Ein Friedrich Fröbel Haus in Bad Liebenstein

Von Regierungsrat Waldemar Döpel Weimar.

Im folgenden wird ein Beitrag aus dem Heft 2/1925 der Zeitschrift "Kindergarten" wiedergegeben, der sich mit Plänen zu einem Friedrich-Fröbel-Haus befaßt. Wir weisen darauf hin, daß einerseits die Rolle Döpels nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 einer kritischen Betrachtung bedarf, andererseits manche Darstellungen im folgend zitierten Beitrag - insbesondere die reflektierte Rolle der Frau betreffend - aus heutiger Sicht nicht kritiklos hingenommen werden können.

Am 21. Juni 1927 gedenkt die gesamte Kulturwelt des 75. Todestages Friedrich Fröbels. Viele in- und ausländische Kindergärtnerinnen und Fröbelfreunde werden gerade in diesem Jahre an die letzte Wirkungsstätte Fröbels in Mariental bei Liebenstein pilgern, um mit gleichgesinnten Menschen neue Kräfte an diesen Erinnerungsstätten zu sammeln. Gelegentlich der Tagung der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen zu Pfingsten 1924 ist nun der Plan angeregt worden, Friedrich Fröbels Wirken in einem Fröbelhaus zu Liebenstein lebendig zu gestalten, in einem neuen Heim mit neuen Formen als Ausdruck eines neuen geistigen Deutschlands. Es soll umfassen:

  1. Kindergarten, Kinderhort, Jugendheim

  2. Kindererholungsheim;

  3. Ehrensaal zur Veranschaulichung von Friedrich Fröbels Lehre im Lichte der Gegenwart und soll sein ein Haus der Kinder, eine Schule für Mütter, eine Fortbildungsstätte für Erzieherinnen, ein Mittelpunkt aller Fröbelfreunde.

Baugelände.

Das Gebäude des Fröbelhauses soll am Hang des Aschenberges errichtet werden, oberhalb der ehemaligen Domäne, die jahrelang Fröbels Wohnung war und jetzt ein ErhoIungsheim für Rote-Kreuz-Schwestern ist. Unterhalb der Domäne steht die neue Bürgerschule, für die das Fröbelhaus eine bedeutungsvolle Ergänzung werden wird, ganz im Sinne der Schülerin und Großnichte Fröbels, Henriette Schrader die ihn am besten verstanden hat und in den kürzlich erschienenen Briefen und Tagebüchern auf S. 143 an E. Bothmann schreibt: "Es ist wenigstens ein lebhaftes Interesse für die Kindergartensache da, und der hiesige Rektor wird seine nächste freie Zeit benutzen, um Kindergärten und Keilhau zu besuchen, heute will ich dem Herrn einige Adressen und Drucksachen schicken."

Kindergarten.

Als "Garten der Kinder" wird er im Wiesen-- und Waldesgrün liegen; die Aufenthaltsräume werden so angelegt sein, daß die Außenwelt dauernd in den Kindergarten hereinschauen kann. Die Sonne als billiger Heilfaktor muß so wirksam sein können, daß besondere Erholungsfürsorge für die Kindergartenkinder fast nicht nötig zu sein braucht. Deshalb sind die Außenwände der Räume, wo sich die Kinder aufhalten, fast durchweg in Glas aufzulösen, wie das Meister Gropius an vielen anderen Gebäuden schon durchgeführt hat. AIle Kinderheime kranken daran, daß sie zu wenig Fensterfläche haben und die Fenster für Kinder so hoch liegen, daß darunter die Beobachtung der Außenwelt und die Beschäftigung der Kinder leiden. Hier aber kann das Glas für die Kinderfürsorgeeinrichtungen zum ersten Mal ausgiebige Verwendung finden. Es ist dadurch weiterhin ermöglicht, daß das Kind dauernd mit der umgebenden Natur in Verbindung bleibt. "Die Kinder sollen - wie Fröbel es wünscht - wieder unmittelbar Zöglinge Gottes werden." Die Kindergartenkinder treten aus ihrem Glasraum auf flachen, ganz breiten Stufen, auf denen auch Liegestühle oder Spielmatten Platz haben werden können, hinaus und gelangen an ihren Beeten und der Tierwelt vorbei, zu ihren Spielplätzen. Von da aus führen Wege in den Wald. Ein besonderer Kindergarten für Kinder der Kurgäste ist vorgesehen, so daß die Kinder durch das Badeleben der Erwachsenen nicht wie bisher an Leib und Seele Schaden nehmen.

