Zweifellos handelt es sich hier um Höhepunkte im Schaffen diese bedeutenden Pädagogen. Jedoch scheint das Interesse für ihn nachzulassen, wenn der Zeitabschnitt zwischen 1826 (Niedergang der Keilhauer Anstalt, Erscheinen des theoretischen Hauptwerkes "Menschenerziehung") und 1840 (Gründung des Kindergartens) zu betrachten ist.
Dabei handelt es sich um einen der bewegtesten Abschnitte im Leben und Schaffen Fröbels, einen Zeitraum der Visionen, der Pläne und pädagogischen Konzepte, des Ringens um ihre Verwirklichung, einen Zeitraum des Resignierens und des sich immer wieder Aufbäumens, den Zeitraum der Findung des Themas, das ihn letztlich in die Pädagogikgeschichte für jedermann eingehen ließ - des Themas Vorschulerziehung.
Wir wollen darum hier die Genesis des Entstehens und des Scheiterns eines Projektes betrachten, das seine Grundgedanken der Gestaltung einer Menschenerziehung ausgehend von der Vorschulerziehung bis hin zur Hochschulreife bzw. Berufsausbildung deutlich werden läßt.
Es begann damit, daß sich insbesondere 1825/26 die Probleme für Keilhau verschärften. Dies geschah im Zusammenhang mit dem Eintritt Johannes Arnold Barops, einem Neffen Wilhelm Middendorffs, in die Erziehergemeinschaft. Barop war Burschenschafter. Die Preußen traten an das Fürstenhaus mit der Bitte heran, das Demagogennest in Keilhau zu untersuchen. Das wurde auch getan, jedoch fand man keinen Anlaß die Einrichtung zu maßregeln und zu schließen. Einzig die Veröffentlichungen der Karlsbader Beschlüsse und einige Hinweise aus Preußen, daß Schüler, die an solche umstürzlerischen Ideen verbreitenden Schulen lernen, werden an preußischen Universitäten keine Immatrikulation bekommen, in den "Rudolstädter Wochenblättern" verunsicherten die Eltern vieler Zöglinge. Die Anzahl der Schüler in Keilhau sank bis 1829 daraufhin auf fünf. Auch die Auseinandersetzungen mit dem Lehrer Herzog aus Luzern, der in Keilhau Geschichte lehrte, überzogene finanzielle Forderungen an Fröbel stellte und sich nach Ablehnung in der Öffentlichkeit abwertend über die Anstalt äußerte, wurden Keilhau zum Verhängnis. (vgl. Anschütz)
In den Jahren 1826 bis 1827 reifte in Fröbel der Gedanke, weitere Einrichtungen aufzubauen. Er trug sich mit dem Gedanken der Gründung einer Anstalt in Quittelsdorf. Dieser Plan scheiterte.
In Verbindung mit Dr. Hohnbaum aus Hildburghausen, Vertrauensarzt des Meininger Herzogshauses und mit Pfarrer Korn aus Obernitz bei Saalfeld faßte Fröbel, der sich von der Regierung Schwarzburg-Rudolstadt nicht verstanden fühlte, im Vertrauen auf den Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen eine Volkserziehungsanstalt in Obernitz bei Saalfeld ins Auge. Auch dieser Plan kam nicht zur Ausführung. Dr. Hohnbaum hatte unterdessen Konsistorialrat Dr. Nonne in Hildburghausen auf Fröbel aufmerksam gemacht. Nonne hatte wie Fröbel Pestalozzi besucht und war 1818 Direktor des Hildburghäuser Lehrerseminars geworden. Von 1827 bis 1834 war er Direktor des gemeinsamen Lehrerseminars der vereinten Herzogtümer Hildburghausen und Meiningen.
Es kann angenommen werden, daß sich Nonne und Fröbel bereits bei Pestalozzi kennengelernt hatten, da sich ihre Wege dort bereits einmal kreuzten.
Aus einem Brief Fröbels an Nonne vom 12. November 1827
"Ihre freundliche Teilnahme tut an mich die Frage: ob die Gesamtheit
meines Wirkens und Strebens, meiner äußeren Lage und meiner Verhältnisse mir
Wünsche abnötige, welche guter Wille befördern könne. Und wohl ist es so:
seit dem ersten Beginn meines erziehenden Wirkens ruht in meiner Seele ein
Wunsch, welcher in seiner notwendigen Bedingtheit immer von Neuem vor
dieselbe tritt, von dessen Erfüllung ich mir sagte, daß sie nur vom guten
Willen, freilich mußte ich später hinzufügen, gepaart mit Einsicht, Kraft
und Streben, abhinge.
Mein Wunsch war ganz einfach, daß die mir nächste und erste Behörde mein
Leben und Streben, mein Schaffen und Wollen, meine Leistungen und
Versprechungen mit einem menschlich beachtenden und männlich prüfenden Blick
in dem Fortgang seiner Entwicklung begleiten möge, um zu entscheiden, ob das
ganze wirklich zu Ergebnissen führe, die dem Vorgeben nach in ihrer weitern
Anwendung dem Einzelnen wie dem Ganzen gleich ersprießlich wären, wenigstens
unter der Ausführung günstigern Verhältnissen gewiß werden würden.
