Hubbard Colleges in Rußland

von Alexander Dvorkin

Inhalt

  1. Hubbard-Colleges als Einflußhebel
  2. Hubbards Fuß in der Tür der Rüstungsindustrie und des Schwermaschinenbaus
  3. Wird Perm die erste scientologische Millionenstadt der Welt?
  4. Novgorod
  5. Vertuschen auf Teufel komm raus

Bekanntlich waren die ersten Schritte von Scientology in Rußland verbunden mit dem angeblichen Drogenprogramm "Narconon". Es scheint, daß Scientology jetzt ein effektiveres Vehikel für seine Ausbreitung gefunden hat. Dies ist die "Management- und Verwaltungstechnologie", wie sie von den "Hubbard Colleges" angeboten wird.

Mitten in dem wirtschaftlichen Chaos, das jetzt in der früheren Sowjetunion herrscht, bieten die Scientologen etwas an, das als eine einfache und doch effektive Methode für das Management von Industrieunternehmen, aber auch Büros, Banken, Gesellschaften usw. erscheint. Es fällt schwer, ihr Angebot abzulehnen: Denn sie versprechen unmittelbaren, rasanten Anstieg der Produktivität und auch der Profite für alle, die das HubbardVerwaltungssystem in dem jeweiligen Unternehmen einführen.

Sie sprechen von tausenden von Unternehmen, die bereits mit der HubbardTechnologie arbeiten. Die Werbeliste zählt selbst solche Industriegiganten wie Ford, Folio, oder General Electrics auf.

Hubbard-Colleges als Einflußhebel

Durch Ausbreitung der Hubbard-Colleges scheinen die Scientologen drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen:

  1. Durch den Aufbau von Sprungbrettern in verschiedenen Unternehmen, schaffen sie sich ihr eigenes Finanzimperium;

  2. indem sie Verwaltungsbüros der Provinzregierungen infiltrieren, versuchen sie, Einfluß auf die Regierungselite von großen Territorien zu bekommen;

  3. und last but not least, rekrutieren sie dabei die reichsten und mächtigsten Leute im Land für sich.

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten die Scientologen mit Reisebüros zusammen, die luxuriöse Mittelmeertouren organisieren. Unter den vielen Attraktionen, die in den Anzeigen aufgeführt werden, werden auch "absolut kostenfreie" Kurse in "Business Administration"erwähnt, angeboten durch die weltberühmtesten Hubbard-Colleges von Amerika.

Die Kurse können während der Reisen zwischen der Disco-Zeit und dem Sonnenbaden absolviert werden, und am Ende der Tour gibt es ein Diplom.

Welchen Erfolg hat diese Strategie? Bereits jetzt schon ist das scientologische System in hunderten von Fabriken, Banken, Versicherungsgesellschaften usw. in Rußland implementiert. Das bedeutet, daß Scientology sie praktisch übernommen hat.

Hubbards Fuß in der Tür der Rüstungsindustrie und des Schwermaschinenbaus

Interessanterweise unternehmen die Scientologen besondere Anstrengungen in große Industriewerke einzudringen, die Schwermaschinen und Rüstungsgüter produzieren. Darum konzentrieren sich die Scientologen besonders auf den Ural, wo sich die meisten dieser Fabriken befinden. Bis jetzt haben sie sich schon in Dutzenden von Mammutkombinaten in den Provinzen um Perm und Jekaterinenburg eingenistet.

Wie die Praxis zeigt, bedeutet die Einführung des Hubbard-Systems in den Kombinaten die Schaffung stalinistischer Führungsstrukturen, die schnelle Entlassung der besten Spezialisten und die Zahlung von vielen tausend Dollar an die Scientologen für Schulung.

Medienberichte über das Schicksal eines der ersten Kombinate, das zur HubbardTechnologie übergegangen war, die Ventilatorfabrik "Mowen" in Moskau, lesen sich wie Schauermärchen. Die Macht der Hubbardisten über "Mowen" endete vor einigen Monaten mit der Ermordung des Werkdirektors, des Herrn Mironov.

