dieses einzig lohnende und dankbarste, seinen Lohn
und Dank in sich selbst tragende Geschft ist es, was seit Jahrtausenden, ja
fast seit dem Bestehen des Menschengeschlechtes selbst, der Mathematik ihr
Daseyn und ihre Anerkenntnis sicherte, ja wodurch sie eigentlich erst von
dem Christen in ihre wahren Rechte eingesetzt, wahrhaft als das erkannt
wurde, was sie ist; denn nur dem Christen, der den einen gttlichen Geist,
das Wirken, die Wirkungen des einen gttlichen Geistes in allen Dingen
erkennt, nur dem Christen war es darum mglich und vorbehalten, sie in ihrem
wahren Wesen zu wrdigen; denn nur der Christ kann die Einheit der von dem
reinen Geiste erzeugten Formen mit den Formen, Gestalten und Erscheinungen
in der Natur erklren; nur der kann sich den Zweifel lsen, ob die
Mathematik aus den Naturerscheinungen abgezogen, oder die Naturgegenstnde
nach menschlichen Denkgesetzen geformt worden, und so Natur und Auenwelt
selbst nur in den Gesetzen des menschlichen Denkens ihr Daseyn und Bestehen
habe. Denn lebt und wirkt nicht im Menschen und in der Natur derselbe einige
und ewige Gottesgeist; ist Mensch und Natur nicht hervorgegangen aus,
bedingt durch einen und denselben einigen Gott?
Mu darum in beyden, im
Geiste der Natur, in den Formen und Krftegesetzen derselben, und in dem
Geiste des Menschen und in den Gestaltungs und Denkgesetzen desselben nicht
nothwendig Einheit und Uebereinstimmung, mu in und zwischen beyden nicht
Gleichgesetzigkeit in sich und unter sich sein? Darum ist es mglich, die
Natur, das Wesen der Natur aus ihren Formen und Gestalten und durch die
uerlich gewordenen, gestalteten Gesetze des menschlichen Denkens, der
Mathematik, zu erkennen, darum das Vermittelnde, Einende, Erkenntni
Erzeugende, durch sich selbst unmittelbar Erkenntni Bedingende der
Mathematik. Darum ist sie auch weder ein Totes, in sich Abgeschlossenes,
noch eine bestimmte Mehrzahl, Summe uerlich aneinandergereihter, einzelner
wie einzeln und zufllig gefundener Formen und Wahrheiten; sondern sie ist
ein lebendiges ununterbrochen sich neu wieder aus sich selbst gestaltendes,
sich mit der Entwickelung des Denkens und des menschlichen Geistes in
Hinsicht auf Einheit und Mannigfaltigkeit und Erkennen und Anschauen im
einzelnsten fortentwickelndes Ganzes; denn sie ist der sichtbare Abdruck des
Denkens im Menschen, ist der Ausdruck der Gesetzmigkeit des reinen
Geistigen an sich, ist darum in dieser Beziehung ein Lebganzes in sich, ein
Erzeugni der Nothwendigkeit und Freyheit. Die Mathematik ist darum auch
weder dem wirklichen Leben etwas Fremdes, noch aus demselben erst
Abgezogenes; sie ist der Ausdruck des Lebens an sich, und darum ist ihr
Wesen im Leben und durch sie das Leben erkennbar.
Wie das Denken und die
Denkgesetze selbst von der Einheit zur Mannigfaltigkeit, Allseitigkeit
bergehen und sich bey allem scheinbaren Ausgehen von einer Mannigfaltigkeit
(uerem) doch immer auf eine im Fernen oder Dunkeln liegende Einheit
(ursprnglich Inneres) zurckbeziehen, so geht auch die Mathematik nothwendig
von der Einheit zur Mannigfaltigkeit, Allseitigkeit, ber; und wenn sie auch
uerlich und scheinbar von der Einzelheit und Mannigfaltigkeit ausgeht, so
liegt doch allen ihren Betrachtungen usw. immer eine nothwendige innere
Einheit zugrunde. Alle mathematischen Formen und Gestalten mssen darum als
von den in der Kugel und dem Runde liegenden, bedingenden Gesetzen
hervorgehend und bedingt angeschaut und darauf als zur Einheit zurckbezogen
und betrachtet werden, die Kugel selbst aber als ein aus Einheit mit
selbstthtiger eigener Kraft Hervorgegangenes. Die mathematischen Formen und
Figuren drfen darum nicht betrachtet werden als nach uerlichen,
willkrlichen Bestimmungen zusammengesetzt, sondern als nach nothwendigen,
innern Bedingungen entstanden, als Erzeugni einer selbstthtigen und darum
ursprnglich von einer Mitte aus allseitigen Kraft, und so nicht als unter
und in sich getrennt, sondern als in ihrem nothwendigen innern Zusammenhang,
und schon in dem ersten Unterricht, auch von der Einzelheit, der
Mannigfaltigkeit ausgehend, mu immer auf diese sich berall wie die Seele
sich durchziehende bedingende Einheit zurckbezogen werden. Die Mathematik
ist der Ausdruck des Raumbedingenden und so der Bedingungen und
Eigenschaften des Rumlichen; wie ihr Grund Einheit ist, so ist sie Einheit
in sich, und wie mit dem Raume zugleich Mannigfaltigkeit der Richtungen,
Gestalt, Ausdehnung gegeben sind, so ist auch Zahl, Form und Gre eine in
sich geschlossene, sich gegenseitig bedingende, eigentlich rein
unzertrennliche Drei in Einheit. Da aber Zahl der Ausdruck der
Mannigfaltigkeit an sich und eigentlich der Ausdruck des die
Mannigfaltigkeit Bedingenden, also der Kraftrichtungen, und so keineswegs
ein durch todtes ueres Hinzufgen, sondern nach innern lebendigen Gesetzen,
die ihren Grund im Wesen der Kraft haben, Entstandenes ist, Gre und Form
aber nur durch Mannigfaltigkeit erklrt werden kann, so ist die Zahl, die
Kenntnis der Zahl das Wesentlichste und Erste zur Kenntnis des dreygeeinten
Ganzen. Die Zahlenkunde ist daher die Grundlage der Formen und Grenkunde,
der allgemeinen Raumkunde. Der Raum selbst ist aber keineswegs ein Totes,
Ruhendes, Stehendes, sondern ein nur durch die stete Wirkung der im Sein an
sich bedingten Kraft Bestehendes. Und so wie der Raum selbst dem Grunde und
Grundgesetze alles Daseienden sein Daseyn verdankt, in demselben bedingt
ist, so liegen die allgemeinen Gesetze des Raumes selbst jeder rumlichen
Einzelerscheinung und jedem unter rumlicher Form Anzuschauenden, jedem sich
im Raume und durch Raum Kundtuenden, also selbst den Denkgesetzen und ihrem
Erkennen zugrunde.
Die Mathematik mu bey weitem mehr physikalisch und
dynamisch, als Natur und Krafterzeugnis behandelt und beachtet werden; dann
wird sie auch noch bey weitem belehrender und ersprielicher nicht allein
zur Erkenntni der Natur, und hier besonders auch des Chemischen
(Stoffigen), sondern auch zur Erkenntni der Wirkung und des Wesens des
Geistigen, der Denk und Empfindungsgesetze des Menschen sein, als man jetzt
schon ahnet; besonders fhrt dahin alles Krummlinige, Kuglige usw. der
Mathematik. Menschenerziehung ohne Mathematik und wenigstens ohne grndliche
Zahlenkunde an die sich dann die Kunde der Form und Gre als nothwendige
Bedingung wohl notdrftig durch gelegentliche Aneignung anschliet ist
darum ein haltloses Stck und Flickwerk und setzt der Bildung und der
Entwickelung, zu welcher der Mensch und die Menschheit bestimmt und berufen
ist, unbersteigbare Grenzen, die aber der Mensch dann, da er sich von
seiner strebenden Natur und strebendem Geiste nicht lossagen kann, entweder
zu berschwrmen, oder des fruchtlosen geistigen Drngens und Strebens mde,
sich in sich selbst, seine Krfte zu lhmen sucht; denn Menschengeist und
Mathematik sind so unzertrennlich, als Menschengemt und Religion. Was ist
nun aber Sprache, und in welchem Verhltnisse steht sie, das Dritte von dem,
was gleichsam die Angelpunkte des Knaben und berhaupt des Menschenlebens
sind, zu den beyden andern. Ueberall, wo wahrer innerer Zusammenhang, wahre
innere lebendige Wechselwirkung stattfindet und sich ausspricht, spricht
sich auch sogleich unmittelbar ein Verhltnis aus gleich dem in sich einen
und einigen der Einheit, Einzelheit und Mannigfaltigkeit, so auch hier
zwischen Religion, Natur und Sprache. In der Religion tritt vorwaltend die
Forderung des Gemthes, des sich auf die Einheit Beziehenden im Menschen auf
und sucht Erfllung seiner Ahnungen; in der Naturbetrachtung und der ihre
Erkenntni vermittelnden Mathematik tritt vorwaltend die Forderung des
Verstandes des sich auf die Einzelheit Beziehenden im Menschen auf und sucht
Gewiheit; in der Sprache tritt vorwaltend die Forderung der Vernunft, des
sich auf die Mannigfaltigkeit Beziehenden, alle Mannigfaltigkeit Einenden im
Menschen auf und sucht Befriedigung. Religion, Leben im Gemthe nach der
Forderung des Gemthes, Finden und Fhlen des Einen in allem, Natur, Erkennen
der Einzelheiten in der Natur an sich und in ihrem Verhltnisse
untereinander und zum Ganzen, Suchen nach der Forderung des Verstandes, und
Sprache, Darstellung der Einheit aller Mannigfaltigkeit, des innern
lebendigen Zusammenhangs aller Dinge, Streben nach der Forderung der
Vernunft; diese drey sind darum ein unzertrennliches Ein, eine reine Eins,
und die einseitige, abgerissene und zusammenhangslose Ausbildung des einen
ohne das andere bewirkt nothwendig Einseitigkeit und somit zuletzt
Vernichtung, wenigstens Zerstrung des Einen menschlichen Wesens. Religion
strebt das Sein kundzuthun und thut es kund; Natur strebt das Wesen der Kraft,
den Grund des Wirkens derselben, und dieses Wirken selbst kundzuthun; Sprache
strebt das Leben als solches und als ein Ganzes kundzuthun, zu offenbaren und
offenbart es als solches. Religion, Natur (Mathematik ist gleichsam die
Natur ihrer Anlage, ihren Gesetzen, Bedingungen nach, im Menschen; ist die
Natur, wie sie ihren nothwendigen Bedingungen nach schlechthin im Geiste des
Menschen liegt und liegen mu, ohne welches sonst auch die Natur gar nicht
vom Menschen erkannt werden knnte, darum aber auch vom Menschen selbst
vollstndiger und einiger erkannt werden kann, als sie als uere
Erscheinung wirklich da ist) Religion, Natur (Mathematik) und Sprache
haben alle drey in all ihren mannigfachen Beziehungen das eine gleiche
Geschft und Streben: Inneres, das Innerste an sich kundzuthun, zu
offenbaren: Innerliches, das Innerste uerlich, uerliches innerlich zu
machen und beydes: Innerstes und uerstes in ihrem natrlichen,
ursprnglichen, nothwendigen Einklange und Zusammenhange zu zeigen. Was daher
von einem dieser drey zu sagen ist, mu nothwendig, nur in eigenthmlicherer
Weise, auch von jedem der beyden andern zu sagen sein; was dehalb in dem
Bisherigen hier von Religion und Natur (mit Mathematik) gesagt wurde, mu,
wenn es anders an sich, in sich vollendet wahr war und ist, nothwendig, nur
in der durch das Einzelwesen der Sprache bedingten Eigentmlichkeit, auch
von dieser zu sagen sein, und so ist es. Darum begegnen wir aber auch im
Leben zum grten Trauern der einigen und ungetrennten Menschheit und als
grtes Hindernis ihrer mglichen Aus und Fortbildung, dem Wahne, da Eines
ohne das Andere in sich und durch sich selbst bestehen, sich in sich selbst
fortbilden und zur Stufe der Vollendung in ihrer Ausbildung und Entwickelung
sich erheben knne: die Sprache ohne Religion und Natur (Mathematik), die
Religion ohne Sprache und Natur (Mathematik), die Naturkunde (Mathematik)
ohne Sprachkunde und Religion. Aber so gewi als es nothwendig war, da Gott,
da er sich vollendet und zweyfellos in der Gesammtheit seines Wesens kundthun
und offenbaren wollte, sich darum auch in dreyeiniger Weise kundthun und
offenbaren mute; so gewi ist auch Religion, Natur (Mathematik) und Sprache
eine in sich ungetrennte Eins. Die vollendete Kunde von und die feste
Sicherheit in dem einen bedingt und fordert nothwendig auch die vollendete
Kunde des andern und im andern; das wahre Erkennen und Bewutsein in dem
einen und von dem einen bedingt und fordert nothwendig auch das wahre
Erkennen in und von dem andern. Da nun der Mensch zum sichern, klaren
Erkennen, Schauen und zum vollendeten Bewutwerden bestimmt ist, so fordert
auch Menschenerziehung nothwendig die Wrdigung und Erkenntni der Religion,
Ntur (Mathematik) und Sprache in ihrer innigen lebendigen Wechselbeziehung
und Bedingung. Ohne die Erkenntni und Anerkenntnis der innigen Einigung
dieser drey verliert sich die Schule und wir uns selbst in das sich endlos
aus sich selbst erzeugende Mannigfaltige, in das Bodenlose. So das Wesen der
Sprache und ihr Verhltnis zum Menschen und dessen Erziehung. Wie thut nun
die Sprache an sich und durch sich die ihr Wesen kund und besttigt sie es?
Die selbstthtige Darlegung und Darstellung des eigenen Innern am uern und
durch uerlich Gewordenes heit im allgemeinen Sprache; die bezeichnet
auch das Wort sprechen, sprechen, gleichsam sich selbst brechen, sich in
sich selbst gliedern, trennen, teilen, wie auch das Brechen einer Sache das
Innere, Innerste dieser Sache kundtut. Wie das Aufbrechen der Knospe einer
Blume das Innere und Innerste dieser Blume kundtut und offenbar macht, so
tut der, welcher spricht, der Sprechende, sein Inneres selbstthtig kund; so
tut Sprache selbst das Innere am uern kund und ist darum Darstellung,
Darlegung des Innern am uern. Das Innerste des Menschen aber ist ein
stetig sich Bewegendes, Lebendiges, ist Leben, also mssen nothwendig auch
die Eigenschaften und Erscheinungen des Lebens durch die menschliche Ton
und Wortsprache sich kundthun. Darum mu die vollkommene Menschensprache als
eine stetige, mit dem Wesen und Innern des Menschen verknpfte Darstellung
desselben sich am beweglichsten und durch leichteste Bewegung bis ins
Kleinste hin kundthun und so nothwendig hrbar sein. Die Sprache mu gleichsam
der Mensch in seiner Ganzheit selbst, nur, um sich allseitig und stetig
kundzuthun, in hchster Beweglichkeit sein. Der Mensch in seiner Ganzheit und
als Naturerscheinung trgt aber auch das Wesen der Natur ganz in sich,
folglich thut sich in der Sprache, wie das Wesen des Menschen, so auch das
Gesammtwesen der Natur kund. Die Sprache ist sonach Abbildung der gesammten
Innen und Auenwelt des Menschen. Das Innere des Menschen ist aber wie das
Innere der Natur, Gesetz, ist Nothwendigkeit, ist Geist, ist ewig, ist
Gttliches, erscheinend am uern und durch ueres; so mu also auch die
Sprache das Gesetz, die Gesetzmigkeit, in, an und durch sich selbst
kundthun; es mu die Sprache der Ausdruck nothwendiger Gesetzmigkeit sein;
die Gesammtgesetze der Innen und Auenwelt im ganzen und einzelnen mssen
sich darum in der Sprache darlegen, in ihr selbst als solche liegen, und so
ist es. Die Sprache ist wie die Mathematik doppelseitiger Natur, zugleich
der Innen- und Auenwelt angehrig. Die Sprache als Selbsterzeugnis des
Menschen geht so unmittelbar aus dem Menschengeiste hervor, ist Darstellung
und Ausdruck des menschlichen Geistes, wie die Natur Darstellung und
Ausdruck des Gottesgeistes ist. Die Uebereinstimmung der Sprache als
Selbsterzeugnis und der Sprache als Naturnachahmung, welche die Frage
veranlat, ob die Sprache ein reines Erzeugni des Geistes oder ein
nachahmendes der Natur sei, diese und eine andere Frage und Meinung hat
darin ihren Grund: da in allem ein und derselbe gttliche Geist wohnt, in
allem dieselben geistigen, gttlichen Gesetze wirken, hat darin ihren Grund,
da Natur und Menschengeist an sich ein Geist, da Natur und Mensch einen
Grund und Quelle ihres Daseyns Gott haben. Und so wie demnach die Sprache
Darstellung des Menschen und der Natur und somit des Geistes Gottes ist, so
geht auch aus der Sprache Kenntnis der Natur und des Menschen und somit
Offenbarung Gottes hervor. Ja die Sprache ist, von der Seite der
Naturbetrachtung aus, sich selbst Darstellung der zum Leben gesteigerten
Kraft; von Seiten des Menschen ist sie sich selbst Darstellung des sich
bewut werdenden Menschengeistes. Die Sprache ist darum nothwendig in dem
Wesen des Menschen, als eines sich bewut werdenden, zum Bewutsein
bestimmten Geistes, bedingt und eine unzertrennliche Eins mit demselben.
Wegen der in dem Wesen der Sprache bedingten Doppelnatur, des Vermittelnden
und Verknpfenden derselben, mssen ihr sowohl mathematische als auch
physikalische Eigenschaften, Eigenschaften des Lebens und der Bewegung eigen
sein. Darum drckt auch die Sprache nothwendig in ihren letzten
Wortbestandteilen: in ihren Tnen, Lauten, Schlssen und den sie
bezeichnenden Buchstaben, nicht nur die allgemeinen, die Grundbeziehungen
und Grundeigenschaften der Natur, sondern auch die Wirkungen und uerungen
des Geistigen aus. So unvollstndig und mangelhaft nun auch immer das sein
mag, was bis jetzt schon von und in der uern Erfahrung dafr
hervorgefrdert und darum auch dafr bis jetzt noch aufzustellen ist, so
geht doch daraus schon klar das innere Leben hervor, welches die Sprache bis
in ihre feinsten Fasern hin in sich trgt, und welches sie zu einem
vollkommenen Lebganzen macht; und es lt sich ohngeachtet dieser
Unvollstndig und Mangelhaftigkeit der Versuche und Thatsachen im einzelnen
die innere Ueberzeugung dennoch gar nicht zurckdrngen, vielmehr tritt ihr
auf jedem Schritte innerhalb des Sprachganzen Besttigendes entgegen: da in
jeder Sprache, fr uns aber zunchst in unserer Muttersprache, sich in den
Wortbestandteilen: Tnen, Lauten, Schlssen und deren Zeichen, den
Buchstaben und ihren verschiedenen Vereinigungen, sehr klare, feste und
bestimmte, von innerer Nothwendigkeit bedingte, mathematische, physikalische,
physischpsychische (Natur und Geistes) Gesetze aussprechen; die
Ueberzeugung, da die Darstellung eines bestimmten Gegenstandes oder
Begriffes durchs Wort, von einer bestimmten Seite angeschaut und erkannt,
nothwendig diese bestimmten und nur ausschlieend diese und keine anderen
Wortbestandteile (Buchstaben) fordert, so da jedes Einzelwort so ein
nothwendig bestimmtes Erzeugni gewisser einzelner Wortbestandteile ist, wie
jedes einzelne Stofferzeugnis, jedes chemische Produkt nur durch bestimmte
Einzelstoffe oder, was gleich ist, durch bestimmte Einzelkrfte bedingt ist.
Anders ausgedrckt, die Wortbestandteile in ihren verschiedenen Einigungen
stellen die Gegenstnde der Natur, die Gestalten des Geistes und deren
Verhltnisse, ihrem innersten Wesen und der persnlichen oder
landschaftlichen usw. Auffassung nach, abbildlich dar. Bei nur einiger
gewonnenen Aufmerksamkeit auf die berall in der natrlichen wie geistigen,
physischen wie psychischen Welt sich aussprechenden Gesetzmigkeit lt
sich diese Gesetzmigkeit in der einzelnen Wrterbildung unserer Sprache
schlechterdings nicht zurckdrngen; ja die innere Gesetzmigkeit und
gleichsam Lebendigkeit der Wrterbildung zunchst unserer deutschen Sprache
ist fr den von dem innern Leben, der innern Einheit derselben lebendig
Durchdrungenen zweyfellos, ob sich gleich im einzelnen, besonders durch die
todte Schrift, noch wenig darber aussprechen lt. Wohl knnte dies
abhalten, fr diese Gesetzmigkeit, fr die Wahrheit und Anerkennung dieser
Sprachgesetzmigkeit zu reden; allein er sieht sich hier in dem Fall des
nicht tonknstlerisch gebildeten Musikliebhabers: berall spricht sich in
diesem in der groen musikalischen Auffhrung, bey aller Freyheit,
Nothwendigkeit und Gesetzmigkeit aus, ob er gleich selbst nur wenig von
jenen Tongesetzen herausheben und darlegen, noch weniger nach jenen
Tongesetzen selbst noch das geringste setzen kann; ja der ganz Ungebildete
hrt jene Musik, freut sich derselben, ohne selbst nur vom Gesetz etwas zu
ahnen, und hchstens das rohe Taktische ist es, was er festzuhalten imstande
ist. Etwas ganz Gleiches und hnliches lt sich von dem Eindrucke der
Formen, Farben, von den Stoffen und den Krften sagen: wir sehen uns von
deren Mannigfaltigkeit und ihren verschiedenen Wirkungen auf uns und andere
Menschen umgeben, ohne kaum ihre Einheit und Gesetzmigkeit in sich und
unter sich zu ahnen, noch weniger sie einzusehen; sind diese Gesetze aber
darum, weil sie nicht geahnet, nicht erkannt und noch weniger eingesehen
werden, weniger da? so geht es uns auch mit unserer Muttersprache und
deren feineren Gesetzen ihrer Wrterbildung. So geht es uns auch mit unserer
Muttersprache: weil wir uns, vom ersten Augenblick unseres Selbstwissens,
sie sprechend finden, so erscheint sie uns wie ein Getn, hchstens, in
Beziehung auf ihre sichtbaren Einzelwrter und Wortstmme, wie eine Sammlung
bunter Steine und schner Pflanzen, aus welchen man Strue winden und
verschiedenartiges Geschmeide bilden kann; aber die Wrter in ihren
Uranfngen, sogenannten Stmmen, erscheinen als sich nun einmal vorfindendes
Material, wie es sich nun soeben vorfindet, ohne selbst einem hheren
Erzeugnigrunde unterworfen zu sein. Doch wie aus Grundtnen Tonganze, aus
Grundstoffen Stoffganze und wie aus Grundrichtungen der Krfte Gestalten
hervorgehen, so gehen in der Sprache die Wrter als Abbilder von
Gegenstnden, als Darstellungen von Begriffen so hervor, da sie
Grundbegriffe, Begriffsganze bilden. Die Bestandteile der Wrter (sichtbar
die Buchstaben) sind darum keineswegs etwas Totes, durch deren willkrliche
oder zufllige Zusammenordnung Wrter entstehen; sondern sie bezeichnen
ursprnglich und nothwendig mathematischphysikalischpsychische
Grundbegriffe, also etwas Bedeutung in sich selbst Tragendes, nach nothwendig
gesetzmiger Zusammenordnung das Wort bildend, und zwar so: jeder
Gegenstand, Sache, Eigenschaft, Verhltnis usw. erscheint als ein
Begriffsganzes, aber als das Erzeugni gewisser Einzelgrundbegriffe, durch
deren innige gegenseitige Durchdringung das Ganze, das Wort sich bildet.
Hren wir z. B. nacheinander die Wrter: frisch, frech, froh, Frucht, frei,
Freund, Frau, Freude, frh, frank ; so haben diese Einzelwrter als einzelne
Begriffsganze einen in allen durchgehenden Grundbegriff: es ist eine sich in
uerer regsamen Mannigfaltigkeit kundtuende Geistigkeit, und die Sprache
sucht dieses durch fr zu bezeichnen. Hren wir dagegen: flieh, Flamme,
Flei, Floh, Flor, Flu, flau, flieht, Flut, Flucht, Fluch, flink; so haben
zwar alle diese Wrter auch den Ausdruck einer Geistigkeit; aber keineswegs
in der krftigen, lebendigen, uern Regsamkeit, wie sie sich in den vorher
angefhrten Wrtern aussprach; sondern vielmehr wie die Begriffe jener
Wrter alle krftig ins uerliche Leben heraustreten: so bezeichnen die
Begriffe dieser Wrter alle mehr ein innerliches Leben, eine innerliche,
stetige Thtigkeit, wie dort mehr eine Gesammtheit einzelner Thtigkeiten. Dort
war das Sprachgemeinsame fr, hier ist das Sprachgemeinsame fl; beyde haben
die durch f bezeichnete Geistigkeit gemein; den Unterschied des sich dort
mehr aussprechenden ueren, einzelnen Lebens mu darum die Sprache mit r,
so hier den Ausdruck des mehr innern, stetigen Lebens durch l bezeichnen.
Hren wir ferner die Wrter: wund, und dagegen: Wand, Bund, und dagegen:
Band, kund, und dagegen: kannt, rund, und dagegen: Rand, Fund, und dagegen:
fand, Hund, und dagegen: Hand, Sund, und dagegen: Sand, Lunte, und dagegen:
Land, Mund, und dagegen: Kante, bunt, und dagegen: Brand, Trunk, und
dagegen: Trank, Lust, und dagegen: Last, Mut, und dagegen: matt; so drckt
sich in den Wrtern der ersteren Reihe ein innerliches Wesen, in den Wrtern
der zweyten Reihe aber durchweg eine uerlichkeit aus; da nun in beyden
Reihen das durchgreifend Sprachverschiedene u und a ist, so mu die Sprache
durch u mehr das Innere, das Wesen, und durch a mehr das uere bezeichnen.
Daraus geht auch hervor, da der Reim, die Einheit des uerlich
Mannigfaltigen, einen tiefen, innern Grund hat. Hren wir weiter die Wrter:
Knall, kochen, Kerbe, Krach, kund, Kahn, Kraft, Kind, Kette, Knicks, Knabe,
Kitt, Knoten, Keil, Kummer, Kampf , Kante, Krebs , Kopf, Kern, Knecht,
Kugel, Keim, Knopf, Knochen, Korn, Krampf, klettern, klammern, klimmen,
kriechen, kehren. klatschen: so haben alle diese Wrter das Gemeinsame
einer selbstthtigen, gleichsam sich in sich selbst stmmenden Kraft, welches
Begriffsgemeinsame die Sprache durch den gemeinsamen Wortbestandteil k
auszudrcken und zu bezeichnen bemht ist. So unvollstndig und bey weitem
hin noch unzulnglich auch das ist und sein mag, was eine gelegentliche und
oft lang unterbrochene Sprachbeobachtung bis jetzt noch als durchgehende
Erscheinung und Gesetz erkannt hat, so stehe es doch hier, um wenigstens im
allgemeinen die Gesetzmigkeit anzudeuten, welche zunchst unsere
Muttersprache auch von dieser Seite der Betrachtung zeigt. Zwar scheint es,
als knne eine unvollstndige Darlegung der Ergebnisse dieser Seite der
Sprachbetrachtung der wahren Wrdigung derselben schaden; doch ist diese
Sprachansicht zu tief in dem Wesen der Sprache begrndet und zu wichtig zur
Menschenentwicklung, zum Selbstbewutwerden und zur Erkenntni der Auenwelt
selbst, da sie nur angedeutet und in einigem Zusammenhange gezeigt werden
darf, um sich in sich selbst weiter aus und fortzubilden und zu besttigen.
Auch wird sie selbst fr den Zweck der Erziehung und des Unterrichtes spter
noch allseitig begrndet durchgefhrt werden, indem von ihr aus nicht nur
wahre Wrdigung des Landschaftlichen, der Mundart und das innere Verhltnis
desselben unter sich und zur reinen Volkssprache, sondern besonders die
Sprache in ihrem innigsten Verhltnis zur Natur und zum Menschengeiste und
in einer gewissen Beziehung die Gleichgesetzigkeit mit beyden erkannt werden
kann. Zuerst mu die Sprache nothwendig, als Abbild etwas rumlich oder
geistig Gestalteten und als Grundeigenschaft desselben, Inneres, ueres und
Mittleres, Vermittelndes ausdrcken; und zwar drckt die Sprache im
allgemeinen das Innere durch die Tne, das uere durch die Schlsse und das
Vermittelnde durch die Laute aus. Diese drey Grundbestandteile der Sprache
verhalten sich nothwendig zueinander wie Einheit, Einzelheit und
Mannigfaltigkeit. Da aber der Gegensatz von Innerem und uerem, so wie
berhaupt alle Gegenstze nur beziehungsweise da sind, so zerfllt das
Innere selbst wieder in sich in ein Innerstes, Wesen, und in eine Form der
Erscheinung. Von unserer Muttersprache, der deutschen, lt sich im
allgemeinen und schon nach einer, wenn auch nur oberflchlichen Beachtung
mit Sicherheit aussprechen: da innerhalb des Gebietes der deutschen
Sprachtne der Ton ~ den Begriff, Wesen, Inhalt bezeichne, z. B. gut, Mut,
Brust, rund, Bund, Kunde; der Ton e das eigentliche Leben, z. B. leben,
schweben, kennen, See, regen, eben; der Ton a bezeichnet den Begriff des
Rumlichen, z. B. Wand, Band, Last, Ware, Maa, Gabe, Habe; der Ton i die
Mitte, z. B. Mitte, Sitz, Sinn, in, Spitze, Ri; der Ton o das vllig in
sich Abgeschlossene, Vollendete, z. B. Ton, voll, Mond, Sonne, Wonne, Kopf;
der Ton au die uerliche Mannigfaltigkeit, z. B. Tau, braun, Schaum, Baum,
das alle Mannigfaltigkeit in sich aufnehmende Auge; der Ton eu die innere
Mannigfaltigkeit des Lebens, die Mannigfaltigkeit der innern Bewegung, der
innern Thtigkeit, z. B. Leute, Reue, Scheu, Spreu, deuten; der Ton ei die
in sich geschlossene Lebenseinheit, das Leben in Einheit der Erscheinung, z.
B. das Ei, ein, Keim, sein, rein, Reim.
Die Bedeutung der deutschen
Sprachtne spricht sich bestimmt in den verschiedenen Wrtern eines Stammes
aus, z. B. sprechen sprach Spruch gesprochen sprich; brechen brach
Bruch gebrochen brich; werden ward wurde (Wurzel) geworden
(Wort) wird. Die Nebentne, auch Umlaute genannt, , , , bezeichnen
immer eine grere Belebung, Vergeistigung dessen, was der Grundton
bezeichnet, z. B. Saft, die Sfte; Sohn, die Shne; Holz, die Hlzer; das
Gut, die Gter; gut, die Gte. Innerhalb des Gebietes der deutschen
Sprachlaute bezeichnet r den Begriff des uern und I den der innern
Bewegung, z. B. renken, lenken; Ranken, langen, raufen, laufen; wirr, Wille;
Werre, Welle; scharren, schallen.