Dieser Wunsch schien mir so einfach und so ganz natürlich wie der eines
häuslichen und echten Kindes und Sohnes, welcher wünscht und erwartet, daß
die nach seiner Überzeugung besten Bestrebungen, die er mit wirklich
hingebendem Sinn zum Wohl der Familie in sich trägt und eigennutzlos
darzustellen sucht, daß sein Streben der beachtende Blick des das Wohl der
ganzen Familie im Auge habenden und erziehenden Vaters begleiten und, wenn
es diesem entspräche, sich des kräftigen väterlichen Arms zur Mitwirkung
gewiß erfreuen werde. Doch dieser mir so ganz natürliche Wunsch ist mir, und
darum wohl aus höhern Gründen, nicht erfüllt worden . Was bleibt mir, um in
diesem Bilde und in dieser Vorstellungsweise, in der ich, wie ich glaube, so
wahr als gern das Leben und seine Verhältnisse schaue fortzureden, anders
übrig, wie auch manch anderer Mensch einen höheren geistigen Vater für mein
Wirken eine geistvoll strebende rein menschliches Streben gewiß förderlich
beachtende Behörde zu suchen? Mich in dieser Beziehung an Sie,
hochgeehrtester Herr Konsistorialrat als den so einsichtigen als kräftigen
Mittelpunkt und Ordner des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens eines
ganzen Landes zu wenden sind der Gründe so viel, daß ich mir nicht einmal
erlauben darf, sie alle herauszuheben, weil ich eben so sehr fürchten müßte,
Ihrem einfachen, graden, männlichen Sinne dadurch zu nahe zu treten als dem
Sinne und Ziele meiner einfachen Bitte an Sie dadurch zu schaden. Und
dennoch würde ich es demohngeachtet nicht über mich vermocht haben,
wünschend und bittend zu Ihnen zu kommen, indem ich dadurch gefürchtet Ihnen
lästig und störend zu werden, wenn nicht Ihre Anordnungen für Unterricht und
Schulwesen mir einen Punkt zeigten, wo sich durch Ihre Einsicht und Prüfung
die Erfüllung meines Wunsches gegen - und allseitig so einfach als
ersprießlich anknüpfen ließe.
Erlauben Sie mir, daß ich gleich bei diesem Punkte stehen und mich so in die
Mitte meines Wunsches und dessen mögliche Erfüllung stellen darf. Ein Ihr
ganzes Land umfassendes und allgemeines Schullehrerseminarium ist in und
durch Ihren leitenden Geist und unter Ihrer bildenden Hand gewiß zu
segensreichen Früchten für Alle seit Kurzem hervorgetreten. Doch so
vortrefflich es auch in seinen Einrichtungen und in seinen künftigen
Früchten gewiß dasteht so dünkt es mich, führe die Natur einer solchen
Anstalt eine Unvollkommenheit mit sich, die gewiß Ihrem erfahrenen Auge
nicht entgangen ist und die, ich müßte mich sehr irren, Ihnen bei dem
Streben nach Darstellung des Besten gewiß schon manchen trüben Augenblick
beim Überschauen des Ganzen verursacht hat. Was ich meine, ist diß.
In eine Anstalt, wie die von Ihnen angeordnete können doch wohl schwerlich
ohne störend in das Ganze einzugreifen junge Leute vor dem 15. oder 16.
Jahre aufgenommen werden. Aber welch eine wichtige Zeit der Bildung und
Vorbildung ist für viele junge Leute nach der Erziehungsweise der Klassen,
aus welcher sie doch vorwaltend hervorgehen, verloren gegangen? Was könnte
und müßte dagegen ein Seminarium, eine Anstalt wie die von Ihnen angeordnete
zu leisten im Stande sein, wenn junge Leute in sie einträten, wenn sie nur
junge Leute aufnehmen könnte, welche bis dahin ihre Jugend in jeder Hinsicht
wohl angewandt hätten? Der Mangel solcher jungen Leute ist die obenerwähnte
Unvollkommenheit, die viele trübe Folgen für eine solche Anstalt nach sich
ziehen muß. Die sich darbietende Lücke der Bildung derselber ausfüllbar zu
machen und mir so selbst die Erfüllung meines lang gehegten Wunsches
herbeizuführen ist die engere Veranlassung zu dieser Mitteilung.
Nochmals ausgesprochen ist mein ganz einfacher Wunsch unter dem menschlich
teilnehmenden prüfend beachtenden Auge einer um- und einsichtig strebenden
Regierung und Behörde für unmittelbare Ausführung und Darlebung einer
menschenwürdigen begründenden und entwickelnden Erziehungsweise wirken zu
können nach dem Wunsche und Willen eines solchen Fürsten, einer solchen
Regierung und Behörde eine solche Erziehungsweise auszuführen und
darzustellen.
Sollten Sie nun, hochgeehrtester Herr Konsistorialrat, nach den Grundsätzen,
in welchen Ihre Veranstaltungen zur Verbesserung der Volkserziehung, des
Volksunterrichtes und der Landesschulen ruhen, nach den Gesinnungen die Sie
dabei leiten und nach dem Ziele und Zwecke, der Ihnen dabei vorsteht,
finden, daß das von mir angedeutete entwickelnde und begründende erziehende
Wirken, welchem ich gern den Namen einer Volkserziehungsanstalt gäbe,
vorbildend und so förderlich und wohltätig in Ihre Schul- und
Unterrichtsverbesserungsanstalten eingreifen könnte, so würde es mir
erfreulich sein, wenn durch Ihr Zutrauen und Ihre Vermittlung ich wenigstens
zunächst mit einem Versuche für Darstellung einer solchen Erziehung
beauftragt würde.
