Freie Presse 04. 06.2001
Blüm erhält in Leipzig Menschenrechtspreis
Leipzig (ddp-lsc). Der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) wird am 10. Juni in Leipzig mit dem Menschenrechtspreis des «Europäisch-Amerikanischen Bürgerkomitees für Menschenrechte und Religionsfreiheit in den USA» ausgezeichnet. Blüm werde geehrt, weil er sich in der Auseinandersetzung mit der Scientology-Organisation couragiert für Menschenrechte und Religionsfreiheit eingesetzt habe, teilte das Bürgerkomitee am Sonntag mit.
Blüm sei der bisher einzige deutsche Bundesminister, der den Mut gehabt habe, sich mit Sachkenntnis und persönlichem Einsatz mit der Scientology-Organisation öffentlich auseinander zusetzen, hieß es zur Begründung. Er habe mit seinen deutlichen Worten die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ermutigt und mit seinem couragierten Engagement über die Tagespolitik hinaus für Politikerinnen und Politiker Maßstäbe gesetzt. (Internet: http://www.leipziger-preis.de )
Remscheider Generalanzeiger 10.6.2001
Norbert Blüm erhält «Alternativen Karlspreis» für Menschenrechte
Leipzig (dpa) - Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm hat in Leipzig den Menschenrechtspreis des Europäisch-Amerikanischen Bürgerkomitees für Menschenrechte und Religionsfreiheit in den USA erhalten.
Mit dem «Alternativen Karlspreis» 2001 wurde sein couragierter Einsatz für Menschenrechte und Religionsfreiheit in der Auseinandersetzung mit der Scientology- Organisation gewürdigt. Blüm setze sich darüber hinaus beispielhaft für bedrohte Nationalitäten und ethnische Minderheiten ein, hieß es weiter.
Leipziger Volkszeitung 10.6.2001
Norbert Blüm erhielt Menschenrechtspreis
Ehemaliger Bundesarbeitsminister wurde in Leipzig für sein Engagement gegen Scientology-Organisation geehrt
Leipzig. Es war zuletzt still geworden um Norbert Blüm. Als einfacher CDU-Bundestagsabgeordneter steht er nicht mehr so im Fokus der Öffentlichkeit wie in seiner Zeit als Bundesarbeitsminister. Doch gestern richteten sich wieder Kameras auf den 65-Jährigen. Blüm bekam in der Alten Börse den "Leipziger Menschenrechtspreis". Geehrt wurde er für sein Engagement gegen die Scientology-Organisation. Blüm habe als einziger Bundesminister bislang den Mut bewiesen, sich öffentlich mit dem "neuen Totalitarismus" der Scientologen auseinander zu setzen, erläuterte der Sektenbeauftragte der Berlin-Brandenburgischen Kirche, Thomas Gandow, die Entscheidung.
Pfarrer Gandow ist Gründungsmitglied des Europäisch-Amerikanischen Bürgerkomitees für Menschenrechte und Religionsfreiheit in den USA. Dieses engagiert sich gegen neue totalitäre Organisationen und fungiert als Träger des Preises. Erstmals ausgelobt wurde dieser im letzten Jahr. Man wollte damals gegen die Vergabe des Aachener Karlspreises an US-Präsident Bill Clinton protestieren. "Clinton hat nichts für den europäischen Einigungsprozess getan", erklärte die Leipzigerin Solveig Prass, die Mitglied im internationalen Bürgerkomitee ist. Während Clintons Amtszeit habe die US-Regierung gar Druck auf Deutschland und Frankreich ausgeübt, die Scientology-Organisation als Religion anzuerkennen, so Gandow. Deshalb stiftete das Bürgerkomitee einen "Alternativen Karlspreis", und verlieh diesen an den Amerikaner Robert S. Minton. Der Millionär war durch seine Prozesskostenhilfe für Scientology-Geschädigte bekannt geworden. Der "Alternative Karlspreis" lebt nun als "Leipziger Menschenrechtspreis" fort.
Blüm wurde schon verbal und gerichtlich von den Scientologen angegriffen. Bisher ohne Erfolg. Das brachte den CDU-Politiker nie davon ab, die Scientologen beispielsweise in einem Spiegel-Interview der "psychologischen Kriegsführung" zu beschuldigen und ihnen mit einer Verfügung die Zulassung zur privaten Arbeitsvermittlung zu verwehren, erinnert sich Gandow. Blüm sei der einzige hochrangige Bundespolitiker, der sich öffentlich gegen die Religionsgemeinschaft äußere. In der Preisbegründung heißt es, dass die Auszeichnung Politiker in ihren Bemühungen unterstützen soll, "den Menschenrechtsverletzungen, die von der Scientology-Organisation in den USA und in Europa begangen werden, endlich ein Ende zu setzen".
Blüm kümmerte sich auch um Opfer der Sekte. Er nahm Kontakt zu Handwerksfirmen in Zwickau auf, die durch den bekennenden Scientologen und Immobilienhändler Kurt Fliegerbauer um ihr Geld gebracht wurden.