Kinderhort

Mehrere Räume sollen den heute mehr denn je dringenden Bedürfnissen des Kinderhortes dienen, ein besonderes größeres Zimmer gemeinsamen Spielens, auch solchen festlichen Charakters. Die Werkstatträume sind durch Glaswände für staubfreie und stauberzeugende Beschäftigungen abteilbar zu machen und so anzulegen, daß die gesamten jugendlichen Arbeiter und ihre Tätigkeiten zu gleicher Zeit von einem einzigen Raum aus zu übersehen sind. Die Kinder lernen so frühzeitig die verschiedenen Arbeitsweisen kennen, und das Interesse an den einzelnen Tätigkeiten wird geweckt. Ganz wie im Elternhaus werden die Erzieherinnen mit den Hortkindern gemeinsam schaffen. Für vorübergehenden Besuch von Schulkindern ("Hort mit offener Tür") ist ein besonderes Lesezimmer vorgesehen. Das Zimmer ist so groß zu planen oder auch durch ein zweites Zimmer zu ergänzen, daß es abends als Jugendheim für die schulentlassene Jugend Liebensteins und Schweinas benutzt werden kann.

Kindererholungsheim.

Der Mißstand bei den vielen Kindererholungsheimen, daß eine Masse von pflegebedürftigen Kindern auf verhältnismäßig kleinem Raum zusammengedrängt und in einem einzigen Gebäude vereinigt ist, wird im Fröbelhaus unbedingt aus erzieherischen und gesundheitlichen Gründen vermieden werden. Bricht in einem solchen Massenkindererholungsheim eine anste"ckende Krankheit aus, die vielleicht nur fünf Kinder erfaßt, so müssen 95 andere Kinder wegen der Schließung des Heimes auf die weitere Kur verzichten. Läßt die Besucherzahl bei einer Kur nach und sinkt vielleicht auf die Hälfte so müssen bei "Mammutheimen" dieselben Räume und dieselben Personen in Anspruch genommen werden wie bei doppelter Belegung. Wird aber diese große Masse der erholungsbedürftigen Kinder in kleine Familien aufgelöst und zwar auch äußerlich, indem kleine Gruppen von höchstens zwölf Kindern in einzelnen Pavillons untergebracht werden, so ergeben sich eine Unmenge Vorteile, die hier nicht weiter aufgeführt zu werden brauchen. Henriette Schrader hat bereits 1870 auf die Bildung von kleinen Gruppen hingewiesen, heute, nach 75 Jahren, beginnen wir erst den erzieherischen Wert von Familienkinderheimen allgemein zu schätzen; sie schreibt (a.a.O. S. 356): "Fröbel entwickelt sich immer neu bei mir, nicht große Kindergärten sind es, die Segen stiften, sondern Familienkindergärten, d. h. zehn bis zwölf Kinder unter Aufsicht eines jungen Mädchens."