Ich berufe mich nicht auf die mehr als zwanzig- und zuletzt fast
ununterbrochene fast zwölfjährige Erfahrung als Begründer meines jetzigen
Wirkens; denn wie so sehr wenige haben sie und ächt mit mir geteilt. Ich
beziehe mich nicht auf die Urteile von den erfahrenen Männern und Erziehern,
die handschriftlich und öffentlich ausgesprochen vor mir liegen; denn sie
könnten mir wohl leicht das doppelte und mehrfache entgegengesetzter, ihre
Stimme bei weitem lauter erhebender Urteile vorlegen; ich unterwerfe
vielmehr mein Wollen und Streben und meine Mittel zur Zielerreichung
desselben gern von Neuem jedem Versuch und jeder Prüfung; denn ich trage in
mir die gewisse Überzeugung, daß der von mir betretene Weg, die von mir
aufgestellten Mittel oder vielmehr die Gesinnung und Menschenansicht nicht
allein zu einem menschenwürdigen Ziele, sondern zu dem Ziele führt, welches
uns alten von Jugend auf vor der Seele schwebt und welches wir alle im
harten Lebenskampfe zu erringen streben.
Es macht mir Freude und Lust und schon der Gedanke erfüllt mich mit Wonne
und Mut, ein solches Wirken wieder von Neuem gleichsam aus dem Nichts
hervorzurufen, wenn es nur in seinem Entstehen, seinem Keimen und Wachsen,
seinem Blühen und Früchten nicht in dem Lande und unter dem Fürsten, in
welchem und unter dessen Auge es aufwächst, dem es so gerne Blüten und
Früchte dankbar darreichen möchte, als verwaistes und, was fast noch
schlimmer ist, als Stiefkind dasteht. Ein Versuch dünkt mich, könnte auch
nicht kostspielig fallen: auch liegt es in meinem Sinne und Charakter nicht,
einen Versuch dieser Art mehr kostspielig zu machen, als die Sache selbst
notwendig und unerläßlich mit sich führt: auch fände sich vielleicht in der
Nähe von Hildburghausen mit geringen Kosten Gelegenheit zur Ausführung.
Indem ich dieses ausspreche, stehen vor meiner Erinnerung die Greinerschen
Besitzungen in Weitersroda (hier hatte Fröbel 1801 bei seinen Vettern
Greiner als Bauer gearbeitet - M.B.) oder Kloster Veilsdorf, die mir von
den Herren Besitzern schon vor längerer Zeit zur Ausführung einer
Erziehungsanstalt angetragen worden sind. Doch wäre es ohnstreitig
zweckmäßiger, wenn sich dazu in der Nähe Hildburghausens oder Meiningens
eine fürstliche Besitzung fände, indem da sogleich das Land, der Grund und
Boden mit zu den Erziehungsmitteln gezogen werde, wie es die Notwendigkeit
einer solchen Erziehung, die auf dem Grundsatze ruht, daß der Mensch durch
frühes Selbstarbeiten und Denken und so wahrhaft erzogen werde, fordert. Es
ist überhaupt vorteilhaft, wenn der Anfang mit wenigen, aber womöglich mit
sittlich und geistig nicht unfähigen, wenigstens nicht geradezu
vernachlässigten gemacht werde, damit sie eine so gründliche unb tüchtige
Durchbildung erhalten können, daß das Ganze von ihnen einen kräftigen Stock
und Halt bekomme. Ich denke mir also eine Zahl von 6 bis höchstens 12. Die
Jahre können schwierig bestimmt werden, da zu viele Nebenumstände dabei
bestimmend sein können. Ein solcher Versuch könnte nun wohl kaum mehrere
hunderte kosten, und sollte er es auch, so würde er es auf jeden Fall reich
ersetzen. Ich verbürge mich jedoch, so weit das überhaupt einem Menschen
möglich ist, und unter der unerläßlichen Voraussetzung eines
vertrauensvollen Wechselverkehrs mit Ihnen, hochgeehrter Herr
Konsistorialrat, dem wenigstens von meiner Seite nichts entgegensteht, und
eines landesväterlichen Zutrauens Seiner Durchlaucht Ihres Herrn Herzogs für
die gewisse Erreichung des stufenweise verschiedenen Zieles. Um die
möglichst klare Beurteilung des Ganzen herbeizuführen, würde ich, dazu
aufgefordert, soweit als nur immer möglich von den allgemeinen und
besonderen Gründen meines jedesmaligen Handelns genau Rechenschaft geben,
indem es meiner Natur und meinem Streben ganz entgegen ist, daß irgend ein
Gegenstand des Wirkens im Dunkeln und Unbestimmten schwebe. Es würde mir
selbst daran liegen, nach Möglichkeit über den Entwicklungsgang und den
jedesmaligen Stand des Ganzen zu jeder Zeit sichere Nachweisung zu geben.
Wie die Anstalt in Hinsicht auf die Erziehung und Bildung des Menschen auf
dem oben ausgesprochenen Grundsatze beruhen würde, daß sie in Selbstarbeiten
und gleichsam Selbstlehre sich teilen müsse, so würde die Anstalt in
ökonomischer Rücksicht auf dem in der Anwendung unerläßlichen Grundsatz fest
beruhen, daß der Mensch in jedem Alter durch die ihm von Gott verliehenen
sittlichen, geistigen und leiblichen Kräfte bei zweckmäßiger Benutzung
wenigstens in einem namenhaften Grade für seinen Selbstunterhalt sorgen
könne. Es müßte darum das erste und heiligste Grundgesetz der Anstalt sein,
daß die Kraft keines Gliedes des erziehenden Kreises, so klein sie auch sei,
nicht verloren gehe, sondern auf irgend eine der drei Weisen nicht allein
dem Individuum, sondern auch dem Ganzen förderlich wirke. Darum müßten,
soweit als es nur möglich wäre, die Bedürfnisse der Anstalt von den Gliedern
derselben selbst besorgt werden, und wo Kräfte und Anlagen dafür noch nicht
in dem Kreise wären, von diesen Erzeugnisse höheren geistigen und
Kunstwertes geliefert werden, die auf irgend eine Weise wieder Mittel
würden, ihnen andere zur Erhaltung des Ganzen notwendige Bedürfnisse
herbeizuschaffen.
