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| BERLINER DIALOG 27, Orakel 2003 |
Astrologie |
Gestirne, alter Gestirnsglaube und "moderne" Astrologie |
Auf der Homepage des Deutschen Astrologen-Verbandes e.V. (DAV) heißt es, dass die in ihm zusammengeschlossenen etwa 1000 Astrologinnen und Astrologen das Ziel einer "vorurteilslosen astrologischen Forschung", "Aufklärung der Öffentlichkeit" über eine "seriös betriebene Astrologie" und eines entsprechenden Dienstleistungs-angebots hätten. Bereits ca. 170 von ihnen hätten als "Berufs-Qualifikation" die Verbandsprüfung des DAV" abgelegt.
Tierkreis |
Auf der "Expertenliste" DAV-geprüfter Astrologen finden sich Angebote wie "Persönlichkeitsanalysen mit karmischer Lebensaufgabe", "Partnerhoroskope", "Kinderhoroskope", "Erziehungsberatungen", "Astromedizin", "Berufsberatung", "Jahresprognosen", "Kriseninterventionen", "astrologische Traumreisen" oder "Wirtschaftsastrologie".50
Astrologie und Astronomie
Das astrologische Deutungsfundament: Der Tierkreis mit den 12 Tierkreiszeichen Der Jahrestierkreis (siehe u. die Grafik) setzt sich aus 12 tier- oder menschenähnlich gestalteten Sternbildern bzw. ihren Tierkreiszeichen zusammen. Diese gruppieren sich in je drei Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterbilder. Jedem Tierkreiszeichen sind als Zubehör ein Planet (Planetenherrscher), eine alte griechische bzw. römische Gottheit sowie eines der klassischen vier Elemente zugeordnet:
Die Frühlingsbilder enthalten folgende Tierkreiszeichen:
Die Sommerbilder enthalten folgende Tierkreiszeichen:
Die Winterbilder enthalten folgende Tierkreiszeichen:
Der am Himmel zu erblickende siderische Tierkreis (lat. sidus, sideris: Stern, Sternbild) mit seinen 12 Sternbildern, auf die sich der symbolische tropische Tierkreis mit seinen 12 Tierkreiszeichen bezieht, enthält freilich keine objektiv-realen Bilder. Vielmehr geht es beim siderischen Tierkreis um - aus der Perspektive des auf der Erde befindlichen Menschen getätigte - willkürliche Betrachterinterpretationen von Sternenansammlungen, deren einzelne Körper in Wirklichkeit Millionen Lichtjahre auseinander stehen. Hinzu kommt, dass kein (Fix)Stern völlig still am Himmel steht, so dass sich mit der Zeit die Sternbilder ganz erheblich deformieren. Neben dem Jahrestierkreis kennt die Astrologie noch einen größeren, übergeordneten Tierkreis, den großen Tierkreis des platonischen Welten- oder Sonnenjahres, welches 25.920 Jahre umfasst. Dieses platonische Weltenjahr gliedert sich in 12 Weltenmonate zu je 2.160 Jahre, die die Astrologen gerne als Zeitalter betrachten. So vollzieht sich gegenwärtig angeblich ein Wechsel vom (christlich-dogmatischen) Fischezeitalter zum (mystisch-spirituellen) Wassermannzeitalter als dem neuen Zeitalter (New Age). Mit derartigen Interpretationen weitet die Astrologie ihren Deutungsanspruch vom Bereich anthropologischer Interpretationen auf umfassende kosmisch-religiöse Spekulationen aus. Astrologie und Esoterik gehen Hand in Hand.
Die astrologische Deutungstechnik: Die Grafik stellt den im Horoskop dargestellten Jahrestierkreis dar, der mit dem ersten Tierkreiszeichen, dem "Widder" (siehe Mitte rechts), beginnt. Er "verläuft" gegen den Uhrzeigersinn durch alle 12 Tierkreiszeichen bis hin zum letzten, den "Fischen".
In der Mitte links des Kreises beginnt mit AC (Ascendent) das erste der 12 Häuser, die ebenfalls gegen den Uhrzeigersinn laufen, an IC (Imum Coeli, siehe Kreis Mitte unten), DC (Descendent, siehe Kreis Mitte rechts) und MC (Medium Coeli, siehe Kreis Mitte oben) vorbei hin zum 12. Haus.