Diese Pavillons des Kindererholungsheims werden verstreut am Walde liegen, untereinander und mit dem Hauptgebäude durch Wege und Telephon verbunden. Jeder Pavillon besteht aus zwei Schlafräumen für je sechs Kinder, aus Kindergärtnerinnen und Schwesternzimmer, Teeküche, Waschraum mit Brause und Abort und einem Tagesraum mit überdecktem Vorbau, der bei Winterkuren mit einsetzbaren Fenstern geschlossen werden kann. Von diesen Pavillons, die unter sich vollständig abgeschlossen sind, könnten ein Dutzend gleichzeitig eingerichtet werden. Baderäume für Heilbäder, ferner Arztraum, Untersuchungsraum, Isolierraum usw. werden im Hauptgebäude mit untergebracht. Für GemeinschaftsveranstaItungen steht der Glastagesraum zur Verfügung. Es kann der Gemeinde Liebenstein nicht zugemutet werden, das Risiko für den Betrieb der erweiterungsfähigen Kindererholungsstätte zu tragen. Es sollen deshalb die von Liebenstein, Schweina und Steinbach nicht beanspruchten Pavillons den Wohlfahrtsämtern Thüringens oder anderer Länder und Organisationen auf ein oder mehrere Jahre pachtweise zur Verfügung gestellt werden, die ihrerseits das nötige Personal mitgeben und besolden. Durch die Gemeinschaftsküche im Hauptgebäude wird für Kindergarten, Kindererholungsheim, Angestellte und Hausgäste der Betrieb rentabel gestaltet.

Lehrräume.

Um die Ideen Friedrich Fröbels in ihrer Bedeutung für die Gegenwart dauernd zu veranschaulichen, werden die in deutschen und ausländischen Kindergärten, Kinderhorten und Kindergärtnerinnenseminaren gefertigten vorbildlichen Arbeiten in einer Dauerausstellung, in Verbindung mit der gesamten Kleinkinder- und Kinderfürsorgeliteratur einschließlich Lehrmitteln, vereinigt. Der große Ausstellungsraum wird durch Oberlicht beleuchtet werden; die Wände ringsum haben eingebaute Glasschränke und herausziehbare Vitrinen in verschiedenen Reihen, in denen die Fortentwicklung der Fröbelschen Beschäftigungen übersichtlich veranschaulicht wird. Der Mittelplatz dieses grossen Raumes kann jederzeit mit Tischen und Stühlen besetzt oder von ihnen befreit werden, so daß dieser Raum vielfachen Zwecken dient: so z.B. grösseren Arbeitsgemeinschaften, Besprechungen, Vorführungen, künstlerischen Darbietungen, Volkshochschulkursen und so weiter. An diesem Raum müssen sich dann kleine Arbeitskabinen angliedern, die es ermöglichen, daß vielleicht fünf bis sechs Lernende und Forschende ungestört nebeneinander arbeiten können. Die Wohnräume müssen so angelegt sein, daß Erzieherinnen, Praktikantinnen und Schülerinnen völlig ungestört vom Gesamtbetriebe wohnen können, aber auch Gelegenheit zu persönlicher Fühlungnahme haben. Diese Zimmer sind so auszustatten, daß sich jede einzelne Persönlichkeit wie in eine andere Welt versetzt glaubt, wenn sie ihr eigenes Heim, losgelöst vom Tagesbetrieb, betritt.

Mitarbeiter.

Das Fröbelhaus selbst wird hauptsächlich Praktikantinnen beschäftigen, die sich zu ihrer hauswirtschaftlichen oder erzieherischen Ausbildung ein Jahr in den Dienst des Fröbelhauses stellen, das eine Musterstätte für die Lernenden ebenso wie für die bereits beruflich Tätigen sein soll. Vielleicht läßt sich, wie das bereits in Jena durch Frl. Käte Heintze geschehen ist, im Anschluß an das hauswirtschaftliche Volljahr der Mädchenberufsschule eine Kinderpflegerinnenschule mit dem Fröbelhaus verbinden, oder wie sich Henriette Schrader (a. a. O. S. 205) schon 1862 die erzieherische Ausbildung jugendlicher Mädchen in Watzum dachte: "Die jungen Mädchen werden nicht berufsmäßig zu Kindergärtnerinnen ausgebildet. Die meisten sind noch viel zu jung ... Das schließt nicht aus, daß die Mädchen praktische Spiele und Beschäftigungen lernen, womit sie einst die kleinen Geschwister oder Verwandten ihres Kreises beglücken können, und sie selbst in einem Geiste erzogen werden, wie ihn Fröbel erwecken und klären half, so daß wir auf diese Weise zu einer Mütterschule gelangen."