Diese Mitteilungen müssen mir so lange genügen, bis ein freundschaftliches
Wort von Ihnen mir die Versicherung gibt, daß Sie meinen Wunsch und Bitte
der besonderen Beachtung für Ausführung und Darstellung wert gefunden haben.
Auf diesen Fall ersuche ich Sie ergebenst, Wunsch und Bitte auf die ihnen
zweckdienliche und zum Ziele führende Weise Seiner Durchlaucht Ihrem Herrn
Herzog bekannt zu machen. Freuen würde es mich dann, und besonders dankbar
würde ich es erkennen, wenn Sie mich nach Umständen gefälligst bald mit dem
allgemeinen, bestimmenden oder abschlägigen Erfolg meines vertrauenden
Hinwendens zu Ihnen und Ihrem Durchlauchtigsten Herrn Herzog bekannt machen
und mir im ersteren Falle die Wege und Form bezeichnen wollten, auf welchen
es mir verstattet wäre für höchste Entscheidung mich an Seine Durchlaucht
oder die sonst betreffenden Behörden zu wenden.
Wünschten Sie, hochgeehrtester Herr, die mehr inneren Gründe dieses meines
Handelns und eine noch mehr innere Darlegung meiner Erziehungsgrundsätze in
Bezug auf diesen Zweck, so könnten solche vielleicht die Mitteilungen
enthalten, die ich mir in dieser Rücksicht erlaubt, dem Herrn Leibmedicus
und Hofrat Hohnbaum zu machen. Ich wünsche überhaupt, alles zu vermeiden,
was die Klarheit, Offenheit und Wahrheit meines Strebens und meiner Absicht
trüben könnte. Nur in der Wahrheit ruht das Leben.
Was Sie sonst noch von mir, meinem Leben und Verhältnissen nötig finden
sollten, werde ich darum Ihnen immer mit der Offenheit mitteilen, welche
sich aus diesen Zeilen ausspricht. Genehmigen Sie die Versicherung der
vorzüglichsten Hochachtung und Ergebenheit."
F.W.A. Fröbel
An den Herrn Konsistorial-Rat Dr. Nonne in Hildburghausen.
In der Zeit zwischen dem 12. November 1827 und dem 13. Februar 1828 - so kann aus Briefen Fröbels an Nonne geschlossen werden - kam es zu einem Gespräch zwischen dem Herzog von Sachsen - Meiningen, Bernhard Erich Freund und Friedrich Fröbel.
Bei dem Gespräch kam die Volkserziehungsanstalt zur Sprache - hier nicht mehr gedacht als Vorbereitung für das Lehrerseminar, sondern als allgemein bildende Anstalt. In dem Gespräch stellte Herzog Bernhard an Fröbel die Frage, wie denn sein Sohn, der am 2. April 1826 geborene Prinz zu erziehen sei.
Fröbel antwortete ihm, daß dies nur möglich sei in der Gemeinschaft Gleichaltriger "..und solange er Kind sei, als ein Kind." Diesen Rat befolgte der Herzog auch, als das Projekt "Helba-Plan" gescheitert war. Aus dem Prinzen wurde der später berühmt gewordene "Theaterherzog" Georg II. Fröbels Rat mag fußen in und auf seinen vielfältigen Erfahrungen - insbesondere gesammelt in der Keilhauer Anstalt. Andererseits ist aber auch bekannt, daß Fröbel insbesondere zum literarischen Werk Schillers eine tiefe Beziehung entwickelt hatte. Dafür mag sprechen, daß Fröbels Motto "Gar hoher Sinn liegt oft im Kindschen Spiele." dem Gedicht "Thekla" von Friedrich Schiller entnommen wurde. Schiller trat aber auch deutlich ein für eine "gemeinsame Erziehung von Fürst und Volk", so daß hier durchaus auch Anregungen für das Fröbelsche Denken erwachsen sein können.
Am 9. April 1828 berichtet Nonne über Ausarbeitungen Fröbels, die in Aussicht genommenen Plätze für die Volkserziehungsanstalt Dreißigacker und Helba betreffend. Darin schildert Fröbel jeweils die Vorzüge und Nachteile der betreffenden Orte. Zu den Vorzügen Dreißigackers zählte - so Fröbel - der sehr befriedigende Zustand der Gebäude und des Hofes sowie der für das Betreiben der Volkserziehungsanstalt als ausreichend angesehene Grund und Boden. Außerdem wurde die Nähe zur Stadt Meiningen als sehr vorteilhaft empfunden. Als Nachteil Dreißigackers reflektierte Fröbel die hohe und freie Lage des Ortes, die eher zur Zerstreuung beim Zöglinge führe, denn zur Sammlung. Außerdem würden sich Klima und Witterungswechsel - auch in Hinsicht auf die Bodenbebauung - auswirken. Alles, was in Dreißigacker fehlte, bot Helba. Es war ein Ort des Sammelns, der Boden versprach guten Ertrag und das vorbeifließende Wasser wurde auch als Vorzug empfunden. Die Nähe zu Meiningen war auch hier gegeben. Die räumliche Beschaffenheit des Gutes Helba konnte Fröbel nicht befriedigen, doch sprach er sich - insbesondere vom pädagogischen Standpunkt aus reflektierend - unbedingt für Helba aus.