Der Laut m bezeichnet den Begriff des
ueren Stoffes und z den der Wirklichkeit, z. B. Mahl, Mehl, Milch, Zaum,
im, am, Raum, Reim; ein, in, rein, Sinn, Rinne. Der Laut s bezeichnet den
Begriff des InsichselbstZurckkehrens, gleichsam das sich Berhren in
seinen Enden, z B. sich, selbst, Seele, sei, Saum, Sinn.
Der Laut
bezeichnet den Begriff der Berhrung der Sache, der Flche, dem Stoffe nach,
z. B. Fa, Maa, Ha, Fra.
Der Laut sch bezeichnet den Begriff der
Berhrung innerhalb seiner Theile, z. B. mischen, die Masche, waschen,
Schaum, Schein.
Der Laut z bezeichnet den Begriff der Spaltung, Trennung
z. B. zwey, Zank, Zange, Zaun, zeugen, Zug.
Der Laut ch bezeichnet den
Begriff des Hindurchdringens durch ein mehr uerliches und so des Hohlen,
und der Laut g des mehr innerlichen Fortbewegens, z. B. Loch, durch, Fluch,
Schlauch, Lauch, Fach; Weg, Regen, Sage, biegen, Flug, wagen.
Der Laut h
bezeichnet den Begriff des allgemein verbreiteten geistigen Lebens, z. B.
Hauch, Herz, Huld, hin, her, Held.
Der Laut f bezeichnet den Begriff des
als Einzelerscheinung uerlich hervorstrmenden, gestalteten, und der Laut
w den des innerlich durchstrmenden, durchdringenden, wirkenden Lebens, z.
B. frisch, Falte, fein, Feind, Freund, feil; Wein, Wonne, Wille, Wrde,
Wert, Wort. Wie bey den Lauten immer zwey gleichartige einander so
gegenberstehen, da der eine sich mehr auf das Innere, der andere sich mehr
auf das uere derselben Begriffsbezeichnung bezieht, so findet ein ganz
Gleiches auch bey den Schlssen statt: d und t, b und p, g und k stehen
einander wie Inneres und ueres gegenber.
d und t bezeichnen den Begriff
des Daseyns, und darum des Festen, Begrenzten und Grenzenden, z. B. da,
dort, tot, that, Dach, Feld, Wand, Wind, Tritt, Zeit. ~ und p bezeichnen
den Begriff des Umschlieens, des Zusammenfassens, z. B. Buch, Bach, Becher,
Becken, Berg, Band, Leib, Baum, Platte, plump, packen.
g und k bezeichnen
den Begriff der selbstthtigen Kraft, der Selbstthtigkeit, g mehr innerlich,
k mehr hervortretend, z. B. Gabe, gern, Gott, gut, Gatte, glimmen, Gnade,
Glaube, gleich; Kampf, Kraft, Korn Kern, Keim, Keil, Knall, klimmen. Noch
tritt eine wesentliche Erscheinung zunchst in der deutschen Sprache
entgegen, diese, da die Wortbestandteile, welche gleichsam den Leib, den
Krper der Wrter ausmachen, die Laute und Schlsse, nach ihrer
entgegengesetzten Stellung auch das Entgegengesetzte ihres Grundbegriffs
bezeichnen z. B. n ei, ein, nein; ich, icht, nicht; jemand, niemand; r uh,
uhr, ruh; k Knie Wink; dumm, Mut; Damm, matt; Grube, Burg; Ton, Nothe; faul,
lauf; Leib, Beil; z er, erz, zer; zehr, Herz. Aus diesem hier Angedeuteten
geht sowohl die hohe Wichtigkeit der Sprachreinheit hervor, als auch, da
sie nicht auf eine willkrliche, uerliche Weise zu erringen ist; auch geht
daraus zugleich die wahre Bedeutung der Mundarten und die Wichtigkeit ihrer
Betrachtung hervor. Da es hier nun keinesweges darum zu thun war und ist,
diese Sprachgesetze in ein System zu bringen, sondern nur darum, da der
Knabe frhe auf diese Sprachgesetze aufmerksam gemacht werde, wo er dann
durch seinen ungetrbten Sinn wohl bald mehr findet, als hier schon
angedeutet worden, so mu das Ausgesprochene gengen, um auf die
mathematischen, physischen und psychischen Eigenschaften der Sprache,
wodurch sie recht eigentlich ein Abbild der Innen und Auenwelt wird,
aufmerksam zu machen. Diese Spracheigenschaften sind zwar zunchst in
unserer lebendigen Muttersprache in ihrem Leben anzuschauen und zu erkennen,
doch gehren sie keineswegs unserer deutschen Sprache nur allein an, sondern
sie finden sich auch in dem dem Deutschen verwandten Griechischen und
Lateinischen auf die jeder dieser Sprachen eigenthmliche Weise wieder; so
da sogar aus dieser Sprachansicht die Einsicht in ein inneres Verhltnis
dieser Sprachen selbst hervorgeht, das Verhltnis, nach welchem sich
Deutsch, Griechisch und Lateinisch zueinander verhalten wie Seele, Leib und
Krper. Ueberhaupt wrden wir selbst und besonders unsere Kinder zu einer bey
weitem grndlicheren Spracheinsicht gelangen, wenn wir bey dem
Sprachenlehren unsern Kindern die Wrter bey weitem mehr an die wirkliche
Anschauung der Sache und des Gegenstandes selbst knpften; die Sprache wrde
dann fr uns und so gleichsam auch in sich selbst nicht nur ein Laut, Ton
und Wortganzes, sondern ein wirkliches Sach und Lebganzes sein und werden,
und darum dann so auch mehr zur Sachanschauung und Erkenntni, und so zur
Anschauung und Erkenntni der Wesenheit jedes Dinges, und so des Wortes
selbst wieder erheben ; unsere Sprache wrde so wieder eine wahrhafte
Sprache des Lebens, d. h. aus dem Leben geboren und Leben erzeugend werden,
da sie sonst, durch nur uere Betrachtung, immer todter und todter zu werden
droht. Unter dem Mehreren, welches auer dem bisher Gedachten das Wesen der
Sprache noch zur Betrachtung darbietet, fordert das Bewegungsgesetz (der
Rhythmus) derselben, welches sich in ihren einzelnen Wortgliedern sowohl als
auch in ihren Wortverbindungen ausspricht, und welches sowohl der Sprache
Geborensein aus dem Geiste als auch ihre Gleichgesetzigkeit mit dem Wesen
der Natur beurkundet, hier noch ganz besonders seine Beachtung. Das
Sprachbewegungsgesetz, der allgemeine Lebensausdruck der Sprache, ist
ursprnglich so eins mit und so unzertrennlich von derselben, als das Leben
selbst unzertrennlich von den durch die Sprache darzustellenden Gegenstnden
selbst ist, da alle ersten Sprachdarstellungen, als Darstellungen des
innern und uern lebendigen Lebens, nothwendig auch Darstellungen in
gesetzmiger Sprachbewegung, Darstellungen in Bewegungsganzen sein muten,
und die um so mehr, als dem Menschen in seiner Kindheit, in seiner Jugend,
und so also auch dem ganzen Menschengeschlechte in seiner Kindheit und
Jugend das innere Leben der Gegenstnde lebendiger und uerlich
wahrnehmbarer hervortritt; darum soll auch noch jetzt die Sprachdarstellung
in Bewegungsganzen, in gebundener Rede die erste der Jugend sein, wie sie
zuerst der Jugend des Menschengeschlechtes angehrte, und wie der Mensch
berhaupt frher das Ganze in seiner Gebundenheit, besonders auch in seiner
Verknpftheit mit dem Menschen, als das Einzelne und in seiner Einzelheit
sieht und schaut; darum gehrt von mehreren Seiten der Betrachtung her die
Sprachdarstellung in gebundener Rede, die Sprachdarstellung, also selbst das
Sprechen in Bewegungsreihen, in Bewegungsganzen nothwendig der Jugend an, und
dadurch, da sie die verloren hat, ist sowohl ihr, als berhaupt dem ganzen
Menschengeschlechte, eines der ersten, ursprnglichsten und natrlichsten
Veredelungsmittel genommen worden. Wir mssen darum, wenn wir unsere Kinder
zum wahren, hheren, geistigen und inneren Leben wieder erheben wollen,
eilen, jenes innere Leben der Sprache, der Naturanschauung und der
Empfindung wieder in ihnen zu wekken. Und der Weg dazu ist so leicht, wir
haben fast gar nichts zu thun, als das eigene Leben in dem Kinde, in der
Jugend leben zu lassen und schtzend und pflegend zu entfernen, was es
vernichten und tten knne; aber statt dessen tten wir durch unsere rauhen,
todten, herzlosen Worte das aufkeimende Leben in dem Kinde, und scheuchen das
sich aus der Natur loszuwinden strebende Leben in die starre Form zurck, so
z. B. wenn wir sagen: "Komm, liebes Kind, sieh einmal das Veilchen, ist's
nicht sehr schn?
brich's ab und setze es ins Wasser, nimm es aber ja in
acht; es wre sehr schade, wenn du es verlrest". Wie ganz anders wrde der
Eindruck und die Folgen dieses Schauens auf dasselbe Kindesgemt sein, wenn
wir zu dem Kinde sagten:
Komm und schau, das blhende Veilchen: und dann
des Kindes Empfindung Worte gben durch: blhendes Veilchen, wie freu' ich
mich dein.
Wer glaubt, da die Kindern fremd sei, der hre nur einfach und
natrlich, still, achtsam und sinnig gefhrte Kinder, wie so sehr frh bey
den einfachsten Ausdrcken ihrer Empfindung und bey der Bezeichnung ihrer
ersten Wahrnehmungen, wie sie da so natrlich, nichts wissend und nichts
ahnend in Bewegungsganzen, wenn auch noch so leis andeutend sprechen.
Freilich gibt,s solcher Kinder nicht viel, aber es gibt deren, und es wrde
deren mehrere geben; doch wir wissen nicht, was wir in unsern Kindern
totschlagen, lindestens ungeweckt und ungenhrt in sich selbst verkmmern
lassen. Und doch fordern wir am Ende, unsere Kinder, so empfindungsleer und
gefhlshohl heraufgewachsen, sollen spter Dichter und Natur verstehen; da
soll nun die Abrichtungskunst wer mag es glauben, noch bis in diesem
Augenblicke an gebildeter Eltern Kind und vor gebildeten Leuten ihr
Kunststckchen, Deklamieren genannt, machen. Doch seht das arme Kind, eitel
oder zitternd, aufgeblasen oder verschmt, und sagt, wer ist mehr zu
bedauern: das Kind, sein Lehrer, das Gedicht und der Dichter oder die
Anwesenden? Durch Religion, Natur und Sprache findet sich das einfach und
natrlich entwickelte Kind, wie der so entwickelte Knabe und Mensch, in der
Mitte alles Lebens, da er die Menge der Thatsachen nicht einmal an sich,
noch weniger dem orte und der Zeit nach fr sich und sein Gedchtnis
festzuhalten imstande ist, und ihm so ein Begegnis mit dem anderen zu
entschlpfen droht. Ein wohl noch bey weitem reicheres Leben entwickelt sich
ihm in seinem Innern, ein so reiches Leben, da die Flle und den Reichthum
desselben sein Inneres nicht mehr zu fassen vermag und es darum davon
berstrmt, so da es ihm nun selbst in seiner und durch seine Flle als ein
eigenes, selbstndiges, bestimmtes, gleichsam zweytes Leben von auen wieder
entgegentritt, und er sich so dessen als eines bestimmten bewut werden kann
und bewut wird, und so soll es sein; denn nun treibt ihn der
unwiderstehliche Drang und das unerllich zu erfllende Bedrfnis, Blthen
und Frchte des reichen, aber leicht schwindenden inneren Lebens, und das
flchtige, vergngliche uere Leben der Gestalt, dem Orte und der Zeitfolge
und anderen Rcksichten nach fr sich oder andere der Vergessenheit zu
entreien, und sie so uerlich durch Zeichen festzuhalten. So entwickelt
sich in jedem einzelnen wieder auf dem allgemeinen weltgeschichtlichen Wege
und nach dem Gange der allgemeinen Entwickelung des menschlichen Geistes das
Schreiben, die Schrift, wie sich ja berhaupt der einzelne Mensch immer
wieder ganz nach denselben nur eigenthmlicheren Gesetzen entwickelt, nach
welchen sich das ganze Menschengeschlecht ausgebildet, die Menschheit bisher
entwickelt hat; und wir sehen zugleich, wie durch ein berwiegend reicheres
ueres Leben die Bilder, durch ein berwiegend reicheres inneres Leben
dagegen aber die Ideen- und Begriffs, die Buchstabenschrift nothwendig
bedingt ist. Nur setzt beydes, die Bilder wie die Begriffsschrift, ein
berschwenglich reiches ueres oder inneres Leben voraus; nur aus diesem
und durch dieses wurde sie, die Schrift, erzeugt und geboren, und noch jetzt
entwickelt sich in dem Kinde, in jedem einzelnen Menschen nur auf diese
Weise das chte Bedrfnis dazu, und so soll es sein. Darum fordert es auch
von dieser Seite der Betrachtung die Sorgfalt der Eltern und Erzieher, das
innere Leben ihrer Kinder und Zglinge so reich als mglich zu machen, nicht
sowohl der Mannigfaltigkeit, als der innern Bedeutung und Lebendigkeit nach;
denn ohne dies, und wenn sich die Schrift und das Schreibenlernen nicht an
ein gewisses inneres Bedrfnis anknpft, wird die Muttersprache, was sie
jetzt schon fr so viele in so hohem Grade ist, ein uerliches, ein Totes,
ein Fremdes; und doch, nur wenn wir auch im einzelnen wieder den groen
nothwendigen Weg der Menschheit betreten, kommt auch uns das frhere groe
und frische Leben der Menschheit in unseren und durch unsere Kinder wieder;
die jetzt geschwchten Geistesanlagen und Krfte, das geschwchte
Durchschauungs und Ahnungsvermgen werden dann wieder in ihrer ganzen Flle
und Kraft eintreten. Und warum sollten wir uns nicht allen Ernstes bemhen,
diesen nothwendigen Weg wieder zu betreten, da ja der Knabe uns selbst wieder
auf denselben hin und zurckzufhren sich bemhet?
Denn seht, hier malt
der Knabe auf sein Bild den Apfelbaum, auf welchem er ein Nest mit Jungen
entdeckte und dort den Drachen, der so hoch in die Luft stieg; so sitzt vor
mir der kleine, noch nicht sechsjhrige Knabe, zeichnet und malt selbstthtig
in sein von ihm freithtig schon frher der Erinnerung bestimmtes Buch viele
der fremden Thiere, die er gestern in der Thierbude sah.
Wer ist, umgeben
von kleinen Knaben, nicht gebeten worden: "Gib mir Papier; ich will dem
Vater, dem Bruder einen Brief schreiben", weil den Knaben sein inneres,
diesen innig gern mitzuteilendes Leben treibt und drngt; es ist nicht
Nachahmung, niemand schrieb, nur wute er, auf welche Weise er seine
wirkliche Sehnsucht erfllen konnte, und die, obgleich alle ziemlich gleich
sehenden Striche bezeichnen ihm fr sich die verschiedenen Worte, die er
dabey zu der Person, an die er schrieb, wirklich aussprach, und das
Bedrfnis der Begriffs, der Buchstabenschrift tritt hier hervor, wie dort
das der Bilderschrift. Ja es gibt wohl so sinnige und sinnende, still in
sich selbst das Geistigste anzuschauen vermgende Knaben dieses Alters, da
wohl mit diesen ganz auf die menschheitsgeschichtliche Weise das Bedrfnis
und gleichsam die Erfindung der Begriffs, der Buchstabenschrift zu
entwickeln wre, und wie sehr bekannt ist es, da grere Knaben sich selbst
ihre eigenen Schriftzeichen bilden; doch auf eine hnliche Weise soll es
immer geschehen, wie berhaupt schlechthin bey aller Lehre, bey allem
Unterrichte immer an ein gewisses Bedrfnis, Bedrfen des Knaben angeknpft
werden soll, und welches Bedrfen und Bedrfnis in einer gewissen Beziehung
ganz unerllich vorher in dem Knaben entwickelt worden sein mu, ehe der
Knabe mit Nutzen und Erfolg zu lehren, zu unterrichten ist. Hierin ist ein
Hauptsitz einer groen Menge der Unvollkommenheiten unserer Schulen, unseres
Unterrichtswesens; wir lehren und unterrichten unsere Kinder ohne gewecktes
Bedrfnis dafr, ja sogar nachdem wir das, was in dem Kinde da war, vorher
frher gettet haben. Wie kann dann Unterricht und Schule gedeihen? So wie
gewi der unwiderstehliche Drang eines in irgendeiner Beziehung in sich
berstrmenden Innern, und das Streben, diese Flle festzuhalten, der Grund
des Schreibens, und dieses so die Frucht der sinnenden und sinnigen
Selbstbeachtung des Menschen ist, so gewi sind auch die Schriftzeichen, als
Zeichen fr die einzelnen Wortbestandteile, nicht willkrlich und stehen
gewi mit der Begriffsbezeichnung und, was wohl einerlei sein mag, mit ihrer
Bildungsweise in Verbindung. Wie wenig nun auch von den ersten
Grundbeziehungen und den ersten Grundformen der Schriftzeichen noch brig
sein mag, wie verwischt sich auch diese Gesetze haben mgen, aus denen sie
wohl nach stillwaltenden aber nothwendigen Bedingungen hervorgegangen sind,
so scheinen doch einige briggebliebenen Grundformen der Schriftzeichen den
innern Zusammenhang mit der Bedeutung der Wortbestandteile unbezweifelbar
noch zu zeigen; so das in sich abgeschlossene o, als Zeichen des
Wortbestandteiles fr den Begriff des vllig in sich Abgeschlossenen. So das
in sich zurckzulaufen sich bestrebende S, als das Zeichen fr den
Wortbestandteil zur Bezeichnung des Begriffes des Zurckkehrens in sich.
Ungesucht tritt in den ursprnglich phnizischen und spter rmischen
Schriftzeichen bey mehreren eine bestimmte Bezeichnung zwischen der Form des
Zeichens und der Begriffsbezeichnung des Wortbestandteiles entgegen. Doch
wenn auch wirklich jene ursprngliche, bestimmte Beziehung zwischen Zeichen
und Wortbestandteil nicht mehr nachzuweisen wre, so wre doch fr den Zweck
der Lehre und des Unterrichtes jeder Schimmer dafr festzuhalten, weil
schlechterdings dem Menschen nichts in einer rein willkrlichen, nichts in
einer Verknpfung vorgefhrt werden soll, von der aus nicht wenigstens noch
die Mglichkeit zulssig ist, einen innern, nothwendigen Grund dafr
aufzufinden, darum auch der bisherige und jetzige Schreibunterricht so tot
und so ttend, so mechanisch. Da nun unsere sogenannte gotische Druckschrift
durch gleichmig angebrachte Verzierungen aus der rmischen hervorgegangen
und aus dieser, wie jeder belehrt wird, welcher nur einige Dokumente
frherer Jahrhunderte las, unsere gewhnliche Schreibschrift, sogenannte
Kurrentschrift, so ist es hchst zweckmig, auch den ersten
Schreibunterricht, eigentlich das erste Schreiben, auch an jene aus
einfachen und einfach zusammengesetzten und darum leicht nachzubildenden und
festzuhaltenden alten lateinischen VersalBuchstaben zu knpfen. Die Frchte
wiedergekehrter Anwendung dieses Unterrichtsganges zeigen das Zweckmige
und der Knabennatur Entsprechende desselben, welches spter noch besonders
seinen innern Grnden nach nachgewiesen werden wird. Hier stehe nun nur noch
die Andeutung, da so und auf diese Weise das Lesen und das Lesenlernen
wieder in sein ursprngliches und natrliches Verhltnis zu Mensch und
Schler tritt; denn nothwendig ging das Lesen aus dem Bedrfnis hervor, sich
oder anderen das frher Niedergeschriebene wieder hrbar zu machen, sich ins
Gedchtnis zurckzurufen und sich zum klareren Bewutsein zu bringen, das
frher Niedergeschriebene gleichsam wieder zu erwecken. Durch den Akt des
Schreibens und Lesens, dem eine lebendige Erkenntni der Sprache in einer
gewissen Ausdehnung nothwendig vorausgehen mu, erhebt sich der Mensch ber
jedes andere Geschpf, welches er kennt, und nhert sich der Erreichung
seiner Bestimmung; durch die Ausbung dieser Akte wird der Mensch erst
Person. So macht das Bestreben, schreiben und lesen zu lernen, den Knaben,
den Zgling zum Schler, macht eigentlich selbst erst Schule mglich. Der
Besitz der Schrift gibt dem Menschen die Mglichkeit und die Bedingung des
Bewutwerdens, des einstigen Bewutseins; denn sie bedingt erst wahre
Erkenntni, Selbsterkenntnis, weil sie dem Menschen mglich macht, sich
selbst, sein Wesen, es sich gleichsam vor sich hinstellend, zu betrachten;
weil sie den Menschen als gegenwrtig mit der Vergangenheit und Zukunft klar
und sicher, mit dem Nchsten allseitig und mit dem Fernsten gewi verknpft.
Die Schrift gibt so dem Menschen die Mglichkeit, zur hchsten,
vollendetsten irdischen Vollkommenheit zu gelangen. Schreiben ist der erste
Hauptakt des selbst- und freithtigen Bewutwerdens. Da nun die Schrift, das
Schreiben und Lesen etwas so Hochwichtiges fr den Menschen ist, so mu der
Mensch, der Knabe, auch stark und einsichtig genug sein, es mu in ihm schon
die Mglichkeit des Sichbewutwerdens geweckt sein, es mu sich in ihm
selbst schon das Bedrfnis des Schreibens und Lesens, der Drang, ja die
Nothwendigkeit, es zu knnen, klar und bestimmt aussprechen, ehe er selbst
schreiben und lesen lerne. Der Knabe, welcher auf eine wahrhaft
ersprieliche Weise schreiben und lesen lernen soll, mu nothwendig vorher
schon etwas sein, ehe er suche, sich etwas, was er noch nicht ist, bewut zu
werden; sonst wird alle seine Erkenntni hohl, tot, leer, fremdartig,
angeleimt, mechanisch sein; denn wo der Grund todtund mechanisch ist, wie
soll sich daraus spter Lebensthtigkeit und wahres Leben, der hohe und
hchste Preis alles Strebens, entwickeln, wie soll dann der Mensch wahrhaft
seine Bestimmung: Leben erreichen? Wird das in dem Bisherigen ber den Zweck
und den Mittelpunkt, die letzten Beziehungspunkte alles menschlichen
Strebens, ber das, was frhe schon als Knabe des Menschen Leben bewegt und
gleichsam die Angelpunkte des Knabenlebens ausmacht Ausgesprochene unter
und in einem Gesichtspunkte zusammengefat, so tritt daraus klar und
unzweideutig entgegen, da alles menschliche Streben ein dreyfaches ist,
entweder ein Streben nach Ruhen und Leben in dem Innern; oder ein Streben
nach Erkennen und Insichaufnehmen des Au/3eren, des Wesens des ueren; oder
zuletzt ein Streben nach unmittelbarer Darstellung des Innern. Das erste ist
vorwaltend das Streben der Religion, das zweyte das Streben der
Naturbetrachtung und das dritte vorwaltend das Streben der
Selbstdarstellung, der Selbstentwicklung und Selbstbetrachtung. Wird das in
der letztern Beziehung bisher Ausgesprochene wieder zusammengefat, so zeigt
sich, da sich die Mathematik mehr auf die Darstellung des uerlichen im
Innern, auf die Darstellung der im Innern des Menschen ruhenden allgemeinen
Gesetzmigkeit, und so gleichsam auf die Darstellung der Natur aus dem
Menschen selbst bezieht; weshalb auch die Mathematik darum vermittelnd
zwischen Natur und Mensch dasteht. Mathematik bezieht sich darum mehr auf
das Verstndnis und nimmt den Verstand in Anspruch; die Sprache bezieht sich
mehr auf die Darstellung des wahrgenommenen und vernommenen Innern, bezieht
sich vorwaltend auf die Vernunft und nimmt diese in Anspruch; nun aber fehlt
nothwendig fr den Menschen zur vollstndigen Darstellung seines Gesammtwesens
noch eines; es ist die die Darstellung des Lebens, des innern Lebens an
sich, des unmittelbar Empfundenen, des Gemthes; und dieses Dritte, die
Darstellung des Innern des Menschen, des Menschen an sich, ist die Kunst.
Alle menschlichen Begriffe auer einem sind Beziehungsbegriffe, finden nur
beziehungsweise strenge Anwendung; oder, alle Begriffe stehen unter sich in
Wechselbeziehung und sind nur in ihren uersten Endpunkten nothwendig
getrennt. Darum gibt es so auch in der Kunst wieder eine Seite, wo sie die
Mathematik, den Verstand, sowie eine zweyte, wo sie die Sprachwelt, die
Vernunft berhrt, wie eine andere Seite, wo sie, obgleich reine Darstellung
des Innern, doch mit der Darstellung der Natur als Eines erscheint, sowie
endlich noch eine Seite, wo sie mit der Religion zusammenfllt. Doch alle
diese Beziehungen knnen hier, wo von der Erziehung des Menschen berhaupt
und dessen Erziehung wenigstens fr Wrdigung der Kunst nur die Rede ist,
nicht zur Betrachtung aufgenommen werden. Hier auf dieser Stufe wird die
Kunst nur in ihrer letzten Einheit als reine Darstellung des Innern
betrachtet und angeschaut. Da tritt nun sogleich entgegen, da die Kunst,
die Kunstdarstellungen dessen, was im Innern lebt, was eigentlich das Leben
des Innern selbst ausmacht, verschieden erscheinen msse durch das Material,
den Stoff, an welchen sie als Darstellung des Innern geknpft erscheinen
mssen. Dieser Stoff kann nun aber als Erderscheinung nur sein, entweder
gleichsam nur die Bewegung an sich, aber als hrbar; also das Erzeugni im
Entstehen schwindend, Tne. Oder der Stoff kann vorwaltend nur sichtbar
sein, also das Erzeugni nur Linien und Flchenerscheinungen, wie die
Farben. Oder der Stoff kann vorwaltend nur rumlich, krperlich wahrnehmbar,
Masse sein. Auch hier finden sich, da es nur, was schon wiederkehrend
ausgesprochen worden ist, beziehungsweise strenge Begriffe gibt, wie in
allen Dingen der Wirklichkeit, unzhlige Uebergnge und Verknpfungen. Die
Kunst, als Darstellung durch reine Tne, ist die Musik, und vorwaltend der
Gesang; die Kunst, als Darstellung fr das Gesicht durch reine Farben, ist
das Malen; die Kunst, als Darstellung im Raume durch Bilden und Gestalten
der Masse, ist das Formen. Als vereinigender Mittelpunkt fr bey des
letztere erscheint das Zeichnen, welches jedoch mit gleichem Rechte auch als
reine Darstellung durch Linien betrachtet werden kann; wo dann das Zeichnen
vorwaltend der Darstellung durch Linien, das Malen vorwaltend der
Darstellung durch Flchen, und das Formen vorwaltend der Darstellung durch
Krperraum angehrig erscheint. Wegen der eben gedachten verknpfenden
Eigenschaft des Zeichnens ist, wie wir schon frher auf der Kinderstufe des
Menschen sahen, das Zeichnen, das Streben 2U zeichnen, eine so frhe
Erscheinung in der Menschenentwicklung. Aber auch das Streben, durchs
Formen, wie durch Farben, durchs Malen, Inneres darzustellen, spricht sich
frhe in dem Menschen und schon auf seiner Kinderstufe, aber ganz besonders
unzweideutig auf seiner beginnenden Knabenstufe aus. Hieraus geht nun klar
und unbezweifelbar hervor, da Kunstsinn, Kunst, ein allgemeines Eigentum,
eine allgemeine Anlage in dem Menschen ist, und darum frhe wenigstens schon
von dem Knabenalter an in dem Menschen gepflegt werden soll und mu. Der
Mensch wird dadurch wenigstens geschickt werden, ist auch seine Geistes und
Lebenskraft, seine Thtigkeit nicht vorwaltend nach der Kunstseite hin
gerichtet und wird er darum auch selbst kein Knstler werden, die Werke der
Kunst zu verstehen und zu wrdigen, und er wird durch eine wahre
Schulbildung gewi dafr sichergestellt werden, sich unberufen, ohne wahren,
inneren Kunstberuf, zum Knstler aufzuwerfen. Gesang, Zeichnen, Malen und
Formen mssen darum nothwendig von einer allgemeinen, um und erfassenden
Erziehung und Menschenbildung frhe bercksichtigt, frhe als wirkliche
Gegenstnde der ernsten Schule behandelt und nicht einer zuflligen gehalt
und fruchtlosen spielerischen Willkr preisgegeben werden; weder in der
Absicht, da jeder Schler nur in irgendeiner Kunst Knstler, und noch bey
weitem weniger in der Absicht, da jeder Schler in allen Kunstfchern
Knstler werde, was beydes sich in sich selbst vernichtet, ob man gleichwohl
das erstere wohl von jedem Menschen in einer gewissen Beziehung sagen
knnte; sondern in der bestimmten Absicht, da jeder Mensch dahin erhoben
werde, sich seinem Wesen getreu, vollkommen und allseitig zu entwickeln, da
er sich dahin erhebe, den Menschen in der Allseitig- und Allkrftigkeit
seines Wesens zu erkennen, besonders aber auch, wie schon ausgesprochen
worden, da jeder Mensch die Erzeugnise chter Kunst anzuschauen und zu
wrdigen verstehe. Die Darstellung in gebundener Rede ist wieder, wie das
Zeichnen es in einer anderen Beziehung war, ein verknpfendes Glied, von der
Sprache ausgehend, aber, als Darstellung der Innenwelt, gleichsam als
verdichtete Darstellung der geistigen therischen Innenwelt, als ruhende
Darstellung des reinen, ewig sich bewegenden und bewegten Lebens, der Kunst
angehrig. In allem, im Leben und in der Religion, so auch in der Kunst, ist
der Darstellung letztes und hchstes Ziel die klare Darstellung des reinen
Menschen; die christliche Kunst ist dem Streben nach die hchste, soll es
wenigstens sein, sonst hrt sie auf, Kunst und christliche Kunst zu sein;
denn sie strebt in allem das ewig Bleibende, das Gttliche darzustellen,
besonders an und durch den Menschen. Der Mensch ist des Menschen hchster
Gegenstand der Kunst. So nun die Gesammtheit dessen, was der Gegenstand,
Zweck und Inhalt des Menschenlebens berhaupt ist, und was sich als solcher
schon in dem Knabenleben auf seiner Schlerstufe ausspricht und kundtut. Wie
nun das bisher Ausgesprochene sich bestrebte, den Gegenstand und Inhalt des
gesammten Knabenstrebens, den Gegenstand und Inhalt der Schule und des
Unterrichtes in seiner letzten Einheit und Grundbeziehung seinem Wesen nach
darzulegen, so suchte das Frhere den Knaben in seinem frei und
selbstthtigen Gesammtleben in der Einheit seines inneren und ueren Lebens
auf seiner Schlerstufe zu zeigen. Nun bleibt noch nachzuweisen, in welcher
Folge und Verknpfung sich des Knaben, des Menschen Streben in und aus
seinem Leben auf dieser seiner Schlerstufe entwickle; wie und durch welchen
Unterricht, in welcher Ordnung und Form die Schule zur Erreichung jenes
Strebens zu wirken und was sie dafr zu thun habe, da durch sie des Menschen
Streben berhaupt, besonders aber dessen Streben auf seiner Knaben und
Schlerstufe befriedigt werde.