Gerade die Ausbildung der Mädchen für die Arbeit auf dem Gebiete der Jugendwohlfahrt begegnet auch heute noch mancherlei Vorurteilen. Darüber klagt schon in den 60er Jahren Henriette Schrader (a. a. O. S. 271 ) : "Es wird noch als Überspanntheit angesehen, wenn man auch an das bemittelte Mädchen die Anforderung stellt, außer dem Hause eine nützliche Tätigkeit zu suchen, wenn das eigene Haus, das immer das Vorrecht besitzt, ihm keine solche bietet, es hat sich die Wahrheit noch nicht Bahn gebrochen, daß auch das Weib nur durch Arbeit zu seiner vollen Menschenwürde gelangt. Dabei fehlt es in den Bewahranstalten an wirklichen Erzieherinnen, und es können alle traurigen Erfahrungen von unglücklichen Ehen und schlechter Kinderzucht auch die Menschen noch nicht belehren, daß das Weib sich nicht besser auf seinen eignen Herd vorbereiten kann, als durch Arbeit in der Erziehung". Wie sich das Leben im Fröbelhaus zu Liebenstein mit den Schülerinnen und Praktikantinnen gestalten soll, hat niemand besser vorausgeahnt als wieder Henriette Schrader (a. a. O. S. 167):Ünser ganzes Zusammenleben hat den Zweck im Auge, die Mädchen zu befähigen und zu vervollkommnen für ihren, von der Natur angewiesenen Beruf: Pflegerin des Häuslichen, die leitende oder helfende Hand in der Sorge für der andern leibliches und gemütliches Wohl, Erzieherin der Kleinen in der eigenen Familie oder der ihnen sonst anvertrauten Kinder zu sein. Wir wollen darauf hinwirken, daß ihre Wirksamkeit im Hause eine segensreiche, ihre ganze Erscheinung eine wohltuende sei. Wir möchten sie auch hinweisen auf das Elend und Unglück außerhalb eines glückIichen Familienkreises, damit wir uns nicht selbstsüchtig in demselben abschließen, sondern da draußen trösten und helfen nach unseren Kräften."

Alljährlich wechseln die Praktikantinnen und tragen ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Kenntnisse hinaus ins Kinderland. "Ihr Aufenthalt bei uns muß die Ida-Ebene der Asen werden, nach der sie sehnend zurückschauen, wenn sie ihr Auge in Mimirsborn versenkt und vom Baume der Erkenntnis gepflückt haben. Wenn sie Ideale in lieblicher Realität verwirklicht finden, und unser glückliches Zusammenleben auf dem sittlichen Ernst eines entwickelten Willens ruht, so wird die eine und die andere nicht ruhen, bis sie sich selbst geschaffen, was sie hier verließ. Es darf uns nicht irre machen, wenn die Welt, die Äußerlichkeit, sie eine Zeitlang verwirrt und beirrt; es kommt der Schmerz und führt sie auf sich selbst zurück, die Sehnsucht erwacht. Wohl manche möchte auf ihr Eiland zurück. Sie kann nicht, und so entwickelt sich nach und nach die Kraft, da, wo sie steht, zu schaffen was sie hinter sich ließ."

