Leopold Karl Theodor Fröbel

Kunstgärtner und Pflanzenzüchter

von Eeva Ruoff
"Es gab eine Zeit, wo es eine Selbstverständlichkeit war, dass man als guter Gärtner in Muskau gearbeitet hatte, ebenso wie man bei Froebel oder in Versailles oder England gewesen sein musste", schrieb Max Eiselt 1927 in der deutschen Zeitschrift "Gartenwelt". Froebel war damals in Fachkreisen noch ein Begriff, und jeder Lesser wusste, dass die Frima in Zürich gemeint war, obschon deren Glanzzeit mit dem Verlust des Exportgeschäfts beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu Ende gegangen war.

Theodor Froebel (1810 - 1893), der Gründer der Firma, war in Griesheim bei Arnoldstadt (* gemeint ist Arnstadt!) in Thüringen zur Welt gekommen. Er stammte aus einer Pfarrersfamilie. SeinVater, der auf dem Pfarrgut einen sehr großen Obstgarten mit seltenen Sorten angelegt hatte, starb aber, als der Sohn erst vier Jahre alt war. Theodor wurde in die Erziehungsanstalt seines berühmten Onkels Friedrich Froebel in Keilhau aufgenommen. Sein Bruder, der Mineraloge und Politiker Julius Froebel, berichtet in seinen Erinnerungen, dass "Theodor schon als Kind Samen gepflanzt und alle Tage wieder ausgegraben" hatte, "um sie zu beobachten".

In seinen Lehr- und Wanderjahren arbeitete Theodor Froebel in den botanischen Gärten von Göttingen, Eisenach und München und in den grossherzoglichen Gärten zu Belvedere bei Weimar. Von grosser Bedeutung dürfte die Zeit in den königlichen Gärten von Sanssouci bei Berlin gewesen sein. Sein Lehrmeister war hier Peter Joseph Lenné (1789 - 1866), der einer der größten Gartenarchitekten seiner Zeit war und Berlin zum Mekka der modernen Gartenkunst machte. 1834 bewarb sich Theodor Froebel um die neue Stelle eines Universitätsgärtners in Zürich, wo bereits zwei seiner Brüder wohnten, nämlich Julius, Privatdozent und späterer Professor für Mineralogie an der Universität, Karl, Englischlehrer an der oberen Industrieschule. Nach erfolgter Wahl hatte Theodor Froebel als erste Aufgabe den neuen öffentlichen Botanischen Garten "Zur Katz" an der jetzigen Pelikanstrasse zu entwerfen und anzulegen. Im oberen Stock des dortigen Gewächshauskomplexes wurde ihm unentgeltlich eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Der Lohn war aber äusserst bescheiden, so dass ihm von den Universitätsbehörden gestattet wurde, nebenamtlich Pflanzen zu züchten und zu verkaufen.

Theodor Fröbel gründete zusammen mit seinem Berliner Freund Heinrich Würth 1835 die Handelsgärtnerei Fröbel und Würth und pachtete im Areal des "Neuen Seidenhofes", etwa dort, wo heute das Warenhaus Jelmoli steht, günstig Land. Die Handelsgärtnerei florierte und ebenso der Neid der Konkurrenz. Es wurde, zwar zu Unrecht, gemunkelt, Froebel arbeite auch in den Dienststunden für seine Handelsgärtnerei und kümmere sich wenig um den Botanischen Garten. Die anhaltenden Vorwürfe führten dazu, dass er 1841 die Stelle als Universitätsgärtner aufgab. Der Seidenhändler Heinrich Bodmer, ein leidenschaftlicher Gartenfreund, gewährte ihm eine günstige Hypothek, so dass er noch im selben Jahr in Riesbach an der Seefeldstrasse 87 Land kaufen konnten, um eine neue, grössere Gärtnerei einzurichten. Heinrich Würth siedelte nach Australien über, und Theodor Froebel wurde Alleininhaber der Firma.

Kleine Landschaften für Städter

Damals, nach der Schleifung der Stadtbefestigungen und nach dem Bau der ersten Eisenbahn, liessen sich viele reiche Züricher Familien in den noch grünen Vororten Fluntern und Hottingen oder gar in den Aussengemeinden Enge und Riesbach mondäne Villen bauen. Theodor Froebel wurde oft für die Gestaltung der Gärten beigezogen. Er entwarf zum Beispiel für die Familie Wesendonck die jetzt Rieterpark genannte Anlage und für die Familie Martin den grossen Park auf dem Schönaugut in Riesbach, in dem 1977 der Neue Botanische Garten eingerichtet wurde. Froebel bekam aber auch Aufträge, alte Gärten wie zum Beispiel den Garten des Muraltenguts zu modernisieren. Die Stadt Zürich beauftragte ihn, die Stadthaus-, die Stadelhofer- und die Sihlhölzianlage zu gestalten, von denen heute nur noch Rudimente erhalten sind. Auch Anlagen um die Altstadt von Winterthur, ja sogar diejenige um die Rütliwiese wurden von ihm entworfen.

