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Die Scientology-Organisation und ihre Mitglieder

Schon die Definition der Bezeichnung "Mitglied" ist schwierig. Einmal wird von Bekennern, ein andermal von Anhängern, Mitgliedern und Mitgliedern auf Lebenszeit gesprochen. Wer einmal eine Dienstleistung der "Scientology Church" in Anspruch genommen hat, mußte in der Regel eine "Mitgliedschaft" eingehen. Dies bedeutet aber rechtlich noch keine feste Bindung, wird freilich von manchem so empfunden.

Welche Menschen sind für Scientology anfällig?

Grundsätzlich ist jeder für die subtilen Methoden der Mitgliederwerbung anfällig. Obwohl einige Menschen, die der "Scientology Church" anhängen, massive seelische Probleme haben, gibt es ebensoviele stabile Menschen aus sogenannten "guten Verhältnissen" und oft mit akademischer Ausbildung. Gut ausgebildete Fachleute (z.B. Juristen, Manager, Ärzte und Unternehmensberater) sind für Scientology von großer Bedeutung, da diese, wenn erst einmal emotional an die Organisation gebunden, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten und natürlich ihre finanziellen Mittel einbringen.

Mitgliederwerbung der Scientologen

Das Ansprechen von Passanten auf der Straße (das z.B. in Hamburg verboten ist) war lange Zeit ein beliebtes und sehr effektives Werbemittel, hat aber inzwischen an Bedeutung verloren. Scientology bedient sich mittlerweile sämtlicher in der Werbung üblichen Mittel wie beispielsweise Werbespots bei Privatsendern, Mailings durch Postwurfsendungen, Massendrucksachen usw. Wer einmal in Kontakt mit Scientology gekommen ist, wird oft noch jahrelang aus dem In- und Ausland mit Zusendungen bombardiert.

Beispiele der Scientology-Mitgliederwerbung

  • Beruflichen Schulen in Baden-Württemberg wurden Plakate mit der Bitte um Aushang zugeleitet: "An alle, die eine interessante Arbeitsstelle suchen."

  • In Briefkästen werden Hochglanzprospekte mit dem Bild Albert Einsteins und der Aufforderung eingeworfen: "Entdecken Sie Ihr wahres geisties Potentioal. Bestellen Sie deshalb das Buch DIANETIK mit der umseitigen Karte."

  • Ein anderer Werbeprospekt verspricht Antwort auf folgende Lebensfragen: "Wie kann ich mich selbst besser verstehen?"
    "Was zerstört das eigene Selbstvertrauen?"
    "Wie beeinflußt Ihr Denken Ihren Körper?"

  • In der Weihnachtszeit 1987 wollte der in Neu-Ulm eingetragene "VVG-Verband verantwortungsbewußter Geschäftsleute" in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz für 6- bis 18-jährige einen Wettbewerb "GIB EIN GUTES BEISPIEL" durchführen. Die Teilnehmer sollten eine von L. Ron Hubbard verfaßte Broschüre studieren, danach "ein gutes Beispiel geben", dieses dokumentieren und zur Verwertung an die VVG berichten. Das Rote Kreuz hat jedoch rechtzeitig erkannt, daß es mißbraucht werden sollte, und sich deshalb zurückgezogen.

  • In der Esslinger Zeitung, Leipziger Anzeigenblättern und vielen anderen Zeitungen und Anzeigenblättern erschien folgendes Inserat:
    "Kirche stellt ein. Niedrige Bezahlung, großartige Zukunft. Verbessern Sie sich während Ihrer Arbeitszeit. Stellen Sie sich persönlich vor im Dianetik-Zentrum .... Fragen Sie nach der Personalabteilung."

  • Einer Familien-Bildungsstätte boten Scientologinnen Kurse an unter Themen wie
    "Nie wieder Lernprobleme" oder "Baubiologie - Der Schritt zum gesunden Wohnen" und "Erdstrahlen - Erdmagnetismus."

  • Durch Inserate in der Tagespresse lud Dianetik Reutlingen zu Vorträgen mit Themen wie "Die Macht des Unbewußten" und "Warum ich so bin wie ich bin" ein.

  • In Norddeutschland fährt ein gelber "Dianetik-Bus" von Ort zu Ort.

  • In Rendsburg warb die Fahrschule Weidenberg (sie befindet sich jetzt in der Martinistraße in Hamburg-Eppendorf) mit dem Slogan "Fahren lernen ohne Angst". Die Fahrt ging nach Hamburg, wo in der Scientology-Zentrale am Steindamm die Angst vor der Fahrprüfung genommen werden sollte.

  • In Flugblättern und Leserbriefen werden Aufklärungsveranstaltungen über Scientology als "Inquisitionsveranstaltungen" gegen eine Organisation bezeichnet, deren einziges Ziel die Befreiung der Menschheit sei und die den Verfassern dieser Texte wichtige Lebenshilfe geleistet habe.

