Das Gelände am Hang des bewaldeten Aschenberges in Bad Liebenstein ist seiner ganzen Lage und Umgebung nach hervorragend geeignet, um die dem Namen und Andenken Friedrich Fröbels geweihte "Kulturstätte des Kindes" hier in einem "Friedrich -- Fröbel -- Haus" aufzubauen. |
Der Haupteingang zum Kindergarten und Kinderhort in der Mitte des langgestreckten Hauptgebäudes leitet durch das geräumige Vestibül über die breite zweiarmige Treppe in das Hauptgeschoß hinauf. Die Berglage ermöglicht die Ausnutzung der an der Talseite gelegenen ebenerdigen als Kellergeschoß bezeichneten Räume für das Lesezimmer und die umfangreiche Badeeinrichtung. | |
Schaubild der Eingangsseite |
Über die Haupttreppe gelangen die Hortkinder auf der linken und die Kindergartenkinder auf der rechten Seite in die Garderoben und die Waschräume, die sie vor Eintritt in die an der Bergseite gelegenen Spielzimmer benutzen müssen. Die Garderoben und Waschräume ermöglichen bequeme Aufsicht durch die Erzieherinnen. Für die Hortkinder (linke Seite) ist Trennung nach Geschlechtern vorgesehen. Der Ausgangspunkt für die Grundrißbildung war die bestmögliche Himmelslage für die Spielzimmer und den anschließenden Tagesraum, die in ihrer Südost-Südlage von Sonne und Licht durchflutet den Kindern einen gesunden und in ihrer räumlichen und farbigen Gliederung freudespendenden Aufenthalt bieten sollen.
Modellansicht des Friedrich Fröbel Hauses. |
Die Spielzimmer sind durch Schiebetüren untereinander verbunden. Die ganze Breite der Außenwand ist in Glas aufgelöst, die vorgesehene Schiebefensterkonstruktion ermöglicht bei günstiger Witterung ein "Offnen der Glaswand. Der Blick aus den Spielzimmern fällt direkt auf Spielplatz, Garten und Wald. Anschließend an der Südecke des Hauptbaues mit schönster Aussicht auf den Wald liegt der große Tagesraum mit halbkreisförmiger, gleichfalls ganz in Glas aufgelöster Außenwand. Der Tagesraum dient zugleich als Festraum und enthält deshalb auch eine Empore für Gäste und die Einrichtung für eine kleine Bühne. Besondere hygienische Einrichtungen zur Unterbringung und Lüftung der Kinderliegestühle, Schlafdecken und Kissen sind in der Nähe des Tagesraumes angeordnet. Gegenüber den fünf Spielzimmern auf der anderen Seite des durch direktes Seitenoberlicht beleuchteten in der Mitte erweiterten Flures liegen geräumige Werkstätten für die Werkarbeit der Kinder und Erzieherinnen, deren breite Fensterbänder nach der Stadt zu gerichtet sind. Hier liegt auch zwischen den beiden Treppenläufen in die Werkstatträume eingreifend das Geschäftszimmer der Leiterin, von dem aus die Werkstättenräume und der gesamte Flur zu übersehen sind.
Im Obergeschoß des Hauptbaues sind nach der Waldseite zu die Wohnungen der Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen, je ein Wohn- und ein Schlafraum mit zwischenliegendem Waschkabinett für je zwei Personen und auf der gegenüberliegenden Flurseite die einfacheren Zimmer der Praktikantinnen, je ein Raum mit Bettnische und Waschkabinett wieder für zwei Personen untergebracht. Über dem Tagesraum liegt der gemeinsame Wohnraum für sämtliche Kindergärtnerinnen und Praktikantinnen.
