Dem Vertreter der Fröbel`schen Sache mußte es von jeher einleuchten, daß die letztere die verschiedenartigste Beurteilung erfahren würde. Sie beobachten mit Vergnügen, wie die Kritik gegenwärtig in das Wesen des Kindergartens einzudringen sucht. Es kann für das Gedeihen dieser neuen Erscheinung auf dem Felde der Pädagogik nichts erwünschter sein, als eine strenge und ernste Prüfung ihrer Prinzipien und der Realisierung derselben. Die Darstellung der Fröbelschen Erziehungsgrundsätze im Kindergarten kann gegenwärtig nur noch richtig gehandhabt werden, von wirklichen, in einem vollen Cursus durchgebildeten Schülerinnen Friedrich Fröbels. Dieser Behauptung wird jeder beistimmen, der eine richtige Anschauung von der in Rede stehenden Sache hat. Da aber nichts desto weniger an mehreren Orten sogenannte Vertreter und Vertreterinnen derselben auftreten, die den Schöpfer der Kindergärten eben so wenig, wie seine Grundsätze und die Art ihrer Ausführung kennen, die aber sogar unter dem Namen "Kindergärten" Anstalten ausführen, die nichts weniger als solche sind, so ist die Möglichkeit vorhanden, daß durch die Wirksamkeit solcher Leute ein trübes Licht auf die ganze Sache geworfen wird.
Wir sind deshalb genötigt, uns ganz entschieden gegen eine Kritik zu
verwahren, die auf Tatsachen fußt, welche in einer wirklichen
Fröbelschen Anstalt niemals vorkommen können und werden. Da bei
der Kindergartensache oft das Höchste und Bedeutendste in dem Kleinsten
und Unscheinbarsten hervortritt und gesucht werden muß, so ist
erklärlich, daß von manchen Seiten die Schwierigkeiten derselben
oft verkannt und daher von eben diesen Seiten eine Erziehungsweise
unternommen wird, die bei leichtsinniger und oberflächlicher Vertretung
zum großen Nachteil der Gesellschaft und der Erziehung überhaupt
ausschlagen kann. Je mehr wir dies erkennen, um desto mehr bitten wir jeden
aufrichtigen Freund unserer Sache dahin zu wirken, daß überall
die schlimmsten Feinde der Fröbelschen, der Sache der Kindheit, ferne
gehalten werden - die undurchgebildeten, oberflächlichen und
einseitigen Vertreter derselben. Friedrich Fröbel in Marienthal ist zur
Vermeidung jeglicher Mißverständnisse aufgefordert worden,
nunmehr seinen Schülerinnen Abgangs- und Befähigungszeugnisse
einzuhändigen. Seien wir aufmerksam, es handelt sich um nichts
Geringeres als um das Heil des zukünftigen Geschlechts.
Berlin,
Dresden, Gotha, Hamburg, Jena, Liebenstein, Nordhausen, Rudolstadt, Mehrere
Vertreter der Fröbel`schen Sache.
Nachschrift. Die Redaktionen befreundeter Zeitschriften werden gebeten, für die vorstehenden Zeilen die Spalten ihrer Zeitschrift öffnen zu wollen.
Was wir hiermit getan haben.
Dr. Matthias Brodbeck
im Mai 1996