Grußwort zur ersten Ausgabe des BELGRADER DIALOG

vom Team des BELGRADER DIALOG mit Pfr. Gandow und Vater Kyriakos

Im November 1997 erschien die erste Ausgabe des BELGRADER DIALOG. Wir freuen uns mit unseren Schwestern und Brüdern in Belgrad über den gelungenen Start! In unserem Grußwort haben wir u.a. geschrieben:

Was alles ist Religion? Wer kann und soll den Status einer Religionsgemeinschaft festlegen?

Unter Berufung auf "Religionsfreiheit" wird sogar versucht, europäischen Ländern - nicht nur in Mittel- und Osteuropa Vorgaben über die Art und Weise zu machen, wie sie religiöse Organisationen zulassen oder registrieren sollen.

Sollen die europäischen Staaten zum Beispiel der totalitären Scientology-Organisation, vor der selbst die US-amerikanische Steuerbehörde erst nach jahrelangem Kampf kapitulierte, auch in Europa den Status einer Religion zuerkennen?

Soll eine Organisation, die die Beseitigung von Andersdenkenden zur Richtlinie gemacht hat, als bona-fide-Religion akzeptiert werden?

Darüber muß gestritten werden in Europa, einem Kulturraum, in dem Reli- gionen nicht nur geduldet werden und Betätigungsfreiheit haben, sondern zu- meist wegen ihres Beitrags zur Kultur und zum Zusammenleben der Menschen auch mit einem besonderen Status ausgestattet werden, der mehr ist als Steuerbefreiung.

Um diesen Streit ging es bei einer weltweiten Medienkampagne gegen das neue Rußland, das mit seinem neuen Religionsgesetz auf den Spuren des Europäischen Parlaments den Weg nach Europa angetreten hat - im Gegenwind einer Desinformationskampagne, an der sich zeitweise leider auch westeuropäische kirchliche Stimmen beteiligt hatten.

Über Religions- und Meinungsfreiheit muß gestritten werden, nicht nur zwischen Europa und Amerika. Um Religions- und Meinungsfreiheit genießen zu können, muß um sie gerungen werden.

Informationen, auch Hintergrundinformationen müssen ans Licht, Stand- punkte müssen benannt werden, damit diese Debatte ein Streit um die Sache, ein offener Dialog bleibt.

Christen sind, in der Nachfolge des Herrn Christus, auf den Weg des Dialogs mit der Welt gerufen. Solcher Dialog ist nicht unverbindliches Plaudern, sondern Ringen um Klarheit und Entscheidung. Es ist der Dialog mit den Menschen auf dem modernen Areopag (Apostelgeschichte 17, 16 ff.). Hier dürfen Christen nicht ausweichen.

So wie die Alte Kirche in der Auseinandersetzung mit den frühen Irrlehren zum bis heute verbindenden Schriftkanon und Bekenntnis kam, schafft der heutige Streit um die Wahrheit auch eine neue Gemeinsamkeit von Zeugnis und Dienst unter Christen aus aller Welt.

Die christlichen Kirchen der altkirchlichen Bekenntnisse, die den klassischen christlichen Glauben in dieser Welt zu vertreten und zu verkündigen haben, sind gemeinsam vor die Aufgabe gestellt, ihre Glieder für diese Herausforderung zuzurüsten. Denn nicht allein die Kirchen als solche werden gefragt, sondern jeder einzelne Christ, der in Beruf und öffentlichem Leben Rechenschaft geben muß über seinen Glauben (1.Petr. 3,15).

Dialog und ehrliches Zeugnis jedes einzelnen Christen sind gefragt in einer Zeit vielfältiger religiöser Begegnung und Auseinandersetzung: mit ehrlichen Menschen anderer religiöser Überzeugung ebenso wie mit verschlagenen und hinterhältigen Feinden der Wahrheit und Freiheit.

Dialog mit der Welt und kritischer christlicher Realismus in der Begeg- nung mit der Welt schließen sich nicht aus, sondern gehören zusammen. Es ist gut, daß dieser Dialog in Auseinandersetzung mit dem BELGRADER DIALOG nun auch eine serbische Stimme hat.