Fröbel quantifizierte den Landbedarf der Anstalt folgendermaßen:
Noch wäre außer einem geräumigen Spiel- und Erholungsplatz unmittelbar vor dem Hause (wie sich solcher schon sowohl in Helba als auch Dreißigacker findet) noch ein größerer Spielplatz am besten auf und in einer waldigen Anhöhe oder sonst auf einer wenig fruchtbaren Ebene (Anger), wenn auch in einiger Entfernung vom Hause, wesentliches Erfordernis.
Am 12. August 1828 schreibt Herzog Bernhard, daß Fröbel im ersten Jahre wohl eine Unterstützung von 2000 Gulden brauche, im zweiten Jahre wohl 1000 Gulden in Anspruch nehmen werde.
Da, wo das Finanzielle bereits geplant ist, scheint die Sache sicher zu sein.
Fröbel trieb die Angelegenheit nun nach vorn und verfaßte am 10. Dezember 1828 folgende Punktation:
Meiningen, 10. Dezember 1828
Friedrich Wilhelm August Fröbel
Am 17. Dezember 1828 tagten daraufhin das Konsistorium (vergleichbar mit einem Ministerium für Schul- und Kirchenfragen) und die herzogliche Kammer (vergleichbar einem Finanzministerium), um sich zur Fröbelschen Punktation gutachterlich zu äußern. Es war insbesonder zu prüfen, ob die beabsichtigte Helbaer Anstalt mit der Meininger "Industrieschule" zu vereinigen wäre, einer Einrichtung, die 1798 zuerst als Spinnschule für Bettelkinder gegründet worden war. Mit ihr verband man bald eine Armenschule. Man legte in einer weiteren Sitzung am 24.12.1828 fest, daß die Knaben der Industrieschule an die Fröbelsche Anstalt gegeben werden sollten. Die Mädchen sollten in die Stadt in Pflege gegeben wedren. Die freigesetzten Mittel sollten für die Fröbelsche Anstalt in Helba Verwendung finden. Zur schulmäßigen Seite wurde noch keine Äußerung abgegeben, da das Gutachten von Nonne aus Hildburghausen noch nicht vorlag. Dieses Gutachten traf dann am 28.12.1828 ein. In ihm waren folgende Aussagen enthalten:
Der Kammerbericht vom 30. Dezember 1828 verweist darauf, daß:
Am 2. Januar 1829 riet Konsistorialpräsident v. Uttenhoven dem Herzog schriftlich, die Fröbelsche Punktuation nicht zu unterschreiben, da
..."der Direktor Fröbel nach seinen Schriften als ein exzentrischer sich selbst unklarer Mensch, der in Keilhau den Erwartungen der rudolstädtischen Regierung wie der Eltern, deren Kinder ihm anvertraut wurden, nicht entsprochen hat und auch hier bei unserem von Grund auf einer Verbesserung entgegenreifenden Schulwesen für Volkserziehung nichts Ausgezeichnetes leisten wird, weil Konsistorialrat Dr. Nonne wie mehrere andere zu dem Mann kein recht Vertrauen hegt, ohne ihm die Fähigkeit eines guten Erziehers abzusprechen, und ungern daran gegangen ist, Fröbel im Auftrag des Herzogs zu befragen, unter welchen Bedingungen er nach Helba ziehen wolle; weil die Unkosten zu hoch sind (5048 Gulden) und Dammann (der Pächter in Helba - M.B.) z.T. die Grundstücke nicht entbehren könne, die Fröbel beanspruche, weil das von der Kammer geäußerte Hauptbedenken bestehe, daß beim Mißlingen die Last der Versorgung einer ins Land gezogenen fremden Familie dem Staate zufällt. Wie viel könnte mit 5048 Gulden für die noch fehlenden Schulhäuser und die schlecht besoldeten Lehrer, überhaupt für unser Schulwesen geschehen mit der gewissen Voraussicht guten Erfolgs."
Trotz dieser eigentlich vernichtenden Aussage teilt der Herzog am 12. Januar 1829 dem Konsistorium mit, daß die Fröbelsche Anstalt eröffnet werden solle und unter Staatsaufsicht zu stellen sei. Am 24. Februar 1829 berichtet das Konsistorium, daß Fröbel mit der Staatsaufsicht einverstanden sei und auch sein Einverständnis für die Aufnahme von Knaben zwischen 7 und 17 Jahren gab. Fröbel gedachte, 4 Zöglinge und einen lehrenden Zögling aus Keilhau mitzubringen. Auf Nachfrage des Konsistoriums nach Middendorff und Langethal äußerte Fröbel, daß er "... einen oder zwei Mitarbeiter, einen oder zwei eingelebte Lehrer, einen vom Ganzen heraufgebildeten Gehülfen und einen lehrenden Zögling mitbringen werde." Das Konsistorium schloß wohl daraus, daß Fröbel selbst wenig Unterricht gegeben habe und beschloß, die Sache noch einmal in reifliche Überlegung zu nehmen. Am 13. März 1829 befahl Herzog Bernhard nochmals die Umsetzung der Fröbelschen Punktuation und der ihm gegebenen Zusagen. Am 14. April machte das Konsistorium den Vorschlag, daß Fröbel die Gründung der Anstalt öffentlich anzeigen solle, da mittlerweile Zweifel daran aufgekommen waren, ob er die geplante Mindestzahl von 20 Zöglingen zusammenbringen werde. Der Herzog nahm diesen Vorschlag am 7. Mai 1829 an, eine Woche später berichtete das Konsistorium, daß Fröbel dem Ansinnen entsprochen habe und eine Anzeige vorgelegt habe. Diese wurde in einigen Punkten beanstandet und daraufhin von Fröbel nochmals überarbeitet - insbesondere gekürzt.