In der Familie wchst das Kind herauf, in
der Familie wchst das Kind zum Knaben und Schler empor; an die Familie mu
sich darum die Schule anknpfen. Einigung der Schule und des Lebens,
Einigung des huslichen, des Familien und Unterrichtslebens, die ist die
erste und unzertrennlichste Forderung der vollendeten, uns zur Vollendung
fhren sollenden Menschenentwicklung und Menschenbildung dieses Zeitraumes.
Einigung des Familien und Schullebens ist die ganz unerlliche Forderung
der Menschenerziehung dieses Zeitraumes, wenn der Mensch endlich sich, wenn
besonders wir Deutsche uns von der Last, der Leere und dem Drckenden der
uerlich mitgeteilten Begriffs und Vorstellungs, und darum nur todten
Gedchtniserkenntnis zum Leben, zur Lust und zur Frische der inneren
Anschauungs und der Wesenheitserkenntnis der Sachen und Dinge, zu der
Anschauung und Erkenntni der Dinge erheben sollen und wollen, die sich aus
sich und durch sich selbst wie ein gesunder, frischer Baum, wie eine
lebensvolle, lebensfrohe und lebensbewute Familie und Geschlecht
fortentwickelt; wenn wir endlich aufhren wollen, in Wort, Rede und Handlung
mit Marken zu spielen. und im Leben in Masken einherzugehen. Mchten wir es
doch endlich einmal zum Wohle unserer Kinder und zum Heile der knftigen
Geschlechter einsehen, da wir eine zu groe lastende Menge aufgebrdeter,
angehefteter, fremdartiger und darum uns fremder Kenntnisse und Bildung
besitzen, trichterweise sie noch tglich immer mehr zu vermehren streben,
und dagegen so hchst wenige sich in uns, aus und durch uns entwickelte,
unserem eigenen Innern entkeimte, in, mit und durch dasselbe emporgewachsene
Kenntnisse besitzen. Mchten wir doch endlich aufhren, uns mit fremdem
Denken, fremdem Wissen, ja sogar fremden Empfindungen und Gefhlen als
solchen zu brsten; mchten wir doch endlich in der Wirklichkeit aufhren,
den hchsten Ruhm unserer Erziehung, unserer Lehre, unserer Schule und
unseres Unterrichtes darein zu setzen, unsere Kinder, den Geist und das
Gemth unserer Kinder und Schler mit fremdem Wissen, Kennen und Knnen
herauszuputzen, und unser Ziel und das Beste unserer Kinder und Schler um
so mehr erreicht und errungen glauben, als diese mit diesem fremden und
angeleimten, ja wie die Grber der Toten bertnchten Wissen, Kennen und
Knnen prangen. Freilich und wohl ist die eine alte Krankheit; denn wenn
wir fragen und forschen, auf welchem Wege das deutsche Volk zu den ersten
Fundamenten seiner jetzigen Kenntnisse gelangt ist, so sehen wir
unbezweifelbar, da jene ersten Fundamente, Elemente oder Prinzipien immer
von auen aus der Ferne und Fremde kamen, ja ihm zum Theil mittel oder
unmittelbar von auen aufgedrungen wurden; darum haben wir aber auch fr
diese ersten Uranfnge nicht einmal ein allgemeingeltendes Wort in unserer
Muttersprache. Das starke deutsche Gemth, der starke deutsche Geist
verarbeitete nun wohl das Fremde und eignete es sich an; aber die Folge
davon und der Charakter der Erkenntni, als einer fremdartigen, blieb doch
dauernd: Seit Jahrtausenden wohl tragen wir diese Fesseln; sollen wir aber
darum nie beginnen, im eigenen Gemthe einen Lebens, im eigenen Geiste einen
Erkenntnibaum aufkeimen zu lassen und ihn zu pflegen zur schnen
Entfaltung, da er frisch und gesund blhe und reife Frchte bringe, die im
Diesseits niedersinken und im Jenseits wieder aufkeimen. Wollen wir denn nie
aufhren, unsere Kinder, Knaben und Schler gleich Mnzen zu prgen und sie
mit fremder Aufschrift und fremdem Bildnisse prangen zu sehen, statt sie als
ein Gebilde aus dem von Gott dem Vater in sie gepflanzten Gesetz und Leben,
mit dem Ausdruck des Gttlichen und als Bild Gottes unter uns wandeln zu
sehen?
Frchten wir, da uns unsere Kinder beschmen werden und wrden?
Welches Geschlecht, welches Volk und welche Zeit wird gro genug sein, sich
selbst um seiner Kinder und der Darstellung der reinen Menschheit willen zu
verleugnen?
Ja zunchst nur, welcher Vater, welche Familie wird von diesem
Gedanken seine Seele erfllt und durch denselben seine Kraft vielfach
vervielfltigt und gesteigert fhlen? denn von dem stillen, verborgenen
Heiligtume der Familie kann nur zunchst das Wohl des Menschengeschlechtes
uns wiederkommen. Mit der Begrndung jeder neuen Familie spricht der zum
Wohle des Menschengeschlechtes ewig wirksame, himmlische Vater durch den
Himmel, den er in dem Gemthe der Begrndenden aufgeschlossen, zu den
Menschen, ergeht an das Menschengeschlecht wiederkehrend und an jeden
einzelnen Menschen der Ruf, die Menschheit in reiner Entwickelung, den
Menschen in klarer Gestalt darzustellen. Und sattsam liegt es wohl auch am
Tage, da unser deutsches Gemth, unser deutscher Geist die bisherige todte
und nur angelernte und angeleimte Erkenntni und Einsicht nicht mehr
ertragen knne, da eine nur uerlich abgeglttete Bildung nicht mehr
genge, nicht mehr gengen knne und drfe, wenn wir anders, als
selbstndige, Gott wrdige Kinder bestehen wollen; darum bedrfen und suchen
wir lebendig unserm Gemthe und Geiste entkeimte, frisch und gesund
entwickelte und in und an der Sonne und den Bedingungen des Lebens erstarkte
und emporgewachsene Erkenntnise. Wollen wir nun den Born des Lebens, den
Gott in dem Innern, in dem Gemthe und Geiste des Menschen, jedes Menschen,
den Gott in unserem Gemthe und Geiste quellend gemacht hat, immer von neuem
wieder mit Schutt bedecken?
Wollen wir uns und unsern Kindern, unsern
Zglingen und Schlern die unaussprechliche Freude rauben, da in ihrem
Innern, in ihrem Geiste und Gemthe, die Quelle ewigen Lebens fliee?
Wollt
ihr Eltern und deren Stellvertreter fortfahren, Erzieher und Lehrer eurer
Kinder zu zwingen, da sie die Quelle des Lebens in denselben nur mit Wust
verdmmen und mit Gestrpp umzunen?
Ihr antwortet: Nur so ausgestattet
gelten sie in der Welt; Kinder werden schnell und bald gro, wer soll sie
dann ernhren?
was sollen sie essen?
womit sollen sie sich kleiden? Ihr
Toren! es soll euch darauf nicht geantwortet werden: "Trachtet am ersten
usw."; denn das wrdet ihr in eurer Gott- und Selbstentfremdung doch nicht
fassen und begreifen; aber wiederkehrend soll es auch ausgesprochen werden:
handelt sich es denn etwa um ein dumpfes, hinbrtendes, kenntnis, werk und
thatenloses Leben?
Kenntnisse und Einsichten sollen das Menschengeschlecht
erfreuen, Werk und Thatkraft soll es besitzen, die ihr, die wir jetzt nicht
ahnen; denn wer hat der aus Gott gebornen Menschheit Grenze gemessen? Aber
sie sollen als Entwickelungen aus jedem Einzelnen, gleichsam als neu
geschaffene Selbsterzeugnisse, in Jugendfrische und Jugendkraft
hervorwachsen. Nicht trge, schlaff und trbsinnig wird und soll der Knabe
sein knftiges Geschft, das ihm nun Beruf ist, treiben, nein! frhlich und
heiter, Gott, sich und der Natur vertrauend, sich des Segens und Gedeihens
seines Geschftes erfreuend, sich eines vielfachen Segens und Gedeihens
seines Geschftes erfreuend; denn Ruhe, Eintracht, Migung und alle hohen
brgerlichen und menschlichen Tugenden werden in seinem Innern wie in seinem
Hause wohnen, und er wird sich durch und in seinem Kreise, in der
Wirksamkeit seines Kreises befriedigt fhlen: der hohe Preis, nach dem wir
alle ringen. Er wird weder sagen: alles soll mein Knabe und Sohn einst
treiben, nur nicht das Geschft, welches ich habe, denn es ist das
undankbarste von allen; noch wird er darauf bestehen, da sein Sohn das
Geschft treibe und ergreife, welches er mit Gewinn und Vorteil treibt, weil
es seiner ganzen Eigentmlichkeit entspricht; er wird einsehen, da jeder
Mensch das kleinste Geschft gro betreiben knne, da jedes Geschft sich
so veredeln lasse, da es zu betreiben des Menschen nicht unwrdig sei; er
wird erkennen und einsehen, da die kleinste Kraft, mit Lust und Liebe zu
einem Werke erhoben und recht angewandt, dem Menschen Brot, Kleidung,
Obdach, ja auch Achtung verschaffe, und darum wegen der Zukunft seiner
Kinder, deren Inneres zu entfalten ihm hchste Sorge war, ohne Sorge sein.
Als die einzelnen Richtungen dieses geeinten Schul und Familien, dieses
Iebendigen Unterrichts und Erziehungslebens, gehen aus dem
Entwickelungsgrade des Menschen dieser Stufe, aus den innern und uern
Forderungen des Knaben, als beginnenden Schler, nothwendig folgende hervor:
Beleben, Nhren, Strken und Ausbilden des religisen das Menschengemt
mit Gott in Einigung erhaltenden und immer lebendiger mit Gott einenden
Sinnes, des Sinnes, welcher die lebendige, nothwendige Einheit aller Dinge
bey aller Verschiedenheit der Erscheinung ahnet und festhlt, und welcher
durch seine Lebendigkeit und Krftigkeit den Knaben dieser Einheit gem
lebend und handelnd macht. Diesem gem und zu diesem Zwecke: Aneignung
religiser Aussprche, besonders ber die Natur, den Menschen, deren beyder
Verhltnis zu Gott, namentlich fr Gebet; gleichsam als einen Spiegel, in
welchem der Mensch, der Knabe seine ursprnglichen, gotteinigen Gefhle,
Empfindungen, Ahnungen und Bestrebungen wie in einem Bilde schaut und sie
sich so zur Erkenntni bringt und festhlt. Achtung, Kenntnis und Ausbildung
des Krpers als Trgers des Geistes und Mittels zur Darstellung seines
Wesens, in geordneten, stufenweise zu einer solchen Ausbildung des Krpers
fhrenden Uebungen. Natur und Auenweltsbetrachtung und Beobachtung,
anknpfend und ausgehend vom Nchsten und Nahen, die Kenntnis des nchsten
Umgebenden zuerst fordernd, ehe zu Entferntem und Fernem fortgeschritten
wird. Aneignung kleiner dichterischer, Natur und Leben erfassender
Darstellungen; besonders Aneignung kleiner Dichtungen, welche den
Gegenstnden der zunchst umgebenden Natur Leben, den Erscheinungen und
Begegnissen des eigenen huslichen Lebens Bedeutung geben, sie in ihrer
reinen und tiefen Bedeutung wie in einem verklrenden Spiegel zeigen, und
dies besonders zum Singen und durch Gesang. Sprach und Redebungen, von der
Natur und Auenweltsbetrachtung ausgehend und an sie anknpfend und zur
Innenweltsbetrachtung bergehend, aber immer nur die Sprache und Rede, als
hrbares Darstellungsmittel, scharf und streng im Auge habend. Uebungen zu
und fr uerliche rumliche, krperliche Darstellungen nach Regel und
Gesetz vom Einfachen zum Zusammengesetzten fortschreitend. Hierher gehren
Darstellungen durch schon mehr oder minder im allgemeinen gebildeten Stoff:
Bauen, berhaupt Handarbeiten fr Gestaltung: Papier, Papp, Holzarbeiten
usw., sowie zuletzt besonders Formen aus ungeformtem, aber formbarem,
besonders weichem Stoffe. Uebungen zur Darstellung durch Linien auf einer
Flche in und durch stete, uerlich ausgedrckte, sichtbare Beziehung auf
die durch die Mittel und Brustlinie des Menschen gegebene senkrechte und
waagerechte Richtung, das Anschauungs und Auffassungsmittel aller uern
Gestalten, welche, neben- und bereinander mehrmalen wiederholt, Netz
bildend erscheint; also Zeichnen im Netz nach uerem, nothwendigem Gesetz.
Auffassen der Farben in ihrer Verschiedenheit und Gleichartigkeit und
Darstellung derselben in schon gebildeten Flchenrumen mit vorwaltender
Beachtung schon gebildeter Formen: Ausmalen von Bildern in Umrissen, oder
mit vorwaltender Beachtung der Farben und ihrer Verhltnisse:
Malen im
Netz, in Gevierten.
Spielen, das ist freithtige Darstellungen und Uebungen
jeder Art. Erzhlen von Geschichten und Sagen, von Fabeln und Mrchen,
anknpfend an die Tages, Zeiten und Lebensbegebnisse usw. Alles die nun
teilend mit und zwischen dem huslichen und Schulleben, zwischen dem
Familienleben und dem allgemein menschlichen; alles teilend zwischen den
Schul und huslichen Geschften; denn Knaben dieses Alters sollen schon zu
bestimmten kleinen huslichen Geschften angehalten, ja sie knnen sogar
whrend derselben besonders bey Handwerkern und Landbebauern wirklich
unterrichtet werden, wie das auch wohl von manchem einfachen, aber von einem
regen und krftigen Natursinn geleiteten Vater ausgefhrt und dargestellt
worden ist. Besonders sollen Knaben etwas vorgerckteren Alters von Eltern
und Erziehern oft in die Lage gebracht werden, etwas auf eigene Hand und mit
eigenem Urteile auszufhren und Geschfte allein zu besorgen, z. B.
Bestellungen, damit ihnen Selbstprfungen und Festigkeit des Handelns
kommen. Namentlich ist es fr Knaben dieses vorgerckteren Alters sehr
wichtig, tglich wenigstens eine oder zwey Stunden einem uern Geschfte,
einem Geschfte fr ueres Erzeugni, mit ganzer und fester Bestimmtheit
hingegeben zu sein. Es wrden hieraus Wirkungen von der grten Wichtigkeit
fr das Leben hervorgehen; sowie es gewi einer der grten Nachteile
unserer jetzt bestehenden Schuleinrichtungen, besonders der sogenannten
lateinischen und gelehrten Schulen ist, da der in sie getretene Knabe allem
huslichen Geschfte, allem Geschfte fr Hervorbringung eines uern
Erzeugnises ganz entnommen ist. Man antworte nicht: Der Knabe mu in diesem
Zeitraume, soll er es zu einem bestimmten Grade und Fertigkeit seiner
Erkenntni bringen, alle seine Kraft auf den Punkt der Worterlernung, der
Belehrung durchs Wort, der geistigen Ausbildung richten; mitnichten die
chte Erfahrung lehrt das Gegenteil, geistiges Beschftigtsein und
dazwischentretende uere, mehr krperliche Beschftigung, Thtigkeit fr
ueres hervorzubringendes Werk und Erzeugni strkt nicht allein den
Krper, sondern ganz berwiegend auch den Geist, die verschiedenen
Richtungen der Geistesthtigkeiten, so da der Geist nach einem solchen
erfrischenden Arbeitsbad (besser vermag ich es nicht zu bezeichnen) mit
neuer Kraft und neuem Leben an sein Geistesthun geht. Betrachten wir nun die
vorhin angefhrten Gegenstnde des einigen Familien und Schullebens, so
ordnen sie sich selbst nach den Gesammtforderungen des Knaben in Gegenstnde
des mehr ruhigen, stillen, inneren Lebens, des mehr aufnehmenden,
innenwirkenden und des mehr heraustretenden, sich uerlich gestaltenden
Lebens zusammen, darum sind sie auch das Bedrfnis des Menschen berhaupt
erschpfend. Weiter sehen wir durch sie alle Sinne, alle inneren und ueren
Anlagen und Krfte des Menschen entwickelt, gebt und ausgebildet und so die
Forderung der menschlichen und Lebensverhltnisse erfllt. Endlich sehen
wir, wie sich die Forderungen aller dieser Gegenstnde, so zahlreich und
umfassend sie erscheinen, doch alle durch ein einfach geordnetes Familien
und Unterrichts, durch ein geeintes Schul und husliches Leben leicht
erfllen lassen, also darum nothwendig den Forderungen des Menschen auf
dieser Stufe gengen und sie befriedigen. Denn: Schauen wir die nun im
einzelnen an:
Leben und Ausbilden des religisen Sinnes
Wenn Kind und
Eltern in Einigung des Lebens und Gemthes heraufgewachsen sind, so wird dies
sich gewi auch durch die ganze Knabenzeit und noch lnger hin, wenn nicht
neue hemmende und strende Ursachen trennend dazwischen treten, nicht nur
unverkrzt erhalten, sondern es wird sich diese Einigung mit dem
fortschreitenden Knabenalter um so mehr befestigen und beleben. Es ist hier
nicht die Rede von jener dumpfen und unbestimmten Gefhlseinigung, welche
gleichsam aus zwey Leibern einen macht, wie sich das wohl zwischen Eltern
und Kind findet, sondern von jener lebendigen Gemths und klaren
Geisteseinigung, welcher das Leben in seinen Wirkungen und Erscheinungen als
ein Ganzes vorliegt. Diese lebendige Gemths und klare Geisteseinigung,
nicht etwa hchstens nur uerliche Lebensgemeinsamkeit, ist der
unerschtterliche Boden und Grund chter Religiositt. Dieser
Geisteseinigung zwischen Eltern, Kind und Knaben ist das innere Leben, die
reine Darstellung des innern, geistigen Lebens des Menschen ein Gemeinsames.
Was den Eltern, dem Vater und der Mutter durch die hindernden Einwirkungen
des Lebens nicht mglich ward und nicht mehr mglich ist, in sich und durch
sich selbst darzustellen, suchen sie nun in und durch ihr Kind, ihren Sohn,
zu erreichen: Darstellung der reinen Menschheit in, an und durch sich. Die
klaren und sichern Erfahrungen der Entwickelung, Aus und Fortbildung seines
innersten Lebens, die der Vater zwar teuer, oft schmerzlich und nur mit
schwindender Kraft erkaufte, aber nun darum nicht mehr im eigenen Leben
anwenden kann, teilt er seinem Sohne mit, und der Sohn bt diese Erfahrungen
und wendet sie obgleich seiner uern Selbsterfahrung fremd, aber sich in
seinem Innern bewhrend und besthtigend mit der noch ungetrbten. und
ungeschwchten Jugendkraft und Jugendfrische an. Tot und wirkungslos sind
aber alle Mitteilungen von Eltern zu Kind und Sohn, wo das Leben von frhe
an nicht ein stetig ununterbrochenes Ganzes war; denn scheinbar zwey
verschiedene Welten, die Erfahrungen zweyer scheinbar verschiedenen Welten,
stehen einander gegenber mit verschiedenen Forderungen und verschiedenen
Krften, fr welche das ausgleichend Vermittelnde fehlt. Aber welche Frchte
dagegen aus jener Geisteseinigung zwischen Eltern und Kind, zwischen Vater
und Sohn, welche nur die Ausbildung und Darstellung des Hchsten und
Reinsten, des klaren Menschenwesens, zum gemeinsamen Grund und Ziel hat,
hervorgehen, kann nur der ahnen und ermessen, welcher herzustellen sie
versucht hat.
Aus der eine solche Geisteseinigung nothwendig bedingenden
Beachtung des eigenen und gemeinsamen Lebens nach seinem innern Grunde und
Ziele, besonders aber nach seinem innern und nothwendigen lebendigen
Zusammenhange, gehen nun fr das Gemth und die innere Wahrnehmung des
Menschen schon auf der Knabenstufe die unzweideutigsten Beweise und
Ueberzeugungen hervor, da Gott, um menschlich zu reden wie wir berhaupt
ber Gttliches nie anders, fr uns wenigstens nicht begreiflicher und
wirksamer reden knnen , da Gott noch ununterbrochen die Menschheit in und
zu ihrer Entwickelung, Ausbildung und Darstellung mit seiner vterlichen
Obhut und Sorgfalt leitet, und so auch jeden Einzelnen, jedes Einzelwesen,
als ein wesentliches Glied des Ganzen, in allen seinen Lebensbegegnissen mit
vterlich liebendem Schutze und Beistande begleitet:
denn wie knnte der
Mensch die Erkenntni: da die Begegnisse des Lebens, in ihren Grnden, in
ihrem Wesen und Bedeutung wahrhaft erkannt und demgem angewandt, immer zum
Besten des Einzelnen und des Ganzen sind anders und erfassender
bezeichnen?!
Diese Wahrheit nun im eigenen und Fremdleben, im einzelnen
und Gesammtleben, im Menschen- und Naturleben, im Erfahrungs und
Offenbarungsleben besttigt, so die Einigung und Einheit der Schrift,
Gemths und Naturoffenbarung zu finden, und sich so als Glied eines, vor den
Augen und dem inneren Sinne des Knaben von dem kleinen elterlichen und
huslichen Kreise aus sich immer weiter und grer entwickelnden Ganzen und
Gesammtheit zu erkennen, dessen gemeinsames Streben, unter den sprechendsten
Beweisen gttlicher Leitung, Beistandes und Segens, die Darstellung des
Geistigen im und am Leiblichen, des Gttlichen im, am und durchs Menschliche
ist; dieses Erkennen und jenes Finden mu nothwendig den Sinn des Knaben
immer mehr und mehr klren und reinigen, die Kraft erhhen und steigern, den
Mut und die Ausdauer dafr befestigen. Das Leben einer solchen Familie,
eines solchen Knaben, wird nothwendig ein im Handeln und in Thaten, in steten
Erzeugnisen sich aussprechendes Gebet Jesu, ein Leben des Gebetes Jesu
sein; ein Gott vertrauendes, Gott und Menschen liebendes, freithtig,
kindlich Gott gehorsames, immer in diesem Sinne thatenreiches und wirksames
Leben Jesu wird sich in ihm wieder aussprechen, und to werden ihm die Lehren
und Forderungen Jesu im eigenen und durchs eigene eben verstndlich und so
in demselben anzuwenden, demselben nachzuleben mglich sein. Nur ein auf
einer solchen elterlichen und kindlichen Geisteseinigung ruhender knftiger
Religionsunterricht hat felsenfesten Grund, ist fruchtar, ist segensreich;
und nur in dem Maae ist er fruchtbar und segensreich, als dem Knaben durch
glckliche Lebensverhltnisse frhe ein lebendiger Sinn, ein klares Auge fr
inneres geistiges Leben erwachte. Man frchte nicht, da irgendein
Gegenstand des innern geistigen Lebens fr des Knaben innern geistigen Sinn
zu hoch und zu unverstndlich sey dem Wesen nach; nur werde ihm einfach die
Thatsache hingegeben und ausgesprochen, und seine innere Kraft wird leicht
den innern Sinn davon in den ihm zugnglichen Anschauungs und
Vorstellungsweisen finden. Wir trauen dem frheren Knabensinne und
Knabengemte jetzt zu wenig religise, sowie berhaupt zu wenig Geisteskraft
zu; darum zeigt sich dann und ist des sptern Knaben Leben und Gemth so
leer, in Beziehung auf geistige und rein menschliche, sittliche und
religise Wahrnehmungen so erfahrungslos, und darum so verknchert und tot,
da gar wenige und nur schwache Fden zum Anknpfen und zur Belebung eines,
zur Belehrung ber ein cht religises Leben sich in ihm finden, und doch
wird nun in dem folgenden Alter in dieser Beziehung vom Knaben und Jnglinge
so viel gefordert.
Kinder und Knaben werden frhe fr eine Menge
uerliches geweckt und ber eine Menge uerliches belehrt, welches sie
nicht verstehen knnen, eben weil es ihnen ein Fremdes, ein uerliches ist,
und bleiben in Beziehung auf vieles Innere ungeweckt, ber so vieles, fast
alles Innere unbelehrt, was sie doch verstehen, durch sich und in sich
verstehen knnen; so werden Kinder frhe in das fremde uere Leben
eingefhrt und werden dagegen dem innern Leben entfremdet; dadurch wird ihr
inneres Leben so hohl und vertrocknet. Soll der Mensch viele, besonders auch
religise Wahrheiten verstehen, so mu man machen, da er viel in sich
erlebe, d. h. da er die auch vielleicht an sich kleinen Begegnisse seines
Gemths und religisen Lebens, seines geistigen Entwickelungsganges und
dessen Bedingungen sich bewut werde: Von der Ahnung und Erkenntni Gottes
als Vaters in seinem eigenen Leben mu der Mensch emporsteigen zur Ahnung
und Erkenntni Gottes als Vaters aller Menschen und Wesen; sonst ist der
knftige Religionsunterricht in demselben umgekehrten Maae leer und
fruchtlos. Viele, sehr viele religise Migriffe und Mideutungen, viele
After und Halbwahrheiten wrden und werden sich durch so eine frhe
Beachtung, wenigstens durch nur ungehemmtes und ungestrtes Hingegebensein
der Entwickelung des innern geistigen Lebens in Uebereinstimmung und Beziehung
auf das uere Leben durch sich selbst verlieren, sowie die miverstandene
Hervorhebung gewisser Aussprche der bestimmten Religionslehre, welche in
dem und auf das Leben des Menschen in dieser einstigen Darstellung gerade
das Gegenteil von dem wirken, was sie wirken sollen ; so z. B. der in dem
Religionsunterrichte, in der Religionslehre im allgemeinen zum hchsten
Nachteile fr das Leben, fr das Glck, fr die Zufriedenheit und den stets
krftig strebenden Sinn des Menschen so berwiegend hervorgehobene Satz: wer
gut ist, dem wird es gut gehen; oder, wer gut ist, der wird glcklich sein.
Dem einfachen, an ueren Erfahrungen noch armen, nur sein Leben besonders
als ein ungeteiltes Ganzes noch fhlenden und findenden Knaben, dem ist
inneres und ueres Gut, inneres und ueres Glck, inneres und ueres
Leben noch ein Ungeteiltes, noch weniger ein in sich und unter sich selbst
Verschiedenes, Entgegengesetztes ; und so wird, ohne Zweifel, ohne Ahnung,
da es auch anders sein knne, das innere, klare, reine Gemthsleben auch
nothwendig so als ein ueres gesetzt, so werden die innern Frchte des
Gutseins auch uerlich gefordert und erwartet. Inneres und ueres,
Unendliches und Endliches sind aber zwey Welten, deren Erscheinungen
uerlich, der Form nach verglichen, ewig verschieden sind und verschieden
sein mssen; darum mu nothwendig jener so allgemein ausgesprochene Satz,
wenn nicht sehr frhe den innern Frieden, die innere Kraft des Knaben und
Menschen stren und schwchen, doch ihn mit ganz falschen Erwartungen vom
Leben erfllen, ihn zu ganz falschem Beurteilen, Verstehen und Gebrauchen
seiner Lebensbegegnisse, zu ganz falschen Migriffen im Leben fhren. Die
bestimmte Religionslehre sollte vielmehr frhe den Satz aufstellen, dem
Knaben und Menschen im eigenen und Gesammtleben nachweisen, und in aller
Entwickelung, in der Natur und der Menschheit anschaulich machen: da
derjenige, welcher wahrhaft mit Ernst und Anstrengung und Aufopferung das
Gute, die reine Darstellung der Menschheit will, nothwendig in ueren Druck,
in ueren Schmerz und Noth, in uere Sorge und Kummer, nothwendig in ueren
Mangel und Plage und Drftigkeit kommen und leben msse; denn die Forderung
jenes Strebens ist ja eben, da das Innere, das Geistige, das wahre Leben
sich frei und offenbar machen, sich kundthun und sich darstellen soll; wenn
nun die erreicht werden und geschehen soll, so mu nothwendig und
unvermeidbar das Zweite eintreten. Lasset, um die lebendig zu erkennen und
einzusehen, den Knaben die Forderungen und Bedingungen, die Erscheinungen
der Entwickelung eines Baumes in Vergleich mit den nothwendigen Forderungen
und Bedingungen, den Erscheinungen der geistigen Entwickelung eines Menschen
anschauen: jede errungene, an ihrer Stelle noch so schne und zweckmige
Stufe der Entwickelung mu schwinden und untergehen, mu schlechthin
vernichtet werden, wenn eine hhere Stufe der Entwickelung und Ausbildung
eintreten soll: die schtzende, wrmende Knospenhlle mu abfallen, wenn der
junge Zweig, die duftende Blthe sich entfalten soll, obgleich der zarte
Zweig, die zarte Blthe dadurch nun dem oft noch so rauhen Frhlingswetter
ausgesetzt wird und ist; die duftende Blthe mu abfallen, um einer zuerst
unansehnlichen und sauren, herben Frucht Platz zu machen; die kstliche,
rotwangige, Menschen erquickende Frucht mu sinken und faulen, damit in
Jugendfrische junge Pflanzen und Bume entkeimen. So gleichen die Psalmen
und die Lieder vieler Kmpfer zur Erringung der Menschenhoheit, der
Darstellung der reinen Menschheit, den Frchten an ihrem, den Frchten an
Davids Lebensbaume, welche schlechterdings nur dadurch erscheinen konnten,
da viele der frheren, ihnen lieben und teuern Lebensentwicklungen
untergingen, um spteren, hheren, edleren Platz zu machen. Und gleichen die
Aussprche jener Psalme, Lieder usw. nicht Kernen, die, wieder ausgeset in
den fruchtbaren Boden des Menschengemtes, schattige Bume voll duftender
Blthen und strkender, ewiger, unsterblicher Frchte tragen?