Die vorherrschende Gestaltungsrichtung des 19. Jahrhunderts war der sogenannte Landschaftsgartenstil mit seinen geschwungenen Wegen und den asymmetrisch gesetzten Baum- und Strauchgruppen. Die meisten Gärten, die von Theodor Froebel entworfen wurden, gehören diesem Stil an. Froebel vermid es aber, nur Variationen eines gleichbleibenden Grundschemas zu entwerfen. Er konzipierte seine Anlagen unbeeinflusst von den Regeln und Vorbildern der gängigen Musterbücher. Immer versuchte er, auf den "Genius Loci" des jeweiligen Grundstücks einzugehen, und vermied, wie es beim Landschaftsgartenstil üblich war, nach Möglichkeit künstliche Eingriffe in das gewachsene Terrain.

Froebel beschränkte sich aber nicht ausschließlich auf die Prinzipien des Lanschaftsgartenstils, sondern er war, wie sein Lehrmeister Lenn&eacut;, auch offen für die Ideen des "geometrischen" oder "französischen" Stils. Dies zeigt zum Beispiel das mehr oder weniger symmetrische Konzept für die Stadelhoferanlagen sowie Alleen und Baumreihen auch bei anderen Parkgestaltungen.

Trotz der intensiven Arbeit als Gartengestalter und Leiter der Handelsgärtnerei vernachlässigte er aber auch seine grosse Liebe für die Züchtung neuer Pflanzen nicht. Leidenschaftlich führte er Tausende von Kreuzungen verschiedenster Pflanzen aus und hatte darin - besonders wenn wir das damals noch lückenhafte Wissen über die pflanzlichen Vererbungsgesetze berücksichtigen - eine glückliche Hand. Hier sei nur auf die bekanntesten Züchtungen hingewiesen. Eine berühmte Spezialität der Firma Froebel waren die Christrosen. Die schönsten Varietäten trugen die Namen von Familienangehörigen: Dora Froebel und Gertrud Froebel. Eine Christrose mit "enormen, dunkelpflaumenfarbigen" Blumen wurde nach dem Enkel Robert benannt. Ein grosser Liebhaber der Froebelschen Christrosen war übrigens der deutsche Architekt Peter Behrens. Er schaute immer, wenn er in der Schweiz weilte, in der Gärtnerei vorbei und liess sich die neuesten Varietäten zeigen. Des weiteren züchtete Theodor Froebel mindestens18 verschiedene Sorten Rittersporn. Beliebt waren auch sein Cydonia japonica-Varietäten, seine verschiedenen Clematis- und Ceanothus-Sorten, die Deutzia crenata candidissma plena, die Thuja occidentalis Froebeli und die Thuja occidentalis Bodmeri, die zu Ehren von Heinrich Bodmer so benannt wurde. Ferner waren die ursprünglichen Silberlinden an der Bahnhofstrasse eine Züchtung Theodor Froebels.

Mit Disziplin zum Erfolg

Schon 1865 trat Otto Froebel (1844 - 1906) in die Firma ein. Er hatte das untere Gymnasium absolviert uns später Vorlesungen an der ETH besucht. Seine Fachausbildung erhielt er bei den weltbekannten Gartenbaufirmen Simon Louis in Metz und Louis van Houtte in Gent sowie in England. Theodor Froebel konnte sich nun vermehrt seinen Neuzüchtungen und der Lehrlingsausbildung widmen. Da es damals in der Ostschweiz noch keine Gartenbauschule gab, mussten die "Kunstärtner" ihren Jüngern das ganze Rüstzeug selbst vermitteln. Die Lehrstellen bei der Firma Froebel waren begehrt, obwohl, auch für die damalige Zeit, sehr harte Arbeitsbedingungen herrschten. Ordnung und Fleiss wurden gross geschrieben. Theodor und besonders Otto Froebel waren für ihre Genauigkeit, ihre Eigenwilligkeit und ihre ungeschminkte Offenheit bekannt. Noch Jahrzehnte später erinnert sich der international berühmte Pflanzenfachmann Henry Correvon lebhaft an die Ohrfeige, die er erhielt, als er einer Alpenpflanze Wasser über die Blätter goss, statt nur die Erde zu bewässern. Anekdoten von ihrer strengen Lehrzeit in Zürick, die aber alle von ehrlichem Respekt zeugen, wussten auch andere grosse Gartenfachleute zu erzählen. Die Qualität der Ausbildung liess sie die Strenkge akzeptieren. Und schliesslich waren die Froebels auch hart mit sich selber. Theodor Froebel soll sich zeitlebens schon um halb vier Uhr in der Früh am Arbeitsplatz eingefunden haben.