Der tropische Tierkreis mit den 12 Tierkreiszeichen Dem Widder (Farbe: rot) ordnen die Astrologen menschliche Eigenschaften wie Energie, Spontaneität, Ehrlichkeit und Ungeduld zu, dem Stier (Farben: braun und grün) Ruhe, Sicherheit, Geduld und Trägheit, den Zwillingen (Farben: himmelblau, gelb und hellgrau) Intelligenz, Kommunikation, Vielfalt und Anpassung, dem Krebs (Farbe: blaugrün) Emotion, Sensibilität, Zurückhaltung und Geborgenheit, dem Löwen (Farbe: golden) Lebenskraft, Wille, Stolz und Herzlichkeit, der Jungfrau (Farben: beige, hellblau und lindgrün) Vernunft, Unterscheidung, Planung und Gesundheit, der Waage (Farben: rosa und fliederfarben) Harmonie, Ausgleich, Gerechtigkeit und Geselligkeit, dem Skorpion (Farben: schwarz und blutrot) Intensität, Leidenschaft, Macht und Provokation, dem Schützen (Farbe: violett) Weisheit, Zielstrebigkeit, Abenteuer und Sinnbewusstsein, dem Steinbock (Farbe: grau) Verantwortung, Disziplin, Leistung und Zuverlässigkeit, dem Wassermann (Farbe: bunt) Idealismus, Geist, Sprunghaftigkeit und Originalität, den Fischen (Farbe: meergrün) Kreativität, Phantasie, Sehnsucht und Chaos. |
Die 12 Tierkreiszeichen und ihre Symbole |
Die 7 klassischen Planeten und ihre Symbole |
Die 12 Häuser (Felder, Orte) mit den Achsen Horizont und Meridian Am AC auf der linken Kreislinienmitte des tropischen Tierkreises beginnt das erste von 12 Häusern, welche - ebenso wie die Tierkreiszeichen - gegen den Uhrzeigersinn verlaufen. Etwa in der rechten Kreislinienmitte befindet sich - als Gegensatz zum Ascendenten - der Descendent (DC, lat. descendere: "untergehen", "absteigen"). Beim Descendenten beginnt das siebte Haus, als das "Gegenhaus" zum ersten Haus, welches beim Ascendenten beginnt.
Zieht man vom AC eine Achse durch den Kreismittelpunkt, dann gelangt man zum DC. Man nennt diese horizontale Verbindungslinie zwischen AC und DC die AC-Achse oder den Horizont.
Medium Coeli (MC) bezeichnet den Mittagsstand der Sonne, also den höchsten Punkt der Sonne im Tagesverlauf. MC wird im Horoskopschema immer oben auf der Kreislinie eingezeichnet und bezeichnet den vom Geburtsort zum Zeitpunkt der Geburt aus gesehenen Südpunkt. MC zeigt den Beginn des zehnten Hauses an. Zieht man von MC die besagte vertikale Meridian-Achse durch den Kreismittelpunkt, so gelangt man zum Sonnentiefstandspunkt Imum Coeli (IC, lat. imus: "das untere") und dem vierten Haus, als dem Gegenhaus zum zehnten Haus am MC. Hinweis: Weil die vertikale MC-(Meridian-)Achse wegen der Projektion aus dem dreidimensionalen Weltraum auf eine zweidimensionale Horoskopschemafläche meist nicht genau senkrecht auf der AC-(Horizont)Achse steht, sind die 12 Häuser im Unterschied zu den 12 Tierkreiszeichenabschnitten (alle 30°) verschieden groß.
Die 10 Planeten mit ihren Grundbedeutungen und als Herrscher der Tierkreiszeichen |
Die 7 Aspekte (Winkel) als die Planeten-Verhältnisse zueinander und zu den Achsen |
Die Astrologen unterscheiden sieben Aspekte. Als besonders markante Aspekte gelten solche Konstellationen, bei denen zwei Planeten innerhalb des Tierkreises am gleichen Ort stehen (Konjunktion, 0°) oder sich, vom Mittelpunkt des Tierkreises aus gesehen, genau gegenüber befinden (Opposition, 180°).