Also
Entsagung, Entbehrung, Sinkenlassung des ueren, um das Innere zu gewinnen,
dies ist die Bedingung zur Erreichung der hchsten Entwickelung. Damit stimmt
der von einer anderen Seite der Betrachtung kommende Ausspruch: "Je lieber
das Kind, je schrfer die Rute". oder: "Welche der Herr lieb hat, die
zchtigt er", ganz berein; und keinem nicht schon sich selbst ganz
entfremdeten Knabengemte wird diese Wahrheit unzugnglich sein; und der so
gefhrte, sich seines redlichen Strebens bewute Mensch wird nun nicht wie
ein widerspenstiges Kind bey den widrigen Begegnissen auf seinem Lebenswege
murrend klagen: Aber warum geht es mir so traurig, so trbe, so unglcklich,
ich habe ja nichts Bses getan, bin mir wenigstens nichts Bses bewut, und
dem anderen, von dem man es doch augenscheinlich wei, da er bse und
schlecht ist, da er wenigstens nach nur uerlichen Ansichten und
Einsichten, nach vergnglichen und unhaltbaren Grnden handelt, geht es doch
so gut; er wird sich vielmehr sagen: eben weil du ernst und fest nur nach
dem Hchsten und Besten, nur nach dem an sich, nach dem bleibend Guten
strebst, mu alles nur beziehungsweise, nur erscheinende Gute sinken, damit
immer hhere und vollkommenere Entwickelung und zuletzt ewig bleibende
Frchte hervorkommen knnen.
Nicht minder nachteilig und zur Erreichung des
mit dem Menschen ihm zugleich gegebenen Zieles hchst hinderlich ist das in
der Religionslehre und dem Religionsunterrichte oft so berwiegende
Hervorheben der Belohnung guter Thaten und Handlungen erst im Jenseits, wenn
sie hier im Diesseits unbelohnt zu bleiben scheinen. Auf noch rohe Gemther,
welchen der Sinnengenu hher steht, wirkt es nicht, Knaben und Menschen mit
nur natrlich gutem Sinn bedrfen es nicht; denn wenn unser Wandel rein ist,
unsere Handlungen recht und unsere Thaten gut sind, so bedarf es nicht erst
noch eines Lohnes im Jenseit,s, wenn auch im Diesseits alles mangelt,
welchem der sinnliche Mensch einen Wert beylegt. Es zeugt von einer geringen
Erkenntni des Wesens und einer geringen Achtung der Wrde des Menschen,
wenn erst das Reizmittel der Belohnung im Jenseits hervorgehoben werden mu,
um den Menschen zu einem seinem Wesen, seinem Berufe und seiner Bestimmung
wrdigen Handeln zu erheben; der Mensch kann wenn man ihm nur frhe mglich
macht, chter Mensch zu sein und soll darum dahin gefhrt werden, in jedem
Augenblick seine Wrde und sein Wesen zu empfinden; und das Gefhl, das
Bewutsein, seiner Wrde seinem Wesen gem und getreu gelebt und gewirkt zu
haben, mu ihm in jedem Augenblick der hchste Lohn seines Handelns sein,
ohne eines andern uerlichen zu bedrfen, noch weniger ihn zu fordern; oder
bedarf und fordert das gute Kind, der gute Knabe, in dem Augenblicke, da er
in sich das Bewutsein hat, als ein seines Vaters wrdiges Kind, im Geiste
und nach dem Willen desselben gehandelt zu haben, noch etwas anderes als die
Freude dieses Bewutseins; denkt ein einfach natrliches, gut handelndes
Kind nun noch auer diesem Bewutsein auch den Gedanken des Lohnes, der ihm
fr sein Handeln werden knne, sey er auch nur Lob?
Soll der Mensch gegen
Gott nicht so rein und vortrefflich handeln, als der irdische Sohn gegen
seinen irdischen Vater?
Und sagt Jesus nicht selbst: Das ist meine Speise,
das Bewutsein ist mir Leben erhaltend, Leben erhhend, Leben erfreuend, da
ich meines Vaters Willen tue; und preist er die Armen wegen der erhhten
Wirksamkeit der Seelenkrfte und eines damit bereinstimmenden Wandels nicht
schon jetzt selig, wie es wahrhaft ist? Wie entwrdigen, erniedrigen wir die
Menschennatur, die wir erheben sollten, wie schwchen wir sie, die wir
strken sollten, wenn wir ihr eine Lockspeise vorhalten, um tchtig zu
handeln, hinge sie auch im Jenseits, wenn wir ein ueres Reizmittel, sey es
auch das geistigste, anwenden, um besseres Leben hervorzurufen, und die
innere, frei und selbstthtige Kraft unentwickelt lassen, die zu und fr
Darstellung der reinen Menschheit in jedem Menschen ruht. Aber wie ganz
anders ist alles, wenn frhe der Mensch, besonders als Knabe schon auf die
Rckwirkungen seines Handelns, nicht auf seine uerlich angenehmere oder
unangenehmere Lage, sondern auf sein Inneres, seinen geistes und
gemtsfrei thtigern oder gefesseltern, klarern oder trbern, zufriedenern
oder unzufriedenern Zustand aufmerksam gemacht wird; die Erfahrungen, welche
daraus hervorgehen, werden nothwendig immer mehr und mehr den innern Sinn des
Menschen wecken; dann kommt wahre Sinnigkeit, der hchste Knaben und
Jugendschatz, ins Leben. Der knftige Religionsunterricht er und beleuchte
jene Erfahrungen, bringe sie zum Bewutsein, eine und einige sie, ziehe
daraus die in sich und durch sich selbst hervorgehenden und so in sich
selbst ruhenden, sich in und durch sich selbst besttigenden Wahrh.eiten,
zeige die Anwendung derselben, das Nachleben nach denselben in verschiedenen
Steigerungsstufen berall, wo Kraft, Leben und Geist wirkt, und stelle sie
mit den von erleuchteten, vom Geiste Gottes getriebenen Menschen erkannten
und ausgesprochenen Wahrheiten zusammen; so wird chte Religiositt das
ewige Erbteil dieses Menschen sein und endlich nach und nach das Erbteil des
ganzen Menschengeschlechtes werden, und alles Hohe, welches die Menschheit
schon zeigte, welches sich in ihr und durch sie aussprach, wird sich auch in
ihm wiederkehrend aussprechen; und so kommt zum Heile des Einzelnen und des
Ganzen die religise Bildung des Einzelnen dann immer mehr und mehr mit dem
Entwickelungsgange des Religisen in der Menschheit in Uebereinstimmung,
wodurch von und durch sich selbst jeder Trug und Zweifel, jede Willkr
schwindet, und uns nur das selige und beseligende Bewutsein bleibt: "In
Gott leben, weben und sind wir".
Aneignung religiser Aussprche
Es ist
gewi, religise Gefhle, Empfindungen und Gedanken entquellen und entkeimen
dem menschlichen Gemthe und Geiste schon darum, weil der Mensch Mensch ist,
und so auch dem in Geisteseinigung mit den Eltern emporgewachsenen, sich
nicht entfremdet gewordenen Knaben. Nun werden sich aber diese Empfindungen
und Gefhle dem Menschen und in dem Gemthe des Menschen und Knaben in ihrem
Beginne nur als eine Wirkung, eine Wahrnehmung, eine Flle kundthun, ohne
Wort und ohne Gestalt, berhaupt ohne den Ausdruck dessen, was sie sind, nur
als ein Leben Erhhendes und Gemth Erfllendes. da ist es nun hchst
wohlthtig, strkend und erhebend fr den Menschen, fr das Gemth des Knaben,
fr jene Empfindungen und Gefhle Worte, gleichsam Sprache zu bekommen,
damit sie nicht in sich selbst verdumpfen und gestalt- und sprachlos in sich
selbst versinken, sich in sich selbst erdrcken und vernichten. Man frchte
hier nicht, da mit fremden Worten den Kindern und Knaben ein fremdes Gefhl
aufgedrckt und eingeimpft werde; das Religise hat das Eigentmliche der
reinen Luft, des klaren Sonnenlichtes und des hellen Wassers: jedes irdische
Wesen haucht es ein, und in jedem bildet es sich in anderer Form, Gestalt
und Farbe, in jedem erzeugt es anderen Lebensausdruck. Nimm einen einfachen,
jedem Kinde und Knaben durch und in seinem eigenen Leben verstndlichen
religisen Ausspruch, lasse ihn sechs, zwlf und mehreren Knaben aneignen,
und er wird dir an dem Lebensbaume eines jeden wieder als ein diesem
eigenthmlich zugehriger Lebensscho entgegensprossen. Aber freylich ein
Leben mssen die Worte in dem Knaben treffen ; an das Kind mu nicht die
Forderung ergehen, den Worten erst Leben, Gestalt und Bedeutung 2U geben;
sondern die Worte mssen dem in dem Gemthe des Knaben sich schon
vorfindenden Leben und Gestalten Sprache geben und diese durch jene so
Bedeutung erhalten. So bittet ein kaum sechsjhriger Knabe jeden Abend eines
der ihn zu Bett bringenden beyden Pflegeeltern: ,,Lerne mir ein Gebetchen";
und ruhig schlft er dann es gesprochen habend ein. Einmal war an einem Tage
eine Handlung vorgefallen, die ihn nicht ganz klar in seinem Innern zeigte.
Das Gebetchen am Abend begann allgemein, krftig und laut sprach er wie
gewhnlich nach; nur eine leise Wendung deutete auf den Vorfall des Tages
hin, und mit einemmale war Stimme und Wort kaum zum Vernehmen leise; aber
gewi um so lauter sprach das Innere. Gestern sagte er zum ersten Male beym
Bettgehen zu mir: "Bete das Gebetchen mit mir", mir ein Zeichen, da
irgendeines sein msse, was seinem Leben besonders nahegelegen habe; ich
whlte das, was ich glaubte, und er schlief ruhig ein.
Krzlich kam
derselbe Knabe zu mir und brachte ein Bild, welches er soeben gefunden
hatte; er freute sich darber, denn es war bunt bemalt. In dernselben
Augenblicke, da er es mir zeigen wollte, kam ein ungefhr um 1 1/2 Jahr
lterer, sehr lebhafter und inneres Leben wenig zu beachten scheinender
Knabe dazu. "Das ist doch grausam", sagte er, in das Bild geblickt habend:
es war nmlich ein Bild, Handlungen der Trken gegen die Griechen, besonders
gegen griechische Mtter und Kinder darstellend; es wurde ausgesprochen, wie
sehr sie nun, nicht allein sich eines ungekrnkten, sondern sogar gepflegt
werdenden Lebens sich erfreuend, Ursache htten, immer Gott dafr zu danken.
,,Nicht wahr", fiel schnell der lebhaftere Knabe ein, "wie wir in den
Morgen und Abendstunden thun?"
Obgleich noch nie ein besonderes
erklrendes Wort dehalb zu ihm gesprochen worden war. Gewi ist es bey
jngeren Knaben weder nthig noch zweckmig, mit dem Aneignen solcher dem
innern Leben Worte, Sprache und Bedeutung gebenden Aussprche zu oft zu
wechseln.
Achtung, Kenntnis und Ausbildung des Krpers
Nur das achtet
der Mensch, was er nicht allein seinem Werte, seiner Bedeutung, seinem
Gebrauche nach kennt, sondern was er besonders auch anwenden und gebrauchen
kann, von dem er wei, da von dessen guten Eigenschaften und darum
Erhaltung derselben die Erreichung des von ihm angestrebten Werkes und
Zieles abhngt.
Man glaube nun gar nicht, da der Mensch, besonders als
Knabe, seinen Krper kenne, weil er ihm so nahe ist, noch weniger auch seine
Glieder schon dadurch gebrauchen knne, weil sie eins mit seinem Krper
sind. ,,Stelle dich doch nicht so linkisch!" hren wir fter Knaben
besonders aus Stnden zurufen, wo allseitige Krperthtigkeit im Kindes und
frhen Knabenalter nicht zur Tagesordnung gehrt. Wir sehen, da Menschen,
bey denen Geistes und Krperbildung nicht gleichen Schritt und sich
gleichsam gegenseitig bedingend ging, zu gewissen Zeiten und unter gewissen
Umstnden gar nicht wissen, was sie mit ihrem Krper, ihren Gliedern
anfangen sollen. Ja, wie manchem erscheint nicht sogar sein eigener Krper
als eine Last, wie mancher fhlt nicht die Glieder seines Krpers sich
selbst als eine solche. Nun kann wohl eine gelegentliche Ausbildung des
Krpers bey huslicher Thtigkeit zur Krpergewandtheit schon vieles helfen,
da sie aber fast in allen Stnden nur sehr untergeordnet, in den meisten
aber immer nur einseitig in Anspruch nehmend ist, und der Mensch sich
berdies aber nicht allein seiner Krfte, sondern auch der Mittel zum
Gebrauche derselben bewut werden soll: so kann dahin nur eine allseitig
gleiche Ausbildung des Krpers und der Theile des Krpers, als Mittel und
Ausdruck der Geistesbildung, fhren; die spricht sich schon bey dem
einfachsten Unterrichte aus, wo Krper und Gliedergebrauch, Krper und
Gliederhaltung wesentlich ist, z. B. beym Schreiben, Zeichnen, Erlernung
musikalischer Instrumente usw. Hat der Schler hier keine wahre allseitige
Ausbildung und solchen Gebrauch seines Krpers und seiner Glieder vorher
erhalten, und ist diese zum bleibenden Eigentume nicht eingebt worden, so
kann nur den Lehrer und Schler gleich erttende Abrichtung, Dressur, zu
einem krglichen Ziele fhren, und das immer ertnende: "Sitze gerad",
"halte den Arm recht!" scheucht alles Leben und Gedeihen aus dem
Unterrichte. Gewandter, krftiger Krper in allen Lagen und zu allen
Geschften des Lebens und Berufes, wrdevolle Haltung und ein solcher
Anstand des Krpers ist aber nur eine Wirkung allseitiger Ausbildung des
Krpers, als Trger des Geistes. Ja gewi, selbst eine groe Menge
sogenannter Ungezogen, Roheiten und Unanstndigkeiten wrden besonders in
dem Knabenalter schwinden, und wir wrden nicht so oft zu sagen haben und
sagen hren: "Betrage dich nicht so ungezogen", "sei nicht so roh in deinen
uerungen", "stehe anstndig"; wenn wir unsern Knaben gesetzmige, von dem
Einfachen zum Zusammengesetzten fortschreitende, den Menschen allseitig in
Anspruch nehmende, allseitig ihn ausbildende Krperbungen
Krperbungen
in Uebereinstimmung mit der Geistesausbildung, sich auf diese beziehend und
durch diese bedingt gben. Der Wille als solcher beherrscht noch nicht in
jedem Augenblicke den Krper; der Krper mu darum befhigt sein, in jedem
Augenblicke dem Geiste, wie dieser es fordert, zu gehorchen, wie die der
Spieler eines musikalischen Instrumentes deutlich zeigt. Darum ohne eine
solche Bildung des Krpers keine zur Vollkommenheit und zur vollendeten
Ausbildung des Menschen fhrende Erziehung. Dehalb mu auch der Krper in
dieser Hinsicht wie der Geist eine wahre Schule doch nicht alleinstehend
durchlaufen, und streng durchgefhrte, vom Einfachen zum Zusammengesetzten
fortschreitende, auf das Geistige im Menschen bezogene Krperbungen sollten
billig ein Gegenstand jeder Schule sein; denn sie fhren zur wahren Zucht.
Zucht ist, den Knaben auf die ihm anschaulich gewordene und von ihm
empfundene Wrde des Menschen, auf die daraus flieende hchste Achtung
seines Wesens streng und mit Festigkeit in allem seinem Thun zurckzufhren,
d. i. sie in allem seinem Thun hervorleuchten und sich aussprechen zu lassen.
Die ist das Bestimmte (Positive) der Erziehung in diesem Alter und je
lebendiger und deutlicher dem Knaben und Schler die Ahnung und Wahrnehmung
von dem Wesen und der Wrde des Menschen geworden, je klarer, einfacher,
verstndlicher und nothwendiger die aus dem Gesammtwesen des Menschen
hervorgehenden Forderungen sich ihm aussprechen.: um so ernster und fester
mu der Erzieher auf der Erfllung jener Forderungen bestehen, ja er darf,
wenn es nthig sein sollte, das Herabsteigen von der Ermahnung selbst bis zur
Strafe, zur Strenge um des Wohls des Zglings willen nicht scheuen. Die
Schler, die Knabenzeit ist das Alter der Zucht. Nur Geistes und
Krperbildung im Einklange, in Uebereinstimmung macht wahre Zucht mglich.
Ueberdies fordert auch der Krper, oder, was man ebensogut sagen kann, der
Geist nach einer angestrengten Geistesthtigkeit, einer strenggeordneten,
anstrengenden Krperthtigkeit, und diese so geordnete strenge
Krperthtigkeit wirkt wieder strkend auf den Geist zurck, nur also, wo
Krper und Geistesthtigkeit in geordneter lebendiger Wechselverbindung
stehen, ist wahrhaftes Leben.
Aber noch eine andere wichtige Seite haben
die Krperbungen, es ist die, da sie den Menschen, Knaben spter zu einer
lebendigen Erkenntni von dem innern Baue seines Krpers einfhren; denn der
Knabe fhlt hier besonders lebendig alle Glieder seines Krpers im innern
wechselseitig thtigen Zusammenhange; diese Wahrnehmungen, geknpft an nur
einigermaen gute zeichnerische Darstellungen des innern Baues des Menschen,
mssen nothwendig jene obenerwhnte lebendige Erkenntni des und Einsicht in
den Bau des menschlichen Krpers und davon abhngige Beachtung und Pflege
mehrseitig zunchst herbeyfhren, wenigstens eine lebendige Theilnahme daran
veranlassen.
Natur und Auenweltsbetrachtung
Was frher, in dem
Kindeszeitraume, in dieser Beziehung einzeln und alleinstehend geschah und
so in und unter sich ohne besondern Zusammenhang war geschieht jetzt
geordnet und mglichst in innerem nothwendigen Zusammenhange, dem
Entwickelungsgange des Menschen auf dieser Stufe selbst angemessen, und sich
so bald wieder verzweigend, teilend, wie immer das Besondere und Einzelne
aus dem Allgemeinen und Ganzen hervorgeht.
Die Erkenntni jedes Dinges, des
Wesens, der Bestimmung und der Eigenschaften desselben geht berall am
bestimmtesten und klarsten aus den rtlichen Beziehungen und
gegenstndlichen Verhltnissen, in welchen die Sachen selbst stehen, hervor,
spricht sich am lautesten und reinsten daraus aus. Daher fhrt es nothwendig
fr die Knaben und Schler die klarste Einsicht in das Wesen der
Gegenstnde, der Natur und der Auenwelt berhaupt herbey, wenn die Dinge in
dem ihnen natrlichen Zusammenhange, in welchem sie sich eben befinden,
demselben vorgefhrt und von demselben erkannt werden. Weiter sind nun auch
natrlich die Beziehungen und Verhltnisse der Gegenstnde und deren
Bedeutung da dem Knaben am deutlichsten und klarsten, wo er sich von ihnen
und ihren Wirkungen am eindringlichsten und bestndigsten umgeben sieht, wo
vielleicht der Grund ihres Daseyns in ihm selbst liegt, wenigstens von ihm
ausgeht und sich auf ihn beziehet. Dieses sind die Gegenstnde der nchsten
und nahen Umgebung, die Gegenstnde der Stube, des Hauses, Gartens,
Gehftes, Dorfes (Stadt), Wiese, Feld, Wald, Flur. Von der Stube, der
nchsten Umgebung, gehen daher diese geordneten und ordnenden Natur und
AuenweltsBetrachtungen aus, gehen vom Nheren, Bekannteren zum Ferneren,
Unbekannteren ber und treten nun wegen dieses Ordnens, Zusammenfassens und
Theilens als wirklicher Schulgegenstand auf.
Der Lehrgang selbst ist
folgender: der Unterricht beginnt wieder mit dem schon frher als nothwendig
erkannten Hindeuten und Hinweisen auf den Gegenstand selbst. Also z. B. auf
den Tisch deutend: ,,Was ist das?"
Auf den Stuhl deutend: "Was ist das?"
usw.
Nun die zusammenfassende Frage: "Was siehst du oder seht ihr hier in
der Stube?"
"den Tisch, den Stuhl, die Bank, das Fenster, die Tr, den
Blumentopf, das Gemlde usw."
Der Lehrer schreibt sich die Gegenstnde,
welche ein einzelner oder mehrere nennen, auf eine Schiefertafel auf und
spricht sie dann zusammen, gemeinsam mit den Schlern durch. Weiter fragt
der Lehrer:
"Stehen Tisch und Stuhl in demselben Verhltnisse, in derselben
Beziehung zur Stube wie Fenster und Tr?" "Ja!"
"Nein!" "Warum ja?
warum
nein?" "Was sind nun Fenster und Tr in Beziehung auf die Stube?" "Theile der
Stube!" "Nenne mir alles, was du als Theile der Stube erkennst!" "Die Wnde,
die Decke, den Fuboden usw. Alles die sind Theile der Stube." "Wie die Tr,
das Fenster usw. ein Theil der Stube ist, ist so die Stube selbst wieder ein
Theil irgendeines greren Ganzen?" "Ja! des Hauses." "Welches sind sonst
noch die Theile des Hauses?" "Der Hausflur, die Kammern, die Kche, die
Treppe usw." Nachdem der Schler alle Theile des Hauses genannt hat, sprechen
Lehrer und Schler wie immer gemeinsam: "Der Hausflur, Stube, Kammer, Kche,
Treppe, Boden, Keller usw. sind Theile des Hauses."
Das gemeinsame
Durchsprechen aller Schler zugleich und nach dem Vorsprechen ist als Uebung
des Auffassens, des Bezeichnens und der Sprachfertigkeit hchst wichtig.
"Haben alle Huser ganz dieselben Theile, welche dieses Haus hat?"
"Nein!"
"Welche Theile hat dieses Haus, die andere Huser nicht haben?" "Welche Theile
und Rume haben andere Huser, die dieses Haus nicht hat?" "Wodurch werden
die wesentlichsten Theile und Rume eines Hauses bestimmt und bedingt?"
"Durch den Gebrauch und die Bestimmung des Hauses oder Gebudes." "Welches
sind die wesentlichsten Theile, die jedes Wohnhaus nothwendig haben muB, wenn
es bey uns und von uns ein vollstndiges Wohnhaus genannt werden soll?"
"Auer den Gegenstnden, die Theile dieser Stube sind, nanntest du mir vorhin
noch andere, die nicht Theile der Stube sind, die du aber doch in der Stube
siehst, sich doch in derselben befinden; nenne mir nochmals mehrere
derselben." "Sthle, Tische, Blumentpfe, Gemlde, Kupferstiche, Bcher
usw." "Stehen Sthle, Tische, Bnke in demselben Verhltnisse zur Stube, in
welchem Gemlde, Bcher, Blumentpfe 2u ihr stehen?" "Nein!" "Warum nein?"
"Was sind nun Bnke, Tische usw. in Beziehung auf die Stube, auf die
Wohnstube?" "Sie sind nothwendig zur Stube, zur Wohnstube gehrig." "Alle
diejenigen Gegenstnde, welche nothwendig zu einer Stube gehren, nennt man
Stubengerte." "Nenne mir alle Gegenstnde, welche du als Stubengert siehst
und die du als solches kennst." "Hat jeder der anderen Rume des Hauses auch
seine bestimmten, ihm zugehrigen Gegenstnde?" "Ja! Die Kche, die Kammer
usw." "Welche Gegenstnde gehren in die Kche, in die Kammer usw.?" "Diese
Gegenstnde nennt man Kuchengerte usw." "Gibt es in einem Hause aber auch
solche Gerte, welche nicht allein und ausschlieend einem einzelnen Raume
oder Zimmer angehren?" "Ja! dies, dies." "Solche Sachen, sowie berhaupt
alles Gert, welches in ein Haus gehrt, heit Hausgert." "Nennt mir alle
Sachen und Dinge, die euch als Hausgert bekannt sind." "Das Haus hat seine
bestimmten Theile: Zimmer, Rume; ist das Haus selbst aber wieder ein Theil
irgendeines greren Ganzen?" "Ja! des Gehftes." "Welche Gegenstnde
gehren zum Gehfte, sind die Theile des Gehftes?" "Der Hof, der Garten, das
Wohnhaus, das Wirtschaftshaus, die Scheuer, die Stlle usw." "Was fr
Gegenstnde sind in und auf dem Hofe und gehren zu demselben?" "Die
beweglichen Gegenstnde, welche zu und auf den Hof gehren, nennt man
Hofgerte." "Was gehrt in den Garten und zur Bearbeitung des Gartens?"
"Alle die beweglichen Gegenstnde, welche in den Garten und zur Bearbeitung
des Gartens gehren, heien Gartengerte" usw. "Alles Gert, welches zum
Hof, zum Garten, zum Stall, zur Scheuer usw. gehrt, nennt man
Wirtschaftsgerte." "So wie das Haus, der Hof ein Theil des Gehftes ist, so
ist das Gehft ein Theil irgendeines greren Ganzen?" "Ja! des Dorfes." "Was
siehst und bemerkst du in dem Dorfe, was gehrt zum Dorfe (Orte) ; was macht
in seiner Gesammtheit uerlich das Dorf (den Ort) aus?" "Huser, Scheuern,
Grten ; Gehfte ; Kirche, Schulgebude, Pfarrwohnung usw. Gemeindeplatz,
Gemeindehaus, Schmiede, Brunnen usw." "Was haben die Huser des Dorfes in
Beziehung auf ihre Bewohner Gemeinsames, oder mehrere derselben Besonderes?"
"Es sind entweder Bauern oder Handwerks oder Taglhnerhuser." "Was ist
das Eigentmliche und Besondere der Bauernhuser?" "Was ist das Wesentliche
und Nothwendige eines Handwerkshauses?" "Die Werkstatt." "Was gehrt in die
Werkstatt und zur Werkstatt?" "Das Handwerkszeug." "Was gehrt in das
Gemeindehaus?" "Was gehrt in das Schulgebude?" usw. "Was gehrt zur Kirche
und in die Kirche?" "Was ist auer dem Dorfe und umgibt das Dorf?" "Die Flur
oder Feldmark." "Was ist das Dorf in Beziehung zur Flur oder Feldmark?" "Der
Mittel oder der Beziehungspunkt." "Was fr oder welche Gegenstnde siehst
du oder seht ihr in der Flur, in der Feldmark ?" "Felder, Wiesen, Wege,
Steige, Flsse, Grben, Brcken, Stege, Anger Grenzsteine, Marktannen usw."
"Ist die Flur oder Feldmark wieder ein Theil eines greren Ganzen, wie der
Hof ein Theil des Gehftes ist?" "Ja! der Umgegend, der Landschaft." "Was
sahst und siehst du in der Umgegend, Landschaft?" "Berge, Tler, Hhen,
Schluchten, Wege, Stege, Landstraen, Flsse, Bche, Drfer, Mhlen, Stdte,
Burgen, Teiche, Kanle, Wlder usw."
Von diesem Punkte aus entwickelt sich
nun die Erdoberflchen, die Erdkunde (Geographie) als ein selbstndiger
Unterrichtsgegenstand.
Die Auenweltsbetrachtung hat das ganz Eigentmliche
und darum freylich in ihr nothwendig Bedingte, da von ihr aus alle
Richtungen der Gegenstands- und Sachkenntnisse sich zweygartig an bestimmten
nothwendigen Stellen entwickeln, wie die Augen und Zweige an den sten.
Dieses wird bey der Beachtung eines natur und vernunftgesetzlichen
Unterrichts und Lehrganges immer wiederkehrend sich aussprechen. Ueberhaupt
ist die Stelle fr das Ein und Hervortreten jedes neuen selbstndigen
Unterrichtsgegenstandes so fest nothwendig und willkrlos bestimmt, wie die
Verzweigung ebenmig gegliederter Pflanzen. Freilich ist die Andeutung
dafr, wie das Hervorsprossenwollen eines neuen Auges, oft sehr leise und
sich oft nur in einer solchen ruhigen Geistesund Gemthsstimmung des Lehrers
kundtuend, in der er sich stillachtend den Forderungen und Bedingungen des
Lehr- und Unterrichtsgegenstandes ganz hingibt und er in demselben oder
vielmehr derselbe so ganz in ihm lebt, da sich die Forderungen und das
Wesen desselben unmittelbar in seinem Gemthe und Geiste aussprechen, er
dieselben gleichsam unmittelbar in sich wahrnimmt; ist aber der Augenblick
des Hervorsprossenwollens des neuen Zweiges irgendeines
Unterrichtsgegenstandes unbeachtet vorber gelassen, so ist jedes sptere
oder frhere, jedes sonach willkrliche Einfhren und Aufnehmen des doch als
nothwendig erkannten Unterrichts und Lehrgegenstandes immer ein todtes, und
ob sich gleich gegen die Nothwendigkeit des Unterrichts und Lehrgegenstandes
gar nichts sagen lt, so erscheint er doch als ein angeleimter, todter und
wirkt nur als ein solcher fort. Jeder mit chter Liebe und Treue nach einem
wahrhaft natur und vernunftgesetzlichen: lebendigen Unterricht strebende
Lehrer wird die gewi oft und schmerzlich empfunden haben, wenn er in einer
ber, regel und gewohnheitsklugen, oder in einer trben oder abgestumpften
Zeit jenen Augenblick des Hervorsprossens bersehen hat; abmhen wird er
sich ohne Erfolg, ein Gliedermann wird der Zusammenhang seines Unterrichts,
sein Unterrichtsgang sein und ein Klapperwerk, leer und tot. Darum ist gewi
dies Beachten des Augenblicks, der Stelle und des Ortes, an und in welcher
ein neuer Unterrichtsgegenstand als eine neue Verzweigung auf und eintritt,
das Wichtigste zu einem lebendigen, lebengebenden und lebenweckenden
Unterrichte. Das Wesen eines natur und vernunftgesetzlichen, lebenweckenden
und entwickelnden Unterrichts besteht grtenteils nur in der Auffindung und
Festhaltung dieses Punktes; denn ist es wahrhaft gefunden, so entwickelt
sich der Unterrichts und Lehrgegenstand nach seinem in ihm ruhenden
lebendigen Gesetze, wie jedes andere Lebganze, selbstndig fort und lehrt so
in recht eigentlichem Sinne selbst den Lehrer. Darum mu alle Achtsamkeit
des Lehrers dahin gerichtet sein, diese Spro und Augenpunkte der
Unterrichtsverzweigung sich nie entschlpfen zu lassen. Das Versumnis
dieser Forderung und deren Folgen wird die Unterrichtsweise und den nicht
naturgesetzlichen Lehrgang zeichnen, der in sich selbst zerfllt.
Wir kehren nach dieser Einschaltung zum Lehrgang der AuenweltAuffassung
selbst zurck.
"In der Flur und Umgegend, in der Landschaft, bemerkst du Bume,
Trme, Pelsen, Quellen, Mauern, Wlder, Drfer usw.; berschaue diese und
alle die anderen Gegenstnde deines Gesichtskreises noch einmal und siehe,
ob jeder dieser Gegenstnde der einzige seiner Art ist, oder ob sich mehrere
als gleichartige zusammenordnen und aneinanderfgen?" "Es ordnen und fgen
sich mehrere Gegenstnde als gleichartig zusammen." "Nennt mir immer mehrere
Gegenstnde, die ihr als sich immer gleichartig zusammenordnend erkennt."