Mütterschule

Nicht nur die ergänzende Ausbildung junger Mädchen für ihren zukünftigen Beruf als Hausfrau und Mutter und die Fortbildung ausgebildeter Erzieherkräfte will sich das Fröbelhaus in Liebenstein angelegen sein lassen, sondern vor allem auch die Einrichtung einer wirklichen Mütterschule. Wie schwer hält es, Mütter auf dem Gebiet der Kinderpflege und Erziehung zu schulen, gerade in der Zeit, wo sie täglich und stündlich das Gefühl der Unsicherheit ihren Kindern gegenüber und den Wunsch nach Belehrung haben. Aber wie wenig Mütter aus dem Volke sind in der Lage, "Vortragskurse für Mütter oder Eltern", von Wohlfahrtämtern, Frauenorganisationen, Volkshochschulen eingerichtet, regelmäßig zu besuchen? Die Sorge um die Kinder und den von der Arbeit heimkehrenden Gatten bannen die Mütter dauernd ans Haus. Und wie mancher Mutter würde eine Erholungszeit, und wenn es nur einige Tage wären, gut tun. Hier will nun das Fröbelhaus in Verbindung mit der Volkshochschule Thüringen den echt Fröbelschen Plan verwirklichen: Mütter sollen mit ihren Kindern zu mehrtägigen oder mehrwöchigen Kursen "Das Kind" nach Liebenstein eingeladen werden. Die Kinder werden dem Kindererholungsheim und Kindergarten übergeben, und in besonderem Pavillon im Walde können die Mütter unbesorgt sich körperlich und geistig erholen.

Erholungs- und Altersheim.

Die Berufsorganisation der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen wird vielleicht später ein Erholungsheim auf dem Gelände, wo das Fröbelhaus erstehen soll, errichten und hat durch Vertrag mit Villa Lisser in Liebenstein den erholungsbedürftigen Kindergärtnerinnen bereits jetzt schon Kurgelegenheit geschaffen. Nicht zuletzt werden auch die erholungsbedürftigen Rote-Kreuz-Schwestern, die aus ganz Deutschland in der Domäne Liebenstein zusammenkommen, Anregungen aus dem Fröbelhaus mit hinausnehmen. Und den Arbeitsinvaliden unter den Kindergärtnerinnen wird ein besonderes Altersheim auf dem Grundstück des Friedrich-Fröbel-Hauses in Liebenstein in der Nähe sonniger Jugend die letzten Lebenstage verklären, oder mit Fröbel gesprochen, "den Menschen sich selbst, dem Frieden mit sich wiedergeben". Nach beendeter Tagesarbeit werden von den oberen Räumen des Fröbelhauses oder vom Altersheim aus die Blicke der Kindergärtnerinnen über Liebenstein und Schweina über Schloß und Ruine Altenstein hinübergleiten zu den Bergen des Thüringer Waldes und der Rhön. Da wird manche Mitarbeiterin inne werden, daß der Wunsch Henriette Schraders vom Juli 1849, den sie ihren Eltern gegenüber ausspricht (a. a. O. S. 135) in großartiger Weise endlich in Erfüllung gegangen ist: "Diese kleinen Fürstentümer sind reich an herrlichen Landsitzen. Wenn ich Fürstin wäre, würde ich anstatt um äußere Herrschaft mich herumzuschlagen, das Land auf andere Weise zu erobern suchen, ein neues Land zu entdecken suchen, ein zweites Amerika mit seinen Goldgruben und Schätzen. Ich würde einen Kindergarten im umfassenden Sinne ins Leben rufen."

Vorarbeiten zur Errichtung des Friedrich--Fröbel--Hauses.