Astrologische Syntax des Horoskops
Kritische Einschätzung
a) Astrologie und Wissenschaft
Auch der Tierkreis ist eine Komposition subjektiver Projektionen. Der symbolische tropische Tierkreis, hat zwar vor 2.000 Jahren mit dem siderischen Sternenbilder-Tierkreis übereingestimmt, deckt sich mit diesem aber inzwischen nicht mehr. Er geht wie gesagt um 1/12 vor, nämlich um ein ganzes Tierkreiszeichen und driftet immer weiter vom tatsächlichen Stand der Sternbilder am Himmel weg. Die astrologische Uhr geht zunehmend falsch. Ferner gilt die gesamte bei uns betriebene Astrologie, was den Tierkreis als ihr wichtigstes Grundelement angeht, nur auf der nördlichen Erdhälfte. Während im Norden der "Widder" das erste Frühlingsbild bezeichnet, beginnen mit ihm auf der südlichen Erdhälfte die Herbstbilder. Was die psychologische Vereinnahmung der Astrologie im Sinne eines "ganzheitlichen" therapeutischen Verbundsystems von "uralter Weisheit und moderner Tiefenpsychologie" angeht, so mag der astrologischen Symbolik vielleicht wegen ihrer "Kreativität" eine emotionale Bebilderungs-Funktion zukommen. Von einer Kooperations-Wissenschaft für die Psychologie im interdisziplinären Sinne kann jedoch keine Rede sein. Bei einer derartig therapeutisch firmierenden Fusion werden psychologische Therapie und astrologische Weltanschauung in unzulässiger Weise vermischt. Eine jede "Doppelfunktion der Therapie", bei der mit der eigentlichen Therapie etwas anderes, Nichttherapeutisches, vermischt wird, muss als "im medizinisch-therapeutischen Sinne unethisch" kritisiert werden, stellt der Münchener Professor für forensische Psychiatrie Norbert Nedopil nachdrücklich fest.51
b) Astrologie und christlicher Glaube Das spirituelle Problem der Astrologie ist nicht ihr Symbolismus - die Bibel selbst ist voller Bilder und Symbole -, sondern die spekulative Erschließung von lebensbestimmenden Erkenntnissen aus den gesehenen Bildern. Gemeint sind aus makrokosmischen Gesetzen spiegelhaft abgelesene Wegweisungen für den Mikrokosmos Mensch. Die tatsächliche "Widerspiegelung des Universums im Menschen" finde im astrologischen Horoskop ihren "bildlichen Ausdruck", betont ein Internettext zum Thema "Horoskop".52 "Das Horoskop offenbart das komplexe Lebensmuster des Menschen." 53 Dies gelte nicht nur für das Individuum, sondern auch für Geschichte und Gesellschaft: "Der Rückblick auf die historische Entwicklung der vergangenen Jahrhunderte aus der Sicht des Tierkreises schafft erstmals die Möglichkeit einer Versöhnung mit der Geschichte. Gleichzeitig erkennt der Mensch das Ziel der gesellschaftlichen Entwicklung." 54 Nach dem Zeugnis der Bibel "zeigt sich Gott der Schöpfer" zwar "den Menschen in seinen Werken" (Römer 1,20). Dem "unverständigen Herzen" jedoch, welches den Glauben durch Beweise sichern will, nützt der Blick in die Sterne nichts, sondern führt die Gedanken "in die Irre" (Römer 1,21). Paulus betont, dass das Wissen des Menschen unvollkommenes "Stückwerk" sei und wir mit unserer Erkenntnisbemühung wie "durch einen Spiegel ein dunkles Bild" sehen (1. Korinther 13,9-12), hingegen besitzt die durch die Astrologie entschlüsselte "Widerspiegelung des Universums im Menschen" angeblich die Qualität einer Offenbarung, die sich anmaßt, das "komplexe Lebensmuster" des Menschen aufzuweisen und zu handhaben. Weiterhin: "Versöhnung" erwächst nach christlichem Glaubensverständnis nicht aus einer astrologisch offenbarten "Sicht des Tierkreises", sondern aus dem Versöhnungsgeschehen, wie es in der Guten Nachricht von Gottes Liebe in Jesus Christus den Menschen des ganzen Erdkreises kundgetan worden ist. Und nicht "die Tierkreisprinzipien bilden die Grundlage" für eine tragfähige "universelle Verbundenheit" 55 , sondern eben die Menschenfreundlichkeit des Herrn der Welt, der in Christus einen Ratschluss gefasst hat, "um ihn auszuführen, wenn die Zeit erfüllet wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist." (Epheser 1,9f.) Mit Abraham über die Vielzahl und Pracht der von Gott geschaffenen Gestirne des Himmels zu staunen (1. Mose 15,5) und sich mit den Weisen aus dem Morgenland über den "Stern aus Jakob" zu freuen (4. Mose 24,17), der "über dem Ort stand, wo das Kindlein war" (Matthäus 2,9f.), ist eine Sache, die Sternendeutung der Astrologen eine andere.
Literatur
Anmerkungen
Bildnachweis: |
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