"Wenn ihr die mehreren Gegenstnde eurer Umgegend und eures Gesichtskreises,
welche sich immer gleichartig zusammenordnen, weiter unter und miteinander
vergleicht, zeigt sich an ihnen eine Grund und Hauptverschiedenheit?" "Ja!
einige Gegenstnde verdanken ihr Daseyn nur der Natur, entstehen nur durch
die Natur und in der Natur; andere Gegenstnde verdanken ihr Daseyn nur den
Menschen, entstehen nur durch die Menschen, werden von den Menschen
gemacht." "Die ersteren Gegenstnde werden Naturwerke, Naturgegenstnde
genannt, die zweyten Menschenwerke." "Sucht mehrere Naturwerke auf, die ihr
in der Umgegend, in euerm Gesichtskreise wit und kennt." "Bume, Felder,
Wiesen, Gras, Bche, Grben usw." "Sucht ebenso mehrere Menschenwerke eures
Gesichtskreises, die ihr wit und kennt, auf." "Mauern, Zune, Hecken, Wege,
Lauben, Weinberge usw." "Knnen wohl Felder und Wiesen reine Naturwerke
genannt werden?" "Ja!"
"Nein !" "Warum Ja?"
Warum Nein?" "Knnen wohl
Lauben, Hecken, Weinberge usw. reine Menschenwerke genannt werden?" "Nein!"
"Warum Nein?" "Gut! solche Gegenstnde, wie Lauben, Weinberge, Felder,
Wiesen, veredelte Obstbume, Brunnen usw. werden Naturmenschenwerke
genannt." "Sucht mehrere Naturmenschenwerke in eurer Umgegend auf."
(Gemeinsames Durchsprechen von Lehrer und Schlern wie immer.)
"Sucht
mehrere Naturgegenstnde eures Gesichtskreises, eurer Umgegend auf,
betrachtet sie genauer, vergleicht sie unter und miteinander und seht, ob
und welche weitere trennende oder einende Grund und Hauptverschiedenheiten
ihr unter ihnen wahrnehmt, z. B. der Baum, der Fels, der Stein, der Flu,
der Vogel, die Eiche, der Hirsch, die Tanne, der Donner, der Blitz, die
Luft." "Sie zeigen unter sich trennende und einende Verschiedenheiten."
"Gut, welche?" "Hirsch, Kfer, Kuh, Vogel, Schnecken sind Thiere." "Fichte,
Eiche, Moos, Gras sind Gewchse, Pflanzen." "Luft, Wasser, Stein, Fels sind
Irden (Mineralien)." "Regen, Donner, Blitz sind Naturerscheinungen." "Sucht
in dem euch umgebenden Gesammtraume alle euch bekannten Thiere auf ." "Ferner
ebenso die Gewchse." "Weiter die Irden." "Endlich die Naturerscheinungen."
Nun Betrachtung der Thiere auf dem Raume und Orte, in welchem sie leben.
"Erzeugen sie sich, leben, befinden und ernhren sie sich an Orten einerlei
oder verschiedener Art?" "An Orten verschiedener Art; sie leben entweder im
Haus, Hof, Gehft oder im Freien, und dann in der Flur, auf dem Felde oder
im Walde; auf dem Lande oder im Wasser; in der Luft oder in und an andern
Stoflen." "Thiere, welche in dem Hause leben, zum Hause gehren, sich
vorwaltend zu den Menschen und deren Wohnungen halten, heien Haustiere."
"Thiere, welche vorzugsweise auf dem Felde leben, heien Feldtiere." "Thiere,
welche vorzugsweise in dem Walde wohnen und leben, heien Waldtiere." "So
Landtiere, Wassertiere, Beidlebende (Amphibien), Lufttiere usw."
Wie in
allen diesen Beziehungen die Thiere betrachtet wurden auf dem Orte in welchem
sie vorwaltend leben, ebenso werden nun auch von dem Lehrer die Pflanzen und
Gewchse vorgefhrt als Hausgewchse, Gewchs und Treibhauspflanzen, als
Stuben, Garten, Feld, Wiesen, Wald, Wasser, Sumpf und
Schmarotzergewchse.
Nach hnlichen Rcksichten werden die Irden
(Mineralien) vorgefhrt; doch werden diese in dieser Beziehung weniger
Rcksichten zur Betrachtung darbieten.
Auf hnliche Weise und nach
hnlichen Rcksichten werden die Naturerscheinungen als Erd, Luft, Wasser
und Feuererscheinungen vorgefhrt.
"In welchen Beziehungen und nach welchen
Rcksichten wurden die Naturgegenstnde bisher betrachtet?" "In Beziehung
auf den Raum und Ort, in welchem sie sich erzeugen, leben und wohnen."
"Durch den Ort, in welchem die Naturgegenstnde sich befinden und leben,
kommen sie dem Menschen entweder nher oder ferner; zeigt sich nun wohl in
der Lebensweise und dem Betragen, den uerungen und Eigenschaften der
Naturgegenstnde eine Verschiedenheit, je nachdem sie den Menschen nher
oder ferner sind?" "Ja !"
"Nein!" "Warum ja?"
"Warum nein?" "Die
Naturgegenstnde, welche dem Menschen nher, seinem Einflusse ausgesetzter
sind, sind schwchlicher, emphndlicher, pflegebedrftiger, bildsamer usw.,
sie sind berhaupt mehr zahm; die von dem Menschen entfernteren, seinem
Einflusse weniger ausgesetzten Naturgegenstnde, sind mehr roh, sind wild ."
"Nennt mir in dem euch umgebenden Raume die euch bekannten zahmen Thiere."
"Nennt mir in dem euch umgebenden Raume die euch bekannten wilden Thiere."
Die zahmen Thiere knnen auch noch in Beziehung auf ihren Nutzen und Gebrauch
betrachtet werden, und hier als Nutz, Schutz, Lust, Last, Zugtiere usw.
Auch die wilden Thiere knnen nach der bezglichen Rcksicht als nt~lic/~e
und schdliche Thiere betrachtet werden.
Auf gleiche Weise werden die
Pflanzen und Gewchse betrachtet. "Die zahmen Gewchse werden auch
Kulturgewchse genannt." usw.
Auch von den Irden lt sich etwas hnliches
sagen, z. B. Waldstrme und Brunnenwasser, Felsboden und Ackererde usw.
"So
wie ihr in dem Bisherigen die Naturgegenstnde des euch bekannten, euch
umgebenden Raumes in Beziehung auf den Ort betrachtetet, in welchem sie sich
erzeugen und leben, knnen sie nun ebenso auch wohl noch nach einer anderen
hnlichen Rcksicht betrachtet werden?" "Ja! in Beziehung auf die Zeit, z.
B. Winter und Sommerfrchte, Frhlings, Sommer und Herbstblumen."
Auch
in dieser Beziehung werden Thiere und Pflanzen und Naturerscheinungen
betrachtet, z. B. im Winter: Nordlicht; im Sommer: Hhenrauch; Nebel im
Frhlinge und Herbste; im Winter: Schnee, Eis, Reif. So ist fr uns die
Schwalbe ein Sommervogel; die Lerche und Bachstelze ein Frhlingstier; die
Schneegans ein Wintertier.
So gibt es Tag, Dmmerungs und
Nachtschmetterlinge. So Mai, Junius, Juliuskfer. So Mrzblmchen,
Maiblmchen, Frhlingswei (Schneeglckchen).
Aber auch in Beziehung auf
Ort und Zeit zugleich knnen die Thiere, besonders die Vgel, betrachtet
werden als Zugvgel und Strichvgel.
Ganz besonders wichtig ist die
Betrachtung der Thiere nach ihrer Lebensweise, hier: z. B. fleischfressende,
reiende Thiere; Gras oder Krner fressende Thiere usw.
Hier schliet sich
nun sogleich die besondere Kenntnis des Naturgegenstandes, die
Naturbeschreibung und spter die Naturgeschichte, welche es mit Anschauen
und Auffinden der mehr innern, besondern gliedbaulichen Eigenschaften zu thun
hat, als ein neuer und selbstndiger Lehrgegenstand, so wie frher bey der
Betrachtung der von Wirkungen der Krfte usw. abhngigen Naturerscheinungen
die Naturlehre, an. Auch die Betrachtung der Irden (Mineralien) weist
nothwendig auf die Naturlehre (Physik) hin.
Der Uebergang von der allgemeinen
Naturbetrachtung, als Auenweltsbetrachtung, zur Naturkunde,
Naturbeschreibung und Naturgeschichte, macht die Betrachtung der dem
Menschen durch ihr Leben und ihren Nutzen oder Schaden am nchsten stehenden
Thiere; und hier die Unterscheidung der lebendig gebrenden, der Sugetiere,
und der Eier legenden und brtenden und der nur Eier legenden, deren
Ausbrtung aber der Natur berlassenden Thiere usw.
Die Naturkunde und
Naturbeschreibung hat es spter zunchst mit Auffassung und Aufsuchung der
unterscheidenden: trennenden und einenden uern Eigenschaften der
Naturgegenstnde, deren Bedingungen und Ursachen, deren Wirkungen und Folgen
zu thun, und besonders mit der Auffindung und Erkenntni der daraus
hervorgehenden natrlichen Zusammenordnung und nothwendigen
Zusammengehrigkeit der Naturdinge: mit der Auffassung der ueren
Eigenschaften, durch welche sich das innere Wesen des Dinges uerlich am
unzweideutigsten und eigenthmlichsten ausspricht.
Durch das Hinaufsteigen
vom Besonderen, Einzelnen, zum Allgemeinen und Allgemeinsten und durch das
Wiederherabsteigen vom Allgemeinen zum Besonderen und Besondersten, durch
dieses gleichsam Wogende des Unterrichtes und Lehrganges, besonders der
Auenweltsbetrachtung, entspricht derselbe nicht allein mglichst dem Leben
selbst, sondern es wird auch so mglich, die Kenntnis jedes Gegenstandes fr
jede Stufe der geistigen Entwickelung und Fassungskraft des Schlers zu
erschpfen.
So wie in dem Bisherigen die Naturgegenstnde nach allen ihren
ueren leicht in die Augen fallenden Beziehungen: in Hinsicht auf Ort,
Zeit, Lebensweise und Lebensuerungen usw. betrachtet und aufgefat und
diese Beziehungen erschpft wurden, auf ganz hnliche Weise werden die
Menschenwerke uerlich betrachtet.
"Sucht Menschenwerke auf, die ihr in
dem euch umgebenden Raume, der Landschaft, dem Gesichtskreise wit und
kennt, und seht, ob und welche Verschiedenheiten sie zeigen." "Das Haus, das
Dorf, die Kunststrae, die Brcke, die Stadt, die Mauer, der Pflug, der
Grenzstein, der Wagen, der Wegweiser usw." "Gut! Welche Verschiedenheiten
zeigen sie2" "Sie sind verschieden ihrer Entstehung und ihrem Stoffe, ihrem
Gebrauche und Zwecke, ihrer Bestimmung nach." "Sucht Menschenwerke auf, die
ihrem Gebrauche und Zwecke, ihrer Bestimmung nach verschieden sind." "Welche
Verschiedenheit zeigen sie in dieser Hinsicht?" "Sie dienen dem Menschen zur
Wohnung oder zum Nutzen und Schutz oder als Werkzeug und Gert, um dadurch
oder damit etwas zu machen, oder zur Bequemlichkeit und Erleichterung
besonders des Verkehrs unter den Menschen oder zum Vergngen, oder es sind
reine Erzeugnise der menschlichen Kraft und des menschlichen Geistes."
"Welche Menschenwerke sind es, die dem Menschen Wohnung und Aufenthalt
geben?" "Huser, Drfer, Stdte." "Was hat und zeigt eine Stadt vorwaltend
Eigentmliches?" "Ringmauern, Tore, Straen, Gassen, Marktpltze, Rathaus,
Kauflden, Werksttten, berhaupt sehr verschiedenartige Gebude." "Wodurch
sind die Gebude einer Stadt ganz besonders verschieden?" "Durch ihren
Gebrauch, ihre Bestimmung." "Welche Verschiedenheit zeigen die Gebude einer
Stadt ihrer Bestimmung nach?" "Es sind Wohngebude, Gewerkshuser,
ffentliche Gebude, Lust und Prachtgebude." "Welches sind die
verschiedenen Arten der Gewerbshuser?" "Werksttten, Manufaktur und
Fabrikgebude, Kauflden, Vorratshuser (Magazine) usw." "Welche
verschiedenen Werksttten gibt es in der Stadt?" "Tischler, Schmiede,
Schneiderwerksttten, Sattler, Grtler, Schuhmacher, Wagnerwerksttten,
Bcker, Klempner, Weberwerksttten usw." "Was zeigt jede Werkstatt
Eigentmliches?" "Das Werk oder Handwerkzeug." "Welches Werkzeug gehrt in
die Tischlerwerkstatt?" "Welches Werkzeug gehrt in die Schmiede?"
usw.
bey jeder Werkstatt. . "Was ist die Bestimmung und der Zweck der
Werksttten?" "Etwas hervorzubringen, zu schaffen, zu gestalten." "Was wird
in der Tischlerwerkstatt hervorgebracht?" "Was wird in der Schmiede gemacht
und hervorgebracht?"
usw. in jeder Werkstatt.
Ebenso bey den
verschiedenen Manufaktur und Fabrikgebuden ; erstlich was enthalten sie an
Gertschaften und Arbeitszeug, zweytens was wird in ihnen hervorgebracht?
"So mit den Vorratshusern: wozu dienen, was enthalten sie?" "Sind die
Kauflden auch unter sich verschieden?" "Wodurch sind die Kauflden unter
sich wesentlich verschieden?" "Durch das, was sie enthalten." "Welche
Verschiedenheit zeigen die Kauflden in Beziehung auf das, was sie
cnthalten?" "Sie enthalten entweder Natur und Kunsterzeugnisse, Stoffe, die
vorwaltend nach dem Gewichte verkauft und besonders zu den Nahrungsmitteln
der Menschen verwandt werden; oder sie enthalten Kunsterzeugnisse, welche
vorwaltend nach dem Lngenmae verkauft werden; oder sie enthalten allerlei
Einzelheiten, Kleinigkeiten und Gertschaften entweder des Nutzens und
Bedrfnisses oder der Verschnerung und des Putzes usw., welche ihrem
eigenthmlichen Einzelwerte und der Zahl nach verkauft werden usw." "Die
ersteren werden Materialhandlungen, die zweyten Schnitzwarenhandlungen
genannt; die dritten knnen dem Inhalte nach wieder sehr verschieden sein:
Eisenhandlungen, Spielwarenhandlungen, Putzhandlungen usw." "Was enthlt
eine Materialhandlung wesentlich?" "Welche wesentliche Verschiedenheit
zeigen alle diese Waren in Beziehung auf den ort ihres Erzeugtwerdens?" "Sie
sind entweder inlndisch oder auslndisch." "Nenne mir inlndische
Materialwaren." "Nenne mir auslndische Materialwaren."
Ebenso wird das
Wesentlichste und Eigentmlichste jedes Ladens hervorgehoben und angefhrt.
Auch die ffentlichen Gebude werden ihrer Bestimmung, ihrem Gebrauche nach
unterschieden und zusammengeordnet, als Gebude des Unterrichts, der
Belehrung, der Gottesverehrung, der Pflege und Mildthtigkeit, des
Unterhaltes, der Ordnung und des Schutzes, des Vergngens, des Andenkens
usw.
So wird auch der durch ihre Bestimmung gegebene Inhalt der
ffentlichen Gebude durchgefhrt, z. B. der Gebude des Unterrichtes: der
Bchereien usw.
Nun steigt die Betrachtung vom Werke zum Werkmeister, vom
Erzeugni zum Verfertiger; von der Wirkung steigt die Betrachtung zum Grunde
und zur Ursache, also bey den Menschenwerken zum Menschen empor (wie von der
Naturbetrachtung zu ihrem Schpfer, Gott). "Wie heien die, welche in der
Tischlerwerkstatt arbeiten und die daraus hervorgehenden Sachen
verfertigen?" "Tischler" usw. "Wie werden alle diejenigen, welche in
Werksttten arbeiten, grtenteils genannt? " "Handwerker." "Werden auch die
Arbeitsrume anderer Erzeuger uerer Werke Werksttten genannt, ohne da
jene darum Handwerker sind?" "Ja! der Bildhauer usw." "Gibt es auch
Handwerker, welche keine besonderen Arbeitsrume, keine besonderen
Werksttten haben?" "Ja! die Maurer, die Zimmerleute, die Tncher." "Wie
heien diejenigen, welche in Manufakturen und Fabriken arbeiten und fr die
Erzeugnise derselben wesentlich thtig sind?" "Manufakturisten und
Fabrikanten." "Nennt mir alle Arten der Handwerker, die ihr kenntl"
(Ebenso alle Arten der Manufakturisten und Fabrikanten.) "Ordnen sich die
verschiedenen Handwerke ebenso die Manufakturen und Pabriken nach in
ihnen selbst liegenden Bestimmungen wieder als zusammengehrig unter sich
nher aneinander?" "Ja!" "Nach welchen Rcksichten und Bestimmungen ordnen
sich die Handwerker unter sich aneinander?" "Nach dem Stoffe, welchen sie
bearbeiten und somit nach der Art der Arbeit selbst, z. B. Holzarbeiter
usw." "Lassen sich auch die verschiedenen ueren Erzeugnise der
menschlichen Thtigkeit nach besonderen in ihnen selbst liegenden
Bestimmungen und Rcksichten betrachtend zusammenordnen und trennen?" "Ja,
entweder dem Stoffe oder der Entstehung oder dem Gebrauche ihrer Bestimmung
nach." "Wie knnen die verschiedenen ueren Erzeugnise der Menschen ihren
verschiedenen Stoflen nach betrachtet werden?" "Als Erzeugnise aus dem
Stein, Pflanzen und Thierreiche. Der Stoff vorwaltend und ausschlieend
steinern und irden oder ausschlieend und wesentlich hlzern und
pflanzlich oder metallen oder gleich wesentlich Stein (irden) und Holz
(pflanzlich) oder Stein und Metall oder Holz und Metall oder Holz und
Stein oder endlich besonders Thiere oder gemischte und unbestimmbare
Stoffe." "Wie knnen die verschiedenen uern Erzeugnise der menschlichen
Thtigkeit ihrem Gebrauche nach unterschieden und zusammengeordnet werden?"
"Als Schutzwerke, Nutzwerke, Lustwerke, Kunstwerke, Denk und Prachtwerke."
"Als Schutzwerke knnen betrachtet werden die Wohnungen, die Kleider, die
Wehren, Waffen; und alle knnen wieder nach besonderen Rcksichten
unterschieden werden, so z. B. die Waffen als Schie, Stech und
Hauwaffen." "So die Nutzwerke als Werke zur Erhaltung der gesellschaftlichen
Ordnung und des gesellschaftlichen brgerlichen Verkehrs, z. B. Brcken,
Kunststraen, Marksteine, Wegweiser usw., als Werke zur Hervorbringung:
Werkzeuge, Dienzeuge, Gerte." "Die Werkzeuge knnen wieder betrachtet und
zusammengestellt werden als Trennwerkzeuge Bohr und Stechwerkzeuge
Sto und Schlagwerkzeuge als Rei und Glttwerkzeuge und Druck und
Prewerkzeuge." "Sucht Trennwerkzeuge auf." "Die Axt, der Keil, der Meiel,
das Schnittmesser usw." "Sie knnen wieder betrachtet werden als Schneid
und Hauwerkzeuge, als Sge, Spalt und Brechwerkzeuge." "Nenne fr jedes
einige Beyspiele." "Sucht Sto und Schlagwerkzeuge auf." "Hammer, Ramme,
Stampfe, Schlgel usw." "Nennt mir Bohr und Stechwerkzeuge." "Nagelbohrer,
Sprenkelbohrer, Windebohrer, Hohlbohrer, Pfrieme, Pfahleisen, Nadel usw."
"Nennt mir Rei und Glttwerkzeuge, die ihr kennt." "Die Raspel, die Feile,
der Glttzahn, der Pflug, die Egge, der Wetzstein, der Hobel, das Falzbein."
"Sucht Druck und Prewerkzeuge auf." (Wie immer wird die Gesammtheit des
gemeinsam Aufgefundenen auch vom Lehrer und von den Schlern gemeinsam
durchgesprochen.)
Ebenso bey Dienzeugen. "Was ist der Unterschied zwischen
Dien und Werkzeugen?" Die Gerte sind wohl grtenteils schon im Frheren
betrachtet worden. Auf hnliche Weise werden die Lust, die Denk und
Pracht und besonders die Kunstwerke betrachtet. Wie frher der Inhalt der
ffentlichen Gebude vorgefhrt wurde, so nun ihre Bestimmung, ihr Gebrauch.
"Wozu ist das Rathaus, das Amtshaus, das Schutzgebude, und was geschieht in
denselben?" "Wozu sind die Schulen?
Die Kirchen?" "Wie heien die
Menschen, welche im Rathause, im Amtshause usw., in der Schulc, in der
Kirche als solcher thtig und wirksam sind?" "Amtleute usw."
,,Ratsleute
usw."
,,Schullehrer usw."
"Geistliche usw." "Was ist das Geschft der
Amtsleute usw.?" "Was ist das Geschft der Ratsleute usw.?" Ebenso bey den
Schullehrern und Geistlichen.
"Zeigt alles die nur die Stadt allein?" "Was
macht nun wohl eine Stadt zur Stadt?" "Gibt es Stdte verschiedener Art?"
"Ja! Landstdte, Amtsstdte, Hauptstdte, Residenzstdte, See, Handels,
Berg, Hochschulenstdte!" "Was ist das Eigentmliche und Wesentliche jeder
dieser Stdte?
usw. und so ihrer Bewohner?" "Gibt es noch Thtigkeiten,
Beschftigungen und Wirksamkeiten der Menschen, welche bisher noch nicht
genannt wurden?" "Ja! viele." "Welche ?" "Handarbeiter, ohne gerade
Handwerker zu sein, Taglhner; Jger, Fischer, Grtner, Ackerbebauer,
Viehzchter usw." "Findet unter den verschiedenen Thtigkeiten und
Beschftigungen der Menschen eine gewisse hnlichkeit und Gleichheit statt
oder nicht?" "Ja! es finden bestimmte zusammenordnende hnlichkeiten und
Gleichheiten statt." "Welche?" "Haben alle die verschiedenen Thtigkeiten der
Menschen Zwecke oder k eine? " "Sind die verschiedenen Zwecke der
menschlichen Thtigkeit von einer oder verschiedener Art?" "Was ist wohl der
letzte Zweck aller menschlichen Thtigkeit, alles menschlichen Wirkens und
Schaffens?" "Da der letzte Zweck aller menschlichen Thtigkeit, alles
menschlichen Wirkens nur einer ist, leben und lebten so auch alle Menschen,
welche Beschftigung und welches Wirken sie auch haben mgen, in einem und
ebendemselben Verhltnisse?" "Ja! in der Familie, in dem
Familienverhltnisse." "Da alle Menschen ohne Ausnahme in
Familienverhltnissen leben und lebten; da aber auch aller Menschen Streben
hchster und letzter Zweck: reinste Darstellung und klarstes Bewutwerden
des von Gott dem Menschen gegebenen Wesens ist, wo sollen und werden also
auch die Menschen zur Erreichung dieses letzten Zweckes ihrer Thtigkeit und
Strebens am gewissesten und sichersten vorgebildet und zur Erreichung jenes
Zweckes entwickelt werden mssen?" "In der Familie." "Welches sind die
ueren Bedingungen einer Familie, und welches sind die wesentlichen Glieder
jeder Familie?" "Vater, Mutter, Kind und auch die Dienenden." "Wie mu eine
Familie also beschaffen sein, wenn in ihr und durch sie der Mensch fr den
hchsten und letzten Zweck des Lebens entwickelt und vorgebildet werden,
wenn der Mensch in ihr und durch sie den hchsten und letzten Zweck des
Lebens erreichen soll?" "Sie mssen diesen letzten Zweck und die zur
Erreichung desselben fhrenden Mittel erkennen, sich ber den Weg und die
Mittel zur Erreichung desselben verstehen und sich dafr gegenseitig durch
ihre Krfte, Fhigkeiten, Einsichten und Mittel nach den Forderungen und
Bestimmungen des hchsten Zweckes, und nur diesen im Auge habend,
untersttzen, usw." "Wenn auch eine einzige Familie allen diesen Forderungen
entsprche, wrde sie dadurch imstande sein, den hchsten und letzten Zweck
des Menschenstrebens durch sich allein zu erreichen?" "Nein!"
"Warum
nicht?" "Weil eine einzige Familie unmglich alle Krfte, Fhigkeiten,
Mittel dazu in sich vereinigen kann." "Wie wird also des Menschen und der
Menschen letzter Zweck leichter und sicherer erreicht werden?" "Wenn sich
einige und mehrere, den hchsten Zweck des Menschenlebens und Strebens
erkennende, sich ber die Mittel zur Erreichung desselben verstehende und
sich gegenseitig durch ihre Krfte, Kenntnisse und Mittel frderlich
untersttzende Familien fr jenen hchsten Zweck vereinen." "Nur das
Menschengeschlecht als ein Ganzes, als eine Einheit, kann den hchsten und
letzten Zweck alles menschlichen Strebens: Darstellung der reinen
Menschheit, erreichen." reinen Menschheit, erreichen." So ist der Schler
nach einem groen Kreis und Schlngellaufe zurckgekehrt zu der Haus und
Familienstube, von welcher er beym Anfang der Auenwelts und
Naturbetrachtung ausging, zurckgekehrt zu dem Mittelpunkte alles
irdischmenschlichen Treibens und Strebens; doch mit andern Augen und
Sinnen, obgleich die Gegenstnde der Auenwelt grtenteils nur uerlich
vorgefhrt und angeschaut wurden; er hat den Menschen in seinen
verschiedenen Beziehungen zu den Dingen der Auenwelt, er hat sich selbst
gefunden.
Dieser Unterrichtsgegenstand wurde als der erste besonders
dehalb so ausgefhrt, andeutend durchgefhrt, um zu zeigen, wie jeder
Unterricht von dem Menschen, dem Schler, seinen nchsten Umgebungen,
ausgehen, sich auf den Menschen zurckbeziehen und zu demselben
zurckfhren, zurckkehren msse .
Da die zuletzt angedeuteten Antworten
in der angegebenen Vollstndigkeit und dem angegebenen Zusammenhange von den
Schlern, auch den seit dem Verlaufe des Unterrichtes an Alter
vorgerckteren Schlern weder gegeben werden sollen noch knnen, braucht fr
den nur etwas selbst Denkenden kaum ausgesprochen zu werden; aber entwickelt
sollen in dem Schler die Einsichten, die sie enthalten, werden; und diese
auf seiner noch untergeordneten Stufe des Urteils in sich aufnehmen zu
knnen, dafr ist er gewi entwickelt genug.
Ebensowenig braucht fr
Denkende ausgesprochen zu werden, da, da der Unterricht sich ganz an die
rtlichkeit des Knaben und Schlers knpfen soll und mu, dehalb bey der
besondern Anwendung alles ausgeschlossen bleibt, was auer dem Lebekreise
des Schlers und Knaben ist; es sollte blo angedeutet werden, wie diese
Auenwelts und Naturbetrachtung nach einem in ihr selbst liegenden Gesetze
und Lehrgange in Einheit und Ungestcktheit alles umfat, was die Natur und
Auenwelt dem Beachtenden vorfhrt; doch werden sich einige hnliche
Beziehungen, wie z. B. fr den Handel oder die hhern geistigen Thtigkeiten
der Menschen, fr alle angedeuteten Verhltnisse und Wirksamkeiten des
Menschen finden, und je seltner und zurcktretender sie sich finden,
umsomehr ist es nthig, sie aufzufassen und festzuhalten, um hhere und
fernere Entwickelungen daran anzuknpfen; denn wer sieht nicht, was sich bey
dem jetzt immer allgemeiner werdenden, wenigstens uerlichen Bildungsgrade
selbst dem Leben des in grter Abgeschiedenheit lebenden Land und
Talbewohners zur Beachtung und Beurteilung aufdrngt, indem nicht allein die
Ueberschauung, sondern auch die Durchschauung und Beherrschung der hhern
Lebens und Naturverhltnisse immer mehr und mehr das wird, was sie werden
soll, eine Aufgabe zur Lsung fr das ganze Menschengeschlecht.
Auch wurde
es nicht fr nthig geachtet, fr Denkende und nur Denkende sollen lehren
und unterrichten die Spro- und Augenpunkte fr jeden neuen
Unterrichtszweig anzugeben z. B. fr die sogenannte Naturlehre (Physik)
bey den Naturerscheinungen, dem auffallenden Hervortreten innerlich
wirkender Krfte; fr die Chemie ebenfalls bey gewissen Naturerscheinungen
der Umwandlung der Stoffe entweder durch Einwirkung allgemeiner
Naturthtigkeiten: des Lichtes, der Wrme, so z. B. bey der Frbung, dem
starken wrzigen Geruch gewisser Bltter im Herbste, der Fulnis usw., oder
durch Einwirken der Stoffe auf Stoffe. So den Spro und Augenpunkt fr die
Gewerbskunde (Technologie) bey der Betrachtung der menschlichen Gewerbe usw.
Es ist berhaupt gut, wenn der Lehrende die alles selbst in sich findet; es
ist dann die Erkenntni lebendiger, und der Unterricht gewinnt an wahrem
Anteile. Und warum sollte nicht jeder Denkende den rechten Weg in sich zu
finden imstande sein; wenn er sich nur treu und willig und ohne Klgelei,
Zweifelsucht oder Eigendnkel von dem Geiste selbst leiten lt; denn in
allen Menschen und in allen Wesen wirkt ja nur der eine ihnen allen gegebene
Gottesgeist, und so wird auch der schon lange und viel Gelehrthabende, auch
wenn er das Einfachste lehrt und wieder lehrt, lehrend lernen; wenigstens
geht es dem Schreiber dieses noch bis jetzt immer so, wo kme denn auch
sonst dem Lehrer die Kraft und der Mut zur Lehre, der denselben doch leider
zu oft durch die willkrlich von der Einsichtslosigkeit und dem Vorurteil in
den Weg gelegten Hindernisse und Schwierigkeiten verlt. Darum werde gleich
in Beziehung auf den Schler hier dem Einwurf noch begegnet: wie soll der
Knabe, besonders des hier vorschwebenden Alters von sechs bis acht Jahren
und etwas darber, schon die hier vorgefhrte Einzelkenntnis besitzen?
besitzt solche ja der Erwachsene kaum. Besitzen soll er sie auch noch nicht;
allein sie soll ihm im Fortgange des Unterrichtes nach und nach kommen, und
sie kommt ihm gewi, wiederkehrende Durchlaufung dieses uerlich von den
Schlern grtenteils selbstgeschaffenen Lehrganges hat es gezeigt; auch
wird in dem Knaben eine solche Beachtung der Gegenstnde der Natur und der
Auenwelt angeregt, da kaum etwas von nur einiger Wichtigkeit seiner
Aufmerksamkeit entgeht, und er so gewi die Belege zu dem, worauf eine
frhere Lehrstunde aufmerksam machte, nachtrglich liefert. So lernt der
Mensch frhe, was seine Bestimmung fordert: beachten und denken. Ueberdies
wei aber auch der Knabe, der Mensch mehr, als er sich bewut ist.