Folgende Zitate aus der ersten Anzeige, veröffentlicht in: Die projectierte Volks-Erziehungs-Anstalt zu Helba bei Meiningen. - In: Fr.Fröbels gesammelte pädagogische Schriften (Hrg. W. Lange). - I.Abth. I.Band. - Berlin: Verlag v. Th.Chr.Fr. Enzlin, 1862
Die Erziehung in der Helbaer Anstalt sollte sich gründen:
"... auf das Leben selbst und das Selbstschaffen, auf die Einigung und Wechselwirkung zwischen Tun und Denken, Darstellen und Erkennen, Können und Wissen ... und ordnet so das Arbeiten selbst mit unter die Lehrmittel ein. Sie teilt deshalb den Tag in eine Hälfte mit vorwaltender Tätigkeit für äußeres Erzeugnis, - in Arbeit, und in eine Hälfte ... das Innere an sich und im Äußern denkend aufzufassen, - in Lehre und Unterricht." (S. 402)
"... alles, was das Leben und besonders das Landleben einem großen Familienkreise darreicht: das Feld, der Garten, der Wald ... wie auch das Haus mit seinen Bedürfnissen, der Handarbeit ... Die Ausbildung des Körpers selbst als Werkzeug des Geistes werden damit in vorbildenden Zusammenhang gebracht, nicht minder das freie Spiel. ... So soll Arbeit, Unterricht und Spiel ein ungestücktes Lebensganzes und ... Grund eines künftig ungeteilten, tatkräftigen, einsichtigen und freudigen Lebens werden."(S. 403)
Den Unterricht an seiner Volkserziehungsanstalt wollte FRÖBEL in drei Klassen einteilen -
a. der begründenden
b. der übenden
c. der anwendenden.
Dabei treten auch im Unterricht Aspekte der Arbeitserziehung hervor, die speziell auf die sittliche Komponente gerichtet waren. Außenweltbetrachtung, Betrachtung einzelner Menschenwerke und Gewerbekunde sollten die Kinder mit den arbeitenden Menschen, ihren Arbeitsplätzen und -bedingungen vertraut machen, was unter anderem mit dem Ziel der Erziehung der Kinder zur Achtung der arbeitenden Menschen geschah (vgl. S. 411). Für die "Außenweltbetrachtung" waren in der Umgebung Helbas günstige Bedingungen vorhanden. "Die Nähe von Suhl, Schmalkalden und vielen anderen dem verschiedensten Gewerbefleiß gewidmeten Orten machen es möglich, den Zögling auch dafür zu wecken und ihm genügende Anschauung vieler Gewerbe vor der Wahl seines künftigen Berufes zu verschaffen, oder ihm denselben wenigstens von verschiedenen Seiten des Betriebes zu zeigen." (S. 406-407)
praktische Beschäftigungen, welche man in der projektierten Volkserziehungsanstalt Helba auszuführen gedachte:
Abbildung: Für die Helbaer Anstalt vorgesehene Stundentafel |
Die gekürzte Anzeige wurde in gedruckter Form, datiert auf April 1829, veröffentlicht, jedoch...
"mit Zusätzen und Ausbesserungen, z. B. daß die neue Anstalt zu Helba, die erst bei 20 gewissen Zöglingen beginnen sollte, schon jetzt in Keilhau mit Anfang Mai begonnen haben sollte."
Text der gekürzten Anzeige:
Anzeige von der Volkserziehungsanstalt in Helba bei Meiningen,
gegeben von dem Vorsteher derselben, F. W. A. Fröbel (1829)
Nicht nur der denkende und erfahrne Bürger und Landmann, sondern der denkende und erfahrne Mann überhaupt erkennt es als die erste Bedingung einer gründlichen Erziehung, eines für das Leben ersprießlichen Unterrichtes und einer allseitigen genügenden Ausbildung, daß sich dieselbe auf sinniges Tun und denkendes Arbeiten - beides zurückgeführt auf die höhere Bestimmung des Menschen wie auf seine mannigfachen Lebensberufe - gründet. Darum wird eine auf diesem Erfahrungssatze ruhende Erziehungsanstalt für Knaben, nach einem höchsten Orts vorgelegten und genehmigten Plane, unter dem Namen einer Volkserziehungsanstalt, zwar lediglich als Privatunternehmen, jedoch unter dem Schutze und mit gnädigster Unterstützung Sr. Durchlaucht, des Herrn Herzogs Bernhard von S. Meiningen-Hildburghausen und unter Oberaufsicht des Herzogl. Consistoriums eröffnet werden. Der künftigen Anstalt ist ein in jeder Beziehung für diesen Zweck günstig gelegenes Schloß des Herzogl. Kammergutes Helba, eine halbe Stunde von Meiningen, eine Viertelstunde seitabwärts von der Hauptstraße nach Liebenstein, Gotha, Würzburg etc. liegend, eingeräumt worden.
Diese Anstalt macht sich zum besondern Zweck, für jedes Gewerbe, so dem Landmanne, den Handwerkern, und hier namentlich den gestaltenden, dem Tischler, Zimmermann, Maurer, Metall- und Eisenarbeiter, eine genügende Vorbildung zu geben sowie zur höhern und einsichtigen Betreibung eines jeden bürgerlichen Geschäftes, des Kaufmanns, des Fabrikanten und ähnlicher, hinzuführen.