1890 übertrug Theodor Froebel die Firma seinem Sohn, doch wirkte er bis zu seinem Tode tatkräftig mit. Während der ersten drei Jahre war Otto Froebel mit dem Gartenarchitekten Evariste Mertens assoziiert. Nachher führte er den väterlichen Betrieb allein weiter und machte aus diesem die grösste und angesehenste Gartenbaufirma der Schweiz und des süddeutschen Raumes. Das Pflanzenangebot war schon unter Theodor Froebel selten umfangreich, er hatte zum Beispiel im Jahr 1851 über 100 verschiedene Sorten von Kamelien offeriert. Otto Froebel steigerte das Angebot aber noch erheblich. Der Katalog Nr. 124 von 1900 umfasste über 5000 Pflanzen, ein Angebot, wie es heute keine Gärtnerei der Welt führt.

Parkanlagen und Pflanzenexport

Noch mehr als sein Vater widmete sich Otto Froebel der Gestaltung von Pärken und Gärten. Unzählige öffentliche, halbprivate und private Anlagen von Graubünden bis ins Waadtland und einige auch im Ausland wurden von ihm entworfen. In Zürich plante Otto Froebel die Gestaltung der Quaianlagen und die Gärten der alten Tonhalle und der Galerie Henneberg, die unmittelbar an diese anschloss. Er entwarf die Pärke und Gärten der Villen Brandt an der Südstrasse, Sumatra in Unterstrass, Sommerau am Zürichberg, Zweifel und Syz in der Enge und viele andere. Besonders zahlreich waren seine "Kunstgärten" in Riesbach, dem Quartier also, in dem er selber wohnte. Erwähnt seien nur die Gärten der Villen Caviezel, Hagnauer, Huber, Jelmoli und von Muralt, die alle in der Umgebung der Neumünsterkirche lagen. Nur wenige dieser Pärke sind uns erhalten geblieben, die meisten wurden ganz oder doch teilweise überbaut. Auch bei den wenigen erhaltenen ist die ursprüngliche Gestaltung meist verändert. So bedauern wir es sehr, dass erst vor vier Jahren ein Teil vom Park der Villa Brandt abgetrennt und überbaut wurde. Bald soll übrigens auch im Park der Villa Bleuler, bei dessen Gestaltung Otto Froebel ebenfalls mitgewirkt hat, einiges durch ein größeres Bauvorhaben zerstört werden, obschon die Anlage unter Denkmalschutz steht.

Unter Otto Froebel wurde aber auch das Züchten von Pflanzen intensiv betrieben. Die Firma war für ihre vielen Neuzüchtungen weltweit bekannt. Sie exportierte vor allem nach England und Italien, es gab aber auch Bestellungen aus Afrika, Neuseeland und Südamerika. Die Pflanzen für eine so lange Reise zu verpacken, war wohl eine Kunst für sich. Grossen Erfolg hatte Otto Froebel mit seinen Anthurien und Orchideen, auch züchtete er etwa dreissig nue Sorten Begonien. Berühmt wurde ein Zyklamen mit lachsrosafarbenen Blüten und eine rosarot blühende Seerose, Nyphaea froebeli. Eine vollständige Liste aller Neuheiten würde eine ganze Seite in Anspruch nehmen.

Gross war Otto Froebels Begeisterung für Bäume. Der Baumbestand seiner Parkanlagen war vielfältig, an den markantesten Stellen standen meist einheimische Bäume. Für die Umgebungsgestaltung der Kirche Wiedikon verwendete er zum Beispiel neben anderen Bäumen 17 verschiedene Varietäten von Fichten. Ein solches Sortiment könnte heute wahrscheinlich keine europäische Baumschule mehr liefern. Ich vermute, dass Otto Froebel Fichten wählte, um eine optische Verbindung mit dem dahinterliegenden bewaldeten Uetliberg zu schaffen. Die Wirkung dieses Konzeptes ging teilweise verloren, weil sich die Stadt inzwischen bis an den Fuss des Uetlibergs ausgedehnt hat. Auch befindet sich die Anlage heute in einem völlig veränderten Zustand.