In Leipzig wurde der Preis vergeben, weil das Bürgerkomitee die Stadt aus mehreren europäischen Anwärtern auswählte. "Von Leipzig wurde schon einmal ein totalitäres Regime zu Fall gebracht", erklärte Solveig Prass. Deshalb steht der Preis fortan im Zeichen der Nikolaikirche.
Die Scientology Kirche Deutschland e.V. hat unterdessen den Menschenrechtspreis als "zynische Verhöhnung der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung und von elementarsten Grundrechten" attackiert. Hinter dem Preis stehe "ein dubioser Clan von fanatischen Religions-Diskriminierern", so die Scientologen.
Andreas Friedrich
Junge Welt 11.6.2001, Interview
Wie soll man gegen Imperialisten vorgehen?
jW sprach mit dem Menschenrechtspreisträger Norbert Blüm (CDU)
(Der Bundestagsabgeordnete und Sozialminister a. D. ist am Sonntag mit dem Leipziger Menschenrechtspreis 2001 ausgezeichnet worden. Er wurde im vergangenen Jahr erstmalig als »Alternativer Karlspreis« vergeben)
F: Das Europäisch-Amerikanische Bürgerkomitee hat mit dem Alternativen Karlspreis Ihr mutiges Eintreten als Politiker gegen die Scientology-Sekte gewürdigt. Warum braucht man dafür Mut?
Mut - nun ja, ich würde es nicht so heldenhaft sehen. Richtig ist, daß die Scientologen nicht zimperlich mit Gegnern umgehen. Da gibt es handfeste Anweisungen, unter anderem Rufschädigung, die Leute sollen verdächtigt und abgehört werden. Scientology setzt auf die Angst der Leute. Sie haben mir beispielsweise gedroht, ein Dossier über mich im Fernsehen zu veröffentlichen. Ich habe damals gesagt, sollen sie ruhig machen. Bis heute ist nichts veröffentlicht worden. In ihrer Zeitung haben sie mich mit allen möglichen Namen bedacht: Rasputin der Politik zum Beispiel. Aber um so etwas kümmere ich mich nicht. Man muß nur wissen, daß sie skrupellos sind, daß sie Macht haben und öffentlich mit allen Mitteln arbeiten.
F: Warum gibt es dann so wenige Politiker, die sich gegen Scientology engagieren?
Es geht hier um Verletzungen der Seele, das fällt einfach nicht so auf. Wenn sie jemandem den Arm brechen, dann sieht das jeder, doch wenn die Seele gebrochen wird, sieht das niemand. Die Herrschaft der Scientologen ist geräuschlos.
F: Was kann die Politik ihr entgegensetzen?
Ich bin nicht für ein Verbot, weil das nur Märtyrer schafft. Ich glaube, daß man ihnen das Wasser abgraben muß, indem man aufklärt. Und ganz so, wie es sich die Scientologen vorgestellt haben, ist ihr Weizen in Deutschland nicht aufgegangen.
F: Um aufzuklären, braucht man Personal.
Hier geht es nicht um das alte Schema: die armen Leute sind wehrlos. Hier sind sogar eher die Reichen gefährdet. Die Scientologen machen sich nicht an Sozialhilfeempfänger heran, sondern tun sich in den Leitungsetagen um. Sie trachten nach dem Bürgertum, das erfolgreich sein will, und das deshalb die Psychoangebote von Scientology ganz kritiklos hinnimmt. Studenten halte ich übrigens auch für gefährdet.
F: Warum?
Weil Akademiker in der Regel aufsteigen wollen.
F: Sie bezeichnen die Scientologen als neue Imperialisten. Was ist denn für Sie konventioneller Imperialismus?
Imperialismus strebt nach Herrschaft. Der Imperialismus, den wir aus der Geschichte kennen, die Kolonisation, hatte mit der Eroberung von Ländern und Völkern zu tun. Diesmal geht es um das Innenleben der Menschen. Sie werden nicht in Ketten gelegt, sondern mit Psychotechniken abhängig gemacht.
F: Auch die Werbung appelliert an das Innenleben der Menschen. Die Wirtschaft bindet Menschen als Verbraucher. Ist das nicht auch eine Form von Abhängigkeit?
Wenn Scientology so harmlos wäre wie Werbung, hätte ich gar nichts dagegen. Bei Scientology werden Leute kirre gemacht mit sogenanntem Auditing, also mit Verhörtechniken. Das mit Werbung zu vergleichen hieße, es zu verharmlosen.
F: Ist es nicht umgekehrt verharmlosend, wenn der Gründer von Scientology, L. Ron Hubbard, mit Hitler verglichen wird, wie es am Sonntag bei der Preisverleihung geschah?
Ich vergleiche Hubbard nicht mit Hitler. Ich vergleiche nur totalitäre Systeme. Die Ideologie von Scientology ist totalitär. Wir, die Gegner von Scientology, werden dagegen in Amerika mit Hitler verglichen, weil wir vor ihnen warnen. Man muß weiter aufklären - Eltern, Firmenleitungen und auch die Studenten.
Interview: Anna Lehmann
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