WEIMAR

Kreisfreie Stadt

Die erste urkundliche Erwähnung Weimars stammt möglicherweise aus dem Jahr 975, als Kaiser Otto I. hier einen Fürstentag abhielt. Eine Wasserburg der Grafen von Weimar, die 984 erstmals genannt wird und damit die erste sichere Erwähnung Weimars darstellt, gilt als Keimzelle des Ortes. Um 1250 wurde die Stadt von den Grafen von Weimar und Orlamünde aus den drei vorhandenen Siedlungen Burgbezirk, Jakobshügel und Oberweimar gegründet. Das älteste Stadtgebiet befand sich vermutlich um das heutige Schloß bis zum Herderplatz.

Eine weitere Siedlung als Vorstadt, "alte Stadt" genannt, entstand um die Jakobskirche. Auf deren Friedhof befinden sich die Grabstätten von Goethes Frau Christiane und Lucas Cranach sowie das Kassengewölbe, die erste Grabstätte Schillers. Den baulichen Mittelpunkt der von Palisaden und Gräben umschlossenen Stadt bildete die um 1245 erbaute Stadtkirche. Die heutige Herderkirche birgt Grabstätten der Ernestiner und Johann Gottfried Herders sowie einen Altar von Lucas Cranach d. Ä. Dazu kamen die 1168 erstmals erwähnte Ansiedlung um die Jakobskirche und ein von den Orlamünder Grafen um 1240 gegründetes Zisterzienserinnenkloster in Oberweimar.

Im Schmalkaldischen Krieg, nach der Schlacht von Mühlberg, verlor Johann Friedrich von Sachsen Kurwürde und Kurkreis und seine Hauptresidenz in Wittenberg. Weimar wurde deshalb von diesem Zeitpunkt an ununterbrochen Residenz ernestinischer Herzöge bis 1918. Der Charakter der Residenzstadt prägte Weimars Geschichte nachhaltig. Mehr als in anderen Städten wurden Sozialstruktur, Wirtschaft, Bauwesen und Kultur durch die regierenden Fürsten und ihren Hofstaat beeinflußt. Der achtzigjährige Lucas Cranach verbrachte hier sein letztes Lebensjahr (1552/53). Im Weimarer Schloß wurde 1617 die "Fruchtbringende Gesellschaft" mit dem Ziel gegründet, die deutsche Sprache zu pflegen.

Von 1708 bis 1717 wirkte Johann Sebastian Bach in Weimar als Konzertmeister und Hoforganist. Obwohl Weimar über Jahrhunderte hinweg eine Ackerbürgerstadt war und fernab der alten Handelsstraße Frankfurt-Leipzig lag, entwickelte sich das städtische Gewerbe mit seinem Zunftwesen im 15. Jahrhundert, und es kam zu einer regen Bautätigkeit. Das Grüne Schloß, ein Gromannbau von 1562 und heute Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek und das Rote Schloß von 1574, heute Stadtverwaltung, wurden für die herzogliche Familie gebaut. Der Wohlstand der Beamten und Bürger zeigte sich in zahlreichen neuen Renaissancebauten, wie z. B. auf dem Marktplatz das Cranachhaus, 1549 von Nikolaus Gromann errichtet, das Stadthaus, die Hofapotheke und das 1841 im neugotischen Stil wieder aufgebaute Rathaus.

Nach zahlreichen Bränden, besonders nach dem von 1774, kam es zur Zerstörung des Weimarer Residenzschlosses, das unter Mitwirkung von Oberbaudirketor Coudray und auch von Goethe in mehreren Etappen neu aufgebaut wurde. Das Schloß mit Turm und Bastille beherbergt heute in seinen Räumen kostbare Kunstsammlungen, u.a. Cranachgemälde, und ist Sitz der "Stiftung Weimarer Klassik". Ende des 18. Jahrhunderts entstanden weitere bedeutende Gebäude wie das Wittumspalais als Witwensitz für Anna Amalia und das Fürstenhaus, in der die Fürstenfamilie nach dem Schloßbrand von 1774 wohnte, heute Franz-Liszt-Hochschule, ebenso die Parkanlage an der Ilm mit dem Römischen Haus und dem Tempelherrenhaus. Weimars glanzvolle Zeit begann, als Herzogin Anna Amalia, jung verwitwet, an die Spitze des kleinen Staates gelangte.

[Goethehaus] Als Prinzenerzieher bestimmte sie 1772 den Dichter und Philososphen Christoph Martin Wieland. Auf seinen Wunsch kam Johann Wolfgang von Goethe aus Frankfurt am Main nach Weimar und erhielt hier Staatsämter. Goethe lebte von 1782 bis zu seinem Tod in dem Haus am Frauenplan. Heute ist der schlichte Barockbau Gedenkstätte. Er wurde um das Goethe-Nationalmuseum erweitert. Eine stille Stätte der Zuflucht war für den Dichter das Gartenhaus im Ilmpark. Goethe sorgte dafür, daß Johann Gottfried Herder 1776 den Kreis der künstlerisch tätigen Geister vergrößerte und als Generalsuperintendent Weimars wirkte.
Goethehaus am Frauenplan in Weimar

1791 gab es zwei folgenreiche Gründungen. Friedrich Justin Bertuchs "Landes-Industrie-Comptoir" erwies sich als ein Wirtschaftsfaktor ersten Ranges, das Unternehmen ernährte zu seiner Zeit etwa 10% der Weimarer Bevölkerung. Das Wohnhaus Bertuchs ist heute Stadtmuseum. Ebenfalls 1791 wurde das Hoftheater, dem Goethe bis 1817 vorstand, gegründet. Das mehrmals zerstörte und wieder aufgebaute Haus ist seit 1919 das Deutsche Nationaltheater. Zwischen dem Theater und dem in der ehemaligen Remise und späteren Kulissenhaus untergebrachten Bauhaus-Museum steht das Denkmal von Rietschel, das die Freundschaft zwischen Goethe und Schiller symbolisiert und heute ein Wahrzeichen der Stadt ist.

