"Öffentliche Ausschreibung einer wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojektes zur Prävention im Bereich der 'Sogenannten Sekten und Psychogruppen' Modellphase 2000 - 2003"
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat 207, 53123 Bonn, Rochusstraße 8-10 (Tel.: 0228 / 930-2125, Fax 0228 / 930-2221, Telex 885437), beabsichtigt gemäß §17a des Abschnitts 2
"Basisparagraphen zur VOL/A mit zusätzlichen Bestimmungen nach der EG-Dienstleistungsrichtlinie unter Berücksichtigung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung des Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Diestleistungsaufträge", oben genanntes Vorhaben im offenen Verfahren zu vergeben.
Beschreibung des Modellprojektes
Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Anzahl an neuen religiösen und ideologischen Gruppierungen in absehbarer Zukunft verringert. Immer mehr Menschen suchen, möglicherweise auch unter dem Druck der gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen und Anforderungen nach neuen Wegen, neuen Erkenntnissen oder dem "Sinn des Lebens". Sie wenden sich zum Teil von den überlieferten Formen und Institutionen ab und schließen sich statt dessen extremen politischen oder religiös-weltanschaulichen Gruppen an, weil sie sich dort Sicherheit und Geborgenheit erwarten. Dies ist ein idealer Nährboden sowohl für die bereits auf dem "Markt" bestehenden als auch für neue religiöse und ideologische Gruppierungen.
Bei der institutionalisierten Beratung wird ein ständig zunehmender Beratungsbedarf im Bereich der "Sogenannten Sekten und Psychogruppen" festgestellt. Dies gilt sowohl für Beratungsfälle von Betroffenen, deren Angehörige sich den "Sogenannten Sekten und Psychogruppen" zugewendet haben, als auch für ehemalige Sektenangehörige und Aussteiger.
Soziale Beratungsstellen sind zunehmend mit Konfliktstrukturen und Konfliktverläufen, hervorgerufen durch die Komplexität unterschiedlicher Ablaufformen und Auswirkungen einer Konversion, einer Akkulturation oder Ablösung innerhalb oder im Umfeld neuer religiöser und ideologischer Gemeinschaften, befasst, ohne darauf entsprechend vorbereitet zu sein.
Zielsetzungen / Inhalte des Modellprojektes
In den letzten Jahren haben sich für die Beratungsstellen eine Vielzahl von Problemen in diesem Bereich gestellt. So fällt es den Beratungsstellen immer schwerer, sich in der Vielfalt der operierenden neuen religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen und ihrer Praktiken zurechtzufinden.
Zentrale Zielsetzung des Modellprojektes ist es daher, Beraterinnen und Berater in den psychosozialen Beratungsstellen (Ehe-, Lebens-, Familien-, Erziehungsberatungsstellen und anderen Fachdiensten) für ihre Beratungsaufgaben auf diesem speziellen Feld zu qualifizieren, da diese in der Regel die Anlaufstelle für Sektenopfer sowie deren Angehörige sind. Es geht betont nicht um die Ausbildung von "Sektenexperten" (dies wäre aufgrund des atomisierten "Sekten"-Marktes der 90er Jahre gar nicht möglich), sondern um eine Zusatzqualifikation von Fachdiensten. Hierbei sind die unterschiedlichen Funktionen, Arbeitsinhalte und Arbeitsansätze der einzelnen am Modellprojekt beteiligten Stellen zu berücksichtigen.
Dieses Ziel soll durch die grundlegende Erarbeitung spezifischer beraterischer und therapeutischer Handlungskompetenzen für die zuvor genannten Fachkräfte im Hinblick auf die Beratung von Personen, die durch die Hinwendung zu, die Mitgliedschaft in oder den Ausstieg aus sogenannten Sekten oder ähnlichen Gruppierungen in aktuelle oder grundsätzliche Problem- und Konfliktlagen geraten sind. Dies gilt für den Einzelnen oder das soziale Umfeld.
Darüber hinaus sollen strukturelle Rahmenbedingungen des beraterischen/therapeutischen Handelns unter Wahrung des Artikels 4 GG für die oben genannten Fachkräfte sowie die Notwendigkeiten und die Möglichkeiten von Kooperationen (Netzwerken) mit anderen zu diesem Thema arbeitenden Stellen (staatliche Informations- und Dokumentationsstellen, Selbsthilfegruppen und kirchlichen Beratungsstellen) erarbeitet werden, um so in einem Netzwerk von Beratungseinrichtungen Anlaufstellen unterschiedlicher Kompetenz und Schwerpunktsetzung zu ermöglichen.
Als Ergebnis der Modellphase muß aufgezeigt werden, wie die dort gewonnenen Erkenntnisse umgesetzt und die Arbeit fortgesetzt werden können. Sowohl das Gesamtergebnis als auch die Beratungshilfestellungen sind zu publizieren.
Letzteres ist sowohl durch Seminarveranstaltungen wie auch durch Beratungshilfen vor Ort umzusetzen.
Das Modellprojekt wird wissenschaftlich begleitet und ist über den gesamten Zeitraum dynamisch zu führen, so daß sowohl neue Entwicklungen als auch eventuelle Reflektionen aus der wissenschaftlichen Begleitung nahtlos eingefügt und berücksichtigt werden können.
Es ist beabsichtigt zur Begleitung des Modellprojektes einen Beirat aus Fachleuten einzurichten.
Ausgeschrieben werden der Modellträger sowie die einzelnen Modellprojekte.
Träger des Modellprojektes
Das Modellprojekt wird von einem Träger durchgeführt werden, der aufgrund der grundgesetzlichen Lage und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht selbst Grundrechtsträger von Art. 4 GG ist.
Der Träger muß einerseits über Erfahrungen mit der speziellen Thematik des Modellinhaltes sowie andererseits über überproportionales organisatorisches Können und kommunikative Fähigkeit verfügen, da es im Rahmen des Konsortiums eine Reihe von Modellstandorten mit unterschiedlichen Trägern geben wird. Darüber hinaus muß er eine ausgereifte Konzeption vorlegen, die alle inhaltlich geforderten Komponenten enthält und sicherstellt, daß die Beratungsstellen im Modellprojekt nach identischen Rahmenbedingungen arbeiten.
Modellteilnehmer
Zur Mitwirkung an dem Modellprojekt an einzelnen Standorten können sich anerkannte Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe (Ehe-, Lebens-, Familien-, Erziehungsberatungsstellen) Sozialpsychiatrische Dienste bei den Gesundheitsämtern, Sozialdienste der psychiatrischen Krankenhäuser und der psychiatrischen Hauptfachabteilungen sowie vergleichbare einschlägig interessierte Fachdienste bewerben.
Das Modellprojekt soll zum 01.07.2000 beginnen. Die Laufzeit soll 3 Jahre betragen.
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