Der Wirtschaftsflügel schließt an die Nordecke des Hauptbaues im rechten Winkel an und enthält alle notwendigen Einrichtungen für die Bewirtschaftung der Gesamtanlage: Im Kellergeschoß Zentralheizung, Wäschereianlage, Vorrats- und Aufbewahrungsräume. (Siehe Abb. 2 auf der vorhergehenden Seite) Im Erdgeschoß die Zentralküche und Küchennebenräume mit anschließendem gemeinsamen Speiseraum für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen,die Wohnung des Hausmanns sowie die Räume für den Arzt und die dazugehörigen Untersuchungszimmer und Laboratorien. (Siehe Abb. 3 auf vorhergehender Seite.) Im Obergeschoß, sinngemäß das Bindeglied mit allen drei Abteilungen bildend, die Wohnung der Leiterin, an deren Räume sich die Gastzimmer anschließen, die zu dem Fröbel-Forschungsinstitut überleiten. Dieses bildet den Schlußbau der ganzen Anlage, auch in seiner Höhe alle übrigen Gebäude überragend, als geistiges Zentrum und Sammelpunkt für alle lebendigen Energien, die aus der Weiterarbeit der Ideen Friedrich Fröbels für das Kind erwachsen sind und weiter erwachsen werden. Zum Fröbel-Forschungsinstitut führt ein besonderer Eingang, vom Hauswart überwacht, durch ein geräumiges Vestibül. Der große Fröbelsaal liegt im ersten Stockwerk (Siehe Abb. 5, Grundriß des Obergeschosses), durch die großen Fenster nach dem Spielplatz der Kinder hin sich öffnend. In diesem Saal sollen die eigne geistige Arbeit Fröbels und die aus seinen Ideen entstandenen Schriften, Erziehungsmethoden, Beschäftigungsmittel und Spiele systematisch gesammelt und dauernd ergänzt werden mit dem Zweck, hier den lebendigen Fröbel wirksam werden zu lassen und ein umfassendes Studium zu ermöglichen. Der Saal führt durch zwei Geschosse, auf halber Höhe sind Emporen mit Arbeitsplätzen für Fröbelforscher angeordnet, anschIießend ein Erinnerungszimmer, das persönliche Andenken an Friedrich Fröbel enthalten wird, die in Liebenstein noch verstreut aufbewahrt werden.
Der Saal kann gleichzeitig für Versammlungen und Vorträge mit Lichtbildvorführungen usw. benutzt werden. So soll die Beziehung von Tradition und Leben bereits im Raumorganismus sichergestellt, ein einseitig musealer Standpunkt dagegen vermieden werden. Nach der Waldseite zu wird das Fröbel-Forschungsinstitut von einem kleinen Wirtschaftsbau flankiert, der Geräteschuppen, u. a. enthält. Die Hauptgebäudegruppe umschließt nach zwei Seiten den großen planierten Spielplatz für die Kinder, der sich an seiner Südostseite nach dem Waldhang zu öffnet. Die Grenze gegen den Waldhang bilden niedrige Stallbauten für Kleinvieh und Geflügel. Ihre Lage und Einrichtung ist derart angeordnet, daß die Kinder in stetige Verbindung mit den Haustieren gebracht, von Jugend auf zur Tierliebe und -pflege erzogen werden. Zwischen den Stallgebäuden und seitlich bis zur Waldgrenze liegen Blumen- und Gemüsebeete, deren Bestellung und Pflege durch die Kinder eigenhändig erfolgen soll. Der übrige Platz zwischen Waldgrenze und Spielplatz dient als freie Waldspielwiese. Der Spielplatz selbst ist nach der Talseite zu, der Höhenlage folgend, durch eine gebogene Terassenmauer abgegrenzt, die vom Hauptgebäude ausgehend ihren Abschluß an der großen Märchenlinde findet.
Etwas weiter talab in südwestlicher westlicher Richtung ist die Anstauung einer Planschwiese vorgesehen. So werden Spiel- und Arbeitsplätze die umgebende Natur in organische Verbindung mit den Gebäudegruppen bringen und das gesamte zur Verfügung stehende Gelände dem Dienst am Kinde nutzbar machen.