In der Hoffnung, sich im aufstrebenden Zentrum der deutschen Literatur eine Existenzgrundlage zu schaffen, siedelte Friedrich Schiller 1799 nach Weimar über. Er erwarb 1802 das Haus an der einstigen Esplanade, wo er bis 1805 lebte. Das Wohnhaus, das mit zu den ältesten erhaltenen Gebäuden in Weimars Boulevardzone gehört, ist seit 1874 Gedenkstätte. Nach Beseitigung der Kriegsschäden wurde das Schillerhaus als erstes Museum 1946 wiedereröffnet und 1988 durch einen Neubau ergänzt. [Donndorfbrunnen]
Donndorfbrunnen in Weimar

In der von Wenzeslaus Coudray errichteten Fürstengruft auf dem historischen Friedhof fanden Goethe und Schiller neben den Mitgliedern der herzoglichen Familie ihre letzte Ruhestätte. Den Geist der Weimarer Klassik verspürt man auch in den Schlössern Tiefurt und Belvedere. Letzteres wurde von 1724 - 1732 errichtet und ist in einem großen Landschaftspark gelegen. Es beherbergt die Orangerie sowie Kavaliershäuser und ist heute Rokokomuseum. Im Schloßpark Tiefurt befindet sich das barocke Pächterhaus aus dem 16. Jahrhundert, das nach Umgestaltung von 1781 - 1806 Sommersitz der Herzogin Anna Amalia war. In dem unter Anleitung von Fürst Pückler umgestalteten Landschaftspark in Ettersburg befindet sich ein barockes Jagdschloß, erbaut zwischen 1706 -1712.

[Goethebrunnen] Unter der Regentschaft des Herzogs Carl August trat 1816 eine der ersten konstitutionellen Verfassungen der deutschen Staaten im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach in Kraft. Die nachklassische Zeit in Weimar war vor allem von Franz Liszt geprägt, schließt aber auch herausragende Leistungen Franz Dingelstedts für das Schauspiel, die Begründung der Shakespeare- und Goethe-Gesellschaft sowie die Eröffnung der Orchesterschule und der Zeichenschule ein. 1872 wurde die Weimarer Orchesterschule gegründet. Dies war der Ursprung der heutigen "Hochschule für Musik Franz Liszt". Die Herzogliche Kunstschule, aus der sich später die Hochschule für Architektur und Bauwesen entwickelte, entstand ebenfalls in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Goethebrunnen am Frauenplan in Weimar

Im Wissen, welchen Rang literarisches Erbe Weimars für die Weltkultur besitzt, kam es 1885 zur Gründung von Goethe-Nationalmuseum und Goethe-Gesellschaft. Ein Zentrum für die deutsche Literaturforschung ist das Goethe- und-Schiller-Archiv, das heute 60 geschlossene Dichternachlässe und über 600 000 Handschriften aus den vergangenen zwei Jahrhunderten aufbewahrt. An Friedrich Nietzsche, der seine letzten Lebensjahre in Weimar verbrachte, erinnert sein Wohnhaus mit Archiv.

Mit der Novemberrevolution 1918 war der Großherzog zur Abdankung gezwungen. Im Weimarer Theater tagte 1919 die verfassungsgebende Nationalversammlung, die zur Gründung der Weimarer Republik führte. Ein Jahr später wurde Weimar Hauptstadt des neu gegründeten Landes Thüringen. Walter Gropius baute 1919 das "Staatliche Bauhaus" als Ausbildungsstätte neuen Typs auf, in der u.a. Lyonel Feininger, Wassili Kandinsky und Paul Klee tätig waren. 1925 erfolgte die Übersiedlung nach Dessau. [Neptunbrunnen]
Neptunbrunnen am Marktplatz in Weimar

Die nächsten Jahrzehnte stellten ein düsteres Kapitel in der Geschichte der Stadt dar. 1937 errichteten die Nationalsozialisten auf dem Ettersberg das Konzentrationslager Buchenwald und sorgten für einen schrecklichen Kontrast zu den humanistischen Traditionen, die bis dahin mit Weimars Namen verbunden waren. Die Gedenkstätte auf dem Berg im Norden der Stadt ist auch ein halbes Jahrhundert nach dem furchtbaren letzten Krieg eine Mahnung für künftige Generationen. Die Stadt Weimar lebt heute vom humanen Zeitgeist der großen Dichter und Denker, und 1999 wird sie den ehrenvollen Titel "Kulturhauptstadt Europas" tragen. Es ist das Jahr, in dem auch Goethes 250. Geburtstag gefeiert wird. Das jährlich stattfindende Musikseminar und das seit 1990 ins Leben gerufene Kunstfest bereichern das kulturelle Leben von Weimar.

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99421 Weimar,
Tel. 0 36 43 / 24 00-0,
Fax 6 12 40

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