Sie wird, dem ausgesprochenen Grundsatze getreu, ihren Unterricht auf die häusliche und wirtschaftliche Tätigkeit einer geordneten, sich gleichsam selbst erziehenden Landmanns- oder Bürgerfamilie, ihre Erziehung auf das Wesen und den Geist eines reinen Familienlebens gründen, aber zugleich außer dem bekannten Schulunterrichte noch besonders den in der Mathematik, Natur- und Erdkunde wie in der Geschichte geben, und Sprache, Musik besonders Gesang, und Zeichnen und so weiter lehren, insoweit solches alles in dem Umfange dieses bezeichneten Lebenskreises liegt. Auch denjenigen, deren künftiger Lebensberuf irgendeine Kenntnis fremder Sprachen sowie eine weitere Ausbildung auf besonderen musikalischen Instrumenten nötig macht, soll nach besonderer Rücksprache mit den Eltern genügt werden, ohne daß jedoch dieser Unterricht einen stehenden Gegenstand des allgemeinen Lehrplans ausmache.
Weil demnach diese Anstalt wie eine Vorschule fürs Leben, so eine Nach- und Erweiterungsschule für den schon genossenen gewöhnlichen Schulunterricht sein soll, so werden nicht bloß Knaben vom 7ten bis gegen das 14te Jahr aufgenommen, sondern auch junge Leute, für welche nach der Konfirmation eine ausgedehntere und gründlichere Bildung, als die gewöhnlichen Schulen geben, gewünscht wird. Daher wird besonders auf diejenigen, welche sich zur Aufnahme in ein Schullehrerseminarium vorbereiten wollen, Rücksicht genommen werden.
Damit nun, diesen mehrseitigen Zwecken gemäß, auch weniger Bemittelte einen Weg erhalten, ihren Söhnen eine ihren künftigen Verhältnissen angemessene und erweiterte Ausbildung zu geben, so ist das jährliche Erziehungsgeld, bei der Mannigfaltigkeit der Leistungen und bei dem Vereintbleiben aller erziehenden Glieder des bisherigen Kreises zur Erreichung dieses Zweckes, so billig als möglich gestellt worden.
Das jährliche Erziehungsgeld ist einhundert Taler Preuß. Cour. in halbjähriger und nach Umständen vierteljähriger Vorausbezahlung; jedoch soll für Eingeborne des Meiningischen Landes rücksichtlich der Höchsten Unterstützung von seiten Sr. Herzoglichen Durchlaucht eine schon festgesetzte Erleichterung stattfinden. Der Eintritt in die Anstalt wie der Austritt aus derselben geschieht nur halbjährig, zu Ostern und zu Michaeli, der Austritt muß ein Vierteljahr vorher angezeigt oder das vierteljährige Erziehungsgeld aus leicht einzusehenden Gründen gezahlt werden. Die Eröffnung der neuen Anstalt in Helba wird im Laufe dieses Frühjahrs oder im nächsten Sommer stattfinden, jedoch beginnt, wie von uns gleich anfangs festgesetzt worden, die Ausführung des dargelegten Planes bestimmt mit Anfang Mai's schon hier in Keilhau. Nähere Nachrichten sowie die Mitteilung des ausgeführten Lehrplans werden auf Anfragen befriedigend erteilt werden.
Keilhau bei Rudolstadt, im April 1829
Fröbel zeigte an, "... daß es ihm jetzt bei der in Keilhau nötig gewordenen Einrichtung und unter den obwaltenden Gesamtumständen nicht möglich sei, daß von Zeit zu Zeit jemand von dort nach Helba rücksichtlich des Baus reisen könne und es darum wohl das Geratenste sei, wenn der Ausbau, in Helba, in soweit er durch die Verlegung der Anstalt und durch die eigene Baulichkeit des Schlosses bedingt ist, so lange ausgesetzt bliebe, bis die mögliche Translokation von ihm wirklich angezeigt werden könne." In Abwesenheit Herzog Bernhards wies kraft erhaltener Vollmacht das Landesministerium am 19. Mai 1829 an, ... "...dem Fröbel zu untersagen, irgend etwas über die bedingungsweise in Helba zu errichtende Erziehungsanstalt drucken zu lassen, ohne vorher die Erlaubnis von dem Herzoglichen Konsistorium hierzu erlangt zu haben."
Die Helbaer Anstalt ist nicht errichtet worden. Damit ist möglicherweise ein Urteil über ein Stück Schulgeschichte gesprochen worden, bevor es geschrieben werden konnte. Fröbel wird landläufig insbesondere als der Erfinder der Kindergärten reflektiert. Hier hat er sich im öffentlichen Bewußtsein bleibende Verdienste erworben. Trotzdem handelt es sich bei dieser Sichtweise um eine ungerechtfertigte Verkürzung Fröbelscher Ideen und Fröbelschen Schaffens, denn er brachte ebenso wichtiges in die Schulpädagogik ein. Da ihm aber die Umsetzung seiner Pläne - von Keilhau einmal abgesehen - nicht gelang, gelangten später diejenigen, die Fröbels Gedanken aufgriffen und - zugegebenermaßen - ausbauten und den Bedürfnissen anpaßten zu wesentlich größeren Ehren.
Wenige verwiesen dabei selbst so deutlich auf Fröbel wie der Begründer der Jenaplanschulen, Peter Petersen.
Was hat aber verhindert, daß der Helbaplan Fröbels realisiert werden
konnte?
Hier muß weitgehend bei Vermutungen geblieben werden, da die
Quellenlage nichts eindeutiges hergibt. Deutlich wurde aber, daß Dr. Nonne
in diesem Zusammenhange wohl ein wenig rühmliches Spiel spielte. War er es
doch, der zuerst Fröbel den Zugang zu Herzog Bernhard ermöglichte und später
diesem abriet, das Fröbelsche Vorhaben umsetzen zu lassen. Hatte Nonne
Angst, die Geister, die er rief nun nicht mehr los zu werden?