Nun
liee sich noch sagen, da ein solcher Unterricht den Knaben zu frh aus
seinen natrlich engen Grenzen herausfhrte, da er durch die
Mannigfaltigkeit, die er in sich aufnhme, eitel auf Wissen wrde.
Mannigfaltigkeit der Kenntnis im nothwendigen, lebendigen Zusammenhange macht
nie eitel; denn sie macht den Menschen nachdenkend und zeigt ihm, da er im
ganzen nur noch wenig wei; jenes erhebt den Menschen zum Menschen, dieses
gibt ihm seinen schnsten Schmuck: Bescheidenheit.
Doch wie wre es
mglich, allen den Einwrfen und Abern zu begegnen, die gemacht worden sind
und die noch gemacht werden knnen. Darum berlassen wir den Umfang, das
Wesen und die Wirkung dieses Unterrichtsgegenstandes, dieses Lehrganges der
Betrachtung eines jeden; denn viel, sehr viel liee sich ber dessen
Wichtigkeit noch sagen; recht erkannt und recht aufgefat kann er in der
untergeordnetsten Schule angewandt und ausgefhrt werden, und er wird sich
rechtfertigen; denn er setzt den Menschen frhe auf eine einfache lebendige
Weise in den Mittelpunkt und innern Zusammenhang alles dessen, was sich dem
Menschen uerlich zur Erkenntni darbietet, ja zur Betrachtung aufdringt,
und fhrt ihn so zum Nachdenken, zur Erkenntni und Einsicht des Wesens, des
letzten Grundes, wie des letzten Zweckes und Zieles aller Dinge; dieses und
ein dem ganz gemes Gebrauchen und Anwenden ist ja auch das letzte Ziel
alles Unterrichtes, mit so verschiedenen Namen es auch immer benannt werden
mag.
Aneignung kleiner dichterischer, Natur und Leben erfassender
Darstellungen, besonders zum Singen und fr den Gesang
Die Natur und das
Leben spricht in seinen Erscheinungen frhe, sehr frhe zum Menschen; allein
sie spricht leise, so leise, da der noch unentwickelte Sinn des Knaben, das
noch ungebte Ohr des Menschen auf dieser Stufe der Entwickelung die Sprache
und Tne des Lebens und der Natur noch schwierig vernimmt, sie zwar wohl
vernimmt und empfindet, sie sich aber noch nicht zu deuten, in seine Sprache
berzutragen, in seiner Sprache auszudrcken versteht; und doch, bald nach
dem ersten Empfinden, Fhlen und Wissen des Selbstes als eines von der
Auenwelt geschiedenen, regt sich auch schon in dem Menschen die Sehnsucht,
das Leben, die Sprache der Auenwelt, besonders der Natur, zu verstehen, und
die Ahnung, er werde das Leben, welches von auen berall entgegentritt,
einmal in sich aufnehmen und zu dem seinen machen.
Die Jahres, wie die
Tageszeiten usw. kommen und gehen. Der Frhling mit seinem Keimen und
Treiben und Sprossen und Blhen erfllt den Menschen, und schon als Knaben,
mit Lust und Leben, und reger luft das Blut, und lauter schlgt das Herz;
der Herbst mit seinen fallenden farbigen und bunten Blttern und deren
wrzigem Dufte erfllt den Menschen, und schon als Knaben, mit Sehnsucht und
Ahnung; und der starre, aber klare stetige und bestndige Winter weckt Mut
und Kraft, und die Gefhl von Mut und Kraft, Ausdauer und Entsagung macht
frei und froh des Knaben Herz, des Knaben Sinn; darum jubelt er kaum so den
ersten Frhlingsblumen und Frhlingsvgeln, wie den ersten Schneeflocken
entgegen, die seinem Mute und seiner Kraft eine glatte, schnell zu
durchfliegende Bahn zum fernen Ziele versprechen. Alles dieses sind
Vorahnungen des knftigen, sind Hieroglyphen des stillen, noch schlummernden
inneren Lebens, sind, recht erkannt und gewrdiget und verstanden, Engel,
die den Menschen in und durch das Leben fhren; darum sollen sie fr den
Menschen nicht verlorengehen, nicht in leeren Dunst und Nebel zerflieen.
Und was hat unser Leben, wenn unsere Kindheit und Jugend arm und leer war,
arm und leer an frischen, lebendigen Gestalten und lebenerhhenden,
sehnenden und hoffenden, ahnenden und glaubenden Empfindungen und Gefhlen,
arm und leer an dem Empfundenhaben und Bewutwerden unseres edleren
Selbstes?
Gestehen wir es uns nur: ist unsere Kindheit und Jugend, die
Sehnsucht und das Hoffen, die Ahnung und der Glaube unserer Kindheit und
Jugend, besonders unserer Knabenzeit nicht die unerschpfliche Quelle, aus
welcher wir im sptern Leben und fr dasselbe Kraft, Mut und Ausdauer
schpfen? Ist nicht:
die Himmel erzhlen die Ehre Gottes usw. und: wohl
dem, der den Herrn frchtet usw. bey allen Abirrungen der Grundgedanke in
dem Leben des Sngers Gottes und der Natur?
Und wenn es sich auch in dem
frhesten Leben desselben fr uns nicht mit Worten ausspricht, so geht doch
aus seinem sptern hervor, da es schon in der frhesten Zeit desselben in
ihm wirkte, wohnte und ihn bewegte; und ging nicht das Erste aus der
Beachtung der Natur, und das Zweite aus der des Lebens hervor?
War nicht
ebenso der Grundgedanke im Leben des Weltheilandes: sehet an die Lilien auf
dem Felde und die Vgel unter dem Himmel; Gott erhlt sie: wievielmehr
sollte er nicht die Menschen, seine Kinder, in allen Begegnissen des Lebens
erhalten; und: ich mu sein in dem, das meines Vaters ist?
Und ist beydes
nicht in dem sinnvollen Aufnehmen der Natur und des Lebens begrndet? Aber
nicht allein Natur und Leben spricht zu dem Menschen, sondern auch der
Mensch mchte gern aussprechen die Ahnungen und Empfindungen, die dadurch in
ihm geweckt werden, fr die er aber nicht Worte finden kann; und diese
sollen ihm nun nach der Forderung seiner Gemthsentwicklung, der Entwickelung
seines innern Sinnes, gegeben werden. Auch das Verhltnis des Menschen zum
Menschen ist weder ein so uerliches, wie einige whnen, noch ein so leicht
in seiner Innerlichkeit mitteilbares, wie andere glauben; wohl ist es tiefen
Sinnes und hoher Bedeutung voll; allein die leisen Anklnge desselben mssen
frhe in dem Knaben gepflegt werden, aber mehr mittelbar, gleichsam im
Spiegel, als unmittelbar durch vernnftelndes, forderndes Wort; das
unmittelbar Fordernde fesselt, hemmt, ttet; es richtet das Kind ab und
macht es zur Marionette; das mittelbar Anregende z. B. im Spiegel des
Liedchens, ohne moralisierende Nutzanwendung, gibt dem Gemthe und Willen des
Knaben die innere Freyheit, welche fr dessen Entwickelung und Erstarkung so
nothwendig ist; nur mu hier wieder das uere und innere Leben des Knaben
dies ist freylich die erste und unerlliche Forderung damit in
Uebereinstimmung stehen. Um so seltener und zurckgetretener die nun im
Leben sein mag, um so mehr soll es da, wo nur mglich, gepflegt werden; und
sogar der Unterricht, der sonst kaum das Leben berhrende, die Schule, sonst
vom Leben getrennt, soll es pflegen. Treten wir in eine Lehr und
Schulstube, wo in diesem Augenblicke ein Unterricht in diesem Sinne und
Geiste beginnt. Mehr als zwlf muntere Knaben von sechs bis neun Jahren sind
versammelt und wissen, da auch ihnen heute die Freude werden soll, unter
bestimmter Leitung ihres Lehrers etwas zu singen. Die geordneten Knaben
erwarten den Anfang des Unterrichtes, der Stunde, wie sie es nennen. Der
Lehrer war zufllig nachmittags abwesend gewesen; es ist Abend. Er tritt zu
ihnen und singt ihnen wiederholt entgegen:
Die ihnen zugesungen
werdende Guten Abend! liegt und tritt ihrem inneren Leben unerwartet so
nahe, da es sie mit Lust, Freude und Lachen erfllt. Nun sagt der Lehrer:
Bekomme ich keinen Gegengru? und singt ihnen nochmals zu: Die meisten
entgegnen sprechend: Guten Abend; einige: Schnen Dank; wenige sagen mehr
singend: Guten Abend! Zu diesen wendet sich nun besonders der Lehrer und
sagt: Singt mir auch den guten Abend entgegen. Leise singt: der eine: der
zweite scherzend: ein dritter usw. Andere, zu denen sich der Lehrer wendet,
singen mit den gleichen oder ganz hnlichen Tnen wie der Lehrer Guten
Abend. "Guten Abend hat mir*** (der erstere) zugesungen, singt mir es nun
gemeinsam entgegen." Sie singen es. "Guten Abend hat mir*** (der zweyte)
gesungen, singt auch die mir gemeinsam." Sie singen wieder. Der Lehrer
fhrt nun gleichsam erzhlend fort: Ist es wahr?" fragt er . . . ,,Nun,
so wollen wir es gemeinsam singen. (Lehrer und Schler wiederholen das
Vorige gemeinsam.) Der Lehrer fhrt erzhlend fort: "Ist das auch wahr?"
"Nun, so wollen wir es auch gemeinsam singen.' Nun singen sie das Ganze
gemeinsam. Nun derjenige allein, welcher die Wahrheit des Gesagten am
meisten in sich empfindet und wieder auszudrcken vermag. Die durch
Eindrcke der Jahreszeit geweckten Empfindungen festhaltend und sie durch
Schilderung der Naturerscheinungen ausdrckend, geht der Unterricht durch
Gesang und Gegengesang fort. Ohr und Stimme soll zugleich durch diesen
Unterricht entwickelt, die Empfindung, durch Wort und Tne ausgedrckt, soll
klar werden; die ueren Umstnde sind heute hnlich den gestrigen, darum
beginnt auch heute der Unterricht und fhrt fort wie gestern. So mehrmals
dasselbe gesungen habend, sagt munter der eine der Knaben: Bekommen wir
nicht auch bald ein Liedchen vom Sonnenschein?
Diese Frage drckt
natrlich zugleich den innern Wunsch des Knaben aus, da nach schon lange
anhaltendem Regen, Nebel und Wind, es wieder heiteres und klares Wetter
werden mchte; der Lehrer nimmt diese Empfindung des Knaben auf und singt
ihm zu: und freudig singen es die Knaben nach und gemeinsam. Es ist dieser
Anfang des Unterrichtes hier mitgeteilt worden, weil er keineswegs der
gnstigste ist. Rauhe, unfreundliche Herbsttage, nakalter Abend, keine
Aufforderung zum Hervortreten des inneren Lebens. Der Morgen, der Frhling,
ein Spaziergang an demselben, ein Ruhen an einem Abhange usw. wrde
geschickter gewesen sein, das innere Leben zu erregen; doch werden nun gewi
die dadurch um so erwartungsvolleren Knaben um so frhlicher den ersten
klaren, die Flur in weichem wolligem Schneegewande zeigenden Tag und einen
klaren, heiteren, stern und mondhellen Abend begren, und um so lebendiger
und inniger fhlend werden sie im kommenden Frhling singen: Seht den Himmel
wie heiter, Laub und Blumen und Kruter Schmcken Felder und Hain. Oder:
Willkommen im Grnen, Der Himmel ist blau Und blumig die Au, Der Lenz ist
erschienen. Zweckmige Sammlungen von Liedern und Liedchen und kleinen
dichterischen Darstellungen, aus welchen ein in seinem Gegenstande lebender,
von demselben erfllter und durchdrungener Lehrer schpfen kann, gibt es
genug; sie sind hinlnglich bekannt und werden es noch mehr dem, welcher
ihre Bekanntschaft sucht. Sind ihre Darstellung und Zeichnung, besonders der
Einzelempfindungen und Einzeleindrcke, nicht einfach und kurz genug, so
kann ein nur etwas aufmerksamer und sinnvoller Lehrer leicht die
augenblicklichen Empfindungen und Gefhle der Knaben, wie die Eindrcke der
Natur in lebendige und zeichnende Worte bertragen. Auch an das eigene Leben
des Kindes und Knaben erfassenden Darstellungen fehlt es nicht, z. B. Wir
Kinder, wir hpfen so munter, So munter wie Hirschchen im Wald ; Doch lernen
wir wacker mitunter, Denn Knaben die werden auch alt. So auch das
Einzelleben eines oder einiger, z. B. Liebe Tubchen, meine Freude, Kommt
und fret aus meiner Hand. Die Thierwelt in allgemeiner hherer Beziehung, z.
B. Willst ein feines Liedchen hren? Hre nur die Biene an, Wie sie wacker
singen kann: Flei und Kunst liebt jedermann. Besonders das Verhltnis des
Menschen zum Menschen, z. B. Wenn ich ein Vglein wr! Und auch zwey Flgel
htt', Flg' ich zu dir. Mutter o! Mutter mein! Bleib nicht mehr fern. Oder:
In trauter, muntrer Brder Und holder Schwestern Reihn Sing, ich vergngte
Lieder Und lerne friedsam sein. Oder: Wie fein und lieblich Wenn unter
Brdern, Wenn unter Schwestern Die Eintracht wohnt; Wenn Hand in Hand Durchs
schne Land Des Lebens alle gehn ; Dann wird es noch einmal so schn. Wo wir
sie wandeln sehn. Sich auf das innere Leben des Kindes und Knaben beziehend,
z. B. Des Kindes Engel. Es geht durch alle Lande ein Engel still umher, Kein
Auge kann ihn sehen ; doch alles siehet er. Der Himmel ist sein Vaterland,
Vom lieben Gott ist er gesandt. Er geht von Haus zu Hause; und wo ein gutes
Kind Bei Vater oder Mutter im Kmmerlein sich find't, Da wohnt er gern und
bleibet da, Und ist dem Kindlein immer nah. Und: O Tage ser Freude, Nie
weicht von mir zurck! Im bunten Jugendkleide Empfind' ich ses Glck. Da
schlaf ich ohne Sorgen Beim Licht des Mondes ein, Und mit dem jungen Morgen
Erwach, ich, mich zu freun. Aber vergessen darf man bey diesem Unterrichte,
wenn man ihn, da er Darstellung des eigenen Lebens des Kindes ist,
Unterricht nennen will, nicht, da er von dem eigenen Leben des Schlers
aus, und aus demselben wie eine Knospe, ein Spro hervorgehen msse. Die
Empfindung, das innere Leben mu nothwendig vorausgehen, ehe dem Knaben Worte
und Ton gegeben werden darf; und die ist besonders die trennende
Verschiedenheit dieses Unterrichtsganges von dem, welcher Kinder und Knaben
nur von auen kleine Gedichtchen und Liedchen anlernt, die darum auch weder
Leben erweckend noch Leben erfassend und darstellend sind. Ueberhaupt gilt
auch hier alles, was frher ber Aneignung religiser Aussprche, besonders
im Anfange ausgesprochen wurde. Sprachbungen von der Natur und
Auenweltsbetrachtung ausgehend Die Natur und Auenweltsbetrachtung hat die
Gegenstnde, Sachen und Dinge, rein als solche, ihrem Gesammteindrucke nach,
und nach ihren ganz allgemeinen besonders rtlichen Beziehungen allein im
Auge; die Betrachtung der Sprache als Darstellungsmittel ist dabey
untergeordnet; denn der Mensch betrachtet fr sich allein die Gegenstnde
und nimmt ihr Wesen in sich auf, ohne zu sprechen; allein beym Unterricht
mu hier die Sprache als Hilfsmittel hinzukommen, um einen Beweis, so gut
als mglich, zu haben, da der Schler auch die Sache wirklich angeschaut,
betrachtet und aufgefat habe. Die Sprachbungen gehen nun zwar auch von den
Gegenstnden selbst aus, fassen sie aber nach ihren uerungen und nach den
davon abhngenden Eindrcken auf den Menschen, auf die Sinne des Menschen
auf, und haben vorwaltend die dadurch in und bey dem Menschen bedingte und
geforderte Bezeichnung durch die Sprache im Auge. Die Natur und
Auenweltsbetrachtung hat es mit den Gegenstnden selbst, diese, die
Sprachbungen, vorwaltend mit Abbildung derselben in ihren einzelnen
Erscheinungen und Eindrcken durch und am hrbaren Stoffe der Sprache, und
besonders mit Aneignung und Uebung dieser Sprache als Abbildungs und
Darstellungsmittel, aber noch in inniger Einigung mit dem Gegenstande
selbst, zu thun. Die Natur und Auenweltsbetrachtung fragt: Was ist, die
Sprachbung fragt und bt: wie bezeichnet das, was ist, die Sprache. Wie die
Natur und Auenweltsbetrachtung nur den Gegenstand rein an sich betrachtet,
so betrachtet die Sprachbung seine Wirkung auf den Menschen und auf die
Sinne des Menschen, und, wie wir diese Eindrcke, diese Wahrnehmungen
richtig und entsprechend durch die Sprache bezeichnen. Hierdurch wird nun
sogleich noch eine dritte Betrachtung bedingt: die Betrachtung der Sprache
rein an sich und ohne alle Zurckbeziehung auf den bezeichneten Gegenstand,
nur als Erzeugni des Menschen und des Gebrauchs seiner Sprachwerkzeuge.
Diese Uebungen sind die Sprechbungen, welche sich also wieder unmittelbar an
die Sprachbungen anschlieen und daraus hervorgehen. Die vollstndige
Vorbildung zu einer grndlichen Sprachkenntnis und Sprachgebrauch fordert
also zunchst ein Dreifaches: einmal die Betrachtung der sinnlichen
Gegenstnde der Sprache allein: Auenweltsbetrachtung; dann die Betrachtung
der Sprache und Gegenstnde geeinigt, von der Auenwelt zur Innenwelt
bergehend: Sprachbungen; endlich Betrachtung der Sprache allein, ohne
Rcksicht auf die Gegenstnde, blo als Stoff: Sprechbungen. Der Lehrgang
der Auenweltsbetrachtung wurde im vorigen angedeutet. Der Lehrgang der
Sprachbungen ist folgender: er geht, wie ausgesprochen, von der sinnlichen
Anschauung der Auenwelt aus und steigt zur inneren Anschauung empor. Der
Lehrer beginnt: "Wir sind in einer Stube, mehrere Dinge sind um uns her;
nenne mir einige dieser uns umgebenden Gegenstnde." "Der Spiegel, der
Schrank, der Ofen usw." "Knnten noch mehrere Gegenstnde um uns her in der
Stube sein?" "Ja!" "Knnten so viele Gegenstnde und Dinge in die Stube
hereingebracht werden, als jemand wollte und Lust hat?" "Nein!" "Warum
nicht?" "Weil dann nicht Raum und Platz genug da sein wrde." "Warum wrde
zu so viel Dingen, als man Lust htte hereinzubringen, nicht Raum und Platz
genug in der Stube sein?" "Weil jedes Ding seinen eigenen Platz und Raum,
seine eigene Stelle einnimmt!" "Beweise und zeige mir die durch irgend
etwas." "Da, wo meine Hand ist, kann nicht auch meine Schiefertafel sein;
oder da, wo ich bin und schreibe, kann nicht auch zugleich mein Nachbar
sein, und ich nicht zugleich mit ihm an und in seiner Stelle; oder da, wo
der Of en steht, kann nicht auch zugleich der Schrank stehen." "Was heit
also nun: Jedes Ding nimmt seinen eigenen Raum und eigenen Platz, seine
eigene Stelle ein?" "An der Stelle, wo es ist, an seiner, des Dinges Stelle
kann nichts anderes sein und wirken, thtig sein." "Wie, auf welche Weise und
wodurch nimmst du die Wirksamkeit und Thtigkeiten der Dinge, der Gegenstnde
in ihrem Raume wahr?" "Durch meine Hnde, Augen, Ohren usw." (Wir nehmen
eigentlich die Dinge und Gegenstnde auer uns nur dadurch wahr, da wir das
Wesen der Dinge auer uns gleichsam in uns aufnehmen, uns innerlich machen,
d.h. in uns selbst aufnehmen und empfinden;) daher nennen wir die Werkzeuge,
durch welche die geschieht: Augen, Ohren, Hnde usw., und die Thtigkeiten:
Hren, Sehen usw. die Sinne. "Wir wahrnehmen also und wir erkennen die
Gegenstnde auer uns durch die Sinne." Fragend: "Wodurch wahrnehmen und
erkennen wir" usw. "Nennt mir die Sinne, wodurch wir wahrnehmen und
erkennen, dal3 der Gegenstand etwas wirke und tue." "Lt sich von jedem
Gegenstande und Dinge sagen, da er etwas wirke und tue?" "Ja!"
"Nein!"
"Warum Ja?"
"Warum Nein?" "Nennt mir von jedem der uns umgebenden
Gegenstnde etwas, das er tue und wodurch er euch bemerkbar wird und ist."
"Das Tintenfa steht; die Feder liegt; der Spiegel hngt; das Gewand liegt;
der Stock lehnt; die Sonne scheint; der Schler sitzt; der Kanarienvogel
singt; die Uhr geht; der Knabe spricht; das Federmesser schneidet; der
Zirkel sticht; der Stiefel drckt." "Werden alle diese Gegenstnde auf die
gleiche Weise und durch dieselben Sinne wahrgenommen?" "Nein, manche sehe
ich; manche fhle ich usw." "Manche dieser Gegenstnde nehmen wir also in
ihrem Wirken und Thun vorwaltend durch das Gesicht, manche vorwaltend durch
das Gefhl, besonders das Getast wahr." "Kann ich die Thtigkeiten und das
Wirken mancher Dinge nur fhlen und tasten, ohne sie zu sehen?" "Ja!" "Nenne
mir Gegenstnde und deren Thtigkeiten, welche vorwaltend durch das Gefhl,
Getast, wahrgenommen werden knnen, ohne sie auch noch durch irgendeine
andere Thtigkeit und Wirksamkeit zu erkennen." "Das Tintenfa steht; die
Schiefertafel liegt; der Stock lehnt; das Gewand liegt." "Kann ich diese
Gegenstnde in diesen ihren Thtigkeiten auch noch durch einen andern Sinn
als das Gefhl und Getast wahrnehmen?" "Ja, durch das Gesicht, durch die
Augen." Sucht unter den euch bekannten Gegenstnden die auf, welche wirklich
stehen. "Das Haus steht; der Pfahl steht; der Schrank steht usw." (Erst wird
gemeinsam durchgesprochen, wie vorsteht, dann zusammenfassend: das Haus, der
Pfahl, der Schrank steht; alle diese Gegenstnde stehen.) "Sucht Gegenstnde
auf, von welchen man sagt, sie stehen." "Das Wasser steht; die Sonne steht;
die Mhle steht; der Zeiger steht; das Blut steht; der Puls steht." "Nennt
mir unter den euch bekannten Gegenstnden die, welche liegen, lehnen,
hngen, stecken, sitzen usw." "Nennt mir Gegenstnde, von welchen man sagt,
sie liegen, lehnen, hngen, stecken, sitzen usw." "Haben die eben genannten
Thtigkeiten und Wirksamkeiten der Gegenstnde etwas Gemeinsames, Einendes?"
"Was zeigen sie Gemeinsames?" "Innerliche Thtigkeit ohne uerliche Bewegung
oder bey uerer Ruhe." "Knnt ihr in euch und berhaupt an dem Menschen
wohl auch innerliche Thtigkeiten bey uerlicher Ruhe oder ohne uerliche
Bewegung bemerken?" "Ja! der Mensch ruht; der Mensch schlft; der Mensch
wacht; er trumt; er sinnt; der Mensch denkt; er fhlt usw." "Nennt mir
Gegenstnde, welche wirklich ruhen, schlafen, wachen usw." So Gegenstnde
mit uerlicher, und zwar zugleich fortschreitender Bewegung, z. B. gehen,
laufen, rennen, flieen, fliegen, schreiten, tanzen, hpfen, springen,
schwimmen, reiten, rollen, fahren, gleiten, fallen, sinken usw. So
Gegenstnde mit uerlich sichtbarer Bewegung ohne Fortschreitung: wallen,
wogen, sieden, atmen, drehen, blhen, reifen. Weiter Gegenstnde mit
uerlicher fortschreitender Bewegung, mitteilend, z. B. ziehen, fahren,
heben, tragen, stoen. Gegenstnde mit trennender Thtigkeit, z. B.
schneiden, stechen, bohren, brechen, hobeln, sgen, reien, spalten usw.
Gegenstnde mit verknpfender Thtigkeit. z. B. flechten, binden, stricken,
nhen, stopfen, weben usw. Gegenstnde mit bildender Thtigkeit, z. B.
bilden, malen, zeichnen, schreiben, schmieden usw. Gegenstnde mit nur
sichtbarer Thtigkeit, z. B. glnzen, scheinen, schimmern, leuchten, dunkeln
usw. Gegenstnde mit nur fhlbarer Thtigkeit, z. B. wrmen, klten,
schmerzen, freuen usw. Gegenstnde mit nur hrbarer Thtigkeit, z. B. singen,
pfeifen, flten,
sprechen, reden,
lachen, jauchzen,
weinen, heulen,
winseln, chzen,
sthnen, rcheln,
klingen, rauschen, knarren, klappern
usw. Allgemeine Naturthtigkeiten, z. B. strmen, wehen, regnen, hageln,
schneien, donnern, frieren usw. Gegenstnde mit besonders innerlicher
Geistesthtigkeit: lieben, hassen, loben. Gegenstnde mit zurckbeziehender
Thtigkeit, z. B. sich schneiden, sich waschen, sich kmmen, sich ankleiden,
sich freuen, sich scheuen, sich frchten, sich achten usw. "Welche der
genannten Thtigkeiten sind vorwaltend, welche sind ausschlieend dem
Menschen eigen?" "Was haben alle die Thtigkeiten, welche vorwaltend und
welche ausschlieend dem Menschen eigen sind, Eigentmliches?" "Das
Tintenfa steht; der Spiegel hngt; die Feder liegt: woran und wodurch
werden diese und wurden die im Bisherigen betrachteten Gegenstnde im Raume
als daseiend erkannt?" "Durch die Art ihrer Thtigkeit, durch ihr Wirken."
"Vor dir steht das Tintenfa; wird es dir noch durch irgendeinen andern
Eindruck auf deine Sinne bemerkbar als durch irgendeine uerung seiner
Thtigkeit, irgendeine Art seines Wirkens?"
"Ja, es ist rund ; es ist
bleiern." "Vor dir liegt die Feder; wird sie dir noch durch irgendeinen
andern Eindruck bemerkbar als durch eine uerung ihrer Thtigkeit?" "Ja, sie
ist lang; sie ist schwarz." "Sucht mir Gegenstnde auf, die euch durch
hnliche Eindrcke bemerkbar werden, wie soeben das Tintenfa und die Feder,
und bezeichnet die Eindrcke zugleich." "Der Bleistift ist lang; der Griffel
ist kurz; der Stuhl ist braun; der Ofen ist gro; das Tpfchen ist klein;
die Schiefertafel ist dick; das Lineal ist hlzern; der Tisch ist rund."
"Der Tisch ist rund; sucht mir noch Gegenstnde auf, welche rund sind." "Das
Tintenfa ist rund; der Bleistift ist rund; der Kreis ist rund; die Kugel
ist rund ; die Scheibe ist rund ; das Loch ist rund." (Auf zweyfache Weise,
einzeln und zusammenfassend durchzusprechen, wie immer.) "Sucht Gegenstnde
und Sachen auf, von welchen man sagt, sie sind rund." Eine Zahl ist rund,
eine Forderung ist rund; eine Antwort ist rund usw. "Sind der Bleistift, die
Scheibe, die Kugel, alle auf gleiche Weise rund?" "Sucht Gegenstnde auf,
die kreisrund sind; weiter, was ist kugelrund, was ist :0alzenrund, was ist
eirund, was ist lnglichrund, was ist lnglich geradlinig, dreyeckig,
viereckig, vieleckig, hohl, spitzig, schn, hlich?" "Wie knnen alle
genannten Gegenstandseindrcke zusammenfassend bezeichnetwerden?" "Als
Eindrcke der Form und Gestalt." Ebenso: breit, schmal; dick, dnn; lang,
kurz; hoch, niedrig; klein, gro usw., als Eindrcke der Gre. Ebenso:
einfach, zweyfach, dreyfach, einteilig, zweyteilig, dreyteilig usw. als
Eindrcke der Zahl. Weiter: eben, glatt, rauh; hckerig, bucklig, schuppig,
krnig, sandig, splittrig als Oberflcheneindrcke. Ebenso: hlzern,
steinern, silbern; hanfen, flchsen, golden, usw. als Eindrcke des Stoffes.