Aber diese Geschichte beeindruckte niemanden und die Aktivitäten der HubbardColleges wachsen weiter.

Wird Perm die erste scientologische Millionenstadt der Welt?

Es scheint so, daß die Scientologen am erfolgreichsten in Perm sind, wo sie es geschafft haben, den Bürgermeister, Vladimir Fil, auf ihre Seite zu bringen. Die Gründer und Befürworter des HubbardColleges in Perm sind die Stadt- und die Provinzverwaltung selbst. Herr Fil absolvierte hubbardistisches Training in Moskau und vervollständigt es zur Zeit in Los Angeles. Zwischenzeitlich gab er einen Ukas heraus, daß alle Beschäftigten der Stadt und der Bezirke das Hubbard-Verwaltungssystem übernehmen müssen zusammen mit den Bezirksverwaltungen. Er hat sogar öffentlich gelobt, daß die ganze Stadt von Perm (mit ungefähr 1,5 Millionen Einwohnern) innerhalb von sechs Monaten zur Hubbard-Methode bekehrt werden soll. Darüberhinaus ist der neuernannte Präsident der einzigen lokalen Fernsehstation in Perm ebenfalls Scientologe. Auf diese Weise hat der Scientology-Kult in dieser Region ein Monopol bei den elektronischen Medien.

Novgorod

Gewiß ist Perm nicht das einzige Beispiel für den Scientology-Vormarsch in Rußland. Der Bürgermeister von Novgorod hat auch das Hubbard-College-Training absolviert. Die Scientologen richteten eine Erholungsfreizeit für die Bürgermeister der Städte von Zentralrußland aus. Wir können also noch einiges erwarten...

Vertuschen auf Teufel komm raus

Wenn betroffene Personen sich an diejenigen wandten, die für die Einrichtung von örtlichen Hubbard-Colleges verantwortlich waren, und sie vor den Gefahren, die von Scientology ausgehen, warnen wollten, dann war die Antwort immer die selbe: Hubbard-Colleges seien eine völlig unabhängige Einrichtung, die nichts mit scientologischen Lehrinhalten oder Strukturen des Scientology-Kultes zu tun hätten.

Obwohl die Unwahrheit dieser Behauptung offen zu Tage liegt,klammerten sie sich an diese Behauptung und hörten nicht auf Gegenargumente. Also wollen sie die Wahrheit offensichtlich nicht erfahren. Jedoch kann die Wahrheit nicht verborgen bleiben und selbst die glühendsten Vertreter des Hubbard-Colleges können nicht vermeiden, dies schließlich zuzugeben.

In diesem Sinne sind die Worte des Bürgermeisters von Perm, Vladimir Fil, höchst charakteristisch. Als die Repräsentanten der intellektuellen Elite der Stadt ihm einen offenen Brief schrieben, in dem sie ihm erklärten, worum es sich eigentlich bei Scientology handele, tat er ihn ab mit den Worten, er sei nur an der von Hubbard erfundenen Technologie interessiert, und was ihn selbst, Fil, angehe, so sei Hubbard ihm völlig gleichgültig, es wäre ihm sogar egal, wenn Hubbard an den Teufel geglaubt habe.

Nun gut, in dieser Beziehung liegt Bürgermeister Fil völlig richtig: Hubbard hat an den Teufel geglaubt.

Übersetzung: Guntram Thilo, Berlin

Alexander Dvorkin, Ph.D.,40,
studierte in New York und in Rom und promovierte mit einer Arbeit über "Ivan the Terrible as a Religious Type". Er ist jetzt Professor für Kirchengeschichte an der Russisch-Orthodoxen Universität Moskau und Leiter des Informationsund Beratungscentrums "St. Irenäus von Lyon", der Partnerorganisation des DIALOG CENTER INTERNATIONAL in Moskau. Er gehört dem Wissenschaftlichen Beirat des BERLINER DIALOG an.

Foto: DCI, Aarhus

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