  • In Mecklenburg-Vorpommern wurde und wird mit scheinbar persönlich gehaltenen Briefen und Postkarten vom Hamburger Steindamm aus für Dianetik als Methode geworben, Erfolg, Glück und das Bewältigen unserer immer schwieriger werdenden Umwelt und Arbeitswelt sowie ein harmonisches Familienleben zu erreichen. Ebenso werden auch Arbeitsplätze angeboten.

    Bei der Mitgliederwerbung werden immer wieder Versprechungen gemacht, wie z. B. persönliche Stärke und Erfolg, Durchsetzungsfähigkeit im Leben, Lösung persönlicher Probleme (z.B. in Schule, Partnerschaft und am Arbeitsplatz) sowie soziale Anerkennung. Scheinbare Freundlichkeit und scheinbares Interesse an den angeworbenen Mitgliedern sowie nach außen gekehrter scheinbarer wirtschaftlicher Erfolg soll die Botschaft glaubwürdiger machen.

    Sogenannter "Persönlichkeitstest" ("OCA")

    Der Einstieg in die Scientology-Ideologie und Organisation erfolgt häufig über den kostenlosen sogenannten "Persönlichkeitstest OCA" ("Oxford Capacity Analysis", ein Kunstname, der mit Oxford nichts zu tun hat) mit über 200 Fragen.

    Als Eingangstest soll er einerseits potentielle Kunden überzeugen, sie hätten gravierende Schwachstellen ("Ruins"), die unbedingt einer Heilung ("Lebensreparatur") durch Dianetik bedürften. Andererseits ermöglichen viele der Fragen beste Einblicke in die private Sphäre der Testpersonen. Die Auswertung des Tests erfolgt mit Hilfe von vier Tabellen, getrennt nach weiblich und männlich sowie nach den Altersgruppen 14 bis 18 und über 18 Jahre.

    Ein psychologisches Gutachten der Universitätsnervenklinik München aus dem Jahr 1984 faßt zusammen:
    "Da sich das Verfahren hinsichtlich seiner Gütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität) nicht ausweist, ist eine sichere Stellungnahme bezüglich der wissenschaftlichen Fundierung nicht möglich. Bedenken gegen diese Fragebogen werden aber auch durch die Kinkonsistenz der Persönlichkeitsbeurteilung und der vermutlich hohen Skaleninkorrelation verstärkt."

    Zu deutsch: Dieser sogenannte "Test" hält wissenschaftlichen Maßstäben nicht stand. Inzwischen ist bekannt, daß die Auswertung nach immer gleichen Schemata vorgeht und nur darauf abzielt, wirkliche oder vermeintliche Schwachstellen der Kunden herauszufinden. In diesem "Persönlichkeitstest" finden sich Fragen wie z.B.:

    Ist es normalerweise hart für Sie, etwas einzugestehen und die Verantwortung dafür zu tragen?

    Bekommen Sie manchmal ein Zucken in Ihren Muskeln, auch wenn es keinen ersichtlichen Grund dafür gibt?

    Würden Sie sich eingestehen, im Unrecht zu sein, nur um des lieben Friedens willen?

    Glauben Sie, daß es Leute gibt, die Ihnen ganz sicher unfreundlich gesinnt sind und gegen Sie arbeiten?

    Geraten Sie gelegentlich in Schwierigkeiten?

    Grübeln Sie oft über vergangene Mißgeschicke nach?

    Kauen Sie an Ihren Fingernägeln oder Gegenständen herum?

    Müßten Sie sich eindeutig anstrengen, um über Selbstmord nachzudenken?

    Zahlen Sie Ihre Schulden und halten sie Ihre Versprechen, wenn es möglich ist?

    Führen Sie zugewiesene Aufgaben normalerweise prompt und systematisch aus?

    Sind Sie normalerweise aufrichtig gegenüber anderen?

    Geben Sie Ihr Geld im Verhältnis zu Ihrem Einkommen zu leichtfertig aus?

    Wenn Sie jagen oder fischen, sind Sie über den Schmerz besorgt, den Sie dem Wild, dem Lebenden Köder oder den Fischen zufügen?

    Sind Sie häufig von Handlungen anderer entsetzt und nicht fähig, deren Doppelzüngigkeit oder Dummheit zu fassen?

    Aufgabe des "Tests" ist es, dem Befragten vor Augen zu führen, daß er bedrohliche Schwächen aufweist. Dann zeigt man ihm die Möglichkeit auf, über das Kurs- und Materialangebot von Scientology Schritt für Schritt die "totale Freiheit" zu erreichen. Mittels des "Tests" wird der sogenannte Ruinpunkt bestimmt. Der Nachweis des Ruins hat den Zweck, möglichen Widerstand des potentiellen Kunden zu brechen, ihn (unter dem Anstrich der Wissenschaftlichkeit) buchstäblich sprachlos und dadurch für die "Handhabung" durch Scientology verfügbar zu machen.

    Scientologen wiederholen den "Test" nach Kursabschlüssen zum Nachweis einer angeblich erreichten Steigerung ihres Intelligenzquotienten.


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