Weiter: hart, weich, sprde; fest, flssig, luftig, erdig; dehnbar, prgbar
usw. Eindrcke des Zustandes, des Zusammenhanges. Weiter: rot, grn; gelb,
blau; veilchenblau, rotgelb; farbig, bunt; wei, schwarz, grau, scheckig;
glnzend, schimmernd usw.; als Eindrcke des Lichts und der Farhe. Ebenso:
faul, stinkend, moderig, wrzig, als Eindrcke der Ausdnstung usw . So:
schn, hlich, anstndig, sittsam; lustig, mrrisch, freudig; duldsam,
sparsam, aufmerksam; gelehrig, gesprchig, geduldig; herzlich, kindlich,
freundlich; scherzhaft, herzhaft, schalkhaft usw., als Eindrcke des
Betragens, der Stimmung und der Neigung. Schon die Auenweltsbetrachtung
zeigte mit Bestimmtheit die Augen und Spropunkte zur Entwickelung fr das
Auf und Eintreten der Naturlehre, Physik und Chemie, als einstigen
selbstndigen Unterrichtsgegenstandes; die Sprachbung, als von der
Auenwelts, besonders Naturbetrachtung ausgehend, kommt bey der Auffassung
und Anschauung der Thtigkeiten und des Wirkens, der uerungen und der
Eindrcke der Gegenstnde und der richtigen und erfassenden Bezeichnung
derselben durch die Sprache um so bestimmter und zweyfelloser auf sie
zurck, als die Aufsuchung und Auffassung der Bedingungen und Ursachen jener
aus den Wirkungen der Krfte und Stoffe der Dinge hervorgehenden, auf das
Wesen derselben sich beziehenden Thtigkeiten und Eindrcke wesenerschpfend
behandelt und ganz entsprechend durch die Sprache bezeichnet sind. Die
physikalische und chemische Seite der Naturbetrachtung, die ja fr jeden
Menschen so wichtig ist, findet in dem Schler spter um so grere und
eindringlichere Theilnahme und wurzelt gewi um so tiefer in ihm, als
wesenerschpfend dieser Unterricht war. Es mssen dehalb, wegen der im
gewhnlichen Leben viel zu geringen Beachtung und Ausbildung dieser Seiten
der Auenweltsbetrachtung und der Sprache, dieselben in dem Unterricht als
fr Naturlehre, Physik und Chemie vorbereitend ganz besonders bercksichtigt
werden ; sonst schwebt der knftige Unterricht in diesen Zweigen
menschlicher Kenntnisse in der Luft, ist wenigstens an dem Baume der
menschlichen Erkenntni kein lebendig hervorgesproter Ast und Zweig,
hchstens ein aufgepfropfter, wie die bey dem Verhltnis mehrerer besonders
naturwissenschaftlicher Erkenntni und Lehrgegenstnde zu dem Mensdhen so
hufig der Fall ist, und wie gewi viele, denen Auge und Sinn im Knabenalter
nicht dafr geweckt war und die sich doch spter mit diesen
Naturwissenschaften beschftigten, wenn sie gegen sich aufrichtig sein
wollen, in sich werden nachweisen knnen. Wegen der Wichtigkeit des hier
Angedeuteten, auf welches die Sache selbst allen Ernstes wiederkehrend hin
und zurckweiset indem der Mensch, der Knabe, nicht allein dadurch in den
Mittelpunkt der ihn umgebenden Auenwelt gesetzt wird, indem er die
Gegenstnde derselben in den mannigfachsten Beziehungen unter sich und zu
dem Menschen, zu sich, erkennt und dadurch nicht allein sich selbst wahrhaft
findet, sondern ganz besonders auch seine innere Geistes, Worts und
BegriffsBildung mit der Natur und Gegenstandswelt in Uebereinstimmung und
Ausgleichung kommt , dehalb wird dieser Unterrichtsgegenstand so
berwiegend in das Einzelne gehend behandelt; auch die Zahlen, Formen und
Grenkunde, in ihrer Gesammtheit die Raumkunde, sprot sehr bestimmt aus ihm
hervor, und es liegen die Augen oder Knospenpunkte dafr im Vorhergehenden
klar vor. Denn Zahlen, Formen und Grenkunde mu nothwendig, soll sie
spter als Zahlen, Formenund Gren, als allgemeine Raumlehre lebendig,
wirksam und fruchtbringend ins Leben eingreifen, auf dasselbe zurckwirken,
von der Beachtung und Betrachtung der Raumerscheinungen und Verhltnisse der
umgebenden Wirklichkeit ausgehen. Wir fahren in dem Lehrgange selbst fort.
"Ihr sagtet frher: Der Baum ist bltterig; der Strauch ist dornig, das Glas
ist rissig; das Tuch ist lcherig; knnt ihr mir diesen Eindruck des Baumes,
Strauches, Tuches auch noch anders durch die Sprache bezeichnen?" "Der Baum
hat Bltter; der Strauch hat Dornen; das Glas hat Risse.' das Glas hat
Risse.' "Sucht mir noch Gegenstnde auf, wo hnliches stattfindet und wo
einer gleichsam den andern hat." "Sucht mir noch Gegenstnde auf, wo
hnliches stattfindet und wo einer gleichsam den andern hat." "Der Mensch
hat Hnde, die Hnde haben Finger; die Finger haben Glieder, die
Fingerspitzen haben Ngel; der Fisch hat Schuppen; die Gans hat Federn ; der
Igel hat Stacheln ; der Baum hat Bltter." "Sucht alles auf, was Haut hat,
alles, was Schuppen hat, was Federn hat, was Stacheln, was Bltter hat usw."
"Der Baum hat Bltter; das Buch hat Bltter; die Blume hat Bltter usw."
usw. Nun zur Anschauung und Auffassung der Gegenstnde in rumlichen
Beziehungen: "Der Baum hat Bltter; wo hat er Bltter?"
"An den sten, an
den Zweigen." "Die Blumen haben Bltter; wo haben sie Bltter?"
"An dem
Kelche, auf dem Kelche, in dem Kelche." "Sucht Gegenstnde auf, welche an
einem andern sind." "Die Ohren sind an dem Kopfe usw." "Sucht Gegenstnde
auf, welche an einem andern ruhend thtig sind." "Die Tafel hngt an der
Wand; der Schler sitzt an dem Tische; der Schlssel steckt an der Tre."
Ebenso werden die Gegenstnde in Rcksicht der anderen rumlichen
Beziehungen betrachtet und bezeichnet, und zwar zuerst in ruhender
Thtigkeit, z. B. Das Buch steht in dem Schrank, die Musikalien liegen auf
dem Klavier, der Vogel fliegt ber dem Hause, die Katze lauert unter dem
Tische, die Kugel steckt zwischen dem Holze, der Schler sitzt neben dem
Lehrer, usw . Fr alles werden nun von den Schlern soviel als nur mglich
Anschauungen aufgesucht. Nun werden Gegenstnde aufgesucht, welche in
rumlicher fortschreitender Thtigkeit zueinander stehen, z. B. Der Knabe
schaut an die Tafel, der Lehrer kommt in die Schule, der Vogel fliegt auf
die Sprosse, der Sperling kriecht unter das Dach, das Sldchen tritt neben
die Mutter, usw . Endlich beydes vergleichend: Oer Rock hngt an der Wand,
der Rock wird an die Wand gehngt, das Buch liegt in dem Schranke, das Buch
wird in den Schrank gelegt. Wie bisher die Gegenstnde in bestimmten
rumlichen Beziehungen zueinander erkannt und angeschaut wurden, so nun
Anschauung, Auffassung und Bezeichnung derselben in unbestimmten allgemeinen
rumlichen Beziehungen, als: oben, unten, hhen, drben, innen, auen,
diesseits, jenseits; hin, her; hinauf und herauf, hinah und herab usw.
Die
weitere Durchfhrung dieses Unterrichtsgegenstandes mu hier abgebrochen
werden, da sie den fr die Andeutungen des Lehrganges hier bestimmten Raum
zu weit berschreiten wrde; es sey nur noch gesagt, da dieser Lehrgang
nach einem in ihm selbst liegenden Gesetze alle von der Sprache zu
bezeichnenden Verhltnisse und Beziehungen von den einfachen zu den
zusammengesetzteren fortschreitend umfat, zuletzt mit einer
zusammenfassenden, beschreibenden, erzhlenden usw. Darstellung wirklicher
Auenweltserscheinungen schliet. Uebungen zu und fr uerliche, krperlich
rumliche Darstellungen nach Regel und Gesetz, vom Einfachen zum
Zusammengesetzten fortschreitend Nicht nur durch das, was der Mensch frhe,
auch schon als Knabe, von auen empfngt und von auen in sich aufnimmt,
entwickelt und bildet sich der Mensch aus und der Erreichung seiner
Bestimmung und seines Berufes entgegen, sondern, und soll gewogen und
abgemessen werden, berwiegend mehr durch das, was er entfaltet und aus sich
darstellt, wie auch die Bezeichnungen Entwickelung und Ausbildung selbst
sagen. Auch lehrt die Erfahrung und Geschichte, da die fr chtes
Menschenwohl am wahrhaftesten und eindringlichsten frderlich gewesenen
Menschen es bey weitem mehr durch das geworden sind, was sie aus sich
dargestellt, als durch das, was sie in sich aufgenommen haben ; denn wie
jeder wei, da wir, cht und wahrhaft lehrend, an Erkenntni und Einsicht
vorwrts schreiten, so wei auch jeder, und die Natur schon lehrt es jeden,
da der Gebrauch der Kraft die Kraft nicht allein weckt, sondern sie ganz
besonders auch erhht und steigert; und wie schon das Aufnehmen und
Auffassen der Sache im Leben und Handeln selbst bey weitem mehr entfaltend,
ausbildend und strkend ist als das bloe Aufnehmen und Empfangen im Worte
und Begriffe, so ist auch das Gestalten an und durch Stoff im Leben, im
Handeln und Thun, geknpft an Denken, Gedanken und Wort, fr die Entwickelung
und Ausbildung des Menschen bey weitem hher, als die Darstellung (obgleich
Dar stellung) durch Begriffe und durch Wort ohne Gestaltung: und so schliet
sich dieser Unterrichtsgegenstand mit Nothwendigkeit an die soeben
behandelten der Auenweltsbetrachtung und Sprachbung an. Das Leben und
Treiben des Knaben hat eigentlich nur den Zweck einer Auersichdarstellung
seines Selbstes; ja sein Leben besteht eigentlich nur in einer
Auersichdarstellung seines Innern, seiner Kraft, besonders am Stoffe und
durch Stoff. In dem von ihm Gestalteten sieht er nicht uere Gestalten, die
in ihn eindringen wollen und sollen, sondern er sieht darin seinen Geist,
die Gesetze und Thtigkeiten seines Geistes, die sich ihm aussprechen,
aussprechen wollen und sollen; denn die Bestimmung besonders der Lehre und
des Unterrichtes ist: mehr und immer mehr aus dem Menschen heraus, als in
ihn hineinzuhringen, weil das, was in den Menschen hinein kann, wir schon
wissen und schon ein Eigentum der Menschheit ist, und weil es auch jeder,
schon darum, weil er Mensch ist, nothwendig nach den Gesetzen der Menschheit
wieder aus sich entfalten und entwickeln wird; aber was noch aus der
Menschheit heraus, was das Wesen der Menschheit noch entwickeln will und
soll, das wissen wir noch nicht, ist noch nicht ein Eigentum des
Menschengeschlechtes, und dennoch ist ja das Menschenwesen, wie Gottes
Geist, ein ewig aus sich En,tfaltendes. So einleuchtend die uns nun auch
aus der Beobachtung des Lebens, des eigenen und Fremdlebens, sein knnte und
sollte, wenn wir nur aufrichtig gegen uns und klar in Anschauung und
Auffassung der Ursachen dessen wren, was wir sind; so sind wir, und selbst
die Besseren und Besten unter uns, doch schon so von uerlich angenommenen
Vorurteilen und Meinungen bertncht, wie die Pflanze am kalkigen,
umsteinenden Quell, da wir nur mit grter Mhe und Selbstzwang dem
Besseren, und auch dann doch nur noch in sehr kleinem Maae Gehr geben. Denn
lat uns wenigstens uns das gestehen, da wenn wir die wir uns doch gewi
zu den Einsichtigeren und das Bessere, ja Beste unserer Kinder Wollenden
zhlen wenn wir von Entwickelung und von Ausbildung unserer Kinder
sprechen, wir eigentlich von Einwicklung und Ausbildung reden, ja nicht
einmal von einer Bildung reden sollten, was mit Entwickelung des Geistigen im
Menschen, des Wollens und Willens zusammenhngt, sondern von einem Prgen
und Formen, wie sehr wir auch alle stolz glauben, ber diese geistttende
Ansicht lngst hinweg zu sein; und bange, innig bange mu es darum denen
werden, welchen wir, da wir es selbst aus Grnden nicht knnen, unsere
Kinder, unsere Shne zum Erziehen bergeben; was sollen sie thun? Jesus, den
wir doch alle aus einer Ueberzeugung, welche ganz eines mit unserm innersten
Wesen ist, als unser grtes Vorbild erkennen, spricht: "Lasset die Kinder
zu mir kommen und wohnet ihnen nicht; denn ihnen ist das Himmelreich!" und
heit die nicht: wehret ihnen nicht, denn noch wirkt wenigstens am
unzerstcktesten in ihnen das von ihrem himmlischen Vater ihnen gegebene
Leben, und noch ist ihnen eine freie Entfaltung desselben vergnnt; und
erkennen wir darin nicht, wie in allen Aussprchen Jesu, Gottes Stimme? Wem
sollen die Erzieher nun Gehr geben? Gott oder uns Menschen?
Und knnten
sie es, wen sollten sie tuschen? Gott oder Menschen?
Gott knnen sie
nicht tuschen, und Menschen sollen sie nicht tuschen; darum sollen sie
Gott mehr gehorchen, als uns Menschen, und sollen es aussprechen, da sie
nur Gott mehr als den Menschen gehorchen wollen, und sollen es thun; darum
sollen sie lieber gar nicht erziehen, als schlecht und verziehen; denn Gott
gab den chten Erziehern ihren Beruf, nicht Menschen mit Vorurteilen; denn
nur in der allseitigen, natur und vernunftgesetzlichen Entwickelung des
Menschen und der Geisteskraft des Menschen liegt dessen und der Menschheit
Wohl, und jeder andere Entwickelungsgang des Menschengeschlechtes wirkt
hemmend auf die Entwickelung der Menschheit. Allein gerade in dieser
Beziehung, in Beziehung auf vernunft und naturgesetzliche, allseitige
Entwickelung und Darstellung unserer selbst am ueren sichtbaren Werke,
durch ueres Schaffen und Thun, ist unsere husliche und Familienerziehung
am gehalt und zusammenhangslosesten und zuflligsten: darum verdient ganz
vor allen sie der Beschulung, d. h. eines natur und vernunftgemen
Anfangspunktes und einer solchen Fortschreitung. Die Darstellung des
Geistigen im Menschen auer sich, an und durch Stoff mu nun damit beginnen,
da er das krperlich Rumliche vergeistige, da er dem krperlich
Rumlichen Leben und geistige Beziehung und Bedeutung gebe. Dieser
Entwickelungsgang spricht sich auch ganz in dem des Menschengeschlechtes
selbst aus: das krperlich Rumliche, an welches sich die Darstellung des
Geistigen im Menschen entwickelnd und fortbildend knpfen soll, mu aber
nothwendig im uerlichen schon die Gesetze und Bedingungen innerer
Entwickelung an sich tragen und gleichsam fordernd aussprechen: die ist das
Rechtwinklige, Wrflige, das Balken und Backsteinfrmige. Die Bildungen,
welche dieses Material bedingt, sind entweder uerlich anhufende, bauende,
oder Innerliches entwickelnde, gestaltende, bildende. Das Bauende,
Anhufende ist auch beym Kinde, wie bey der Entwickelung des
Menschengeschlechtes und wie bey dem Festgestalteten in der Natur das
Erstere. Die Wichtigkeit des Senkrechten, Waagrechten und Rechtwinkligen:
dies ist die erste Erfahrung, die der auer sich Krperliches bauend
darstellende Knabe macht; das Gleichgewichtige und Ebenmige folgt; so
steigt es von der einfachsten Mauer ohne und mit Verband zum
Zusammengesetzteren und bis zur Erfindung jedes durch den ihm gegebenen
Stoff mglichen Bauwerkes hinauf. Das tafel und getfelartige Zusammen,
eigentlich das nur Aneinander und Nebeneinanderfgen in einer Ebene hat bey
weitem weniger Reiz fr die Knaben, als das Auf und Uebereinanderfgen: ein
klarer Beweis des sich schon in dem Knaben aussprechenden allseitigen
Strebens des Menschengeistes, sich kundtuend in seinen Thtigkeiten. Das
lineare Zusammenfgen scheint ein noch Spteres zu sein. So ist also der
Entwickelungs, der Bildungsgang des Menschen ein immer mehr die
Krperlichkeit abstreifender, sie vergeistigender: an die Stelle wirklicher
Linien-Stbchenverknpfungen tritt das Zeichnen; an die Stelle des
Flchlichen das Malen, die Farbe; an die Stelle des krperlich Anhufenden
das krperlich Entwickelnde aus wrfligen Grundformen: das eigentliche
Formen, Bilden und Gestalten. Ungeachtet dieses, jedem leicht in die Augen
fallenden, lebendig sich Fortentwickelnden, von dem uerlich Krperlichen
zum Inneren, Geistigen, stetig Fortschreitenden des von Gott und Natur immer
bezeichneten allgemeinen Bildungsganges des Menschen knnen wir dennoch
fragen: Was sollen diese Uebungen meinen Kindern und Shnen ntzen? Und
dennoch stnden wir alle nicht auf dem Standpunkte der Gesammtbildung, auf
welchem wir uns finden, wenn nicht die stillwaltende Vorsehung uns eben
diesen Weg gefhrt htte, entweder ohne unser Wissen, oder aber so, da wir
selbst ausdauerten bey allem Wirken und Streben der Menschen dagegen. Und
der Mensch soll ja die Werke der Menschheit wenigstens in sich wiederholen,
da sie ihm nicht Massen, nicht leer und todtsind, da sein Urteil ber sie
nicht ein uerliches, geistloses sei, ebenso wie er die Wege der Menschheit
in sich durchlaufen soll, da er sie und sich verstehen lerne; dennoch
knnen wir bey der hier besprochen werdenden Knabenthtigkeit, die vom Geist
und Gesetz fr bewutes Ziel bestimmt ist, aussprechen: die braucht der
Mensch, die braucht mein Sohn nicht. Die nun wohl eben nicht; es kann
sein, es kann auch nicht sein, ich wei es nicht; aber das wei ich, da er,
der Sohn, Thatkraft, Thtigkeit, Urteil, Ausdauer, Ueberlegung usw. braucht und
gewi braucht; und die alles lernt er, und weit mehr gewinnt er; denn
Unthtigkeit, Langeweile, Nichtwissen, was man thun soll, im besten Falle
Hinbrten: die sind die furchtbarsten aller Kinder und Knabengifte, das
Gegenteil ein Universalmittel geistiger und leiblicher Gesundheit,
huslichen und brgerlichen Wohles. Der Lehrgang selbst bestimmt sich hier,
wie eigentlich berall, wo der wahre Anfangspunkt gefunden, in den
Gegenstand des Unterrichtes eingedrungen und der Zweck erfat ist, durch
sich selbst. Das Material zu bauenden Darstellungen ist zum Beginne am
besten eine Menge von Holzkltzern, deren Stirnflche immer 1 Quadratzoll
ist und deren Lnge von 1 bis 12 Zoll zollweise zunimmt. Werden nun von
jeder Lnge zwlf Stck genommen, so bilden immer zweyerlei Lngen, z. B. 1
und 11, 2 und 10 usw. eine Tafel von 1 Quadratfu Grundflche und 1 Zoll
Dicke, so da also alle Kltzer mit einigen greren Stcken
zusammengenommen eine Schicht mehr als 1/2 Wrfelfu betragen; sie werden am
besten in einem Kasten aufbewahrt, dessen innerer Raum genau die
ebengenannte Gre hat. Ein solcher Baukasten hat auch sonst noch beym
Unterricht seinen mehrseitigen Gebrauch, welcher sich zugleich mit der
fortschreitenden Entwickelung des Knaben mitentwickelt. Das folgende Material
sind Kltzer in verjngtem Verhltnisse der Baubacksteine, so da 8 Stck
einen verjngten Wrfelfu ausmachen, also 2 Lngenzolle zu 1 wirklichen
Lngenfu angenommen sind. So wie bey den vorhin bestimmten Baukltzern von
jeder Art und Lnge gleich viel sind, so sind hier im Gegenteil von den
eigentlich backsteinartigen die bey weitem berwiegende Menge, und
wenigstens 500 Stck, die anderen von doppelter bis sechsfacher Lnge immer
verhltnismig weniger, so auch von 1/2facher Lnge. Auf gleiche Weise
werden auch die Kltzer unterschieden als ein, zwey, dreylange usw. Das
Erstere ist nun, da die Knaben das Baumaterial seiner Gre nach
unterscheiden, benennen und zusammenordnen lernen, und immer mu es whrend
des Baues streng gesondert und der Gre nach geordnet bleiben. Das Zweite
ist, da das, was geschehen und hervorgebracht worden ist, jedesmal an das
genau bezeichnende Wort geknpft und laut gesprochen wird, z. B. "Ich habe
eine bergreifend verbundene, senkrechte Mauer mit lotrechten Enden einer
Tr und zwey ebenmig verteilten Fensterffnungen gebaut." Von einer Mauer
geht es zu einem einfachen, rechtwinklig vierseitigen Gebude nur mit einer
Tr; dann erweitert es sich in Gre, Zahl der Tren und Fenster, zuletzt
mit Zwischenwnden und zimmerartigen Abteilungen von einem einstockigen zu
einem zweystockigen Gebude usw. hnlich sind die getfelartigen
Zusammenfgungen, doch in manchen Beziehungen mehrfacher. Die Bildungen aus
linienartigen Stbchen von wenigstens 1/2 bis 5 Zoll Lnge lassen eine noch
grere Verschiedenartigkeit der Anwendung zu fr Schreiben, fr Zeichnen,
fr Bauen. Das Gestalten aus: Papier und Pappe hat jedes seinen
eigenthmlichen Gestaltungskreis und Fortschreitungsgang. Noch bildender und
entwickelnder, aber auch nur fr schon mit einem bestimmten Grade geistiger
Kraft Ausgerstete, ist das Formen aus bildsamer weicher Masse, und zwar
nach den durch die wrfelige Gestalt selbst gegebenen Gesetzen; doch gehrt
dies wie das freie Bilden und Gestalten aus derselben Masse mehr dem
folgenden spteren Knabenalter an. Zeichnen im Netze nach uerlich
nothwendigem Gesetze Die Scheitel und Brustlinie des Menschen, das
Senkrechte und Waagrechte ist, so wenig wir uns auch die bewut werden und
noch weniger uns davon Rechenschaft geben, das Vermittelnde zur Anschauung
und Auffassung jeder Form. Wir beziehen, wenn wir Formen auffassen, alles
darauf und ziehen, sey es auch noch so unbewut, denkend diese Richtungen
auer uns, besonders in der Gesichtsebene; auch wiederholt unsere Seh- und
Denkkraft diesen Akt, und geschieht dies, so entsteht daraus ein Netz,
welches in unser Bewutsein tritt, je strenger und schrfer wir uns von den
Formen des Angeschauten Rechenschaft geben. Weil nun aber in der Form und
dem von ihr und durch sie Bedingten die innere geistige Wirksamkeit sich
mehrseitig kundtut und die Erkenntni dieser innern geistigen Wirksamkeit
zur Bestimmung des Menschen gehrt, indem er dadurch sich selbst, sein
Verhltnis zu dem ihn Umgebenden, und so das Sein und Wesen an sich erkennt,
so gehrt auch die Entwickelung nicht allein zur Auffassung, sondern auch
besonders fr Darstellung der Form ganz wesentlich zur Erziehung des
Menschen, ist ein ganz wesentlicher Theil der Menschenerziehung, des
Unterrichtes; und weil mit dem Bewutwerden der rechtwinkligen Beziehungen
das Bewutwerden der Form steigt, so ist das uerliche Darstellen des
Rechtwinkligen ein in der Natur des Menschen und des Unterrichtsgegenstandes
selbst begrndetes Entwickelungsmittel zur Formen und Gestaltenauffassung
und Darstellung fr den zu erziehenden Menschen. Wiederholt sich nun das
Senkrechte und Waagrechte in beyden Richtungen unter sich gleichmig, so
ist das Erzeugni davon ein lauter gleich groe Geviertrume (gleiche
Quadrate) bildendes Netz. Durch das Geviert aber, als Vermittlungsform, wird
die Darstellung in der Gesichtsebene sowie besonders die vergrerte und
verkleinerte Darstellung berwiegend am leichtesten mglich, was den
Gebrauch des Geviertes, wenn es nthig wre, noch mehr rechtfertigen wrde.
Der Gebrauch des Dreiecks, als Anschauungs und Darstellungsmittel, geht,
wie der Fortgang des Unterrichts zeigt, aus dem Geviertigen und rechtwinklig
Zwei und zweyseitigen hervor. Bei dem Gebrauche des Geviertes wird die
Gre der Neigung durch das mebare Verhltnis gleichsam der Sttzen
derselben bestimmt; bey dem Gebrauche des Dreiecks aber unmittelbar durch
das mebare Verhltnis zu der rechten Neigung. Wie beydes seine Anwendung
findet, so soll auch beydes in dem Unterrichte gebt werden; doch .
Ietzteres erst spter auf einer hheren Stufe der Kraftentwicklung. Das
leichte Darstellen und ebenso leichte Vernichten der aufgefaten und
dargestellten Form ist ein zweytes nothwendiges Erfordernis dieses
Unterrichts. Die gewhrt am schnsten die Schiefertafel und ein solcher
Stift. Also eine mit einem eingeritzten rechtwinkligen, lauter gleiche
Gevierte bildenden Netze berzogene Schiefertafel ist das erste Erfordernis
dieses Unterrichtes. Aber auch die Gre der Gevierte oder die Entfernung
der unter sich streng gleichlaufenden Linien ist, wie der Verfolg des
Unterrichts zeigt, keineswegs gleichgltig; denn sind die Entfernungen zu
klein, so werden alle durch sie bestimmten Darstellungen zu kleinlich; sind
sie zu gro, so sind sie fr die Ueberschauungskraft des Schlers dieser
Stufe zu gro und zu gedehnt; am besten ist die Entfernung eines
Viertelzolls. Auf dieser Schiefer, dieser Netztafel den Schler fr die
scharfe Darstellung, und so auch Auffassung der wesentlichsten
Grundverhltnisse der Form und der durch sie bedingten Grenverhltnisse zu
ben: dieses ist das erste Geschft dieses Unterrichts. Der Lehrgang selbst
knpft sich an die frheren krperlichen Anschauungen an; denn dort lernte
der Knabe, wie namentlich bey dem eben behandelten Unterrichte fr
krperlich rumliche Darstellungen, einfache, zweyfache, dreyfache usw.
Lngen kennen. So hngt denn auch dieser Unterricht, wie die Anwendung noch
besonders zeigen wird, mit dem letztbetrachteten und dem frheren zusammen,
demgem, wie schon ausgesprochen worden, da in dem Unterrichte nirgends
eine Lcke sein, nirgends in dem Unterrichte etwas abgerissen und allein
dastehen, sondern alles wie das Leben selbst ein lebendig in sich durch
Ursache und Wirkung geeintes, in sich zusammenhngendes Ganzes sein soll Der
Lehrgang selbst ist dieser: Der Lehrer zieht in eine eingeritzte Seite eines
der Netzgevierte eine senkrechte Linie von der ganzen Lnge der Seite und
spricht, indem er die Linie zieht: "Ich ziehe eine senkrechte Linie."
Na:hdem er die Linie gezogen hat, fragt er den Schler: "Was habe ich
getan?" Der Schler antwortet die vorher vom Lehrer gesprochenen Worte:
"eine senkrechte Linie gezogen."
"Nun ziehe auch lngs der Tafel hin
lauter senkrechte Linien von einfacher Lnge." Ist die geschehen und sind
die Linien zur Zufriedenheit des Lehrers gezogen, so fragt derselbe weiter
den Schler: "Was hast du getan?" "Ich habe mehrere senkrechte Linien
gezogen", antwortet der Schler. Beginnen mehrere Schler zugleich diesen
Unterricht, was sehr gut angeht, so antworten smtliche Schler, nachdem die
Arbeit eines jeden nachgesehen ist, auf die gemeinsame Frage: ,,Was habt ihr
getan?"
"Wir haben usw." Diese Fragen und Antworten sind wegen ihres
vielseitigen und angedeuteten Nutzens ein Stehendes auch bey diesem
Unterrichtsgegenstande; denn der Mensch soll ja das Dargestellte zum Worte
und Gedanken und die Gedanken, das Wort, zur Darstellung erheben; denn
wesentlich dadurch wird er ja eben Mensch. Der Lehrer zieht nun, im
Unterrichte fortfahrend, eine senkrechte Linie von der Lnge von zwey
Geviertseiten und spricht: "Ich ziehe eine senkrechte Linie." Und fragt
wieder: "Was habe ich getan?" "Eine senkrechte Linie gezogen." "Ist diese
senkrechte Linie mit der vorigen gleich?' "Nein! sie ist noch einmal oder
zweimal so gro als die vorigen Linien." "Wie werden wir diese senkrechten
Linien wohl im Vergleich mit den vorigen ihrer Gre nach nennen knnen und
zur Unterscheidung nennen mssen?" "Senkrechte Linien von zweyfacher Lnge."
"Wie werden wir nun die vorhin gezogenen senkrechten Linien in Beziehung auf
die soeben gezogene ihrer Gre nach nennen mssen?" "Senkrechte Linien von
einfacher Lnge." "Ziehe eine Reihe senkrechter Linien von zweyfacher
Lnge." Nachdem es geschehen, fragt der Lehrer wie vorhin: "Was hast du oder
ihr getan?"
Und die Schler antworten: "Wir haben usw " Ebenso zieht der
Lehrer senkrechte Linien von drey, vier bis fnffacher Lnge und lt
immer das Geschehene von den Schlern nachthun und durchs Wort bezeichnen.
Da die Linien von den Schlern selbst in den Netzlinien hingezogen werden,
dies entwickelt und strkt mehrseitig die Hand, Auffassungs und
Darstellungskraft des Schlers und macht sie mit steigender Krftigkeit
frei. Da zur Auffassung und Festhaltung jedes Dinges das Vergleichen mit dem
Ungleichartigeren wichtiger ist als mit dem Gleichartigen, so werden nun
alle bis jetzt gezogenen senkrechten Linien in ihrer verschiedenen Lnge
nebeneinander gestellt. Der Lehrer thut dies, indem er spricht: "Ich ziehe
eine senkrechte Linie von einfacher Lnge, von zweyfacher, dreyfacher,
vierfacher und fnffacher Lnge." "Was habe ich getan?" Die Schler
antworten wie immer. Der Lehrer macht die fnf senkrechten Linien
verschiedener Lnge noch einmal, indem er nun zusammenfassend spricht: "Ich
ziehe senkrechte Linien von einfacher bis fnffacher Lnge nebeneinander."
Frage und Antwort wie immer. "Ziehe nun auch senkrechte Linien von einfacher
bis fnffacher Lnge." "Hast du es getan?"
Was hast du getan?" Nur bis zu
einer fnffachen Verschiedenheit steigt der Unterricht hier herauf, weil bis
Fnf schon alle spteren Zahlenverschiedenheiten gegeben, wenigstens
angedeutet sind ; eigentlich sind sie schon bis zur Drei angedeutet, indem
darin gerade und ungerade, Grund, Geviert und Wrfelzahlen liegen; doch
treten diese Verhltnisse in der Zahlenreihe bis fnf fast alle wiederholt
auf und werden so fr diesen darstellenden Zweck hinlnglich klar, da
berdies die Sechs nur wieder ein Zweifaches der Drei und ein Dreifaches der
Zwei ist, die Sieben aber in dieser Beziehung gleichwertig mit der Fnf ist:
dehalb diese und alle folgenden hnlichen darstellenden Uebungen nur bis zur
Fnf herauf. Bei dieser vergleichenden Nebeneinanderstellung knnen nun noch
von dem Lehrer nach Bedrfnis des Schlers mehrere kleine Verschiedenheiten
in der Darstellungsweise angewandt werden, wenn besonders die Schler in der
Auffassung und Darstellung noch schwach sind; es knnen sich nmlich die
fnf Linien, wie die auch anfangs sein mu, nur nach unten verlngern, also
ihre oberen Enden in einer waagerechten Linie liegen; oder sie knnen sich
nach oben verlngern, so da also ihre untern Enden in einer waagrechten
Linie liegen; oder sie knnen, wie sie hier immer zunehmend gezogen worden,
nun auch in beyden Fllen wieder abnehmend, also von fnf bis einfacher
Lnge gezogen werden. Diese Vernderungen sind im Anfange, besonders wo eine
Sache unter mehreren Formen zu ben ist, um den Schler nicht zu langweilen,
mit vielem Nutzen anzuwenden, doch bleibt ihr Gebrauch billig dem prfenden
Lehrer berlassen. Ganz wie hier die senkrechten Linien durchgefhrt wurden,
werden nun auch die waagrechten Linien durchgefhrt. Bisher waren die Linien
nur unverbunden, und es wurden immer nur gleichartige Linien der Lage nach,
also senkrechte mit senkrechten und waagrechte mit waagrechten Linien
verglichen. Das nun folgende Wichtigere ist, senkrechte mit waagrechten
Linien vergleichend darzustellen und umgekehrt. Um diese Vergleichung am
anschaulichsten und eindringlichsten zu machen, mssen beyde Linienarten
miteinander in einem Punkte verbunden werden Der Lehrer zeichnet und
spricht: "Eine senkrechte und eine waagrechte Linie, beyde gleich lang, jede
von einfacher Lnge, verbinde ich in einem Punkte." "Was habe ich getan?"
