Die Praxis
Beim Tarot geht es nicht darum, wie etwa beim Skat oder Schafskopf, gegen andere zu spielen. Die Karten werden vielmehr für andere oder für sich selbst gelegt und gedeutet.
Als erstes wird eine Karte, mit der man sich identifizieren will, als Signifikator ausgewählt und offen auf den Tisch gelegt, um ein positives Energiefeld zu schaffen. Die anderen Karten werden mehrmals gemischt, mit der linken Hand in drei Häufchen geteilt, wieder zusammengeschoben und dann in verschiedene Muster ausgelegt, in Fächer-, Karré- oder Kreuzform.
Zu den bekanntesten Varianten gehören das Keltische Kreuz und der Lebensbaum der Kabbala. Die Annahme, dass die Tarotkarten etwas mit der jüdischen Geheimlehre der Kabbala zu tun hätten, stammt von dem französischen Okkultisten Eliphas Levi (Alphonse-Louis Constant, 1810-1875), der die 22 Trümpfe mit den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets in Verbindung brachte.
Mit Hilfe der zahllosen möglichen Kombinationen der 78 Karten sollen die Geheimnisse des Kosmos erkannt, Gegenwart und Zukunft von Menschen gedeutet sowie Lebenshilfe gegeben werden können. Wer sich lange Zeit ernsthaft mit dem Tarot beschäftige und über den Karten "meditiere", habe zudem die Chance, seine Persönlichkeit positiv zu beeinflussen und ein "weiser Mensch" zu werden.
Neben der Astrologie und dem IGing gehört der Tarot zu den großen Orakel-Systemen unserer Zeit.
Kritische Einschätzung
Zu den besonderen Kennzeichen des Tarot gehört, dass er sich mit seinen kaum überschaubaren Variationen in fast ebenso viele Überlieferungen auffächert. Dadurch ist eine Pluralität vorgegeben, die zwangsläufig zur Beliebigkeit der Deutung führen muss. Dies geht auch aus den entsprechend zahlreichen Hand- und Lehrbüchern des Tarot hervor, die unterschiedliche, sogar gegensätzliche Interpretationen der Personen- und Situationskarten anbieten.
Die einzelnen Spielenden oder Ratsuchenden, die ihre jeweilige Persönlichkeit entschlüsseln oder mit Hilfe der Gegenwarts- und Zukunftsanalyse Anweisung zum Handeln bekommen möchten, können also keine verlässlichen Auskünfte erwarten. Vom kritischen Standpunkt aus gesehen, besteht jedoch die Gefahr, dass die Deutungen als objektiv missverstanden werden und zur Abhängigkeit vom Berater führen können.
An die Tarot-Gläubigen ist in diesem Zusammenhang die Frage zu stellen, welche (unbewusste) Kraft oder (göttliche) Energie beim Kartenlegen wirksam sein sollte und in welcher Weise, um die erwünschten Informationen hervorzubringen.
Aus christlicher Sicht wird vor der Praxis des Orakels mittels Karten gewarnt. Nach dem Zeugnis der Bibel (5. Mose 18,9-12) sind solche Dinge in den Augen Gottes ein Gräuel. Es besteht die Gefahr, dass es zu erheblichen psychischen Abhängigkeiten von der Person, die die Karten legt, oder von den Karten selbst kommt.
Literatur
Emily Peach, Das Tarot-Werkbuch - Eine praktische Anleitung zum Gebrauch des Tarot als Orakel, München 1986
Rachel Pollack, Tarot - 78 Stufen zur Weisheit, München 1985
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