Es wurde doch augenscheinlich, daß Herzog Bernhard allen negativen Bewertungen und Stellungnahmen zum Trotz an der Umsetzung der Fröbelschen Anstalt festhielt. Außerdem war es ebenfalls Herzog Bernhard, der Fröbel 2 Jahrzehnte später das Marienthaler Schloß bei Schweina für die Gründung der ersten Kindergärtnerinnenschule der Welt zur Verfügung stellte. All das sind Gründe, in Herzog Bernhard eine freundliche und zutrauende Gesinnung gegenüber Fröbel zu vermuten. Andererseits muß natürlich gesehen werden, daß auch Fröbel ein gehöriges Maß der Schuld am Scheitern der Pläne trägt. Der Niedergang der Keilhauer Anstalt konnte von Fröbel nicht aufgehalten werden, obwohl die Unrichtigkeit der gegen die Anstalt hervorgebrachten Beschuldigungen, ein "Demagogennest" zu sein von amtlicher Stelle bescheinigt worden war. Eine so dezentral gelegene Schule war wohl nur schwer kontrollierbar und somit sicherlich den mit der Aufsicht über die Schulen betrauten höchst suspekt. Die Forderung nach einer staatlichen Aufsicht über Helba durch das herzogliche Konsistorium belegt dies.
Fröbel unternahm wohl zuwenig, um die gegen ihn immer wieder entfachten Vorwürfe auszuräumen. Er erwies sich als Idealist der rauhen Wirklichkeit hin und wieder nicht gewachsen. Seine Kompromißbereitschaft wurde ihm wohl zum Verhängnis, denn aus dem vorstehenden Text wird deutlich, daß es dem Konsistoerium leicht war, Fröbel immer mehr in die Enge zu treiben. Welche Folgen hatte und hat das Scheitern des Helba-Planes? Es soll hier nicht weiter über ein gescheitertetes, möglicherweise Schulgeschichte schreibendes Projekt sinniert werden. Deutlich werden aber die Folgen für Keilhau. Wenn Fröbel beabsichtigte, 4 Zöglinge, 1 lehrenden Zögling, 1 bis 2 Mitarbeiter sowie 1 bis 2 Lehrer nach Helba mitzubringen, hätte das in der damaligen Situation wahrscheinlich das endgültige Ende der Anstalt in Keilhau mit sich gebracht. Andererseits könnte man vermuten, daß der Beginn der für Helba geplanten Anstalt in Keilhau im Mai 1829 (vgl. vorstehender Text) letztlich dazu beigetragen hat, daß die Keilhauer Anstalt ihr Tief überwinden und weiter existieren konnte.
So ist wohl Keilhau letztlich nicht nur der Ort, an dem Fröbel 1817 seine "Allgemeine Deutsche Erziehungsanstalt" fortgründete und wo die bedeutendsten theoretischen Werke - allen voran die "Menschenerziehung" (1826) - verfaßt wurden. Es wurde somit mehr als ohnehin vorher schon zu dem Ort authentischer Fröbelscher Schulpädagogik, ohne freilich das Ausmaß des von Fröbel tatsächlich geplanten zu erreichen.
Bericht über die Fröbelsche Erziehungsanstalt zu Keilhau. An das hochfürstliche Consistorium zu Schwarzburg -Rudolstadt . Heft VII, 1825
Die projectierte Volks-Erziehungs-Anstalt zu Helba bei Meiningen. - In: Fr.Fröbels gesammelte pädagogische Schriften (Hrg. W. Lange). - I.Abth. I.Band. - Berlin: Verlag v. Th.Chr.Fr. Enzlin, 1862
Friedrich Fröbels gesammelte pädagogische Schriften (Hrsg. W. Lange). - I. Abth. 1.Band . - Berlin : Verlag v.Th. Chr.Fr. Enzlin, 1862; II.Abth. 1.Band . - Berlin : Verlag v.Th. Chr. Fr. Enzlin, 1863
Friedrich Wilhelm August Fröbel "Kommt, lasst uns unsern Kindern leben". - Aus dem pädagogischen Werk eines Menschenerziehers.-Berlin: Volk und Wissen,1982. - Band 1 - 3
Fröbel, F.W.A.: Anzeige von der Volkserziehungsanstalt in Helba bei Meiningen, gegeben von dem Vorsteher derselben F.W.A.Fröbel. - Keilhau bei Rudolstadt im April 1829
Fröbel, F.W.A.: Die Menschenerziehung ... . - hrsg. und eingeleitet v. H. Zimmermann. - Leipzig: Ph. Reclam jun., 1926. - 477 S.
Halfter, F.: Friedrich Fröbel. Der Werdegang eines Menschenerziehers. - Halle (Saale): Verlag v. Max Niemeyer, 1931. - 771 S.
Halfter, F.: Fröbel im Lichte Goethes. ... . - Weimar: Verlag v. Hermann Böhlaus Nachf., 1932. - 116 S.
Meininger Heimatklänge - Beilage zum Meininger Tageblatt Nr 6 bis 9 von 1932 - Beitragsfolge "Friedrich Wilhelm August Fröbel und die Volkserziehungsanstalt Helba"
Zwiener, U.: Bad Liebenstein - Schweina - Altenstein. Kulturhistorische Skizzen. - Hochschulgruppe der Medizinischen Akademie Erfurt und Ortsgruppe Schweina des Kulturbundes, 1982. - 16 S.