"Tut dasselbe."
"Was habt ihr getan?" "Tut dasselbe auf einer ganzen
Lngenreihe eurer Tafel hin." Der Lehrer fhrt darstellend fort: "Eine
senkrechte und eine waagrechte Linie, beyde gleich lang, jede von zweyfacher
Lnge, verbinde ich in einem Punkte" usw., jede von dreyfacher, von vier
bis fnffacher Lnge. Die Schler thun dasselbe und bezeichnen jederzeit das
Getane durchs Wort. Auch hier mu wieder die Vergleichung stattfinden. darum
zeichnet der Lehrer und spricht: "Ich verbinde immer eine senkrechte und
eine waagrechte Linie, beyde immer gleich lang, jede von ein, zwey, drey,
vier und fnffacher Lnge, in einem Punkte und ziehe sie ineinander." Die
Schler sprechen und thun wie immer dasselbe. Wie vorhin bey der Vergleichung
der senk und waagrechten Linien von verschiedener Lnge, kann auch hier das
vergleichende Ineinanderzeichnen nach vier verschiedenen Richtungen hin
geschehen, nmlich so:~, so ~, sound so ~; immer aber sind die zwey
verbundenen Linien von fnffacher Lnge der klarsten Vergleichung wegen die
einschlieenden, wie Nebenstehendes zeigt: t: In diesem letzteren wurden
immer senkrechte und waagrechte Linien von gleicher Lnge miteinander
verglichen ; ebenso mssen nun auch senkrechte und waagrechte Linien
verschiedener Lnge miteinander verglichen werden, und zwar: Erstens, wo die
waagrechte Linie zweymal so lang als die senkrechte ist. Der Lehrer zeichnet
und spricht: "Ich verbinde eine senk und eine waagrechte Linie in einem
Punkte, die waagrechte Linie zweymal so lang als die senkrechte, die
senkrechte Linie von einfacher Lnge, also die waagrechte von?
zweimal
einfacher Lnge." (Von zweyfacher statt zweymal einfacher zu sagen, ist
wegen der Fortentwicklung des Unterrichtes nicht zweckmig.) Das Erzeugni
ist: | Die Schler sprechen nach, zeichnen dasselbe und bezeichnen das
Dargestellte durchs Wort, wie immer. Nun werden immer senkrechte und
waagrechte Linien miteinander verbunden, wo die waagrechte zweymal so lang
als die senkrechte ist, die senkrechte aber von zzseifacher, die waagrechte
also von zweymal zz0eifacher; oder die senkrechte von dreyfacher, also die
waagrechte von zweymal dreyfacher; oder die senkrechte von vierfacher, also
die waagrechte von zweymal vierfacher: zuletzt die senkrechte von
fnffacher, also die waagrechte von zweymal fnffacher Lnge. Endlich werden
alle einzelnen Darstellungen zur Vergleichung wieder ineinander gezeichnet,
wie vorhin. Zweitens, die waagrechte Linie dreymal so lang als die
senkrechte. Wie im vorigen die waagrechte Linie immer zweymal so lang als
die senkrechte gezogen wurde, so wird nun die waagrechte Linie dreymal so
lang als die senkrechte gezogen; ist also die senkrechte Linie von einfacher
Lnge, so ist die waagrechte von dreymal einfacher ; ist die senkrechte
Linie von zweyfacher Lnge, so ist die waagrechte von dreymal zweyfacher
Lnge usw., die waagrechte Linie nach der Bestimmung der senkrechten von
dreimal dreyfacher, dreymal vierfacher und dreymal fnffacher Lnge. Zuletzt
werden wieder alle Erzeugnise ineinander gezogen, und zwar, wie sich aus
dem Zwecke der Vergleichung von selbst ergibt, hier die senkrechten Linien
immer drey Geviertsseiten voneinander entfernt, wie bey zweyfacher Lnge der
waagrechten Linien zwey Geviertsseiten, und bey vier und fnffacher Lnge
der waagrechten Linien immer vier und fnf Geviertsseiten, wie die folgenden
Uebungen fordern. Ueber fnffache Lnge der waagrechten Linien im Vergleich
zur senkrechten wird, wie schon ausgesprochen, nicht hinausgegangen. Auch
knnen zur Erreichung grerer Fertigkeiten, besonders in der Auffassung der
Verhltnisse, diese Uebungen so durchgefhrt werden, da, wie im
Vorstehenden die waagrechte Linie mit der senkrechten verglichen wurde, nun
die senkrechte mit der waagrechten verglichen wird: hier wird nun zuerst die
waagrechte und dann erst die senkrechte Linie, umgekehrt wie vorhin,
gezogen, und dieser umgekehrten Entstehungsweise angemessen ist auch der
Wortausdruck, die senkrechte Linie wird nun hier als ein Theil der
waagrechten angeschaut, wie vorhin die waagrechte als ein Mehrfaches der
senkrechten. Diese Verschiedenheit ist hier keineswegs der Zahl halber,
welche hier ganz auerhalb der Beachtung liegt, sondern nur der
Entstehungsweise wegen wichtig, welche bey zeichnenden Darstellungen
wesentlich ist. In dem Vorstehenden ist die waagrechte Linie immer ein
Mehrfaches der senkrechten, oder die waagrechte Linie grer als die
senkrechte; nun mu aber auch die senkrechte grer als die waagrechte Linie
gezogen oder die waagrechte Linie als ein Theil der senkrechten dargestellt
werden. Der Lehrer stellt zeichnend dar und spricht: ,,Ich verbinde eine
senkrechte und eine waagrechte Linie in einem Punkte, die waagrechte Linie
halb so lang als die senkrechte, die senkrechte Linie von zweymal einfacher
Lnge, also die waagrechte von?
einfacher Lnge." Das Erzeugni ist Nun
die senkrechte Linie von zweymal zweyfacher, also die waagrechte von
zweifacher Lnge; die senkrechte Linie von zweymal dreyfacher, also die
waagrechte Linie von dreyfacher Lnge; die senkrechte Linie von zweymal
vierfacher, also die waagrechte Linie von vierfacher Lnge; die senkrechte
Linie von zweymal fnffacher, also die waagrechte Linie von fnffacher
Lnge. Wie im Vorstehenden die waagrechte Linie immer von einem Halb der
senkrechten Linie gezogen wurde, so wird sie nun von einer Drittellnge der
senkrechten gezogen, wo dann die senkrechte Linie von dreymal ein, dreymal
zwei, drey, vier und fnffacher Lnge ist. Ebenso, wo die waagrechte
Linie ein Viertel, ein Fnftel der senkrechten Linie gezogen wird. Will man
den zeichnenden Schler die senkrechte Linie lieber als ein Mehrfaches der
waagrechten anschauen lassen, so ist auch die Entstehung des Erzeugnises
umgekehrt, die waagrechte Linie das Maa, wie vorhin die senkrechte, und die
senkrechte Linie nun die Gemessene, wie vorhin die waagrechte. Zu der
Entwickelung der Hand und des Auges sind diese Umkehrungen zuzeiten wichtig.
Diese Uebungen bewirken nmlich in dem Zglinge ein Mehrfaches: Anschauung
und Auffassung der Form, Entwickelung des Auges und der Hand fr Darstellung,
und Entwickelung und Befestigung der Darstellung eines und ebendesselben
Erzeugnises auf verschiedene Weise: vllige Einheit und Fertigkeit des
Auges und der Hand in der Auffassung und Darstellung jeder Form. Die
bisherigen Erzeugnise der Schlerthtigkeit auf dieser Stufe des
Unterrichtes waren rechte Winkel, deren Schenkel entweder gleich, und zwar
jeder von einfacher bis fnffacher Lnge, oder deren Schenkel ungleich waren
und entweder der waagrechte bey jedesmal einfacher bis fnffacher Lnge des
senkrechten Schenkels, das Zwei, Drei, Vier und Fnffache desselben; oder
der senkrechte Schenkel, bey jedesmal einfacher bis fnffacher Lnge des
waagrechten, das Zwei bis Fnffache desselben. Diese Erzeugnise in
entgegengesetzter raumeinschlieender Lage miteinander verbunden, gibt
Rechtecke, und zwar zunchst Gevierte, zu deren Darstellung und Zeichnung
nun der Unterricht fortschreitet. Der Lehrer stellt dar und spricht: "Ich
zeichne ein Geviert, jede Seite von einfacher Lnge." Nachsprechen,
Darstellen und durchs Wort bezeichnen, wie immer. Nun steigt das Darstellen
vom Zeichnen von Gevierten jede Seite von zweyfacher Lnge bis zu Gevierten
jede Seite von fnffacher Lnge hinauf. Zuletzt wieder vergleichende
Darstellung und Zeichnen derselben ineinander. Nun Zeichnen und Darstellen
von Lngenvierecken, und zwar zuerst immer zweymal so lang als breit, die
Breite von einfacher bis fnffacher, also die Lnge von zweymal einfacher
bis zweymal fnffacher Lnge. Weiter: Lngenvierecke drey, vier und
fnfmal so lang als breit, die Breite in jedem einzelnen Falle wieder von
ein- bis fnffacher Lnge. Wie die Lngenvierecke durchgefhrt wurden, ganz
so werden auch die Hhenvierecke durchgefhrt. Nun vergleichende Verknpfung
der Lngen und Hhenvierecke in jedem Grenverhltnisse. Diese Verknpfung
kann nach der Entwickelungsstufe des Schlers erweitert oder zusammengezogen
werden, wie das auch bey all den frheren und spteren Uebungen der Fall ist.
Nahmen die bisherigen Uebungen berwiegend nur das Auge, so nehmen die nun
folgenden Auge und Hand zugleich in Anspruch, so wie die spteren
berwiegend die Hand allein. Die nun folgende Reihe der Uebungen stellt nach
der eben dargelegten Folge die Gevierte und Rechtecke: und hier wieder die
Lngen und Hhenvierecke dar; aber zugleich mit Hineinzeichnung der
Querlinien (Diagonalen) und entweder der rechten oder der linken oder auch
beyder zugleich. Der Zweck dieser Uebung ist: die Neigung jeder Linie scharf
aufzufassen und mit Bestimmtheit darzustellen. Die scharfe Auffassung und
bestimmte Darstellung der Lngen und der Neigungen der Linien, wie sie
entweder wirklich sind oder wie sie auf der Gesichtsebene erscheinen, in
welcher ja die grte uere Kraft gengender zeichnerischer Darstellungen
liegt, wird nun noch durch folgende Uebungen zu entwickeln gesucht. Sind
nmlich die vorigen Uebungen durch alle Gevierte und Rechtecke: Lngen und
Hhenvierecke, durchgefhrt, so werden auch sie wieder zur Vergleichung
zusammengestellt, und zwar so, da eine Ecke aller zu vergleichenden
Rechtecke in einem einzigen Punkte zusammen und immer zwey Seiten der zu
vergleichenden Rechtecke ineinanderfallen; von dem allen Rechtecken
gemeinsamen Eckpunkte aus werden nun die vergleichenden Querlinien gezogen.
Aus dem Zeichnen und vergleichenden Anschauen dieser Querlinien, verglichen
unter sich und mit den Rechtecken, in welchen sie gezogen wo.den gehen nun
die allgemeinen Wahrnehmungen hervor: da die schiefen Linien smtlich auer
einer sich entweder mehr dem Waagrechten oder dem Senkrechten nhern ; da
sich die schiefen Linien um so mehr einer der rechten Linien nhern, je
fter die eine kleine Seite der Rechtecke in der andern enthalten ist, oder
da die schiefen Linien um so weniger schief sind, je kleiner die eine Seite
des Rechteckes im Vergleich der zweyten ist; da also die Schiefe der Linien
von dem Verhltnisse der beyden rechten Linien, die gleichsam die Sttzen
der schiefen sind, abhngt; die kleinere rechte Linie oder Sttze der
schiefen ist in dem vorliegenden Falle entweder 1/2 oder 1/3 oder 1/4 oder
1/5 der greren rechten Linie oder der greren Sttze. Durch diese
erkannten Verhltnisse nun wird auch die Neigung oder die Schiefe der
schiefen Linien als halbschiefe, drittelschiefe, viertel und fnftelschiefe
Linien bestimmt. Noch werden die schiefen Linien, die sich mehr der
waagrechten Linie nhern, als liegende, und die sich mehr der senkrechten
nhern, als stehende unterschieden. Die Mittellinie zwischen den beyden
rechten Linien, die sich zu keiner derselben neigt, oder deren Sttzen sich
ganz gleich sind, heit ganzschiefe Linie. Wie zur Auffassung dieser
Neigungen der Linien die scharfe und schnelle Auffassung und fertige
Darstellung der Lngen und Breitenverhltnisse der Rechtecke so
unumgnglich nthig war, so ist wieder die scharfe und schnelle Auffassung
und sichere Darstellung der Neigungen oder Schiefen und der Lngen der
schiefen Linien fr den zeichnenden Gebrauch so hchst wichtig. Darum werden
nun die schiefen Linien auch ohne vorhergezogene begrenzende Vierecke
durchgefhrt, und zwar, was sich durch sich selbst erklrt, jede Art der
schiefen Linien wieder als schiefe Linien von einfacher Lnge (wenn nmlich
die kleinere Seite des Rechteckes die Gre einer Geviertsseite des Netzes
hat), als schiefe Linie von zweyfacher Lnge (wenn die kleinere Seite des
Rechteckes die Gre von zwey Geviertsseiten hat) usw., als schiefe Linien
bis zu fnffacher Lnge (wo die krzere Seite des messenden Rechteckes, oder
die krzere Sttze die Gre von fnf Geviertsseiten des Netzes hat). Am
Ende jeder Reihenfolge werden nun wieder die schiefen Linien von ein bis
fnffacher Lnge vergleichend nebeneinander gezogen, wie gleich anfangs bey
den rechten Linien. Das Zeichnen und Darstellen der ganzschiefen Linien
beginnt die Reihenfolgen dieser Uebungen; also: indem der Lehrer zeichnet und
darstellt: "Eine ganzschiefe Linie von einfacher Lnge." "Was habe ich
getan?"
"Tut dasselbe."
"Bezeichnet es durchs Wort." Ebenso mit
ganzschiefen Linien von zwey- bis fnffacher Lnge. Nun ganzschiefe Linien
von ein bis fnffacher Lnge nebeneinander, und zwar entweder rechtsschief,
d. h. nach der rechten Seite gezogen, oder linksschief, d. h. nach der
linken Seite gezogen, und zwar in beyden Fllen wieder von oder zu dem
Zeichner gezogen. Die Achtsamkeit auf das verschiedene Entstehen einer und
derselben schiefen Linie, zunchst ob sie zu dem Zeichner oder von dem
Zeichner gezogen worden, sowie die Uebung desselben kann hier schon
vorbildend aufgenommen werden, wenn sie gleich spter erst in ihrer ganzen
Beachtung und Ausfhrung eintritt. Ganz so werden die halbschiefen, die
drittel, viertel und fnftelschiefen, sowohl die liegenden als die
stehenden durchgefhrt. Wie in dem Vorstehenden nur schiefe Linien von immer
gleicher Lage und Neigung, besonders aber nur ihrer Gre und Lnge nach,
unter sich verglichen wurden, so werden nun schiefe Linien verschiedener
Neigung unter sich verglichen, und zwar zuerst nur liegende, und hier
zunchst wieder alle von einfacher, dann alle von zwey bis fnffacher
Lnge; dann stehende, und auch hier anfangs von einfacher Lnge und
fortschreitend bis zu fnffacher Lnge. Weiter werden nun stehende und
liegende schiefe Linien zugleich miteinander, mit den rechten und der
ganzschiefen Linie verglichen, und zwar hier wieder zuerst nach einer, dann
nach zwey, zuletzt nach vier Seiten hin, jede Linie zuletzt von fnffacher
Lnge. Das Erzeugni davon ist zuletzt: strahlenfrmig von der Mitte
auslaufende schiefe Linien in allen bisher gebten Schiefen und
Neigungsgraden, jede von fnffacher Lnge. Wie hier alle schiefen Linien
strahlend von einer Mitte auslaufend gezogen wurden, so mssen sie nun noch
zur Erschpfung des Ganzen um eine Mitte zueinanderlaufend gezogen werden.
Durch die Gesammtheit des Bisherigen ist nun der Schler in den Stand
gesetzt, jede rechte und schiefe Linie von jeder gebten Neigung und Lage
zuund auseinanderlaufend im Netz mit Fertigkeit zu ziehen, und somit sind
diese Vorbungen, in welchen der Schler nach bestimmtem uerem Gesetz
Linien zog, und so Auffassung und Darstellung der Linien in lebendiger
Einigung in sich entwickelte, geendet. Auch bezeichnen die beyden letzteren
Erzeugnise, das Strahlende und Umfassende, welche sich von jedem der
frheren durch die Zusammenfassung und Insichdarstellung aller frheren
Uebungen unterscheiden, durch sich selbst das Ende derselben. Den Schlern
selbst tritt dieses abschlieende Zusammenfassen der Darstellung vor Augen,
und der Lehrer knpft daran seine Frage an: "Machen diese von dir
gezeichneten Darstellungen einen andern Eindruck auf dich als die frheren?"
"Ja!" "Worin besteht derselbe wohl?" Alle Schler werden in ihren Antworten,
auf welche Weise es auch sei, immer darauf zurckkommen und darin
zusammentreffen, da sich in beyden Darstellungen alle Linien allseitig zu
und auf eine Mitte beziehen, und da diese bedingende Mitte entgegengesetzt
gleich geneigte Linien unter sich von verschiedener aber entgegengesetzt
gleicher Lnge einigt, da also diese Linien ein in sich abgeschlossenes
Ganzes darstellen. Der Lehrer gibt diesem Ganzen nun den Namen Figur. Einige
der Schler werden auch geradezu sagen, da die zuletzt von und zu einer
Mitte oder um eine Mitte gezogenen Linien im Gegensatz der frheren eine
Figur darstellen. Der Lehrer entwickelt nun den Schlern die Eigenschaften,
das Wesen eines Ganzen, einer Figur, als das, wo sich unter sich
beziehungsweise entgegengesetzt gleiche Glieder, hier Linien, von einer
sichtbaren (wie beym Strahlenden) oder von einer unsichtbaren Mitte aus (wie
beym Umfassenden) zu einer Einheit, also nothwendig unter sich in
Ebenmigkeit verbunden. Dieser Begriff eines Ganzen, hier einer Figur, wird
mehrseitig in und an den letzteren beyden Erzeugnissen angeschaut und
nachgewiesen und, zu vlliger inneren und Wortklarheit, mehrmals
durchgesprochen. Von diesem Punkte aus nun tritt eine ganz neue Stufe des
zeichnenden Unterrichtes ein, welcher zugleich eine neue Stufe der
Schlerentwicklung bezeichnet: die der freithtigen Darstellung von
Linienganzen aus jeder einzelnen Gattung frher gebter Linien, oder aus
mehreren verknpft, von den in dem Netze liegenden Bestimmungen bedingt es
tritt das Erfinden von Figuren ein. Erfinden wird jede freithtige
Darstellung des Inneren am ueren und durch Aueres genannt, welche nach
zwar uerlich gegebenen Bedingungen geschieht, die aber mit von dem Schler
leicht selbst zu erkennender Nothwendigkeit aus dem Inneren hervorgehen. Die
Vorfhrung des Lehrganges fr das Figurenerfinden bleibt der Darstellung der
nchsten Schlerstufe vorbehalten, sowie berhaupt die Darlegung des
vielseitig entwickelnd eingreifenden Wesens dieses Unterrichtsganges fr
zeichnende Darstellung auf die wahre Bildung des Menschen erst dem Ende der
Darlegung des gesammten Zeichenunterrichtes vorbehalten bleiben mu. Die
Wirkung und das Wesen dieses Unterrichtsganges kann, wie berhaupt bey allem
Unterrichte, welcher Krfte und Lebenweckung und DarstellungsGewandtheit
und Sicherheit mit Einsicht bezweckt, nur der wahrhaft beurteilen, welcher
ihn nicht allein bey und mit andern, sondern ganz besonders auch an sich
anwandte. Zu dieser Sichselbstaneignung des Unterrichtsganges, wenigstens im
allerwesentlichsten zur Selbstentwicklung und zur Entwickelung Anderer,
werden auch diese Andeutungen hinlnglich sein, besonders fr den, welcher
demselben von Stufe zu Stufe selbst ausfhrend und darstellend folgt und so
das stillwaltende einfache Gesetz desselben in sich findet. Die Anwendung
dieses Unterrichtes wrde eine der grten Lcken unserer Land und
Stadtschulen ausfllen, so da er darum in keiner fehlen sollte, was jedem
Prfenden und Einsichtigen sehr klar entgegentritt, indem dieser Unterricht
die Sinne, durch diese die Denkkraft, und so den Schler geistig, und durch
die Handfertigkeit denselben uerlich, krperlich gleichmig thtig in
Anspruch nimmt, und so die hchst schdliche Langeweile und
Unbeschftigtheit und die daraus entstehenden Nachteile von dem Theile der
Schler entfernt, welchem der Lehrer eben jetzt seine Aufmerksamkeit nicht
schenken kann; die als wesentlich fr die Schule; aber noch berdies
gleichsam als Zugabe fr das Leben die Entwickelung des Auges fr Erkennung
der Form und des Ebenmigen, und die Bildung der Hand fr Darstellung
derselben. Und wo gbe es denn ein Verhltnis und eine Wirksamkeit des
Menschen im Leben, welche die Anwendung davon nicht als wesentlich forderte?
Auch sind ja die groen Nachteile des Mangels an Entwickelung fr Auffassung
und Darstellung der Form und des Ebenmigen bey unserm Brger, besonders
Handwerker, wie beym Landmanne schon vielseitig und eindringlich genug
gergt worden.
Auffassen der Farben in ihrer Verschiedenheit und
Gleichartigkeit, besonders durcb Darstellung derselben in schon gebildeten
Flchenrumen, mit vorwaltender Beachtung schon gebildeter Formen: Ausmalen
von Bildern in Umrissen; spter, mit vorwaltender Beachtung der Farben:
Malen im Netz
Da es Kindern, besonders dem beginnenden Knaben Bedrfnis ist, ber Farben
und Farbenverhltnisse klar zu werden, sie sich zum Bewutsein und zur
Einsicht zu bringen, sich zu diesem Ende besonders mit frbenden Stoffen,
mit Farben, zu beschftigen, wird jeder zugestehen, dem das Leben der
Knaben, in welchem Stande es auch sei, nicht ganz fremd ist; er wird
zugeben, da das Leben und Schaffen mit Farben ganz in das und zu dem
frheren Knabenalter gehrt, wenn auch bey den verschiedenen Einzelnen in
verschiedenem Grade. Kann es auch anders sein?
Schon der allgemeine
Grund aller Regsamkeit im Kinde, nur zunchst seine Krfte und Anlagen,
seine Fhigkeiten, das heit, die Gesammtheit des Lebens, welches es in sich
versprt, in jeder nur mglichen Einzelheit und Form zu entwickeln, jede zu
ben und zu gebrauchen, fordert dazu auf. Hierzu kommt aber noch der zweyte,
fr die innere geistige Entwickelung an sich, ohne eine bestimmte Richtung
derselben nachweisen zu knnen, gewi wichtigere Grund: werden nicht alle
Farben, sey es mehr oder minder, durch den Einflu der berall verbreiteten
Lichtthtigkeit bestimmt? Also Farbe und Licht im innigsten Zusammenhange;
und ist nicht wieder Farbe und Licht mit Lebensthtigkeit, Lebenserhhung und
Lebensvernderung in innigster Verknpfung? Also Licht und Leben, sey es
zunchst auch nur irdisches Licht, zeigt es nicht zum himmlischen hin, in
welchem es nur sein Daseyn und Bestreben hat? usw. Diese vom Knaben bemerkt
oder nicht bemerkt geahnte hohe Bedeutung der Farbe (wie nach einer anderen
Seite der Betrachtung hin auch der Form in der Natur), gleichsam als eine
Gestaltung und Verkrperung des irdischen, des SonnenLichtes, als sichtbare
Darlegung dessen Wesens ; diese Ahnung nun, so durch die Farben (durch das
Eindringen in das und durch das Aneignen des Wesens der Farben), in das
Wesen des irdischen, des SonnenLichtes einzudringen, dieses gleichsam
dadurch einzusaugen mag nun wohl die eigentlichste, innerste, dem Knaben
selbst nicht bewute Triebfeder des Sichsogernbeschftigens mit den Farben
in dem Knabenalter sein; ja es darf dieses mit Bestimmtheit als
Knabenerfahrung ausgesprochen werden. Wir sagen nun zwar wohl: Farben sind
bunt, es ist das Bunte, was die Kinder und Knaben anzieht und ihnen Freude
macht. Gut! aber was ist denn das Bunte?
Sind es nicht die Wirkungen
eines Grundes (des Lichtes) in verschiedenen Erscheinungen (Farben) ?
Ist
es nicht die Wirkung einer Wesenheit (Licht) in verschiedenen Gestalten
(Farben) ? Das Bunte als uerliches ist es schlechterdings nicht, was die
Knaben anzieht und ihnen Freude macht; sonst wrde das Bunte als uerliches
das Kind und den Knaben, wenn es dasselbe besitzt, befriedigen; aber das tut
es nicht, sowie es die Menge, die Masse berhaupt nirgends tut; sondern der
Ausdruck, das Finden des inneren Zusammenhanges, die Kraft, es zu
vergeistigen; sonst wrde sich das Kind, der Knabe, beruhigt fhlen, wenn er
von der Masse und Menge umgeben ist, und wir wrden nicht so oft zu dem
unzufriedenen Knaben sagen hren: "Nun sage mir nur, was du noch willst, du
hast das und das und das und bist noch nicht ruhig?" Lebenseinheit,
Lebensausdruck, Lebenszusammenhang, berhaupt Leben sucht das Kind und der
Knabe; darum reizt das Kind das Bunte, um in der Mannigfaltigkeit die
Einheit, den innern Zusammenhang zu erkennen ; daher liebt es die Farben in
ihren Zusammenstellungen, Einigungen, um dadurch zur Erkenntni einer innern
Einheit zu kommen. Aber ohngeachtet der hohen Bedeutung dieses Triebes in
dem Knabenalter des Menschen, wie kommen wir ihm entgegen?
Dem hchsten
Zufalle geben wir dessen Entwickelung, die Entwickelung zur Auffassung und zum
Gebrauche der Farben preis. Nun geben wir wohl dem Knaben, wie so manche
andere Sachen, auch Farben und Pinsel, wie man den Thieren zufllig und auch
aus Gutmeinen Futter hingibt; aber sie werfen auch sie wie ihr anderes
Spielzeug herum, wie jene das nicht aneigenbare Futter; was sollen sie auch
damit?
Sie selbst verstehen nicht, ihm Leben und Einigung zu geben, und
wir, wir verhelfen ihnen nicht dazu. So ganz in sich getrennt, verschieden
nun auch Form und Farbe sein mgen, so sind sie doch dem jungen Knaben ein
ebenso Ungeteiltes, Ungetrenntes, wie Leib, wie Krper und Leben; ja die
Auffassung der Farben scheint dem Knaben wie vielleicht dem Menschen
berhaupt durch die Form zu kommen, sowie umgekehrt die Formen durch die
Farben mehr hervor und nhertreten. Also die Auffassung der Farben mu sich
zuerst an die Auffassung der Form, sowie die Auffassung der Form an die der
Farbe knpfen; Farbe und Form anfangs eine ungeteilte Einheit. Da nun Form
und Farbe dem Knaben zuerst noch als ein ungeteiltes Ganzes erscheinen, sich
aber gegenseitig heben, zur Erkenntni und Einsicht bringen, so ist bey den
Bestrebungen, den Farbensinn durch Unterricht und Lehre in dem Menschen
durch Anschauung und Selbstdarstellung auszubilden, ein Dreifaches zu
beobachten: einmal, da die Formen einfach und bestimmt sind, dem ganz
gengend, was sie bezeichnen und darstellen sollen; dann, da die Farben
mglichst rein und entschieden klar sind, und den Farben, die es sein
sollen, denen des Gegenstandes, besonders des Naturgegenstandes mglichst
annhernd entsprechen; endlich, da die Farben mglichst in ihren
Verhltnissen zueinander, wie sie die Natur wirklich zeigt, in ihren sich
entgegengesetzt bedingten, gleichsam trennenden, oder in ihren
zusammenflieenden Einigungen aufgefat werden. Wie die Farben selbst ihrem
Eindrucke nach mglichst bestimmt aufgefat werden mssen, so mssen sie
auch gleichmig immer mglichst bestimmt an das Wort geknpft, durch das
Wort bezeichnet werden ; einmal die reine Farbe an sich, als: rot, grun
usw., dann ihrer innern Strke nach dunkel, hoch, hell usw.; dann die
einzelnen Farben ihren Arten oder Mischungen nach; hier findet eine doppelte
Verschiedenheit statt, einmal Vergleichung der Farben mit Gegenstnden, d.
i. Bestimmung und Benennung der Farbenarten durch die Gegenstnde, an
welchen sie sich am hufigsten finden, z. B. rosenrot, schwefelgelb,
himmelblau; oder durch Vergleichung der Farben unter sich: blaurot,
grngelb; oder annhernd; grnlichgelb, blulichrot. Ueberhaupt mssen alle
Farbenbestimmungen zuerst von solchen Naturgegenstnden ausgehen, welchen
diese Farben vorwaltend und in der grten Unvernderlichkeit eigen sind;
sind sie fest, so knnen diese Bestimmungen auch auf die Farben anderer
Gegenstnde bergetragen werden. Die Farbenbenennungen, welche von
Gegenstnden hergenommen werden, mssen mglichst oft an den Gegenstnden
selbst angeschaut werden, z. B. veilchenblau. Bei dem ersten Unterrichte
gehe man in wenig verschiedene Bestimmungen ein; nur sehe man darauf, da
diese Bestimmungen scharf festgehalten und immer mit Bestimmtheit
wiedergegeben werden. Ebenso gebe man beym Gebrauche der frbenden Stoffe
dem Knaben mit einem Male nur wenige, aber mglichst bestimmte Farben. Die
Zwischenfarben lasse man spter, soweit es angeht,
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