Und jetzt, genau nach 75 Jahren, werden abermals Mittel und Wege gesucht, den Plan eines ümfassenden Kindergartens" in Liebenstein zu verwirklichen, der damals im Brennpunkt der Ziele Fröbels stand: Ünsere Sache, meine teuren Eltern, nimmt nach außen hin einen so guten Fortgang, wie ich es nur zu hoffen wagte. Jede Woche mehren sich die Schülerinnen und so wie nach außen, findet auch hier in dem Orte die Sache vielen Anklang." "Der Badearzt interessiert sich ungemein für die Fröbelsache und hat sich schon erboten, über alles, was in sein Fach schlägt, Vortrag zu halten." "Sie bearbeitet die Herzöge von Meiningen und Weimar für unsere Pläne, und wenn Gott seinen Segen weiter gibt, so wird die Sache wohl gelingen. Ob die große Anstalt hier zur Ausführung kommt, ist noch die Frage, da es gänzlich an Lokalen fehlt und das Bad sehr besucht ist; aber ein Kindergarten und eine Bildungsschule für Mädchen wird wohl hier für immer bleiben." Im letzten hat sich Henriette Schrader geirrt, weder der Kindergarten noch die Bildungsanstalt in Liebenstein sind geblieben, aber das Interesse dafür ist durch den Besuch der Berufsorganisation der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Jugendleiterinnen gelegentlich der im Anschluß an die Pfingsttagung in Jena durchgeführten Wanderung nach den Thüringer Fröbelstätten so gesteigert, daß in Liebenstein und Schweina eine einzige Begeisterung für das Fröbelhaus herrscht. Dazu kommt manch glücklicher Zufall: auch heute wieder lebt eine ehemalige Kindergärtnerin, Frau Badedirektor Schmidt - Sponagel in Liebenstein, die in Verbindung mit hervorragenden Persönlichkeiten und Fürstlichkeiten des In- und Auslandes wegen der Errichtung des Fröbelhauses steht. In kleinen Beträgen kamen in der Einwohnerschaft Liebensteins und Schweinas bereits mehrere Tausend Mark schnell zusammen.

Der Kreisrat zu Meiningen bewilligte 1000 M., das Thüringische Ministerium für Inneres 5000 M. und der Reichsminister des Innern ebenfalls 5000 M. für die Entwürfe des Gebäudes und seiner inneren Einrichtung. Der Arbeitsausschuß beauftragte Herrn Prof. Gropius in Weimar am 4. Oktober mit der Ausarbeitung der Baupläne, deren Entwurf in enger Zusammenarbeit und eingehenden Beratungen mit Frl. Noack, Frl. Hessel, Frl. Heintze und dem Verfasser angefertigt wurde. Bereits am 13. Dezember konnte der Einwohnerschaft Liebensteins und Schweinas die "Idee des Fröbelhauses" durch den Verfasser, das "Leben im Fröbelhaus" durch Frl. Käte Heintze, Jena und die "Gestaltung des Fröbelhauses", durch Herrn Professor Gropius in Lichtbildern, Zeichnungen und Modell dargelegt werden. Die Bildung eines Ehrenausschusses wurde in die Wege geleitet, eine Werbefahrt ins Ausland vorbereitet, worüber später berichtet wird, und so glauben wir mit Henriette Schrader, "daß Fröbels Ideen durch die Hinausschiebung ihrer Ausführung bis jetzt an Erfolg gewinnen werden". Möchten sich alle Fröbelfreunde die Hände reichen, um dieses lebendige Denkmal errichten zu helfen. Das Eisen muß geschmiedet werden, solange die Glut Fröbels wirksam ist: "Entweder Ostern kommenden Jahres oder nie tritt Fröbels Anstalt ins Leben. Dastehen muß aber eine Anstalt, wie sie in seinem Innern lebt; denn der Mensch, der Staat, die Menschheit muß ein Vorbi1d haben." In der "Neuen Erziehung," (Heft 11, 1924) fordert Paul "Osterreich Kindergärten aIs Nationaldenkmäler, um der Welt den Kulturwillen darzutun.

Äller Augen mögen voller Ehrfurcht auf das deutsche Glaubensopfer für eine neue Kinderwelt schauen." So wird das Friedrich-Fröbel-Haus in Bad Liebenstein ein Nationaldenkmal für den großen Kinderfreund und Menschheitserzieher werden, "dessen heilige Aufgabe war, als Reformator des Familienlebens und somit des staatlichen Lebens der Welt Heil und Segen zu bringen". Wird das Friedrich-Fröbel-Haus in dem geplanten Umfang, der Bedeutung des Pädagogen entsprechend, in Kürze durchgeführt und im lebendigen Geiste Fröbels geleitet, dann können wir mit Henriette Schrader ausrufen:

"Ich kann getröstet werden, wenn wir unsere Anstalt zu der Vollendung bringen, wie sie in meiner Seele lebt!"