Wie schon sein Vater war auch Otto Froebel an Alpenpflanzen interessiert. Theodor Froebel hatte im Botanischen Garten Zürich wohl den ersten Alpengarten der Schweiz angelegt. Schon von Anfang an versuchten die Froebels die Alpenpflanzen aus Samen zu ziehen. Als später die Steingärten in Mode kamen und viele Gärnereien die benötigten Pflanzen einfach in den Bergen ausgraben liessen, kämpfte Otto Froebel gegen diesen Raubbau. Er selbst reiste, um Samen geeigneter Pflanzen zu erhalten, bis nach Österreich oder in die Seealpen.

Der Qualität ein Opfer

Nach dem Tode Otto Froebels führte dessen Sohn Robert die Firma weiter. Robert Froebel (1878 - 1966) hatte in England, Deutschland und Frankreich gelernt und war dann ins väterliche Geschäft eingetreten. Kurz vor dem Tod des Vaters hatte er die Prokura erhalten. Die Firma hiess von nun an "Froebels Erben". Für die Pflanzenzucht war der langjährige Mitarbeiter Theodor Schweizer zuständig, der seine Lehre noch bei Theodor Froebel gemacht hatte. Für die Gartengestaltungsabteilung gewann Robert Froebel den jungen Gartenarchitekten Gustav Ammann. Zusammen schufen sie zahlreiche Gartenanlagen, vorwiegend im Kanton Zürich, aber auch in der Innerschweiz und in den Kantonen Basel und Bern. In Zürich entstanden unter ihrer Regie einige Privatgärten in Hirslanden und Wollishofen, doch wurde der Boden in der Stadt langsam teuer, und wer einen grossen Garten sein Eigen nennen wollte, wich in die Nachbargemeinden am Zürichsee aus. Als besonders schöne Gestaltungen seien diejenigen der Villa Müller-Renner in Winterthur, des Landhauses Schwarzenbach in Rüschlikon, der Villa Schoeller in Zürich und der Villa Geiser in Langenthal erwähnt. Neuartige Aufgabengebiete waren Hotel- und Fabrikgärten, Sportplätze und Umgebungsgestaltungen bei Mehrfamilienhäusern und Siedlungen. Sämtliche Anlagen wurden nun im Geist des neuen, geradlinigen Architekturgartenstils geplant, die Froebel und Ammann vor allem in Deutschland kennengelernt hatten.

Der Erste Weltkrieg zwang auch Froebels Erben, wie alle anderen Gartenbauunternehmungen, zur Verkleinerung des Betriebs. Das Blumengeschäft an der Bahnhofstrasse 27, diessen Sträusse und Dekorationen manchen Zürcher von der Wiege bis zum Grab begleitet hatten, war schon 1907 aufgegeben worden, und auch die ausgedehnten Gewächshauskulturen im Seefeld wurden bereits 1910 geschlossen. An die Baumschulen in Hirslanden erinnert heute nur noch die Strassenbezeichnung "Froebelstrasse".

1933, nur zwei Jahre vor dem hundertjährigen Jubiläum ihre Gründung, löste Robert Froebel die Firma auf. Wegen der Wirtschaftskrise wurden fast keine Gärten mehr in Auftrag gegeben, es fehlte dazu das Geld. Ferner machte sich eine unschöne Konkurrenz immer stärker bemerkbar. Robert Froebel, der von Haus aus gewohnt war, Qualität zu liefern, "koste es, was es wolle", machten die einzig auf den finanziellen Gewinn ausgerichteten Konkurrenzunternehmen schwer zu schaffen. Auf dieses Niveau sollte seine Firma nicht sinken. Ein glanzvoller Abschluss war die Planung und Durchführung der grossen Gartenbauausstellung "ZÜGA", die Juni-September 1933 enorme Besuchermengen nach Zürich lockte. Der Entscheid, die Firma aufzulösen, wurde ihm dadurch noch erleichtert, dass viele seiner Angestellten dem Pensionsalter nahe waren oder dieses schon überschritten hatten und dass seine Söhne andere Berufe gewählt hatten.

Die Firma Froebel schrieb ein grossartiges Stück Zürcher Gartengeschichte. Wie keine anderen "Kunstgärtner" vor und nach ihnen haben Theodor, Otto und Robert Froebel das Stadtbild von Zürich geprägt. Sie haben unzählige schöne öffentliche und private Gärten geschaffen.

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