In nordöstlicher Richtung vom Hauptbau folgen dem Waldrand die
Erholungspavillons in zwei gestaffelten Reihen von je vier Heimen, der
Höhenlage des Geländes angepaßt. Während Kindergarten
und Kinderhort in der Hauptsache ortsangesessenen Kindern aus Bad
Liebenstein und Umgebung dienen soll, werden die Pavillons errichtet, um
auswärtige erholungsbedürftige Kinder aufzunehmen, die hier zu
zehn bis zwölf unter Führung einer Schwester oder
Kindergärtnerin zu einer "Familie" vereinigt, mehrwöchige
Erholungskuren unter Benutzung der Stahlbäder von Liebenstein und aller
übrigen Einrichtungen des Hauptgebäudes genießen können.
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Schaubild eines Erholungspavillons |
Der Grundriß der Pavillons sieht in symmetrischer Anordnung getrennte Eingänge, Wasch- und Schlafräume für Knaben und Mädchen vor, der für beide Geschlechter gemeinsame, überhöhte Tagesraum öffnet sich nach Süden, davor eine große Veranda, an die ein offener Spielplatz grenzt. Hinter dem Tagesraum in der Mitte liegt die kleine Teeküche zum Wärmen und Austeilen der vom Hauptgebäude gelieferten Kost. Zu beiden Seiten der Teeküche je ein kleiner Schlafraum für eine Praktikantin und eine Schwester, von wo aus unauffällige Beaufsichtigung des Eingangs, des Tagesraumes, des Schlafraumes und der Waschräume durch Fenster gewährleistet ist. Beheizung der Pavillons, Verpflegung und Besorgung der Wäsche usw. erfolgt vom Hauptgebäude aus, wo auch die den "Familien", vorstehenden Schwestern und Praktikantinnen ihren geselligen und geistigen Mittelpunkt finden.
Die technische Durchführung der Gesamtanlage ist folgendermaßen gedacht: Ein Pfeilergerüst aus Eisenbetonpfeilern mit massiven Decken, Wände aus massivem Mauerwerk, gegebenenfalls mit Klinkern verblendet. Auf den massiven Decken durchweg Linoleum auf Korkunterlage. Dach: Hohlsteindecke mit Torfoleumisolierung und doppelter Asphaltbelag. Sämtliche Installationen verdeckt angelegt. Anwendung aller modernen bewährten Apparate zur Durchführung eines rationellen, Arbeitskräfte sparenden Betriebes für Küche, Bäder, Heizung und sanitäre Anlagen. In den Garderoben, Wasch- und Baderäumen Fußbodenbelag aus Hartgummi. Wände und Decken mit Fliesen oder Alabasterglas belegt. Türen: glatt ohne Fugen und Profile. Spielraum und Tagesraum bis Reichhöhe mit bunten Schränken in lackiertem Holz oder Wandtäfelung in gleicher Höhe vorgesehen. Sämtliche Fenster mit Spiegelglas verglast.
Im Dachgeschoß Schiebefenster. Der technische Aufbau der Pavillons weicht von dem des Hauptgebäudes ab. Hier ist Herstellung in Serien infolge der Wiederholung der einzelnen Teile möglich, die auf die Konstruktion der Wände und Decke bestimmenden Einfluß hat. Sie sollen aus Leichtplatten mit geeigneter Isolierung im Montageverfahren errichtet werden. Sämtliche Räume der Gesamtanlage, ganz besonders aber die der Kinder sollen farbig ausgemalt werden. Alle Mittel zur heiteren Belehrung, die auf die schöpferischen Kräfte im Kinde fördernd einwirken, Farbe, Licht und liebevolle Details sollen mit besonderer Sorgfalt in die Planung einbezogen werden und dabei Kindern und Erzieherinnen doch die größte Freiheit und Gelegenheit zur eigenen Betätigung und Entfaltung gewährleisten.
Die Baupläne wurden von dem Architekten Walter Gropius in Weimar mit dem Architekten Adolf Meyer, Weimar, ausgearbeitet.